Ulrich Gminder, Spinnerei und mechanische Weberei

Allgemeines

FirmennameUlrich Gminder, Spinnerei und mechanische Weberei
OrtssitzReutlingen (Württ)
StraßeBismarckstr.
Postleitzahl727xx
Art des UnternehmensSpinnerei und Weberei
AnmerkungenNach der Kriegszerstörung des Werksteils Karlstr./Bismarckstr. in der Tübinger Straße. Auch Bleicherei, Färberei u. Appreturanstalt (an der Echaz). Zweigbetriebe 1929: Spinnerei in Neckartenzlingen und Weberei in Rommelsbach; 1933 auch Urach; 38.820 Spindeln, 2.600 Webstühle. 1900: auch Spinnerei in Pfullingen.
Quellenangaben[Reichs-Adreßbuch (1900) 3798] [Textil-Adreßbuch (1929/30) 500] [Renz: Philipp Jakob Manz (2003) 40] Referenzlisten, Wikipedia [Reutlinger Nachrichten, 17.02.+25.06.2011]
HinweiseAusführliche Beschreibung des Spinnerei-Baues von 1903 bei [Renz: Philipp Jakob Manz (2003) 40]. Mit einer Pumpspeicheranlage ("hydraulische Akkumulieranlage") in Neckartenzlingen: Während der Betriebspausen der dortigen Spinnerei wurden hier von den drei Francis-Turbinen durch eine 900 Meter lange Rohrleitung bis zu 17.500 cbm Wasser in einem am Dorf Altenriet 125 Meter über dem mittleren Wasserspiegel des Neckars gelegenen Hochbehälter hinaufgepumpt; eine Hochdruckturbine nutzte das zurückfließende Wasser, um Strom zu gewinnen; diese Energie wurde durch eine 13 Kilometer lange, betriebseigene Hochspannungsleitung der Reutlinger Kraftzentrale in der "Säge" zugeführt.




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1776 Geburt des Gründers der Färberei, Jacob Ulrich Gminder
30.04.1814 Gründung durch den Färbermeister Ulrich Gminder als Färberei in der Wilhelmstr. 8. Mit Andreas Schradin wird am 30. April der erste Lehrling eingestellt.
1832 Tod des Gründers der Färberei, Jacob Ulrich Gminder
1833 Die Söhne des verstorbenen Jacob Ulrich Gminder, Konrad und Andreas, vergrößern das Unternehmen
1842 Geburt von Louis Gminder (Enkel des Gründers)
1844 Geburt von Carl Gminder (Enkel des Gründers)
23.01.1863 Baubeginn (?) einer Lokomobile durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
01.07.1863 Baubeginn (?) einer Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1864 Die Färberei Gminder vergrößert sich um eine mechanische Baumwollweberei auf den unteren Hegwiesen (Ecke Bismarck-/Karlstraße) mit 48 mechanischen Webstühlen
1869 Das Unternehmen kauft von den Erben des Werkmeisters Konrad Schurr die zwischen Reutlingen und Betzingen gelegene Sägemühle samt Wasserkraft für 27.000 Gulden. Auf dem Gelände werden eine Färberei mit Mange zum Glätten der Tücher und Appretur für die Textilveredelung, zwei Trockentürme und eine weitere Weberei errichtet
1872 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1873 Geburt von Emil Gminder, Urenkel des Firmengründers
18.07.1873 Geburt von Emil Gminder in Reutlingen als viertes von neun Kindern des Textilfabrikanten Carl Gminder und Maria Schauwecker
1875 Lieferung einer Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1877 Lieferung einer Dampfpumpe durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1877 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1879 Lieferung einer Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1880 Lieferung von drei Dampfmaschinen durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1880 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1880 1880 laufen über 500 mechanische Webstühle für die Fabrikation von Baumwollstoffen.
19.11.1883 Baubeginn (?) einer Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1884 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1885 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1885 Gminder gründet eine Baumwollspinnerei in Neckartenzlingen
1887 Aufstellung von 3 Dampfkesseln. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1890 Zweite Bauphase
1890 Louis und Carl Gminder bauen eine weitere Weberei mit 900 mechanischen Webstühlen.
1890 Erwerbung der Spinnerei Lindach
1891 Aufstellung von 2 Dampfkesseln. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1892 Aufstellung eines Dampfkessels. Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart-Berg
1893 Emil Gminder kehrt nach seiner Ausbildung in Winterthur und in England nach Reutlingen zurück und arbeitet sich im Textiltechnikum bei Prof. Otto Johannsen in das Fachgebiet Spinnerei ein.
1896 Tod von Carl Gminder
09.10.1899 Emil Gminder heiratet in Reutlingen seine Cousine 2. Grades Elise Gminder.
03.08.1900 Baubeginn (?) einer Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1902 Lieferung einer Francis-Turbine durch J. M. Voith, Heidenheim
1903 Baubeginn für die Arbeitersiedlung "Gmindersdorf" in Betzingen (gehört später zu Reutlingen), nur 350 m von der Fabrik entfernt
1903 Dritte Bauphase mit dem Ausbau zur Spinnweberei (Errichtung des Spinnerei-Geschoßbaues) bei Gminder in Reutlingen. Planung durch das Architekturbüro Manz, Stuttgart, auch für Kessel- und Maschinenhaus, Baumwoll- und Abfallmagazin sowie Schuppen. Der dreigeschossige Spinnereibau hat eine Fläche von 107,28 x 37,84 m (44.000 Spindeln) mit einem angebauten Dampfmaschinenhaus (22,15 x 17,54 m) für eine Dreifachexpansions-Dampfmaschine (Hersteller: G. Kuhn, Stuttgart).
1903 Der Stuttgarter Architekt Professor Theodor Fischer erbaut die Arbeitersiedlung Gmindersdorf, eine der schönsten Arbeitersiedlungen überhaupt. die Siedlung hat etwa 1000 Einwohner und besteht in der Hauptsache aus massiven Einfamilienhäusern, von denen jedes ein Gärtchen besitzt. Dazu gehören eine Wirtschaft mit Metzgerei, eine Bäckerei und ein Kaufladen.
30.05.1903 Baubeginn (?) einer Dampfmaschine durch Kuhn/Maschinenfabrik Esslingen.
07.07.1903 Baubeginn (?) einer Dampfpumpe durch Kuhn/Maschinenfabrik Esslingen.
1904 Emil Gminder wird einer der Geschäftsführer der "Ulrich Gminder GmbH"
1904 Tod von Louis Gminder
1904 Nach dem Tod Louis Gminders wird das Unternehmen von einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) in eine GmbH mit einem Stammkapital von zwölf Millionen Mark umgewandelt. Die Firmenanteile bleiben in Familienbesitz.
1907 Gminder führt den Zehn-Stunden-Arbeitstag ein.
1911 Lieferung einer Wasserturbine durch J. M. Voith, Heidenheim
1914 Die Arbeitersiedlung Gmindersdorf erhält zum 100jährigen Bestehen des Textilkonzerns einen Kinderhort mit Säuglingsheim und Kinderschule, dem eine Turn- und Festhalle angegliedert ist.
1917 Baubeginn für den Altenhof für alte und invalide Arbeiter der Firma
1920 Emil Gminder entwickelt das "Gminder-Halblinnen", ein Mischgewebe aus kotonisierten Bastfasern und Baumwolle
1922 Fertigstellung des Altenhofs
1923 Fertigstellung der Arbeitersiedlung "Gmindersdorf" in Betzingen. Auf dem 10 ha großen Gelände stehen 48 meit zweigeschossige Häuschen für die angeworbenen Arbeiter. Kern der Siedlung ist der Altenhof (für die aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeiter)
1927 Gminder baut in Rommelsbach die vierte Weberei.
1931 Ãœbernahme der stillgelegten Flachsspinnerei in Urach durch U. Gminder, Reutlingen
2. Weltkrieg Während des Zweiten Weltkrieges sind in den Fabrikgebäuden von Ulrich Gminder und den dorthin verlegten Teilbetrieben von Bosch und der Kugellagerfabrik Norma rund 350 ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen beschäftigt.
2. Weltkrieg Am Ende des Krieges ist der Werksteil Karlstraße/Bismarckstraße total zerstört. Der Versand und die Verwaltung werden in der Tübinger Straße untergebracht.
1953 Emil Gminder wird zum Ehrenbürger der Stadt Reutlingen ernannt.
1956 Umwandlung in eine Aktiengesellschaft
1958 Bis 1958 ist H. L. Merkle Mitglied des Vorstandes der Ulrich Gminder AG in Reutlingen.
01.10.1958 Das Gminder-Vorstandsmitglied Hans L. Merkle wechselt in die Geschäftsführung der "Robert Bosch GmbH" und rückt anschließend in den Gminder-Aufsichtsrat.
1960 Gminder verkauft seine Aktien der "Allgäuer Baumwollspinnerei Blaichach" an Bosch.
1960 "U. Gminder" in Reutlingen verkauft seine Aktien der "Allgäuer Baumwollspinnerei" an Bosch.
23.07.1963 Tod von Emil Gminder in Reutlingen
1964 Eine der "Robert Bosch GmbH" nahestehende Gesellschaft, die "MABO", übernimmt die Gminder Aktien.
01.04.1964 Nach dem Tod von Dr. h.c. Emil Gminder wird das Unternehmen für rund 14,5 Millionen Mark an Bosch verkauft. Das erste Bosch-Produkt, das ab April 1964 in der Tübinger Straße hergestellt wird, ist die Rückleuchte für den Opel Kadett.
31.12.1964 Die drei Geschäftsführer treten zum 31. Dezember zurück. Ende dieses Jahres ist die Abwicklung weitestgehend abgeschlossen. Die restlichen Abwicklungsarbeiten erledigt der Prokurist August Müller.
1969 Aus dem Reutlinger Betrieb (RtB) von Bosch wird das Reutlinger Werk 1 (RtW1) und das Werk 2 (RtW2). Das RtW2, das Halbleiter herstellt, hat anfangs nur 180 Beschäftigte. Im Werk 1 werden Scheinwerfer, Leuchten, Flachmotoren, Regler, D-Jetronic etc. produziert. Da das Halbleiterwerk rote Zahlen schreibt, ist öfters die Stilllegung im Gespräch. Damit das Werk Gewinne abwirft, wird aus Feuerbach die Diode nach Reutlingen verlagert. - Später werden aus dem RtW1 alle elektrischen/elektronischen Produkte ins Werk 2 verlagert. Das Halbleiterwerk schreibt dank dieser Verlagerungen schwarze Zahlen.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Baumwollgarne 1885 Beginn (Neckartenzlingen) 1911 [Voith-Referenzliste]  
Baumwollgewebe 1864 Beginn (1. Weberei untere Hegwiesen) 1900 [Reichs-Adreßbuch (1900) 3799]  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1900/01 Ulrich Kohllöffel, Maschinenfabrik
Lokomobile 23.01.1863 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 07.1863 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1875 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfpumpe 1877 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1879 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1880 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1880 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1880 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 19.11.1883 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 08.1900 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 05.1903 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfpumpe 07.1903 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 05.03.1907 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1888 Maschinenfabrik Augsburg AG
Dampfmaschine 1892 Maschinenfabrik Augsburg AG




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1903 2100       Größtes Textilwerk Württembergs
07.1933 2327 2043 284   Davon: männlich: 1060/258 und weiblich: 983/26 Arbeiter/Angestellte
1950 2300        
1964 1450