Chamottefabrik Saarau, C. Kulmiz

Allgemeines

FirmennameChamottefabrik Saarau, C. Kulmiz
OrtssitzSaarau (Schlesien)
Art des UnternehmensTonwaren-Fabrik u. Dampfkessel-Fabrik
Anmerkungen1885 mit dem Zusatz "C. Kulmiz Handelsgesellschaft zu Ida- und Marien-Hütte bei Saarau" und dort mit eigener Gasanstalt (s.d.). 1892 unter der Firma: "Handelsgesellschaft C. Kulmiz"; produziert auch säurebeständige Gefäße. 1885 mit einer Abteilung für Chamotte- und Tonindustrie. Bezug zur gleichnamigen Maschinenfabrik (s.d.) unbekannt. Ab 1896 unter der Firma "Vereinigte Chamotte-Fabriken (vorm. C. Kulmiz)" (s.d.); auch genannt: Umbenennung 1899 durch Vereinigung mit Didier in Stettin, gegr. 1834.
Quellenangaben[Schilling's Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) 647 + Anzeige] [Verz. Zuckerfab. 17 (1900) Anh.] [Adreßbuch Elektr.-Branche (1892) 79] www.mojemiasto.swidnica.pl
HinweiseUm 1923 auch Dampfziegeleien in Waldenburg-Altwasser, in Ingramsdorf und Lentsch (O.S.) [Werbung].




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1809 Geburt von Carl Friedrich Kulmiz. - Er wird Oberleutnant in der 5. Feldartilleriebrigade in Schweidnitz. Aus gesundheitlichen Gründen scheidet er aus dem Militärdienst und gründet eine Baufirma, welche sich beim Bau von Eisenbahnen in Schlesien engagiert: Zunächst die Strecke Königszelt - Breslau, später Königszelt - Schweidnitz und Freiberg - Waldenburg.
08.11.1836 Geburt von Paul von Kulmiz, Sohn von von Carl Friedrich von Kulmiz, in Schweidnitz. - Nach dem Abgang vom Gymnasium zu Schweidnitz widmet er sich 1 1/2 Jahre der Technik.
1842 Carl Friedrich Kulmiz stößt bei der Suche nach Kies für die Dammschüttungen seiner Bahnbauten in der Gegend von Saarau (eine Siedlung mit ca. 200 Einwohnern, ohne Kirche, Schule und Geschäft) auf Lagerstätten von Braunkohle, Kaolin und Pyrit. Er gründet daher zunächst eine Ziegelei zur Herstellung von Dachziegeln und Ofenkacheln
1850 Gründung durch Carl Friedrich Kulmiz als Fabrik von feuer- und säurebeständigen Schamotteziegeln.
1850 Geburt des jüngsten Sohnes des Gründers, Eugen von Kulmiz. - Er übernimmt nach dem Tod seines Bruders Paul (1895) die Leitung des Unternehmens.
Herbst 1856 Paul von Kulmiz geht nach seiner eineinhalbjährigen technischen Ausbildung auf die Universität Breslau, wo er 7 Semester Philsophie und speziell Chemie studiert. - Daraufhin promoviert er an der Universität Leipzig aufgrund seiner Dissertation "Über das Methstannäthyl und dessen
Verbindungen" zum Dr. phil. (Methstannäthyl = Verbindung von Äthyl mit Zinn = (C4H5)3-Sn2).
05.07.1867 Carl Friedrich von Kulmiz wird mit alle Nachkommen in den erblichen Adelsstand erhoben
1873 Auszeichnung mit der Verdienstmedaille für gewerbliche Leistungen auf der Weltausstellung in Wien
1874 Tod von Carl Friedrich von Kulmiz
1874 Nach dem Tod von Carl Friedrich von Kulmiz übernimmt sein ältester Sohn Paul von Kulmiz die Leitung der Familienunternehmen und wird Vorsitzender des Aufsichtsrats der "Silesia AG", zu der die Chemische Fabrik in Saarau und die Ida- und Marienhütte gehören. Gleichzeitig leitet er die zum Familienimperium gehörigen Betriebe der Kulmiz'schen Granitindustrie in Striegau, die Kulmiz'schen Steinkohlenbergwerke und den Kohlenhandel in Altwasser bei Waldenburg.
1881 Auszeichnung mit der goldenen Staatsmedaille für gewerbliche Leistungen auf der Gewerbe- und Industrieausstellung zu Breslau
1881 Die Firma "Gebr. Mendheim" in München stellt den ersten gasgefeuerten Ofen mit 14 Kammern zu je 50 cbm fertig.
1889 Gründung eines Zweigbetriebs von "C. Kulmiz" in Halbstadt (Böhmen)
27.11.1895 Tod von Dr. phil und Rittergutsbesitzer auf Conradswaldau bei Saarau, Paul von Kulmiz, an einem Gehirnleiden in seiner Villa Bergfrieden in Arnsdorf (Rsgeb.), vor er in den letzten Jahren seines Lebens schwer leidend lebte. - Er war technischer Leiter der "Marienhütte" und Aufsichtsratsversitzender bei der "Silesia"
1896 Umwandlung in "Vereinigte Chamotte-Fabriken (vorm. C. Kulmiz)"
1925 Tod von Eugen von Kulmiz. - Er gehörte zu Anfang des 20. Jahrhunders zu den reichten Personen in Schlesien




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Chamotte-Faconsteine 1885 [Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) Anzeige] 1885 [Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) Anzeige]  
Chamotte-Retorten 1885 [Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) Anzeige] 1885 [Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) Anzeige]  
Chamottewaren jeder Art 1885 [Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) Anzeige] 1885 [Stat. Mitt. Gasanstalten (1885) Anzeige]  
Dampfkessel 1892 [Adressb. Elektr.-Branche (1892)] 1892 [Adressb. Elektr.-Branche (1892)]  
säurebeständige Gefäße 1892 [Adressb Elektr.-Branche (1892)] 1892 [Adressb Elektr.-Branche (1892)]  
Tonwaren 1892 [Adressb. Elektr.-Branche (1892)] 1892 [Adressb. Elektr.-Branche (1892)]  




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1881   700     monatliche Produktion: 5000 t Ziegel




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1 Nebenwerk danach Maschinenfabrik von C. Kulmiz  
1896 Umbenennung danach Vereinigte Chamotte-Fabriken (vorm. C. Kulmiz) 1896 oder 1899 (Didier)




Allgemeines

ZEIT1865
THEMABeschreibung
TEXTEin fast eben so wichtiger Punkt wie das Brennmaterial ist für die Glasindustrie die Beschaffung feuerfester Tone zu den Öfen und Häfen. In dieser Beziehung erwies sich die Braunkohlengrube wertvoller, als man gedacht. Deren Deckgebirge, das man bei dem damals angewandten Tagebaue ohnedies entfernen mußte, bestand nach der Abräumung der oben aufliegenden Lehm- und Kiesschichten aus einem mächtigen Lager eines dunkelgrauen, sehr zähen plastischen Tons (sog. graue Leite), der sich indessen vollkommen weiß brannte und fast frei von Kalk, Eisenoxyd und Alkalien erwies, die sonst die Strengslüssigkeit der Tone beeinträchtigen. Außerdem fand sich am Ausgehenden der Braunkohle, bergmännisch gesprochen, als Liegendes derselben, ein sehr schöner, blendend weißer Ton, der bis auf einen bedeutenden Gehalt an rein weißem Quarzsaud dem Kaolin oder der Porzellanerde sehr ähnlich sich erwies. Wenn man den blauen und den weißen Ton in passenden Verhältnissen miteinander mischte, natürlich unter Zusatz schon gebrannten Tons, der sogenannten Chamotte, so erhielt man in der Tat Steine und Glashäfen, die wenig zu wünschen übrig ließen. Die Eisenbahnbauten, sowie die neuen Anlagen in Saarau erforderten viel Ziegel. Es bot sich ein neuer Absatzweg für die Braunkohle zum Brennen derselben; daher wurde der blaue Ton zu Bauziegeln verwendet. Dieser zeigte sich indessen keineswegs so gutartig, wie man geglaubt. Soviel man ihm auch durch Frierenlassen, Einsümpfen, Umstechen, Tonschneider zusetzen mochte, so blieben doch unausgeweichte Knoten darin zurück, die hartnäckig allen Auflösungsversuchen widerstanden. Die so sehr wichtige Ziegelindustrie ist bekanntlich jetzt in einem Kampfe zwischen Hand- und Maschinenarbeit begriffen, der noch heute nicht ganz entschieden ist. Es ist ein unleugbares Verdienst von Kulmiz, daß er selbst durch sehr schwere Opfer, die noch dazu teilweise in die bedrängten Jahre 1848 und 1849 fielen, sich nicht abschrecken ließ, die Frage, wenigstens für diese spezielle Tonsorte, zu entscheiden. Der Besuch fiel ungünstig für die Maschine aus. Erst durch Adoption einer ganz neuen Methode, durch vorheriges Pulvern des getrockneten blauen Tons und nachheriges Anfeuchten, gelang es später, dieses obstinaten Materials vollkommen Herr zu werden. Da die Anlage nur eine provisorische war, stand Kulmiz davon ab, kostspielige Trockenschuppen zu bauen. Er substituierte tragbare Gestelle, aus dünnen unbehauenen Stämmchen zusammengesetzt, und mit Schalbretern gedeckt, die sich vortrefflich bewährten. Wer damals von Technikern die neuen Bauten in Saarau besichtigte, pflegte sich über den Luxus zu verwundern, daß man zum gewöhnlichen Mauerwerk feuerfeste Ziegel verwendete. In der Tat unterschieden sich die gleichzeitig angefertigten feuerfesten Steine nur durch einen größeren Zusatz von weißem Ton und dadurch, daß statt des Sandes Chamottemehl zugemischt wurde. Allmählich hat die Chamotteziegel-Fabrikation das Übergewicht gewonnen. Neue, bis 150 F. mächtige Lager des ausgezeichnetsten weißen Tons sind aufgefunden worden; die gebrauchten Kapseln der in Waldenburg bestehenden ausgedehnten Porzellanfabriken gewähren das vorzüglichste Chamottematerial; die Zubereitung des Tons, das Mischen der Bestandteile als trocknes Pulver unter mäßigem Wasserzulauf ist ein uugemein vollkommenes, uno so erhält man durch Streichen der Ziegel mit der Hand und sehr scharfes Brennen feuerfeste Steine, welche den besten englischen und schottischen Chamotten gleichkommen, wo nicht sie übertreffen. Das weltbekannte Borsig'sche Etablissement in Moabit bezieht jährlich 500.000 Chamotten von Saarau, etwa ein Fünftel der ganzen Produktion. Daß daneben Gasretorten, große Chamotteblöcke zu deu verschiedensten Ofenkoustruktionen, Tonröhren für chemische Fabriken angefertigt werden, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Als Anhängsel ist noch die Kachelfabrik zu berühren, aus der sowohl die geringeren, wie die feinsten Öfen hervorgehen.
QUELLE[Gartenlaube 28/1865, S. 446]


ZEIT1865
THEMAsonstige Gewerbezweige
TEXTWenn man glauben wollte, daß Saarau allein der Tätigkeit Kulmiz' genügte, würde man sich sehr irren. Große Granitsteinbrüche auf dem Streitberge bei Striegau, von welchen die prachtvollsten Blöcke weit bis nach Norden gehen und unter anderem zur Dirschauer Brücke mit verwendet worden sind, eine sehr ausgedehnte Koksfabrik und der Generaldebit der bedeutendsten Waldenburger Kohlengruben schließen noch immer den Kreis seines Wirkens nicht ab. Er kauft einen großen Wald, stellt mitten drin eine Dampfsägemühle auf und vertreibt Bretter, Latten und Balken bis nach Berlin und weiter. Er kocht Zucker in Lanisch bei Breslau, Bier in Gorkau am Fuße des Zobten. Seine Comp. an fast allen Stationen der schlesischen Bahnen, natürlich auch in Breslau, Berlin, Magdeburg, sind für die Anwohner eine wahre Wohltat. Ein Gutsbesitzer sagte mir neulich, vom Kuliniz'schen Comptoir könne man alles, Kohlen, Holz, Ziegel, Glas, Chamotte, Granitsteine, Zucker, Bier, Schiefer beziehen. Wenn man etwas Beliebiges dort bestelle, so höre man nur die Antwort "Sehr wohl," und nach wenig Tagen hätte man das Gewünschte auf dem Hofe. Wenn man einmal Vust zu Meerkatzen hätte, so würden sie aus den Kulmiz'schen Comptoiren auch nicht aus der Fassung kommen, das stereotype "Sehr wohl" erwidern und die Meerkatzen würden besorgt werden. Beiläufig gesagt, setzten die Comptoire von Kulmiz schon vor mehreren Jahren über achtmalhunderttausend Tonnen kohlen alljährlich ab, und jetzt mag der Absatz leicht über eine Million Tonnen betragen. Rechnet man für die Tonne nur sechs Pfennige Gewinn, so macht dies schon ein ganz respektables Auskommen aus. Fragt man nun nach den Mitteln und Wegen, aus welchen sich aus so unscheinbaren Ansängen ein so großes Geschäft entwickelt hat, so ist es hauptsächlich die große Tätigkeit und Energie des Inbabers, wodurch der günstige Erfolg zu erklären ist. Der Geist der Initiative, des Eingehens auf neue Pläne, ihr rasches Erfassen und tatkräftiges Durchführen hat sich überall auf das glänzendste betätigt.
QUELLE[Gartenlaube 28/1865, S. 448]


ZEIT1865
THEMAArbeiterfürsorge
TEXTFür die zahlreichen Beamten und Arbeiter sind geräumige und bequeme Häuser gebaut. Wo früher ein bescheidener Schenkwirt die Arbeiter und Beamten gleichmäßig aus einem Topfe vorwaltend mit den beliebten schlesischen "Kließeln" speiste, erhebt sich jetzt das gut und elegant eingerichtete Gasthaus "Zur Hütte". Auch den Ureinwohnern des Dörfchens Saarau hat sich etwas von dem Kulmiz'schen Geiste mitgeteilt. Kulmiz hält darauf, daß seine Leute sich bei ihm wohl befinden. "Wenn bei einer Fabrikation,“ sagte er mir selbst, "nicht so viel bleibt, daß meine Arbeiter einmal ein gut Glas Bier, meine Beamten ein Glas Wein trinken können, dann laß ich mich nicht darauf ein." Als ich bei ihm verweilte, war eine schlechte, teure Zeit. Kulmiz gab seinen Arbeitern damals nicht allein einen anständigen Lohn, nein, er ließ ihnen auch allwöchentlich eine Zulage in Naturalien, Mais, Linsen, Bohnen usw. zukommen. Er hat oft genug mit mir überlegt, auf welche Art am Besten der Speisezettel für die Arbeiter auszustellen sei, damit sie genügend stickstoffhaltige Kraft-Nahrungsmittel erhielten. Seinen Beamten standen Wein und Zigarren zum strikten Kostenpreise stets zur Verfügung, und manchen heitern Sonnabendabend haben wir gefeiert. Die großartigste Gastfreiheit, mit der er seine Geschäftsfreunde und sonstigen sehr zahlreichen Gäste empfängt, ist selbst weit über Schlesiens Grenzen bekannt und berühmt. Es ist eben eine durch und durch wohlwollende Natur, die selbst einen gerechtfertigten Unwillen siegreich bekämpft. Nur ein einziges Beispiel aus vielen. Einer seiner Beamten, ein tüchtiger, aber etwas widerhaariger Charakter, war nach einem lebhaften Streit mit ihm aus Saarau geschieden. Er fand nicht gleich eine Stellung, wohl aber Kulmiz eines Tages auf der Straße. Kulmiz redet ihn an, erkundigt sich nach seinem Ergehen, und als er von seinem Mißgeschick hört, weist er ihm obne weiteres eine nicht unbedeutende Summe bei seinem Comptoir an und verschafft ihm auch nach kurzer Zeit eine sehr angenehme, lohnende Stellung an einer benachbarten Eisenbahn. Was Wunder, daß Kulmiz sich der allgemeinsten Achtung und Liebe erfreut. In seinem ältesten Sohne erzieht er sich einen würdigen Nachfolger. Möge das Kulmiz'sche Haus als Vorbild unserer Industriellen und zum Segen der Provinz Schlesien noch lange blühen und gedeihen!
QUELLE[Gartenlaube 28/1865, S. 448]