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Hermann Gruson
Firmenname | Hermann Gruson |
Ortssitz | Magdeburg |
Ortsteil | Buckau |
Straße | Marienstr. 20 |
Postleitzahl | 39104 |
Art des Unternehmens | Gußstahl- und Maschinenfabrik |
Anmerkungen | Vorher: "Schiffswerft und Maschinenfabrik an der Elbe" (s.d.); 1893 durch F. A. Krupp, Essen, gekauft --> "Fried. Krupp Grusonwerk AG" (s.d.); ab 1951: "VEB Schwermaschinenbau 'Ernst Thälmann'" bzw. "Ernst-Thälmann-Werk". Mit Gaswerk, im Jahre 1870 durch Herrn Ingenieur H. Liebau in Magdeburg erbaut, hat um 1885 Gasbeleuchtung durch Mischgas, ca. 600 Flammen. |
Quellenangaben | [Geitel: Hermann Gruson (1891) 22] [Wikipedia (2005)] [Industriearchitektur in Magdeburg (1999) 30+126ff] |
Zeit |
Ereignis |
13.03.1821 |
Geburt von Hermann August Jacques Gruson in Magdeburg als Sohn des Premierleutnants Louis Abraham Gruson in der Magdeburger Zitadelle. Er besucht nach der Vorbereitung durch einen Hauslehrer das Domgymnasium, wechselt dann jedoch zur Gewerbe- und Handelsschule, da ihn aber die "Realien" mehr als die alten Sprachen Griechisch und Hebräisch interessieren. |
01.06.1855 |
Gruson gründet in Buckau bei Magdeburg die "Maschinen-Fabrik und Schiffsbauwerkstatt H. Gruson Buckau-Magdeburg". An der Mündung der Sülze in die Elbe entsteht eine Werft (auch unter der Namensform: "Schiffswerft und Maschinenfabrik an der Elbe"). Wichtiges Standbein seiner Unternehmung ist jedoch die angeschlossene Gießerei. Er verbessert die Festigkeit von Gußeisen, durch Gattieren (Mischen verschiedenere Roheisensorten), deutlich, so daß Hartgußprodukte aus den Grusonwerken zu einem Markenprodukt werden. Diese gewinnen u.a. große Bedeutung für die Entwicklung des Maschinenbaus und des Eisenbahnbaus in Deutschland. Viele Eisenbahn- und Wagenhersteller versehen ihre Produkte mit dem Hinweis "nur mit Gruson'schen Hartgußrädern". |
1858 |
H. Gruson hat den Einfall, Weichenherzstücke aus Hartguß herzustellen |
1859 |
Das Unternehmen wird bestreikt. Der an sich konservativ eingestellte Gruson nimmt dieses Ereignis als ein Zeichen, in seinem Unternehmen eine von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängige sozial zuträgliche Lohnpolitik zu betreiben. - Es kommt unter seiner Leitung zu keinem weiteren Streik. Neben vielen persönlichen Zuwendungen und Darlehen unterstützt er seine Mitarbeiter auch durch Stiftungen, die laut testamentarischer Verfügungen auch nach seinem Tod bestehen bleiben. |
1861-1863 |
Nach 1860 erhält Gruson vermehrt auch Rüstungsaufträge seitens des preußischen Militärs. |
1864 |
Erste vergleichende Schießversuche mit Stahl- und Hartguß-Geschossen auf dem Schießplatz Tegel zeigen die Überlegenheit der Gruson'schen Hartgußgeschosse. |
1865 |
Gruson erhält große Aufträge der preußischen Regierung zur Herstellung von Panzergranaten |
1867 |
Otto Gruson folgt einem Angebot seines Bruders Hermann, in dessen Maschinenfabrik eine verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. |
1867/69 |
Gruson beginnt mit dem Bau seiner neuen Fabrik an der Marienstraße |
1869-1872 |
Es werden Erweiterungen der Produktionskapazitäten erforderlich, worauf hin zwischen 1869 und 1871 moderne Anlagen in der Buckauer Marienstraße errichtet werden. Es erfolgt die Werksverlegung vom Elbufer, und es entsteht ein neues, großzügiges Werk an der Magdeburg-Halberstädter Bahn. Aus der Gruson'schen Gießerei gehen auch die ersten Panzertürme für Befestigungsanlagen in Deutschland hervor. |
1869 |
Gruson führt auf dem Schießplatz Berlin-Tegel seinen ersten Hartguß-Panzerstand (gewölbte Panzerplatten) dem preußischen Kriegsminister und hohen Militärs vor. Der Artilleriebeschuß bestätigt die Eignung des Hartgusses auch für diesen Zweck. |
1869 |
Gruson beginnt mit dem Bau von Zerkleinerungsmaschinen mit verschleißfesten Hartgußteilen für Chemieindustrie, Zementfabriken, Dngemittelbetriebe, Glashütten. |
1869 |
Wegen der wachsenden Nachfrage nach Hartguß-Geschossen zieht das Unternehmen in eine neue, größere Gießerei in die Marienstraße. |
1860/70 |
Errichtung des Magazingebäudes (später Ölmaschinenbau) durch C. A. Schmidt |
1870 |
Einrichtung eines Gaswerks |
19.07.1870 bis 31.08.1870 |
Zu Beginn des deutsch-französischen Krieges: Anfertigung von 21-cm-Küstenlafetten |
1871 |
Das Magazingebäude wird als Montageraum für den Ölmaschinenbau umgenutzt. - Ab Anfang der 1880er Jahre dient es als Hobelsaal. |
1872 |
Bau der Montagehalle I |
1873 |
Ein von Gruson konstruierter Panzerturm übertrifft die gestellten Anforderungen bei weitem |
1873 |
Beginn der Herstellung von Pulvermaschinen |
1879 |
Die ersten deutschen Dampftriebwagen werden von der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn auf der Berliner Ringbahn in Betrieb genommen. Sie sind als Bauart "Weißenborn" gebaut und ähneln mit dem zweiachsigen Antriebsteil der Bauart "Rowan". Zwei Wagen stammen von Gruson und zwei von Schwartzkopff. Nach fünf Jahren werden sie an die KED Erfurt abgegeben. |
1882 |
Auch die neuen, wesentlich verbesserten Geschosse prallen von den Gruson'schen Panzern ab |
1882 |
Gruson schließt Freundschaft mit seinem früheren Gegner, dem Ingenieur-Major Schumann. An den technischen Erfolgen hat sein Mitarbeiter Max Schumann, Ingenieuroffizier und Experte für gepanzerte Befestigungen, einen bedeutenden Anteil. |
1882 |
Dier Herstellung der Heißbleipresse für Kabelummantelung von Huber wird vom Grusonwerk in Magdeburg-Buckau übernommen. |
1886 |
Die "Spezia" widersteht Schüssen aus einem englischen 43-cm-Geschütz. |
10.06.1886 |
Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, um das nötige Geld für neue Investitionen zu beschaffen. Hermann Gruson übernimmt als erstes Vorstandsmitglied die Leitung. |
1887 |
Errichtung einer Stahlgießerei |
1888 |
Errichtung des Schießplatzes Tangerhütte mit einer 10 km langen Schießbahn |
1889 |
Bau der Montagehalle III nach Plänen von Friedrich Hanke. Abmessungen: 85 x 51 m, mit zwei Mittelschiffen von je 14,8 m Breite und zwei Seitenschiffen. Sie dient dem Panzerlafettenbau, später dem Kran-, Verseilmaschinen und Walzwerkbau. |
1890 |
Das Unternehmen besitzt 200 Patente und 70 Auszeichnungen |
22.-27.09.1890 |
Internationale Zusammenkunft bei Schießübungen auf dem Gruson'schen Schießplatz in Tangerhütte |
01.07.1891 |
Gruson beendet seine Mitarbeit im Vorstand der Gruson AG. Zwei Jahre später wird das Unternehmen von Krupp übernommen. - Als Privatmann verfolgt Hermann Gruson aufmerksam die weitere Entwicklung. |
1892 |
Ein Betriebsüberlassungsvertrag mit Krupp kommt zustande |
1893 |
Beginn der Herstellung von Kabel- und Verseilmaschinen |
01.05.1893 |
Käufliche Übernahme durch "Fried. Krupp" in Essen und Weiterbetrieb unter der Firma "Fried. Krupp Grusonwerk" |
30.01.1895 |
Tod von Hermann August Jacques Gruson in Magdeburg |
Produkt |
ab |
Bem. |
bis |
Bem. |
Kommentar |
Artikel für Bergbau |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
|
Artikel für die chemische Industrie |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
|
Artikel für die Industrie der Steine und Erden |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
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Artikel für die Metallbearbeitung |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
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Artikel für die Papierindustrie |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
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Artikel für Hüttenwesen |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
1890 |
[Ind.-Arch. in Magdeburg (1999) 31] |
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Binnenschiffe |
1855 |
Erste Erwähnung |
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Letzte Erwähnung |
als Schiffswerft 1855 gegr.; Einstellung mit der Handelskrise der 1850er Jahre |
Dampfmaschinen |
1860 |
[Rühlmann: Dampfmaschinen Kgr. Hannover (1860)] |
1880 |
[Wochenbl Papierf 11 (1880) 1587] |
1880: Second-Hand-Angebot |
Dampftriebwagen |
1879 |
Fabr.-Nr. 60 u. 62 für Niederschl.-Märk. Eb. |
1879 |
Fabr.-Nr. 60 u. 62 |
Weissenborn'sche Triebwagen, System "Rowan" |
Hartguß |
1858 |
Erste Erwähnung |
1940 |
Letzte Erwähnung |
um 1858: Beginn |
Hartgußgranaten |
1865 |
Erste Erwähnung |
1918 |
Letzte Erwähnung |
1865: Großauftrag |
Hartgußpanzerungen von Geschützen |
1873 |
Erste Erwähnung |
1918 |
Letzte Erwähnung |
1873: 1. Erfolg |
Hartzerkleinerungsmaschinen |
1858 |
Beginn um 1858 |
1940 |
Letzte Erwähnung |
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Stahlguß |
1887 |
Errichtung der Stahlgießerei |
1940 |
Letzte Erwähnung |
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Weichenherzstücke aus Hartguß |
1858 |
Beginn |
1911 |
Letzte Erwähnung |
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Zeit |
Objekt |
Anz. |
Betriebsteil |
Hersteller |
Kennwert |
Wert |
[...] |
Beschreibung |
Verwendung |
1890 |
Dampfmaschinen |
64 |
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unbekannt |
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1890 |
Grundstück |
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unbekannt |
Grundfläche |
12.7 |
ha |
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1890 |
Hebevorrichtungen |
155 |
|
unbekannt |
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1890 |
Werkzeugmaschinen |
970 |
|
verschiedene Hersteller |
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um 1900 |
Lokomobilen |
18 |
diverse Betriebe |
R. Wolf Aktiengesellschaft |
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Zeit |
gesamt |
Arbeiter |
Angest. |
Lehrl. |
Kommentar |
1858 |
250 |
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250 |
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Mitte der 1860er Jahre |
Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt
Zeit |
Bezug |
Abfolge |
andere Firma |
Kommentar |
1855 |
falsche bzw. andere Firmierung |
zuvor |
Schiffswerft und Maschinenfabrik an der Elbe |
[Berdrow: Krupp und sein Geschlecht (1943) 284] [Maschinenindustrie (1939/40) 598] |
1893 |
Umbenennung |
danach |
Fried. Krupp Grusonwerk AG |
an Fried. Krupp, Essen |
THEMA | Erinnerungen des Formers Andreas Kammerath |
TEXT | Als ich im Jahre 1864 bei Hermann Gruson eintrat, befand sich die Fabrik noch auf dem Gelände an der Sülze. Sie bestand damals aus einigen schuppenähnlichen Gebäuden, in denen die Gießerei, Dreherei, Schlosserei und die Schmiede untergebracht waren. Die Zahl der Arbeiter betrug bei meinem Eintritt nicht ganz 200; davon waren allein in der Gießerei etwa 100 Mann beschäftigt. Die Haupterzeugnisse der Gießerei waren seinerzeit Räder, Herz- und Kreuzungsstücke für Eisenbahnen und wurde darin ein guter Unsatz erzielt. Anfang 1864 waren aber auch schon die Versuche mit Hartuß-Granaten aufgenommen worden. Der Lohnsatz betrug damals M 2,50 für Former und M 1,70 für Arbeitsleute, doch kam es nicht selten vor, daß ein guter Former, wenn eilige Aufträge vorlagen, auf deren rechtzeitige Erledigung Gruson großen Wert legte, es durch Akkordarbeit auf 10 - 12 Taler in der Woche brachte. Infolge des geschäftlichen Niederganges wurde die Arbeiterzahl im Jahre 1866 auf etwa 100 Mann vermindert. In der Gießerei waren während des Feldzuges gegen Österreich nur noch acht Former beschäftigt, deren Arbeit in der Anfertigung von Bomben bestand. Nach dem Feldzuge wurden die Versuche mit Hartguß-Granaten fortgesetzt, und diese fielen so günstig aus, daß Bestellungen vom Auslande und sogar von Frankreich erfolgten. Jetzt machte sich eine Vergößerung der Fabrik notwendig, und da Gruson voraussah, daß er die Fabrik an ihrer damaligen Lage nicht in dem von ihm beabsichtigten Umfange erweitern konnte, wurde sie im Jahre 1869 nach der Marienstraße verlegt und der Betrieb mit über 300 Leuten fortgesetzt. In den Jahren 1872/73 mußte die Gießerei bereits wieder vergrößert werden, und auch der Bau der Panzergießerei wurde in Angriff genommen. Kurz nach der Verlegung der Fabrik hatte Gruson einen Auftrag auf Lafetten angenommen, den er innerhalb vier Wochen bei Vermeidung hoher Konventionalstrafe erledigen mußte. Als er eines Tages in die Gießerei kam und die Leute noch nicht beim Gießen waren, versammelte er die Former um sich und sagte zu ihnen: "Kinderchen, tut mir nur den Gefallen und gießt die Teile zu den Lafetten, ich muß in vier Wochen liefern, da ich sonst hohe Strafe zu bezahlen habe. Gießt, was das Zeug halten will, und wenn ihr 5 Taler (pro Tag) verdient." So viel hatte nun zwar keiner von uns verdient, aber jeder hat seine Schuldigkeit und mehr getan, und die Lieferzeit wurde nicht überschritten. Wie sehr Gruson die Sorge um sein Unternehmen am Herzen lag und wie er zu allen Zeiten daran dachte - auch als die Firma schon in eine Aktiengesellschaft umgewandelt war - geht aus einer Begebenheit hervor, die gelegentlich der Feier seines Ingenieur-Jubiläums am 1. Mai 1889 passierte. Es war damals von den Führern der Former-Organisation ein Streik proklamiert worden. Ich befand mich mit unter den Gratulanten, und als Gruson mit sah, rief er mich hervor und sprach vor der ganzen Festgesellschaft zu mir: "Ich habe in den Zeitungen gelesen, daß Ihr streiken wollt, wie verhält sich das?" Als ich darauf erwiderte, ich wüßte nichts davon, meinte er, das sage ein jeder, und er könne keinem mehr glauben. Ich entgegnete darauf: "Herr Rat, wir alten Leute stehen doch zu Ihnen, und wenn die anderen streiken, so sind wir doch noch so viele, daß der Betrieb der Gießerei vorübergehend aufrecht erhalten werden kann." Er antwortete: "Das freut mich, aber wenn der Streik ausbricht, so kann ich Euch auch nicht helfen, und Ihr müßt entlassen werden." Er hätte niemandem ein Unrecht zugefügt, und ich könnte mich wohl noch entsinnen, wie es ihm im Jahre 1876 ergangen wäre, als er in den schlechten Zeiten nirgends Geld bekommen konnte und er sogar nach dem Auslande gehen mußte, um solches zu erhalten, nur um den Betrieb der Fabrik aufrecht erhalten zu können. Jetzt würde ihm dieses aber dadurch gedankt, daß die Leute streiken wollen. Der Streik ist damals nicht zum Ausbruch gekommen. Gruson ging in den früheren Jahren täglich durch die Werkstätten und unterhielt sich fast mit jedem über den Fortgang seienr Arbeit. Er faßte, wo es not tat, auch selbst mit an, und eine besondere Freude war es immer für ihn, wenn er im Beisein von höheren Beamten der Eisenbahnen seine Hartguß-Räder prüfen konnte. Die Prüfung geschah in der Weise, daß zwei kräftige Schmiede, der alte Rautmann und Gruson mit großen Hämmern auf das Rad losschlugen. Hierbei passierte es einmal, daß ein Rad zersprang und Gruson durch ein abfliegendes Stück stark an der Hand verletzt wurde. Als er auf die Verletzung aufmerksam gemacht und gebeten wurde, sich verbinden zu lassen, antwortete er "Laßt nur, das wächst wieder, ärgern tue ich mich nur, daß das Rad entzwei gegangen ist." Gruson legte auch großen Wert darauf, sich einen Stamm guter Arbeiter zu erhalten. Als ich in Unterhandlungen wegen Übernahme einer Meisterstelle in Frankfurt a.O. stand, kam er persönlich zu mir und redete mir im Beisein des Herrn Quensell zu, daß ich bei ihm bleiben möchte, denn das, was ich dort verdienen könnte, hätte ich bei ihm alle Tage. Auch fühlte er sich mit den alten Leuten in späteren Jahren eins, denn wenn irgend eine Festlickeit war, wurden die Leute, die schlechte und gute Zeiten mit ihm durchgemacht hatten, stets mit herangezogen. Andererseits besuchte auch Gruson die in früherer Zeit üblichen Fabrikbälle, wo der sich nach seiner eigenen Aussage immer sehr wohl fühlte. Gruson war sehr sparsam, und wo er irgend konnte, erzog er auch seine Arbeiter zur Sparsamkeit. So war im Jahre 1865 ein leidenschaftlicher Raucher namens Rentsch bei ihm beschäftigt, der stets Zigarren rauchte. Als Gruson ihn eines Tages bei seinem Gange durch die Fabrik wieder rauchen sah, rief er den Vorarbeiter Schliephake zu sich heran und sagte wörtlich: "Was ist das für ein Mensch, der raucht ja fortwährend Zigarren, sagen Sie ihm nur, er müsse sparen wie ich es auch tue; er solle sich einen Tonstummel kaufen und Tabak rauchen, das wäre billiger. Solche Verschwender kann ich nicht gebrauchen." Tatsächlich wurde der Mann im Jahre 1866, als der wirtschaftliche Niedergang eintrat, entlassen. Ein andermal sammelte seine Frau in der Gießerei Holzspäne, die sie zum Feueranmachen benutzen wollte. Als Gruson dies sah, sagte er, sie solle nur das Holz liegen lassen, das würde notwendig gebraucht. Wenn die Leute kein Holz hätten, müsse er Stroh kaufen, und das kostet Geld. Und daß Gruson seinerzeit nicht viel Geld hatte, geht daraus hervor, daß er anscheinend nur zwei Paar Stiefel besaß, denn wenn er geschäftlich längere Zeit verreisen mußte, ließ er regelmäßig vor Antritt der Reise ein Paar Stiefel bei dem Schumacher Wagenführ in der Dorotheenstraße besohlen. Für das Wohl und Wehe seiner Angestellten konnte Gruson in den ersten Jahren nicht sorgen, da er selbst immer mit großen Sorgen zu kämpfen hatte, und wenn wirklich gewinnbringende Geschäfte gemacht waren, so soll der Gewinn durch die Versuche mit seinem Hartguß wieder aufgebraucht sein. Dagegen war er sehr freigiebig, wenn es darauf ankam, irgendweine Arbeit zu einem bestimmten Termin fertigzustellen, und macher Arbeiter hat infolgedessen Geldgeschenke von ihm erhalten. So wurde besonders der alte Rautmann, der das Ansetzen des Eisens unter sich hatte, bei guten Güssen durch Geschenke erfreut. Er stellte sich auch, wenn es angebracht war, auf die Seite der Arbeiter, denn gelegentlich einer Differenz mit dem früheren Formermeister Fritsche sagte er diesem: "Meister kann ich alle Tage bekommen, nicht aber einen guten Arbeiter." Strafen wurden in der damaligen Zeit nur wegen des Hängenlassens der Fabriknummer verhängt, und zwar wurden hierfür 5 Sgr. abgezogen. Zuspätkommen wurde nicht bestraft, doch wurde für die versäumte Zeit selbstverständlich kein Lohn gezahlt. Als im Jahre 1871 einmal der Fall eintrat, daß infolge nicht rechtzeitigen Öffnens des Nummerkastens sämtliche Former ihre Nummer hängen lassen mußten und infolgedessen Strafe bezahlen sollten, lehnten sich diese dagegen auf und drohten mit Niederlegung der Arbeit. Da Gruson aber damals infolge des guten Geschäftsganges keinen Mann entbehren konnte, mußte er die Sache selbst beilegen, und der sprach zu den Leuten: "Kinder, bezahlen müßt Ihr die Strafe, denn das steht in der Fabrikordnung, da kann ich nichts gegen machen. Bezahlt nur die 50 Pfennig, und ich werden sehen, daß Ihr sie wieder bekommt." Die Strafe wurde daraufhin von allen bezahlt, und die drohende Gefahr der Arbeitsniederlegung war beseitigt. (Niedergeschrieben am 21. Dezember 1909 von Andreas Kammerath) |
QUELLE | Schreibmaschinen-Manuskript Andreas Kammerath (21.12.1909) |
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