Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG


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Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG: Sächs. Maschinenfabrik: Lokomotiv-Montagehalle Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG: Sächs. Maschinenfabrik: Gießerei


Allgemeines

FirmennameSächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG
OrtssitzChemnitz
StraßeHartmannstr. 28
Postleitzahl0911x
Art des UnternehmensMaschinenbau-Anstalt und Eisengießerei
AnmerkungenBis 1870: "Maschinenfabrik Richard Hartmann" (s.d.); bis 1890 unter der Firma "Sächsische Maschinen-Fabrik zu Chemnitz" (so noch in den Quellen 1892/1900). 1892: Direktoren: C. Frdr. L. Backmann, Ingenieur C. E. Reith u. Ingenieur H. 0. Gg. Jäger. Ab 1896 auch Zweigwerk in Lugansk (s.d.). Dazu: Abt. Nienburger Maschinenfabrik (Gummimaschinen), Nienburg (Saale). Um 1908: in Chemnitz Gesamtfläche: 260.000 qm, mit 116 Gebäuden und 22 hohen Schornsteinen; Areal in Borna und Furth: 600.000 qm. Ab 1930: "Sächsische Textilmaschinenfabrik ..." (s.d.). Adresse (1943): Friedrich-August-Str. 4.
Quellenangaben[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912] [Eisenbahnwesen d Gegenw (1911) II, 155] [100 Jahre Dampfmaschine Werdau (1999) 37 (Uhlmann)] [Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5274]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1837 Gründung des Vorgänger-Unternehmens, der "Maschinenfabrik Richard Hartmann"
04.04.1870 Umwandlung aus "Maschinenfabrik Rich. Hartmann" in die Firma "Sächsische Maschinen-Fabrik zu Chemnitz" mit einem Aktienkapital von 2,5 Millionen Taler (7,5 Millonen Mark). Richard Hartmann wird Vorsitzender des neuen Verwaltungsrates.
1872 Auszeichnung durch die Große goldene Medaille in Moskau
1873 Der Umsatz steigt auf 11 Mill. Mark
1873 Hermann Krause, Oberingenieur der Sächsischen Maschinenfabrik, entwickelt eine Ventilsteuerung mit freifallender Klinke. Die Ventile sind seitlich am Zylinder. Die Einlaßventile werden durch die daneben befindlichen Exzenter auf der Steuerwelle betätigt, die Auslaßventile durch unrunde Scheiben auf der Steuerwelle. Der Ausklinkmechanismus ist direkt an der Ventilspindel: Ein Winkelhebel ist innerhalb der hier rahmenförmigen Spindel. Sein senkrechter Arm rastet in die Spindel ein. Der waagrechte Arm stößt beim Hochgang des Ventils gegen eine vom Regler beeinfußte Kurvenscheibe, dreht dann den Winkelhebel und löst die federbelastete Spindel aus.
1873 Die Sächsische Maschinenfabrik stellt auf der Wiener Weltausstellung eine 100-PS-Ventilmaschine mit freifallender Klinke aus, die Radinger als "einen der schönsten und mächtigsten Motoren der ganzen Ausstellung" bezeichnet.
1873 Verleihung eines Ehrendiploms auf der Weltausstellung in Wien
ca. 1875 Bau von Dampfmaschinen mit Steiner-Allan-Steuerung (liegende Maschinen mit regler-abhängiger Expansionsschiebersteuerung) bei Hartmann in Chemnitz
1875 Auszeichnung durch eine Preismedaille in Dresden
1878 Bau der 1000. Lokomotive
16.12.1878 Tod von Richard Hartmann an den Folgen eines Gehirnschlags. Mit ihm geht einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmer dahin. Er wird auf dem Chemnitzer Städtischen Friedhof beerdigt.
um 1880 Einführung der Collmann-Ventilsteuerung bei der Sächsischen Maschinenfabrik. - Diese sucht unter Benutzung des dieser Steuerung zugrunde liegenden Gedanken zur Suche nach einer neuen Steuerung (der Höffner-Steuerung).
1880 Verleihung einer Goldenen und einer Silbernen Medaille in Melbourne
1881 Wilhelm Schmidt arbeitet auf Empfehlung von Prof. Zeuner ein dreiviertel Jahr als Volontär bei der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz. Die strenge Arbeitseinteilung sagt ihm nicht zu, und er geht nach Wolfenbüttel.
1881 Gustav Hartmann scheidet aus der Direktion der Sächsischen Maschinenfabrik und übernimmt den Vorsitz im Verwaltungsrat der Gesellschaft.
1883 Die Firma besitzt um 1883 16 Dampfmaschinen mit 553 Pferdestärken, welchen 21 Kessel mit 1.700 qm Heizfläche den nötigen Dampf liefern, über 2.000 m laufende Transmissionen, 1216 Arbeitsmaschinen (494 Drehbänke, 155 Bohrmaschinen, 132 Hobelmaschinen, 82 Schleif- und Schmirgelapparate, 27 Fräsmaschinen, 55 Stoßmaschinen, 11 Dampfhämmer und 183 diverse Maschinen). Die Werkstätten liefern jährlich ca. 120 Lokomotiven nebst Tendern, 80 Dampfmaschinen (von 600 PS bis zu den kleinsten), 80 Turbinen (von 1 - 1000 PS), 2.000 Webstühle. Die Gießerei zur Erzeugung der größten und schwersten Gußstücke liefert täglich über 1.000 Zentner Guß. Die Schmiede arbeitet mit doppelter Belegschaft Tag und Nacht. Das Werk umfaßt ferner eine Kesselschmiede, Kupferschmiede, Klempnerei, Modelltischlerei, Stein- und Buchdruckerei usw.
1883/1884 Die Höffner-Ventilsteuerung (als Weiterentwicklung der Collmann-Steuerung), die sich durch besondere Einfachheit auszeichnet, wird bei der Sächsischen Maschinenfabrik herausgebracht. Die Höffner-Maschine gehört als Sattdampfmaschine zu den besten ihrer Art, kann jedoch den gesteigerten Ansprüchen, insbesondere den Forderungen nach immer höheren Umdrehungszahlen nicht entsprechen.
1883 Verleihung einer Goldenen Medaille in Amsterdam
14.01.1883 Höffner erhält das Deutsche Reichspatent Nr. 23642 auf seine Ventilsteuerung. Die veränderliche Füllung wird hier über einen bogenförmigen Wälzhebel erreicht, der sich auf einem durch Exzentrizität und Regler verschieblichen Gegenstück abwälzt. Diesem Wälzhebel ist noch ein normaler mit flacher Wölbung nachgeschaltet, der eine sanfte Ventilbewegung ermöglicht. Die erste Dampfmaschine mit dieser Steuerung wird 1884 in der Sächsischen Maschinenfabrik für eigene Zwecke gebaut.
23.04.1884 Gründung der ersten Chemnitzer Werkssiedlung, Kolonie "Heim"
1885 Erstmalige Verwendung des v. Borries'schen Anfahrventils bei einer Hartmann-Verbund-Güterzugslokomotive, die für die sächsischen Staatsbahnen gebaut wird.
26.07.1885 Die Stiftung "Heim" wird von König Albert besucht, welcher nach Besichtigung der Häuser, insbesondere von solchen, die von kinderreichen Familien bewohnt sind, seine höchste Anerkennung über die Kolonie ausspricht.
1886 Lieferung von Zwillings- und Verbundschnellzuglokomotiven (für Vergleichsversuche)
1888/1889 Die Arbeiterspeiseanstalt oder Kantine wird errichtet, nachdem schon vorher zu Hartmanns Zeiten Speisesäle vorhanden waren.
1889 Aufnahme des Baus von Kältemaschinen
1891 Die erste Meyer-Lokomotive wird durch Hartmann an die Sächsische Staatseisenbahn geliefert
1896 Werksvergrößerungen im Bereich der Lokomotivfabrik
1896 Gründung des Zweigwerks "Russische Maschinenbau-Gesellschaft Hartmann, Lugansk"
1896/1897 Erwerbung großer Grundstücke im Vorort Altendorf bei Chemnitz, und man errichtet dort eine hervorragend schöne und außerordentlich große Gießerei.
1897/1898 Das inzwischen auf zehn Millionen Mark angewachsene Aktienkapital auf 12 Millionen Mark gebracht.
1897 Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes
1899 Auszeichnung durch ein Ehrendiplom in Como
1900 Die erste Lokomotive mit vier Zylindern, die auf ein gekuppeltes Außensystem wirken, ist eine Schnellzug-Verbundlokomotive, die auf der Pariser Weltausstellung vorgeführt wird und dort allgemeines Aufsehen erregt.
1900 Verleihung des Grand Prix auf der Weltausstellung in Paris
1901 Lieferung von 3 Wasserturbinen durch J. M. Voith, Heidenheim
1901 Das Betriebskapital wird durch die Aufnahme einer erststellig hypothekarisch sichergestellten viereinhalbprozentigen Obligationsanleihe im Betrag von fünf Millionen Mark gestärkt.
1902/1903 Geschäftsergebnisse 1902/1903: Umsatz: 9.285.167,03 Mark, Abschreibung: 253.546,95, Dividende: Mark 0%
1902 Erstmaliger Einbau eines Verbinder-Dampftrockners bei schweren Güterzugslokomotiven. Bei diesem werden die in die Rauchkammer eintretenden Heizgase, die noch eine Temperatur bis zu 360° C besitzen, dazu benutzt, um den Dampf, der aus dem Hochdruckzylinder in den Niederdruckzylinder übertritt, zu trocknen.
1903 Lieferung von 2 Wasserturbinen durch J. M. Voith, Heidenheim
1903/1904 Geschäftsergebnisse 1903/1904: Umsatz: 10.507.667,89 Mark, Abschreibung: 345.323,39, Dividende: Mark 0%
1903 Verleihung einer Goldmedaille in Dresden
1904/1905 Geschäftsergebnisse 1904/1905: Umsatz: 11.287.357,92 Mark, Abschreibung: 498.235,50, Dividende: Mark 2%
1905 Lieferung der ersten mit Schmidtschen Rauchkammerüberhitzer ausgerüsteten Lokomotive, eine 5/5 gekuppelte Güterzuglokomotive
1905 Einführung der Kerchove-Dampfmaschine in Deutschland nach Übernahme des von "Friedr. Krupp A.-G.", Essen, für das Deutsche Reich erworbenen Patentes van den Kerchove. Die Sächsische Maschinenfabrik sichert sich damit das alleinige Ausführungsrecht für Deutschland.
1905/1906 Geschäftsergebnisse 1905/1906: Umsatz: 12.874.788,88 Mark, Abschreibung: 664.558,95, Dividende: Mark 5%
1905 Nach langen Beobachtungen an ausgeführten Maschinen, Prüfungen und Vergleiche und aufgrund eigener Versuche entschließt sich die SMF vom Bau von Doppelsitz-Ventilmaschinen abzusehen und sich dem Kolbenventil zuzuwenden. Man übernimmt das von der der Firma "Friedr. Krupp" in Essen für das Deutsche Reich erworbene Patent van den Kerchove und sichert sich damit das alleinige Ausführungsrecht für Deutschland. - Durch die gleichzeitig durch andere Maschinenbauanstalten auf den Markt gebrachten und außerordentlich rasch bekannt gemachten Lentz-Maschinen muß die Sächsische Maschinenfabrik dieser Gegnerschaft allein stand halten. Die Kerchove-Maschine ist den besten bisher bekannt gewordenen Kolbenmaschinen hinsichtlich der Vollkommenheit der Konstruktion und der Betriebssicherheit gleichwertig und übertrifft sich in bezug auf Wirtschaftlichkeit.
30.06.1905 Bis Ende Juni 1905 wurden von den Werken 2913 Lokomotiven geliefert
30.06.1905 Bis Ende Juni 1905 wurden von den Werken 2116 Dampfmaschinen geliefert
30.06.1905 Bis Ende Juni 1905 wurden von den Werken 3611 Dampfkessel geliefert
30.06.1905 Bis Ende Juni 1905 wurden von den Werken 331 Dampfhämmer geliefert
1906 Seither werden keine Dampfmaschinen mit Höffner-Steuerung mehr gebaut, weil sich diese für überhitzten Dampf und für höhere Drehzahlen schlecht eignet.
1906/1907 Geschäftsergebnisse 1906/1907: Umsatz: 15.362.440,08 Mark, Abschreibung: 659.189,23, Dividende: Mark 7%
1907/1908 Geschäftsergebnisse 1907/1908: Umsatz: 17.115.557,06 Mark, Abschreibung: 856.413,32, Dividende: Mark 12%
1907 Der Dampfturbinenbau wird aufgenommen.
1907 Ehrung durch eine goldene Medaille in Berlin
1908 Werksvergrößerungen im Bereich der Lokomotivfabrik
1908/1909 Geschäftsergebnisse 1908/1909: Umsatz: 18.418.442,05 Mark, Abschreibung: 892.530,74, Dividende: Mark 11%
bis Mitte 1908 Verbreitung von Kerchove-Dampfmaschinen über die Erde [vmtl. Lieferungen aller Lizenz-Firmen]: Nach Ländern: Amerika: 2.500 PS, Belgien: 105.000 PS, China: 7.000 PS, Deutsches Reich: 35.000 PS, England: 25.000 PS, Frankreich: 118.000 PS, Holland: 10.000 PS, Indien: 3.000 PS, Italien: 1.000 PS, Japan: 3.500 PS, Luxemburg: 1.200 PS, Rumänien: 1.200 PS, Rußland: 3.500 PS, Schottland: 1.500 PS, Spanien, Portugal, Nordafrika: 10.000 PS. Nach Betrieben: Bergwerke: 48.000 PS, chemische Fabriken: 22.000 PS, elektrische Zentralen (öffentliche und private): 76.000 PS, Gasanstalten: 4.500 PS, Holzindustrie: 3.500 PS, Hütten- und Walzwerke: 20.500 PS, keramische Betriebe, Glasfabriken, Ziegeleien ...: 8.500 PS, Maschinenfabriken, Eisenbahnwerkstätten, Eisengießereien: 40.000 PS, Mühlen u.ä.: 6.000 PS, Papierfabriken: 10.000 PS, Textilindustrie: 29.000 PS, Verschiedenes: 59.400 PS.
1908 Im Werk werden 264 Jubilare, die 25, 30, 40 und 50 Jahre im Werk tätig sind, durch stattliche silberne Medaillen, Erhrenzeichen für Treue in der Arbeit und Ehrendiplome der Stadt Chemnitz ausgezeichnet.
1908 264 Jubilare, die 25, 30 40 und 50 Jahre im Werk tätig sind, werden durch staatliche silberne Medaillen, Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit und Ehrendiplome ausgezeichnet.
1909/1910 Geschäftsergebnisse 1909/1910: Umsatz: 19.026.937,73 Mark, Abschreibung: 1.016.551,22, Dividende: Mark 10%
bis Mitte 1909 Gelieferte bzw. in Ausführung begriffene Lokomotiven für: Deutsches Reiches Reich: 2.200; Spanien: 320; Niederländisch Indien: 300; Rußland: 150; Österreich-Ungarn: 110; Dänemark: 100; Italien: 55; Frankreich: 50; Argentinien: 50; Japan: 40; Norwegen: 40; Rumänien: 30; Serbien: 25; Kanada: 30; ferner nach Portugal, in die Türkei, nach Venezuela, in die Schweiz, nach China, Bolivien und Brasilien zusammen: 100
1910 Aufnahme des Baus von Luftkompressoren
1910/1911 Geschäftsergebnisse 1910/1911: Umsatz: 16.247.737,63 Mark, Abschreibung: 800.035,87, Dividende: Mark 5%
bis 1910 Der Umsatz seit Bestehen der Aktiengesellschaft beläuft sich auf fast eine halbe Milliarde Mark. Es wurden zur Ablieferung gebracht: 3.300 Lokomotiven, etwa 1.200 Tender und 2.500 Dampfmaschinen aller Systeme, 4.000 Dampfkessel, 1.000 Dampf- und Transmissionspumpen, 400 Dampfhämmer, 350 Laufkrane, 600 Eis- und Kühlmaschinen, 1.500 Wasserturbinen, 15.000 Werkzeugmaschinen, 12.000 Spinnmaschinen und Selfaktoren sowie 10.000 Krempeln, 600 Garntrockenmaschinen, 1.500 Wölfe, 50.000 Webstühle, 15.000.000 Kilogramm Transmissionen und etwa 50.000 diverse Maschinen.
1910 Im deutschen Bergbau ist um 1910 ein dampfbetriebener Luftkompressor (Leistung: 95 PS, einfachwirkend) der SMF in Betrieb
1911 Jahreskapazität: 150 große Hauptbahnlokomotiven
01.04.1911 Kauf des Chemnitzer Werks der "Hannoverschen Maschinenbauanstalt vormals G. Egestorff", die frühere Wiedesche Maschinenfabrik
1917 Ãœbernahme der Oscar Schimmel & Co., AG (Spinnereimaschinenbau)
20.10.1918 Tod von Gustav Hartmann in Dresden. Er war bis zu seinem Ableben Vorsitzender des Verwaltungsrats der "Sächsischen Maschinenfabrik".
31.03.1919 Explosion eines von zwei Steilrohrkesseln (p= 12 at, Baujahr 1900) durch Aufreißen der geschweißten Verbindung des Umlaufblechs der hinteren Wand der vorderen Wasserkammer. Die Verbindungsnähte waren im Feuer schlecht geschweißt worden. 1 Toter; Kesseleinmauerung und Kesselhaus werden teilweise zerstört.
1921 Bisher haben 800 Lokomotiven mit der Lindner'schen Anfahrvorrichtung die "Sächsische Maschinenfabrik" in Chemnitz verlassen.
1923 1923: Werke in Chemnitz und Dresden
1925 Beginnender Rückgang der Umsätze
1926 Einstellung des Werkzeugmaschinenbaus
1927 Die Firma verbucht 1927 einen Verlust von 3.294.133 Reichsmark
1929 Aufgabe des traditionellen Lokomotivbaues; die Lokomotivquote geht an Eisengießerei und Maschinenfabrik vorm. Louis Schwartzkopff. Insgesamt wurden bei Hartmann 4699 Lokomotiven gebaut.
1930 Weiterführung des Textilmaschinenbaus als "Sächsische Textilmaschinenfabrik AG"
08.04.1930 Die außerordentliche Generalversammlung vom 8. April 1930 beschließt die Auflösung der Gesellschaft. Abwickler: Rechtsanwalt Paul Beyer, Chemnitz. Der Textilmaschinenbau nebst den dazugehörigen Grundstücken und Gebäuden wird in die im Juli 1930 neu gegründete "Sächs. Textilmaschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann A.-G." eingebracht unter Übernahme von Aktien der neuen Gesellschaft.
09.09.1930 Vertragsentwurf zur Ãœbertragung des Dampfmaschinenbaues an die Germania
26.09.1930 Auch die "Waggon- und Maschinenbau-Aktiengesellschaft" in Görlitz bekundet ihr Interesse am Dampfmaschinenbau der SMF
09.10.1930 Vertrag zur Übertragung des Dampfmaschinenbaues an die Germania. Die SMF bekommt 25.000 Mark in bar, ferner: drei Jahre 2 % der Auftragssumme für neue Anlagen nach SMF-Plänen und drei Jahre 15 % vom Wert aller Ersatzteil- und Reparaturrechnungen und 3 % bei Weiterveräußerung von ehemaligen SMF-Rechten.
11.02.1931 Die SMF überläßt den Dampfkesselbau der Germania für 1.000 Mark
1932 Abriß des Hauptwerkes an der Hartmannstraße
1934-1935 Die "Berliner Maschinenbau-Aktiengeesllschaft, vorm. L. Schwartzkopff" verkauft nom. RM 1.000.000,00 Aktien der in Abwicklung befindlichen Sächsischen Maschinenfabrik Rich. Hartmann A.-G., Chemnitz.
17.08.1935 1. Liquidationsrate gemäß Generalversammlungsbeschluß vom 17. August 1935 in Höhe von a) 10 % des Nennbetrages der Aktien in bar und 20 % durch Zuteilung von Aktien der "Sächs. Textilmaschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann A.-G.", im Verhältnis 5 : 1 an die Aktionäre der Gesellschaft; b) 30 % des Nennbetrages der Genußrechte in bar an die Inhaber der Genußrechtsurkunden der Gesellschaft.
01.1936 Laut Bekanntmachung vom Januar 1936 Nachvergütung von weiteren 30 % an die Inhaber der Gsnußrechtsurkunden.
1937 Die Besitzer, der Chemiker Erich Edmund Georg Schellhorn und der Kaufmann Arthur Clemens Schellhorn, erwerben für 29.924 RM einen Teil des Geländes der ehemaligen "Sächsichen Maschinenfabrik, vorm. Richard Hartmann" und verlegen ihren Betrieb dorthin.
01.07.1937 2. Liquidationsrate zahlbar ab 1. Juli 1937 in Höhe von 5 % an die Aktionäre und 100 % an die Inhaber der Genußrechtsurkunden.
12.11.1938 3. Liquidationsrate zahlbar ab 12. November 1938 in Höhe von 4 % an die Aktionäre und 8 % an die Inhaber der Genußrechtsurkunden. Nachdem kommt nur noch eine beschränkte Restausschüttung in Betracht.
25.11.1943 Letzte ordentliche Hauptversammlung bis 1943/44
1944 Die Beendigung der Abwicklung dürfte im Laufe des Jahres 1944 erfolgen.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Buchdruckpressen 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83] 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83]  
Dampfkessel 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83] 1919 an Langer, Hammerunterwiesenthal bis 1911: 10000 Stück geliefert
Dampflokomotiven 1870 Beginn (ex Hartmann) 1929 Ende 1929 Lokbau an Schwartzkopff
Dampfmaschinen 1870 Umfirmierung 1928 Letzte Erwähnung Besonderheit: v. d. Kerchove-Steuerung
Dampfturbinen 1907 Beginn 1911 [Eisenbahnwesen d Gegenw (1911) II, 157] S.M.-F.-Dampfturbinen (Aktionsturbinen)
Einrichtungen für Holzschleifereien 1906 Erste Erwähnung 1906 Letzte Erwähnung  
Jacquard-Webstühle 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen  
Kesselhausbekohlungsanlagen 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung  
Kompressoren 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung  
Lokomobilen 1892 [Adressb. Elektr.-Branche (1892)] 1892 [Adressb. Elektr.-Branche (1892)]  
Pumpen 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung  
Rostbeschickungsapparate 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung  
schwere Werkzeugmaschinen 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung bis 1911: 15 000 schwere Werkzeugmaschinen
Seiden-Webstühle 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen  
Spinnereimaschinen 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83] 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83]  
Teppich-Webstühle 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen  
Textilmaschinen 1870 Umfirmierung 1930 Letzte Erwähnung  
Transmisssionen 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung  
Walzenzugmaschinen 1899 Bericht in [Stahl und Eisen] 1899 Bericht in [Stahl und Eisen]  
Wasserturbinen 1883 von 1 - 1000 Pferdestärken 1906 [Wochenbl Papierf 37 (1906) 155] Baute um 1883 ca. 80 Turbinen/Jahr mit 1 - 1.000 PS. Unsicher, ob 1906 Wasser- oder Dampfturbinen gemeint
Wassserwerke 1911 Erste Erwähnung 1911 Letzte Erwähnung  
Webstühle 1870 Umfirmierung 1900 jedenfalls 1912 in Reutlingen  
Werkzeugmaschinen 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83] 1883 [Technikum Mittweida, Bericht 1881-82 u. 1882-83]  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1884 Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG
Dampfmaschine 1888 Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG
Dampfmaschine 1897 Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG
Dampfmaschine vor 1901 Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG
Dampfpumpmaschine 1876 Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
um 1900 Lokomobilen 3 diverse Betriebe R. Wolf Aktiengesellschaft          




Betriebsanlagen

Zeit Betr.-Teil Fläche bebaut Gleis Whs Betr. in Kommentar
1912 ex Wiedesche Maschinenfabrik 30000         am Hauptbahnhof
1912 Gießerei Altendorf 125000          
1912 Stammwerke im Innern der Stadt 126000         116 verschiedene Gebäude mit 22 hohen Schornsteinen




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1870 3000        
1883 3370 3200 170   ca. 1883
1901 5175 4850 325    
1906   5000      
1912 5500 5000 500   500 Beamte
1923 11000       in den Werken Chemnitz und Dresden




Produktionszahlen

von bis Produkt im Jahr am Tag Einheit
1848 1929 Dampflokomotiven 4699   Stück




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1911 Anschluß (Namensverlust) zuvor Theodor Wiedes Maschinenfabrik Übernahme des Chemnitzer HANOMAG-Werks (ex Wiede) durch SMF
1870 Umbenennung zuvor Maschinenfabrik Richard Hartmann Hartmann --> Sächs. Mf
1930 Trennung, Namensverlust danach Sächsische Textilmaschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG Sä Mf --> u.a.: Sä Textilmaschinenf. [Maschinenindustrie (1939/40) 259]
1931 Lösung (Tochter neuer Name) danach Hartmann-Lufthammerbau Anton Halse Sächs Mf (teils)--> Hartmann-Lufthammer [Maschinenindustrie (1939/40) 253]
1917 Anschluß (Namensverlust) zuvor Oscar Schimmel & Co. A.-G. Schimmel zu Hartmann [Industriemus. Chemnitz (1994)]
1896 Nebenwerk danach Russische Maschinenbau-Gesellschaft Hartmann Russisches Zweigwerk




Allgemeines

ZEIT1943
THEMAOrgane und Kapital der Gesellschaft
TEXTAufsichtsrat: Bankdirektor Wilhelm Link, Ohemnitz, Vorsitzer; Generaldirektor Peter Speck, Berlin, stellv. Vorsitzer; Geschäftsführer Alfred Freitag, Chemnitz. Grundkapital: nom. RM 11.000.000,00 in 20000 Stammaktien zu RM 100,00 (Nr. 1-20000) und 9000 Stammaktien zu je RM 1.000,00 (Nr. 20001-29000.) Börsen-Notiz: Freiverkehr Leipzig. Kurs Ende 1936-1942: 16.75, 12.75, 5.5, 4.2, 4.2, 6.5, 7.5 % (exkl. 3. Liquidationsrate).
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5274]


ZEIT1912
THEMAUnternehmensgeschichte
TEXTFünfundsiebzig Jahre sind verflossen seit dem Tage, an welchem in der kleinen, von Richard Hartmann eröffneten Werkstatt der erste Hammerschlag erklang, bis zur Jetztzeit, in der ganze Güterzüge die Erzeugnisse des aus jener kleinen Werkstatt entstandenen Riesenwerkes, der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann, Aktiengesellschaft in Chemnitz, in alle Welt führen. An einem solchen Tage geziemt sich ein Rückblick auf die gewaltige Entwicklung der Schöpfung jenes Mannes, und diesem Zwecke soll die Herausgabe der vorliegenden Chronik und Jubiläumsschrift dienen. - Nach langer Wanderschaft kehrte im Jahre 1832 der Zeugschmied Richard Hartmann aus Barr im Elsaß im Gasthof "Zum braunen Bär" in Chemnitz ein; die freundliche Aufnahme, die er im Kreise seiner Innungs- und Zunftgenossen fand, bewirkte, daß er sich in Chemnitz sehr wohl fühlte und sich entschloß, hierselbst auf längere Zeit Arbeit zu nehmen. Er trat in die Dienste des Maschinenfabrikanten Haubold, im Volksmunde "der alte Vater Haubold" genannt, welcher auf den jungen tüchtigen Schmied aufmerksam wurde und ihn bald zum Akkordmeister aufrücken ließ. Lange konnte es eine so unternehmungslustige und schaffensfrohe Natur, wie Richard Hartmann sie besaß, nicht in abhängiger Stellung aushalten; sein rastloser Geist drängte nach weiterer Betätigung und vor allem nach Selbständigkeit. Um dieses Ziel zu erreichen, vollzog Richard Hartmann am 13. März 1837 gemeinsam mit Franz Illing einen Kaufvertrag, durch den beide die Werkstatt des Maschinenbauers Friedrich August Schubert nebst Werkzeugen und Vorräten käuflich erstanden. - Chemnitz war zur damaligen Zeit bereits der Mittelpunkt der sächsischen und besonders der erzgebirgischen Textilindustrie, die ihre Spezialmaschinen, soweit solche schon verwendet wurden, meist von England bezog. Mit den bei diesen Maschinen vorkommenden Reparaturen begann Richard Hartmann seine Tätigkeit, und die sachgemäße Arbeit, die er hierbei leistete, gewann ihm bald das Vertrauen seiner schnell wachsenden Kundschaft. Nach kurzer Zeit schon wagte er sich auch an den Bau neuer Maschinen, die den guten Ruf des jungen Unternehmens weiter förderten. Sein erstes großes und allgemein anerkanntes Verdienst um den deutschen Maschinenbau war aber die von ihm gemachte Erfindung des Florteilers, einer Vorspinnvorrichtung für Streichgarnkrempel. Diese Erfindung erregte in Fachkreisen das größte Aufsehen und führte seiner Werkstätte so viel lohnende Aufträge zu, daß Richard Hartmann zu einer Vergrößerung seines Betriebes schreiten konnte. So finden wir 1840 Richard Hartmann bereits mit achtzehn Gehilfen in einer erweiterten, in der sogenannten Klostermühle gelegenen Werkstatt. Der günstigen Entwicklung der mechanischen Wirkerei und Weberei verdankte es Richard Hartmann, daß die Textilindustriellen ihm immer größere und schwierigere Aufgaben stellten; seinem Geschick gelang deren glückliche Lösung überall zur Befriedigung seiner Auftraggeber. Sein Tätigkeitsfeld vergrößerte Hartmann weiter durch die Aufnahme des Dampfmaschinenbaues, der sich rasch zu anerkannter Bedeutung entwickelte. Da die Geschäftsverbindung mit Illing schon bald wieder gelöst worden war, hatte Richard Hartmann im Jahre 1840 einen neuen Partner in der Person eines ehemaligen Spinners, namens August Götze aufgenommen. Aber auch diese Verbindung dauerte nur bis zum Jahre 1845; für den regen Geist dieser beiden Männer fand sich in einer Werkstatt nicht Raum genug. - Ein merkwürdiges Spiel des Schicksals hat es gewollt, daß nach langen Jahren das Werk Hartmanns sich wieder mit dem von Götze nach seinem Austritt gegründeten Unternehmen vereinigte, und zwar dadurch, daß die Sächsische Maschinenfabrik im April 1911 die frühere Maschinenfabrik Theodor Wiede, eben jene Neugründung des früheren Partners Götze, käuflich erwarb. Nach dem Austritt Götzes schien es, als wenn die Arbeitskraft Hartmanns, nun aller Fesseln entledigt, sich verdoppeln wollte; mit unermüdlicher Hingabe an die sich selbst gesteckten Ziele und mit eiserner Energie widmete er sich der weiteren Ausgestaltung seiner Betriebe, die schon zu einem ganz stattlichen Werke herangewachsen waren. Es wurden zu jener Zeit von ihm vornehmlich Dampfmaschinen, die man damals "gangbares Zeug" nannte, Maschinen für Streichgarn-, Baumwoll- und Kammgarnspinnerei und Waren-Appreturmaschinen gebaut. - Eine besonders günstige Gelegenheit hatte Hartmann im Jahre 1843 erfassen können, indem er an der alten Leipziger Straße das ehemals Ketzersche Grundstück käuflich erwarb; hierhin verlegte Hartmann, da bei dem sich häufenden Arbeitsbestand zu befürchten war, daß die gemieteten Arbeitsräume in der Klostermühle über kurz oder lang nicht mehr ausreichen würden, kurz entschlossen im Herbste 1844 einen Teil seiner Fabrikation. Und als nun im Sommer 1845 die Werkstätten in der Klostermühle durch Feuer teilweise zerstört wurden, siedelte Hartmann mit seinen sämtlichen Werkstätten nach dem neuen, eigenen Grundstück über. Damit war die Grundlage für die weitere Entwicklung des Hartmannschen Unternehmens geschaffen. - Das heutige große Werk liegt noch an der gleichen Stelle, längs der alten Leipziger Straße, die heute zu Ehren des Werkes und seines Gründers den Namen Hartmannstraße trägt, und ist im Rücken begrenzt von dem malerischen Schloßteich, an dessen gegenüberliegendem Ufer sich der Schloßberg mit der historischen Schloßkirche erhebt. Das Bild auf Seite 16 zeigt die damaligen ersten Anfänge der heutigen Sächsischen Maschinenfabrik auf ihrem eigenen Grund und Boden, in der zu jener Zeit schon über dreihundert Arbeiter beschäftigt waren. Auch durfte es Hartmann bereits damals wagen, mit anderen älteren und wohlbekannten Fabrikanten in Wettbewerb zu treten und mit den Erzeugnissen seines Werkes auf Ausstellungen zu erscheinen, die ihm wertvolle Anerkennungen und Auszeichnungen einbrachten. Seine Geschäftsdrucksachen aus jener Zeit erschienen auch schon in französischer Sprache, die Hartmann, der ja als französischer Untertan geboren war, vollkommen beherrschte. So erreichte er es, daß Hartmannsche Maschinen in Frankreich und Belgien Eingang fanden, womit sein Werk zum erstenmal auch auf dem großen Weltmarkt sich Geltung verschaffte. Es bewegte sich sein Unternehmen, begünstigt von den Zeitverhältnissen und der zentralen Lage im Industriegebiet, weiter und ständig in aufsteigender Richtung. Die Werkstätten zwischen Straße und Schloßteich wurden abermals zu klein; neue Grundstücke jenseits der Leipziger Straße, auf denen das heutige Südwerk liegt, wurden hinzugekauft und neue Betriebsstätten, vor allem eine vorzüglich eingerichtete Gießerei und ein größeres Gebäude für die Schmiede errichtet. Ein ungeahntes Tätigkeitsfeld erschloß sich dem weitblickenden Hartmann, als man in Sachsen und Bayern mit dem Bau von Eisenbahnen begonnen hatte, und er im Bau von Lokomotiven einen neuen aussichtsvollen Industriezweig erkannte. Hartmann betrieb die Vorarbeiten zur Aufnahme dieses neuen Zweiges mit der ihm eigenen Gründlichkeit und fuhr zwecks Vornahme eingehender Studien mit dem Lokomotivbauingenieur Steinmetz nach England. Die dort gesammelten Erfahrungen wurden im Jahre 1847 in Hartmanns Werkstätten in die Praxis umgesetzt. Die Sächsische Staatsregierung hatte sich in weiser Erkenntnis der Wichtigkeit, in dem Bezuge von Lokomotiven unabhängig vom englischen Markt zu werden und die heimische Industrie zu fördern, bereit gefunden, Hartmann ein Kapital von 30.000 Talern zinsfrei auf fünf Jahre und rückzahlbar nach zehn Jahren zur Verfügung zu stellen. Prinz Johann von Sachsen, der spätere König, hatte dieser Regierungsmaßnahme ganz besonderes Interesse zugewendet. Bis an sein Lebensende hat Hartmann die Unterstützung durch den sächsischen Staat dankbar anerkannt; ohne sie wäre es ihm nach seiner eigenen Erklärung kaum möglich gewesen, den Lokomotivbau aufzunehmen. - Am 5. Januar 1848 konnte bereits die Abnahme und Taufe der ersten Hartmann-Lokomotive, die auf Wunsch der Regierung den Namen "Glückauf" erhielt, erfolgen, ein Ereignis, das zu einer besonderen Feier Veranlassung gab, an welcher auch Vertreter der Staatsregierung, sowie eine große Anzahl geladener Gäste und Freunde teilnahmen. Chemnitz selbst besaß zur damaligen Zeit noch keinen Bahnanschluß, und so wurde dieses neueste Erzeugnis der Hartmannschen Fabrik auf einem von Pferden gezogenen Wagen nach Leipzig überführt; dieser ersten Lokomotive, die die Fabrik verließ, sind inzwischen mehrere tausend anderer gefolgt. - Auf den Lokomotivbau wird in einem besonderen Abschnitt noch des weiteren eingegangen werden. Hier sei nur noch bemerkt, daß Hartmann auch in den folgenden Jahren immer wieder in Begleitung seiner Mitarbeiter England und Frankreich besuchte, um sich an Ort und Stelle über die Entwicklung des Lokomotiv- und allgemeinen Maschinenbaues auf dem laufenden zu erhalten und neue Arbeits- und Werkzeugmaschinen, sowie andere praktische Hilfsmittel für seine heimischen Werkstätten zu erwerben. - Die politisch bewegten Zeiten, die das Jahr 1848 brachte, konnten an einem so bedeutend gewordenen Unternehmen nicht ohne besonders fühlbare und nachteilige Folgen vorübergehen. Um die stockende Absatzmöglichkeit seiner bisherigen Erzeugnisse auszugleichen, entschloß sich Hartmann, wenn auch unter schweren Opfern, neue Fabrikationszweige aufzunehmen. Zu diesen gehörte unter anderen die Gewehrfabrikation. Auch hierzu waren wieder besondere Studien notwendig, und Hartmann bereiste in Begleitung mehrerer seiner Beamten Preußen, Belgien und Frankreich, woselbst die Gewehrfabrikation bereits einen gewissen Höhepunkt erreicht hatte. Die unruhigen Zeiten machten die Aufstellung bewaffneter Kommunalgarden notwendig, so daß für genügenden Absatz gesorgt war. Auch die sächsische Regierung bestellte damals 20.000 Zündnadelgewehre bei Richard Hartmann. Dieser neue Fabrikationszweig konnte jedoch zu Anfang des Jahres 1851 wieder eingestellt werden, da für die übrigen Abteilungen nunmehr wieder volle Beschäftigung vorlag. 1855 nahm Hartmann den Bau von Wasserturbinen und Mühleneinrichtungen, sowie die Herstellung großer Bergwerksmaschinen und Bohrapparate auf und kam infolge Ausdehnung seiner Fabrikation im Jahre 1857 zu dem Entschluß, auch einen eigenen Werkzeugmaschinenbau einzuführen. - In einem alten Bericht findet sich die Angabe, daß im Jahre 1857 der Flächenraum des Fabrikgrundstückes bereits 160.000 Quadratellen betragen hat, von denen die Hälfte mit Gebäuden bedeckt war. 540 Hilfsmaschinen, 6 Dampfmaschinen mit 150 PS, 80 Schmiedefeuer, viele Hilfs- und Nebeneinrichtungen dienten den Betriebs- und Fabrikationszwecken, während die Arbeiterschaft die stattliche Zahl von 2000 erreicht hatte. - Am 4. August 1852 wurde das Werk zum erstenmal durch einen Besuch des Landesherrn weiland Seiner Majestät des Königs Friedrich August ausgezeichnet. Auf der bedeutenden Industrie-Ausstellung in München im Jahre 1854 erhielt Hartmann die Große Goldene Staatsmedaille, und zwar, wie es in der Urkunde heißt: "Wegen seiner Verdienste um die Emporbringung der Fabrikation industrieller Maschinen in Deutschland und der mannigfachen, aus seiner Werkstatt hervorgegangenen Verbesserungen an denselben, besonders im Fache der Streichgarnspinnerei, welche zum Teil an den zahlreich von ihm ausgestellten Maschinen wahrgenommen wurden." Am 7. Dezember des gleichen Jahres erhielt Hartmann die Medaille erster Klasse auf der Internationalen Ausstellung in Paris. Im April des folgenden Jahres konnte die hundertste Lokomotive die Chemnitzer Werkstatt verlassen, was wiederum Veranlassung zu einem großen Industriefest gab. Der Direktor der Abteilung für den allgemeinen Verkehr im königlichen Finanzministerium, Geheimer Rat von Ehrenstein, hielt aus diesem Anlaß eine längere Rede, in der er die besondere Anerkennung der Regierung für die Erzeugnisse der Hartmannschen Fabrik zum Ausdruck brachte. Ein großer Festzug, an dessen Spitze die von sechzehn festlich geschmückten Pferden gezogene Lokomotive fuhr, geleitete sie zur Bahn, von wo sie ihrem Bestimmungsort, der Strecke Zwickau-Schwarzenberg, zugeführt wurde. Die sächsische Presse gedachte damals dieser Hartmannschen Lokomotivfeier als eines Festtages der gesamten sächsischen Industrie. - Am 17. Juli 1860 abends dreiviertelzehn Uhr stand fast die gesamte Hartmannsche Fabrik auf der Nordseite in Flammen, und es sah aus, als ob es diesmal nicht gelingen wollte, des gefräßigen Elementes Herr zu werden. Erst gegen drei Uhr morgens konnte die angestrengt kämpfende Feuerwehr einem Weiterumsichgreifen des Feuers Einhalt tun. Der Schaden wurde damals auf 341.000 Taler geschätzt; vierzehn Tage später besuchte weiland Seine Majestät der König Johann von Sachsen die Brandstätte, um Hartmann seine Anteilnahme an diesem schweren Unglück zum Ausdruck zu bringen und ihn zu ermutigen, mit frischen Kräften an den Wiederaufbau seines Werkes heranzugehen. Keinen seiner Arbeiter entließ Hartmann damals; er beschäftigte sie vielmehr sämtlich bei dem Aufbau der neuen Werkstätten. Zwei Jahre später stand die Hartmannsche Fabrik neu aufgebaut und wieder bedeutend erweitert da, und am 24. Juni 1862 konnte Hartmann mit seinen Arbeitern und Freunden das Fest des 25jährigen Bestehens seines Unternehmens begehen. Dieser Ehrentag brachte auch Richard Hartmann die Ernennung zum Königlich Sächsischen Kommerzienrat. - Mit dem 1. Januar 1868 nahm Richard Hartmann seine Söhne Richard und Gustav, sowie seinen Schwiegersohn Keller als offene Teilhaber in sein Geschäft auf, da die Arbeitslast doch allmählich für Hartmanns Schultern zu groß geworden war. Nach weiteren zwei Jahren, während welcher die Entwicklung rüstig vorangeschritten war, entschloß sich Hartmann, sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Am 1. April 1870 übernahm diese unter der Firma Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz vormals Rich. Hartmann begründete Gesellschaft zum Preise von drei Millionen Talern die gesamte Fabrik und wählte Richard Hartmann zum Vorsitzenden ihres Verwaltungsrates. Die erste Direktion bestand aus den Herren Gustav Hartmann, Eduard Keller, Ludwig Kretzschmar und Karl Backmann. Zu diesem Zeitpunkte bedeckten die Fabrikgebäude einen Flächenraum von etwa 700.000 Quadratfuß. Fast 3.000 Arbeiter fanden dort Arbeit und über 350 Pferdekräfte, die in 13 Dampfmaschinen und 16 Dampfkesselanlagen erzeugt wurden, dienten zur Bewältigung des großen Betriebes. Die Maschinenfabrik umfaßte 5 Abteilungen, und zwar: 1. die Abteilung für Lokomotivbau, 2. die Abteilung für Werkzeugmaschinenbau, 3. die Abteilung für die Fabrikation von Dampfmaschinen, hydraulischen Motoren und Mühleneinrichtungen, 4. die Abteilung für Spinnereimaschinenbau und 5. die Abteilung für den Bau von Webereieinrichtungen. - Richard Hartmann wurde als Vorsitzender des neuen Verwaltungsrates durch die Ernennung zum Geheimen Kommerzienrat ausgezeichnet und hat bis an das Ende seiner Tage noch rastlos tätig in seinem Fabriksbureau am Schreibtisch an der weiteren Entwicklung der Sächsischen Maschinenfabrik mitgearbeitet. Am 16. Dezember 1878 starb der Gründer der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann an den Folgen eines Gehirnschlages, und das imposante Leichenbegängnis legte Zeugnis davon ab, welcher Verehrung und Liebe sich der Heimgegangene erfreut hatte. - Im Jahre 1881 schied der Sohn des Begründers, Gustav Hartmann, aus der Direktion der Sächsischen Maschinenfabrik und übernahm den Vorsitz im Verwaltungsrate der Gesellschaft, welchen er bis zu seinem am 20. Oktober 1910 erfolgten Ableben beibehielt. Seinem treuen Wirken für die Interessen des Werkes ist es in erster Linie zu danken, daß die Schöpfung seines Vaters trotz mancherlei Schwierigkeiten und wechselnder Konjunkturen eine stetig fortschreitende Entwicklung nehmen konnte. - Im Geschäftsjahr 1896/97 erwies es sich als unbedingt erforderlich, weitere Neubauten aufzuführen und eine bedeutende Ausdehnung des Werkesvorzunehmen. Insbesondere mußte eine neue Gießerei geschaffen werden, da die vorhandene nicht mehr imstande war, den Bedarf des Werkes zu decken. Man schritt zur Erwerbung großer Grundstücke in dem Vorort Altendorf bei Chemnitz und errichtete dort eine hervorragend schöne und außerordentlich große Gießerei mit allen Verbesserungen der Neuzeit. Zur Entlastung der Stammfabrik wurden auf diese Grundstücke das im Werke stets erforderliche große Holzlager und das Sägewerk verlegt, und ferner auch zwei mächtige Hallen zur Aufbewahrung der Gießereimodelle erbaut; diese beherbergen heute Modelle im Herstellungswerte von fast vier Millionen Mark, die aber in der letzten Bilanz des Werkes mit nur 100.000 Mark bewertet sind. Auch wurde zum Bau eines modernen Verwaltungsgebäudes, sowie eines Neubaues für die Spinnmaschinenabteilung geschritten. Für diese Fabrikation wurde ein dreistöckiger Riesenbau mit vier gewaltigen Arbeitssälen errichtet. - Der innere Betrieb des Werkes war nunmehr so organisiert, daß jede einzelne Abteilung für sich räumlich getrennte Fabrikationswerkstätten und technische Bureaus besaß. Es war dies nur eine weitere Ausgestaltung der grundlegenden Einrichtungen, wie sie schon Richard Hartmann als nützlich und wertvoll erkannt hatte. Um die obengeschilderten Erweiterungen vornehmen zu können, wurde das inzwischen auf zehn Millionen Mark angewachsene Aktienkapital im Jahre 1897/98 auf seine heutige Höhe von 12 Millionen Mark gebracht. Außerdem wurde im Jahre 1901 das Betriebskapital der Gesellschaft noch durch die Aufnahme einer erststellig hypothekarisch sichergestellten viereinhalbprozentigen Obligationsanleihe im Betrage von fünf Millionen Mark gestärkt. Diese Anleihe wird seit fünf Jahren in dreißig wachsenden Jahresraten durch Auslosung getilgt. Bei der Übernahme von Richard Hartmanns Maschinenfabrik wurde der Maschinenpark mit 21.622.20,23 Mark bewertet. Im Laufe der Jahre erfuhr er durch Neuanschaffungen einen Zuwachs von 13.162.063,17 Mark. Alle bei der Gründung übernommenen, sowie die bis zum Jahre 1897/98 neu angeschafften Maschinen sind in der Bilanz bis zu einem Prozent ihres Anschaffungswertes abgeschrieben. Das gesamte Maschinenkonto steht jetzt mit 4.458.115,60 Mark zu Buche. - Der Umsatz, die Abschreibungen und die Erträgnisse der Sächsischen Maschinenfabrik stellten sich in den letzten zehn Jahren wie folgt: - 1902/1903: Umsatz: 9.285.167,03 Mark, Abschreibung: 253.546,95, Dividende: Mark 0%; 1906/1907: Umsatz: 15.362.440,08 Mark, Abschreibung: 659.189,23, Dividende: Mark 7%; 1903/1904: Umsatz: 10.507.667,89 Mark, Abschreibung: 345.323,39, Dividende: Mark 0%; 1907/1908: Umsatz: 17.115.557,06 Mark, Abschreibung: 856.413,32, Dividende: Mark 12%; 1904/1905: Umsatz: 11.287.357,92 Mark, Abschreibung: 498.235,50, Dividende: Mark 2%; 1908/1909: Umsatz: 18.418.442,05 Mark, Abschreibung: 892.530,74, Dividende: Mark 11%; 1905/1906: Umsatz: 12.874.788,88 Mark, Abschreibung: 664.558,95, Dividende: Mark 5%; 1909/1910: Umsatz: 19.026.937,73 Mark, Abschreibung: 1.016.551,22, Dividende: Mark 10%; 1910/1911: Umsatz: 16.247.737,63 Mark, Abschreibung: 800.035,87, Dividende: Mark 5%. Das Jahr 1910/11 wurde durch einen siebenwöchigen Streik, welcher den gesamten Chemnitzer Maschinenbezirk heimsuchte, sowohl im Umsatz, als auch im Erträgnis stark beeinträchtigt. Es steht in sicherer Aussicht, daß das Ende dieses Monats abschließende Geschäftsjahr 1911/12 trotz einer im Herbst 1911 stattgehabten, fast drei Wochen dauernden allgemeinen Aussperrung den Höchstumsatz des Jahres 1909/10 wieder erreichen wird. - Die Pflege der Geschäftsverbindungen, sowohl in Deutschland, wie im ganzen europäischen und überseeischen Auslande hat den Absatz der Erzeugnisse ständig vergrößert; die Güte der Fabrikate der Gesellschaft verschaffte ihr einen wachsenden Weltruf. Von allen beschickten Ausstellungen des In- und Auslandes konnte das Werk eine sehr große Anzahl "erster Preise" nach Hause bringen. - Am 1. April 1911 wurde, wie bereits erwähnt, das Chemnitzer Werk der Hannoverschen Maschinenbauanstalt vormals G. Egestorff, die frühere Wiedesche Maschinenfabrik, angekauft. Für diesen Erwerb war in der Hauptsache die Erwägung maßgebend, daß mit den umfangreichen Einrichtungen für Spinnmaschinenbau den steigenden Anforderungen der stetig wachsenden Kundschaft doch nicht mehr Genüge geleistet werden konnte und unbedingt eine große Erweiterung der Anlagen vorgenommen werden mußte. Durch den Ankauf der Wiedeschen Maschinenfabrik wurde die Sächsische Maschinenfabrik in die Lage versetzt, ihren großen Umsatz in Spinnmaschinen in kürzester Frist um weitere drei bis vier Millionen jährlich zu erhöhen. Im bisherigen Wiedeschen Werke werden Spinnereivorbereitungsmaschinen und Krempelassortimente gebaut, während in dem Stammwerke die Zwirn-, Papier-, Ringspinn- und Ringzwirnmaschinen- und Selfaktoren-Abteilungen untergebracht sind. - Der Umsatz der Sächsischen Maschinenfabrik beläuft sich seit ihrem Bestehen als Aktiengesellschaft auf über eine halbe Milliarde Mark, was einer täglichen Auftragsbewältigung von 50 bis 60.000 Mark entspricht. - Der Umfang der Anlagen der Sächsischen Maschinenfabrik kennzeichnet sich am besten durch folgende Zahlen. Auf dem im Innern der Stadt gelegenen Stammwerke mit einem Gesamtflächeninhalt von 126.000 qm stehen 116 verschiedene Gebäude und Werkstätten mit 22 hohen Schornsteinen. In der Vorstadt Altendorf liegt die Gießerei, eine der größten ihrer Art in Deutschland mit einem Flächeninhalt von 125.000 qm. Am Hauptbahnhof befindet sich das Zweigwerk, die frühere Wiedesche Maschinenfabrik, mit einem neuen Verwaltungsgebäude und mächtigen Werkstätten im Flächeninhalt von rund 30.000 qm. In der Kraftzentrale des Hauptwerkes sind - Dampfturbinen und Dampfmaschinen von 6.000 Pferdekräften zur Erzeugung der im Hauptwerk erforderlichen Kraft und Beleuchtung aufgestellt. Das Hauptwerk ist mit der Gießerei und der Staatsbahn durch eine eigene Schmal- und Normalspurbahn verbunden, die sich auf dem Hauptwerk zu einer Schmalspurbahn vereinigen, auf der die Eisenbahnwagen mittels Rollböcken den einzelnen Werkstätten zwecks Be- und Entladung zugeführt werden. Die Sächsische Maschinenfabrik beschäftigt zur Zeit rund 500 Beamte und 5.000 Arbeiter. In und um Chemnitz leben ungefähr 20.000 Menschen von dem Werke, was einem selbständigen, größeren Gemeinwesen entspricht. Die Firma zahlt jährlich etwa 7 Millionen Mark Gehalt und Lohn an die Ernährer dieser 20.000 Menschen. Die Wohlfahrtseinrichtungen sind entsprechend der Entwicklung des Werkes stetig ausgebaut worden. Bei der Umwandlung des Hartmannschen Werkes in eine Aktiengesellschaft stiftete Richard Hartmann zu Zwecken der Unterstützung invalider Arbeiter die Summe von 36.000 Mark, welche den Grundstock für die heutige Arbeiterunterstützungskasse, die über eine viertel Million Mark Vermögen verfügt, bildete. Die Beamtenunterstützungskasse besitzt ungefähr das gleiche Kapital. Aus dem Arbeiterdispositionsfonds zahlte das Werk in den letzten fünf Jahren 196.144 Mark, im Durchschnitt also pro Jahr rund 39.229 Mark, an bedürftige aktive oder invalide Arbeiter, und aus dem Beamtendispositionsfonds in den letzten fünf Jahren 180.569 Mark, also pro Jahr 36.113 Mark an seine Beamten. Ein Jahr vor seinem Tode überwies der damalige Vorsitzende des Aufsichtsrates und Sohn des Gründers, Herr Geheimer Kommerzienrat Dr.-Ing. Gustav Hartmann, einen Betrag von 30.000 Mark dem Arbeiterdispositionsfonds. Das Werk besitzt eine Arbeiterkolonie "Stiftung Heim", welche durch Richard Hartmann und seinen Schwiegersohn Kommerzienrat Keller begründet und dann ständig vergrößert wurde. In dieser Kolonie befinden sich augenblicklich 47 eigene Mehrfamilienhäuser mit kleinen Gärten für 121 Arbeiterfamilien mit ungefähr 600 Angehörigen. Der Stiftung fließen auch weiter von Seiten des Werkes in jedem Jahr größere Zuwendungen für ihren dauernden Ausbau zu. Alljährlich feiern zahlreiche Beamte und Arbeiter Dienstjubiläen. Ein seltenes Fest dieser Art brachte das Jahr 1908, in welchem 264 Jubilare, die 25, 30, 40 und 50 Jahre tätig waren, durch staatliche silberne Medaillen, Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit und Ehrendiplome der Stadt Chemnitz ausgezeichnet werden konnten. Ferner bestehen im Werk eine Arbeiterkantine und Einrichtungen, welche es ermöglichen, gegen billiges Entgelt den Arbeitern warmes Essen und Getränke zu liefern. Ein etwaiger Überschuß fließt der Arbeiterunterstützungskasse zu. Ein fast 100 Mann starkes Feuerwehrkorps sorgt für die Feuersicherheit des Werkes und leistet einen militärisch organisierten Nacht-wachtdienst. Die Feuerwehr ist dem großen Sächsischen Feuerwehrverband angegliedert und untersteht der Kontrolle der maßgebenden Stellen. Sie ist sehr oft in Tätigkeit getreten und leistet auch bei großen Bränden in der Stadt oder deren Nähe stets Hilfe, falls solche notwendig ist. - Das Werk ist nicht nur die größte Sächsische Maschinenfabrik, sondern auch das größte sächsische industrielle Unternehmen überhaupt und daher auch als Steuerträger ein wichtiger Faktor im Lande. An Staatssteuern, Kommunalabgaben und Renten wurden in den nachstehend aufgeführten Jahren folgende Beiträge gezahlt: Im Geschäftsjahr 1880/1881: 53.972,67 Mark, im Geschäftsjahr 1890/1891: 88.835,76 Mark, im Geschäftsjahr 1900/1901: 121.716,59 Mark, im Geschäftsjahr 1904/1905: 68.513,59 Mark, im Geschäftsjahr 1905/1906: 53.113,17 Mark, im Geschäftsjahr 1906/1907: 43425,36 Mark, im Geschäftsjahr 1907/1908: 49.819,04 Mark, im Geschäftsjahr 1908/1909: 72.381,31 Mark, im Geschäftsjahr 1909/1910: 120.909,07 Mark, im Geschäftsjahr 1910/1911: 167.318,92 Mark. - Der Aufsichtsrat wird gegenwärtig gebildet durch Herrn Dr. Enno Russell, Geschäftsinhaber der Diskontogesellschaft, welcher den Vorsitz führt, und die Herren Geheimer Justizrat Heinrich Ulrich, Kommerzienrat Emil Stark, Geheimer Kommerzienrat Hermann Vogel, Seine Exzellenz Wirklicher Geheimer Rat Otto Edler von der Planitz, Baron Felix von Ende und Generalkonsul Kommerzienrat Gustav von Klemperer, Direktor der Dresdner Bank. Der Vorstand der Gesellschaft besteht zurzeit aus den Herren Generaldirektor Henry Junk und den Direktoren Regierungsbaumeister a. D. Friedrich Conrad, Dr.-Ing. Gustav Döderlein und Ingenieur Willy Krüger. - Wenn die Gesellschaft heute bei Begehen ihres fünfundsiebzigjährigen Geschäftsjubiläums zurückblickt, so darf sie ohne Überhebung stolz auf das Erreichte sein und kann hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Mögen die kommenden Jahrzehnte dieser Schrift noch neue Ruhmesblätter hinzufügen und durch die in alle Welt gehenden Erzeugnisse des Werkes der sächsischen Industrie und dem deutschen Namen weiter Anerkennung und Ehre bringen.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMALokomotivbau
TEXTDer Lokomotivbau der Firma Hartmann, der, wie in dem vorstehenden Abschnitt geschildert ist, im Jahre 1847 aufgenommen wurde, entwickelte sich in den ersten Jahren nur langsam und erfuhr sogar im Jahre 1860 infolge des erwähnten großen Fabrikbrandes eine lange Unterbrechung bis zur Wiederherstellung der Werkstätten. Dann aber wurden um so raschere Fortschritte gemacht und um so größere Erfolge erzielt, als neben den Lieferungen an die sächsischen Staatsbahnen bald auch dem Bau von Maschinen für das Ausland besondere Fürsorge zugewandt wurde. Und heute laufen Hartmannsche Maschinen auf Schienensträngen, die dem Nord- und Südpol nicht allzufern liegen, und solchen, die den Äquator kreuzen. Anfangs wurden bei den Lokomotiven, die Hartmann baute, die damals allgemein üblichen Steuerungen von Stephenson, Allan und Gooch verwendet, die man den englischen Vorbildern entnommen hatte. Als dann Heusinger von Waldegg seine Steuerung erfand, die sich durch ihre Einfachheit und vorteilhafte Dampfverteilung den Steuerungen, die man mittlerweile für ortsfeste Maschinen hatte bauen lernen, an die Seite stellte, nahm Hartmann diese Verbesserung auf und lieferte 1867 nach der Schweiz seine erste Lokomotive mit dieser Steuerung, die später fast ausschließlich verwendet wurde. 1868 erfuhr der Lokomotivbau der Sächsischen Maschinenfabrik seine erste bedeutende Erweiterung durch die Errichtung einer geräumigen Montagehalle, der dann 1896 und 1908 weitere Vergrößerungen folgten, die sich den Abmessungen der heute bis auf 15 m Länge angewachsenen Maschinen anpaßten, aber auch die Leistungsfähigkeit steigerten, so daß das Werk heute imstande ist, neben den kleinen Maschinen jährlich 150 große Hauptbahnlokomotiven zu liefern. Bei ortsfesten Dampfmaschinen lernte man den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die Expansion des Dampfes in mehreren Zylindern hintereinander erreicht wird, schon frühzeitig ausnützen. Eine betriebssichere Anwendung dieses Prinzips im Lokomotivbau war aber erst möglich, nachdem eine Vorrichtung gefunden war, die auch bei der Totpunktstellung des Hochdruckkolbens das Anfahren gestattete. Nach zahlreichen Versuchen mit verschiedenen derartigen Einrichtungen, die ihren Zweck nicht vollständig erfüllten, erfand August von Borries 1884 sein Anfahrventil, das diesen - Anforderungen entsprach und unter dem Namen des Erfindersweit bekannt wurde. Dieses Anfahrventil verwendete die Sächsische Maschinenfabrik zum erstenmal im Jahre 1885 bei einer Verbund-Güterzugslokomotive, die für die sächsischen Staatsbahnen gebaut wurde; gleichzeitig mit dieser Maschine wurde eine Vergleichslokomotive derselben Größe und Bauart, aber mit Zwillingswirkung fertiggestellt. Die mit beiden angestellten Versuche fielen zugunsten der Verbundlokomotive aus. Daraufhin entschloß sich die Verwaltung der Königlich Sächsischen Staatsbahn, auch bei Schnellzugslokomotiven weitere Versuche anzustellen, und gab der Sächsischen Maschinenfabrik 1886 je eine 2/3 gekuppelte Schnellzugslokomotive mit Zwillings- und Verbundwirkung in Auftrag. Auch hierbei erwies sich die Verbundlokomotive als wirtschaftlich so überlegen, daß ihr in der Folge der Vorzug gegeben wurde. Eine weitere Verbesserung brachte dann die Lindnersche Anfahrvorrichtung, mit der bis heute über 800 Verbundlokomotiven die Werkstätten der Sächsischen Maschinenfabrik verlassen haben. Mit dem Vordringen der Eisenbahnen in gebirgige Gegenden, in denen sich große Kurven mit kleinen Halbmessern oft nicht vermeiden lassen, wurden an die Lokomotivbauer neue Aufgaben gestellt. Dort lassen sich gewöhnliche Lokomotiven mit festen Achsen und größerem Radstande nicht immer mit Vorteil verwenden. Man kam daher auf die kurvenbeweglichen Maschinen, bei denen der Kessel mit dem Rahmen auf zwei Motorgestellen ruhte, die um mittlere Zapfen drehbar sind. Diese Motorgestelle mit kurzem Radstande, deren Räder miteinander durch Kuppelstangen verbunden sind, können sich beim Durchfahren der Kurven leicht einstellen, ohne zu drängen. Derartige kurvenbewegliche Maschinen, zuerst bekannt geworden als Meyer-Maschinen, sind Verbundlokomotiven, bei denen jedes Motorgestell eine Zweizylinder-Lokomotive darstellt, die zusammen einen Kessel besitzen, unter Anordnung der Hochdruckzylinder am hinteren, der Niederdruckzylinder am vorderen Gestell. Die erste dieser kurvenbeweglichen Lokomotiven wurde von der Sächsischen Maschinenfabrik im Jahre 1891 an die Königlich Sächsische Staatsbahn geliefert, da die sächsischen Bahnen, die vorwiegend in gebirgigem Gelände fahren, das gegebene Versuchsfeld für eine derartige Bauart darstellten. Den Maschinen nach Bauart Meyer folgten bald normal- und schmalspurige Lokomotiven nach Bauart Klose, die heute nur noch selten gebaut werden, und diesen wiederum die nach Bauart Mallet-Rimrott, die namentlich im Ausland, in tropischen und subtropischen Ländern rasch Aufnahme fanden. Eine große Anzahl der in Niederländisch-Indien fahrenden Mallet-Rimrott-Maschinen wurden von der Sächsischen Maschinenfabrik gebaut. Mit den stetig wachsenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Lokomotiven waren auch die Maschinenleistungen, sowie die Zylinderdurchmesser zu vergrößern; die jetzigen Schnellzugslokomotiven müssen bis zu 1600 PS leisten. Da aber eine gewisse Größe des Zylinderdurchmessers wegen der allgemeinen Profilweite nicht überschritten werden darf, so war man gezwungen, drei und vier Zylinder anzuwenden. Damit ergibt sich neben den kleineren Abmessungen der Zylinder auch der Vorteil, daß die geradlinig sich bewegenden Massen besser ausgeglichen werden können und dadurch die Tangentialdruckkräfte (Drehkräfte) gleichmäßiger auf die Kurbeln wirken, so daß die Lokomotiven ruhiger laufen. Die erste Lokomotive der Sächsischen Maschinenfabrik mit vier Zylindern, die auf ein gekuppeltes Außensystem wirken, war eine Schnellzugs-Verbundlokomotive. Sie wurde im Jahre 1900 auf der Pariser Weltausstellung vorgeführt und erregte dort allgemeines Aufsehen. Bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts war der Wirkungskreis der Lokomotive in bezug auf den Brennstoffverbrauch relativ ungünstig, weil man die bedeutenden Kondensationsverluste in den Zylindern in Kauf nehmen mußte. Da sich die Anwendung des überhitzten Dampfes, der sich bei ortsfesten Maschinen schon mit Erfolg eingeführt hatte, nicht ohne weiteres auf Lokomotiven übertragen ließ, wandte man, um die Kondensationsverluste zu verringern, zunächst die Dampftrocknung an. Die Sächsische Maschinenfabrik baute erstmalig 1902 einen Verbinder-Dampftrockner bei schweren Güterzugslokomotiven. Bei diesem wurden die in die Rauchkammer eintretenden Heizgase, die noch eine Temperatur bis zu 360° C besitzen, dazu benutzt, um den Dampf, der aus dem Hochdruckzylinder in den Niederdruckzylinder übertritt, zu trocknen. Gegenüber den gewöhnlichen Verbund- und Zwillingsmaschinen wurde hierdurch eine Kohlenersparnis bis zu sieben vom Hundert erzielt, und nun führte die Sächsische Maschinenfabrik nach diesem System eine große Anzahl von Lokomotiven mit Dampftrocknern aus. Diese Lokomotivart kann als Vorläuferin der modernen Heißdampflokomotive angesehen werden, bei der Kesseldampf (Frischdampf) vor dem Eintritt in die Zylinder durch die Heizgase von hoher Temperatur bis auf 350° C erhitzt wird. Von den verschiedenen Überhitzerarten, deren endgültiger Einführung sich bei den eigenartigen Verhältnissen der Lokomotiv-Dampfmaschine große Schwierigkeiten entgegenstellen, haben sich nur wenige bewährt. Am gebräuchlichsten ist der Rauchröhren-Überhitzer von Wilhelm Schmidt geworden; neben diesem ist in neuerer Zeit auch der Pielock-Überhitzer mit gutem Erfolg in Aufnahme gekommen. - Die erste von der Sächsischen Maschinenfabrik mit dem Schmidtschen Rauchkammerüberhitzer ausgerüstete Lokomotive war eine 5/5 gekuppelte Güterzugslokomotive, die 1905 abgeliefert wurde. Dieser Maschine folgten dann über 160 normal-und schmalspurige Heißdampf lokomotiven mit Überhitzern nach Schmidt und Pielock. Gleichzeitig mit der Leistung der Lokomotiven nahm auch ihr Gewicht ganz erheblich zu. So wog die erste von Hartmann gebaute normalspurige Lokomotive leer 21.725 kg (im Dienst 24.000 kg), die 1000. Lokomotive wog schon 35.000 kg (im Dienst 39.200 kg) und die 3600. Lokomotive 67.800 kg (im Dienst 74.800 kg). - Insgesamt hat die Sächsische Maschinenfabrik bis jetzt nahezu 4.000 Lokomotiven nach den verschiedensten Ländern der Welt zur Ablieferung gebracht. Nachdem im Laufe der Jahrzehnte manch schwierige Periode zu überwinden gewesen, hat gegenwärtig ihr Lokomotivbau eine stolze Blüte erreicht, und zahlreich sind die Aufträge für Sachsen, für Frankreich, für Spanien, die Türkei, Kleinasien und Java, zu deren Bewältigung sich heute in den Chemnitzer Werkstätten viele fleißige Hände regen.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMADampfmaschinen- und -turbinenbau
TEXTDiese Abteilung hat einen beträchtlichen Umfang, sie baut Dampfmaschinen, Dampfturbinen, Dampfhämmer, Pumpen, Wasserwerke, Kompressoren, Eismaschinen, Transmissionen, Rohrleitungen und Kokereimaschinen. Die Entwicklung des Dampfmaschinenbaues der Sächsischen Maschinenfabrik ist ein getreues Abbild der Geschichte des deutschen Dampfmaschinenbaues überhaupt. Die erste, von dem Werk 1840 gebaute Maschine war noch eine jener Maschinen stehender Bauart, der der feste organische innere Zusammenhang fehlte, und die sich noch eng an ihre ersten englischen bzw. elsässischen Vorbilder anlehnte. Waren die ersten von Hartmann gebauten Maschinen noch stehende Schiebermaschinen, so sehen wir schon Ende der vierziger und zu Beginn der fünfziger Jahre die liegende Ventilmaschine aus den Chemnitzer Werkstätten hervorgehen, und es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß Hartmann als einer der ersten in Deutschland den fabrikmäßigen Bau von Verbundventilmaschinen betrieb. Dieses frühzeitige Erfassen und Ausführen aller Neuerungen, die die damals noch sehr entwicklungsfähige Dampfmaschine in rascher Folge auf wies, gab der bald zu einem der ersten deutschen Dampfmaschinenwerke gewordenen Fabrik Gelegenheit zur Sammlung einer Reihe von Erfahrungen, wie sie nur wenigen anderen Werkstätten zu Gebote stehen. Die ganze Entwicklungsgeschichte des Dampfmaschinenbaues bei der Hartmannschen Fabrik zu schildern, kann hier nicht der Platz sein, wohl aber dürften einige der wichtigsten Ausführungen, die gewissermaßen als Grenzsteine die einzelnen Abschnitte dieser Entwicklungsgeschichte bezeichnen, es verdienen, hier genannt zu werden. - Die vorerwähnte in den fünfziger Jahren gebaute Ventilmaschine mit seitlich neben dem Zylinder liegenden Ventilen wurde bis Ende der sechziger bzw. Anfang der siebziger Jahre in sich langsam vervollkommnender Form beibehalten. Die Steuerung der Ventile erfolgte bei diesen Maschinen durch eine von der Kurbelwelle aus angetriebene Steuerwelle, mit Hilfe unrunder Scheiben, die behufs Veränderung der Expansion vom Regulator beeinflußt werden konnten. Aber schon Ende der sechziger und zu Beginn der siebziger Jahre wandte sich Hartmann als einer der ersten den Steuerungen mit Freifall zu, die zuerst bei Corliß-Steuerungen auftraten, dann aber bei Ventilsteuerungen erhöhte Bedeutung erlangen sollten. Auf der Wiener Ausstellung 1873 befand sich eine von der Sächsischen Maschinenfabrik ausgeführte Ventilmaschine mit freifallenden Ventilen. Radinger nannte in seinen Ausstellungsberichten: "Die Motoren, Wien 1874" diese 100 PS-Expansionsmaschine "einender schönsten und mächtigsten Motoren der ganzen Ausstellung". - Mittlerweile hatte sich Collmann das Verdienst erworben, eine zwangläufige Ventilsteuerung einzuführen, bei der er versuchte, durch Benutzung von Wälzhebeln seine Steuerung auch für höhere Umlaufszahlen geeigneter zu machen. Diese Collmann-Steuerung wurde erst auf der Pariser Weltausstellung 1878 bekannt. Die Einführung ihrer damaligen Ausführung hatte allerdings noch den Nachteil ziemlicher Kompliziertheit, und dadurch wurde die Sächsische Maschinenfabrik veranlaßt, unter Benutzung des dieser Steuerung zugrunde liegenden Gedankens nach einer Form zu suchen, die den gleichen Erfolg mit einfacheren Mitteln erzielen konnte. So brachte sie um das Jahr 1883/84 die von ihrem Oberingenieur Höffner ausgeführte "Höffner-Steuerung" auf den Markt, die sich durch besondere Einfachheit auszeichnete. Es wurden zwar gerade in den achtziger Jahren noch verschiedentlich Steuerungen anderer Bauart von den Hartmann-Werken aufgenommen und auch in geringerem Maße ausgeführt, doch blieb die Höffner-Steuerung, nach der annähernd 700 Maschinen ausgeführt worden sind, die bevorzugte und charakteristische Steuerung der Sächsischen Maschinenfabrik bis zum Übergang zur Kerchove-Steuerung. Die Höffner-Maschine, die als Sattdampfmaschine mit zu den besten ihrer Art gehörte, konnte aber den gesteigerten Ansprüchen, insbesondere den Forderungen nach immer höheren Umdrehungszahlen, nicht mehr entsprechen, und deshalb sah man sich vor die Notwendigkeit gestellt, nach einem neuen Kolbenmaschinensystem zu suchen. Es war dies gerade zu einer Zeit, als einige neue Bauarten von Dampfmaschinen-Steuerungen sich einführten, als die Lentz-Maschinen bekannt zu werden anfingen, und als von einer ganzen Anzahl verschiedener Werke deren Herstellung aufgenommen wurde. - Die Schröterschen Versuche an einer Kolbenventilmaschine der Société anonyme van den Kerchove in Gent hatten gerade zu jener Zeit Aufsehen in der technischen Welt erregt. Der bis dahin für kaum möglich gehaltene niedrige Dampfverbrauch dieser Maschine veranlaßte die Sächsische Maschinenfabrik, in eine Prüfung dieses Maschinensystems einzutreten. Die von der Association pour la Surveillance des Chaudières zu Brüssel vorgenommenen Versuche an gleichen Maschinen hatten die Ergebnisse Schröters bestätigt, so daß auch diese Versuche die Verwaltung in ihrer Absicht, ihre Dampfmaschinen nach dem Kerchove-System zu bauen, nur bestärken konnten. - Nach langen Beobachtungen an ausgeführten Maschinen, Prüfungen, Vergleichen und eigenen Versuchen entschloß sich dann schließlich die Sächsische Maschinenfabrik zur Übernahme des von der Firma Friedr. Krupp A.-G., Essen, für das Deutsche Reich erworbenen Patentes van den Kerchove. Sie sicherte sich damit das alleinige Ausführungsrecht für Deutschland. Nachdem die Kerchove-Maschine seit zehn Jahren gebaut wird - von der Sächsischen Maschinenfabrik wird sie seit 1905 ausgeführt -, läßt sich wohl sagen, daß sie den besten bisher bekannt gewordenen Kolbenmaschinen hinsichtlich Vollkommenheit der Konstruktion und Betriebsicherheit gleichwertig ist, sie in bezug auf Wirtschaftlichkeit aber durchweg übertrifft. Der beste Beweis für die Vorteile des Kerchove-Maschinensystems ist wohl der, daß trotz der vielen Anfeindungen, die sie, wie jede neue Konstruktion, in der ersten Zeit erfuhr, sich nunmehr Kerchove-Maschinen mit über einer halben Million Pferdestärken Gesamtleistung zur größten Zufriedenheit ihrer Besitzer im Betrieb befinden. - Der Dampfturbinenbau wurde erst im Jahre 1907 aufgenommen, hat sich aber dank seiner ausgezeichneten Leistungen während der verhältnismäßig kurzen Zeit seines Bestehens Anerkennung und Beachtung zu verschaffen gewußt, und aus den Hartmannschen Werkstätten gehen bereits heute Aggregate von gewaltigen Dimensionen für städtische Elektrizitätswerke oder private Industrieunternehmungen hervor. Die S.-M.-F.-Dampfturbine ist das Resultat eigener Konstruktionen und Versuche und stellt sich als eine reine Aktions- oder Gleichdruck-Axial-Turbine dar. Besonders interessant ist die Schaufelbefestigung, zur Vermeidung der bisher so sehr gefürchteten Schaufelbrüche, welcher Professor Josse in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure eine eingehende Abhandlung und Untersuchung gewidmet hat.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAPumpen- und Wasserwerksbau
TEXTDie Sächsische Maschinenfabrik gehört mit zu den Firmen, die auf die Entwicklung der Maschineneinrichtungen von Wasserwerken den größten Einfluß ausgeübt haben. Die ersten großen Wasserwerksmaschinen mit Dampfantrieb wurden von ihr schon in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gebaut, und seit dieser Zeit ist "Hartmann" immer führend auf dem Gebiete des Großpumpenbaues geblieben. Aus den Chemnitzer Werkstätten sind mit die größten Gemeindewasserwerke unseres Kontinents hervorgegangen. In steter Folge verließen die Hartmannschen Werke alle diejenigen Pumpengattungen, die den Entwicklungsgang des gesamten Wasserwerksbaues seit siebzig Jahren kennzeichnen. - Von der alten Wolfschen Wasserhaltung, mit Kataraktsteuerung und nur fünf bis sechs Touren in der Minute an, bildet der Wasserwerksbau der Sächsischen Maschinenfabrik eine stete Kette von Weiterentwicklung und Erfolg. Die heutigen Hartmannschen Wasserhaltungsmaschinen mit van den Kerchove-Dampfmaschinenantrieb stellen die neuesten und fortgeschrittensten Typen des Wasserwerksbaues überhaupt dar. Infolge ihrer umfangreichen Betriebseinrichtungen und ihrer anderen Abteilungen ist die Sächsische Maschinenfabrik in der Lage, ganze Wasserwerke mit allen Hilfs- und Nebeneinrichtungen in eigenen Werkstätten zu bauen, wodurch die beste Gewähr für eine einheitliche Durchführung einer solchen Anlage geboten wird.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAKompressorenbau
TEXTIm Kompressorenbau, welchen die Sächsische Maschinenfabrik in den letzten Jahren mit Erfolg neu aufgenommen hat, werden Kompressoren aller Konstruktionen, ein- und mehrstufig, mit beliebigem Antrieb, stationär und fahrbar, und für die verschiedensten Zwecke und Verwendungsarten ausgeführt; auch ist der Bau von Turbo-Kom-pressoren inzwischen aufgenommen worden. Der Eismaschinenbau der Sächsischen Maschinenfabrik stellt seit langen Jahren ausschließlich Kompressoren für die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen her. Als erfolgreiche Spezialabteilungen sind auch der Rohrleitungsbau und Transmissionsbau ausgebildet. Besonders genießen die aus letzterem hervorgehenden Doppelkegelreibungskupplungen einen ausgezeichneten Ruf.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMABau von Bergwerksmaschinen
TEXTDie Sächsische Maschinenfabrik kam schon in den ersten Jahren ihres Bestehens mit der Montanindustrie in Berührung und mit dem Jahre 1880 wurde als eine besondere Spezialität der Bau von Maschinen für Kokereien aufgenommen. Hierzu gehören besonders die Koksausdrückmaschinen und die Beschickmaschinen, ferner die Stampfmaschinen und die Planiervorrichtungen. Die Leistungsfähigkeit dieser Abteilung hat, außer im deutschen Kohlenrevier, besondere Anerkennung in Nordspanien, Frankreich und England gefunden, woselbst viele derartige von Hartmann gebaute Anlagen in Benutzung sind.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMABau von Ölmotoren
TEXTDer neueren Entwicklung der Krafterzeugung folgend, ist auch die Herstellung von Rohölmotoren nach Patent Lietzenmeier aufgenommen worden. Dieser Motor arbeitet grundsätzlich nach dem im Dieselmotor verwirklichten Gleichdruckverfahren, unterscheidet sich aber von dieser Ausführung durch die wesentlich einfachere und betriebssichere offene Brennstoffdüse.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAWerkzeugmaschinenbau
TEXTDie Sächsische Maschinenfabrik betreibt seit etwa 64 Jahren die Herstellung von Werkzeugmaschinen; sie hat sich dabei besonders dem Bau schwerer Werkzeugmaschinen gewidmet, wobei als Hauptabnehmer die Firmen zur Herstellung von Kriegsmaterial, Schiffswerften, Arsenale, Reparaturwerkstätten und dergleichen in Frage kommen. Weit über 18.000 Werkzeugmaschinen haben im Laufe der Zeit die Werkstätten verlassen, und die reichen, in der eigenen Werkstatt gesammelten Erfahrungen und die genaue Kenntnis der Bedürfnisse der einzelnen Abnehmer setzten die Sächsische Maschinenfabrik in den Stand, allen Erfordernissen bei der Konstruktion dieser Maschinen nachzukommen. Zweimal wurden die Gebäude, in denen der Werkzeugmaschinenbau untergebracht ist, im Laufe der Jahre wesentlich vergrößert, und heute stehen drei über 100 m lange Maschinenhallen, die von je vier Laufkränen mit einer Tragfähigkeit von 10 bis 251 befahren werden können und zum Teil mit besonderen Galerien versehen sind, zur Verfügung. Aber auch die serienweise Herstellung gangbarer, neu durchgearbeiteter Modelle moderner und kleiner Werkzeugmaschinen wurde in das Programm aufgenommen. Besonders große Lieferungen wurden außer für die Firma Krupp in Essen, auch für eine große Anzahl ausländischer Arsenale und Geschützfabriken, sowie alle größeren Hüttenwerke und Maschinenfabriken des In- und Auslandes gemacht. Unter diesen Maschinen sind einzelne, zur Ablieferung gelangte Kanonenbearbeitungsmaschinen bis zu 60 m Arbeitslänge und 200.000 kg Gewicht besonders erwähnenswert. - Eine vollständige Umwälzung in der konstruktiven Durchbildung der Werkzeugmaschinen verursachte vor ungefähr zwölf Jahren die Erfindung des Schnelldrehstahls. Durch den Schnellbetrieb wurden ganz neue, wesentlich verstärkte Konstruktionen bedingt, an deren Leistungsfähigkeit, Standfestigkeit und Dauerhaftigkeit die höchsten Anforderungen gestellt werden mußten, ebenso durch die jetzt allgemein üblichen mit den modernen Meßinstrumenten ausführbaren und bis unter einem hundertstel Millimeter nachweisbaren Genauigkeitsgrenzen, welche man noch vor wenigen Jahren als phantastisch und unerreichbar bezeichnet hätte. Diesen ungeheueren Anforderungen ist der Werkzeugmaschinenbau der Sächsischen Maschinenfabrik durch eine große Anzahl neuester Modelle in weitestgehendem Maße gerecht geworden. Seit drei Jahren pflegt die Sächsische Maschinenfabrik auch ganz besonders den Bau von Schnelldrehbänken mit Teleskop-Rädergetriebe nach Patent Friedrich und von Karussell-Drehbänken modernster Konstruktion.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMASpinnereimaschinenbau
TEXTDer zu Weltruhm gelangte Chemnitzer Maschinenbau ist aus dem heute noch an erster Stelle stehenden Textilmaschinenbau hervorgegangen. Als Richard Hartmann 1832 in Chemnitz einwanderte, war bereits eine große Anzahl Baumwollspinnereien in Sachsen und besonders in nächster Umgebung von Chemnitz errichtet, und 1836 zählte man bereits 400.000 Spindeln. Hartmann führte zunächst, als er sich im Jahre 1837 selbständig machte, Reparaturen an den englischen Maschinen der sächsischen Spinnereien aus. Nach einigen Jahren nahm er auch den Bau vollständiger Maschinen für die Baumwollindustrie in seine Betätigung auf. Als durch den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1863) der Anbau von Baumwolle unterbrochen und den Baumwollspinnereien die Materialzufuhr abgeschnitten wurde, gab Hartmann den Baumwollspinnmaschinenbau bis auf den Bau von Baumwollabfallmaschinen wieder vollständig auf. Noch bevor Hartmann Baumwollspinnmaschinen herstellte, beschäftigte er sich indes auch bereits mit dem Bau von Streichgarnspinnmaschinen nach der damals noch in den Anfängen befindlichen einfachen Art. Der Satz Spinnerei bestand aus einem Reißwolf, einer Reiß- und einer Lockenkrempel, sowie einer Feinspinnmaschine (Mule-Jenny) mit 60 Spindeln, wobei erstere für Kraftbetrieb eingerichtet waren, letztere jedoch noch von Hand betrieben wurde. Im Jahre 1839 brachte Hartmann an Stelle der Lockenkrempel die erste Vor-spinnkrempel auf den Markt, welche mit dem von ihm erdachten Florteiler, genannt Con-tinue, versehen war. Diese Vorspinnkrempel war die erste Maschine, welche die stetige und gleichzeitige Herstellung vieler Vorgarnfäden in beliebiger Länge ermöglichte. Die Erfindung war deshalb von allergrößter Bedeutung für die weitere Entwicklung des Streichgarnmaschinenbaues. Auch die Spinnmaschine konnte durch diese Neuerung in der Folge zweckmäßiger und mit größerer Spindelzahl eingerichtet werden, in welcher Art sie weiterhin zur Ausführung gelangte, bis sie etwa ums Jahr 1859 vom Selfaktor verdrängt wurde. Nachdem Hartmann mit dem Bau des Streichgarnselfaktors begonnen hatte, wurden auch die Krempelsätze weiter vervollkommnet. Die bis dahin bestehenden Zweikrempelsätze kamen nur noch für gröberes, langfaseriges Material zur Verwendung, während für feineres Wollmaterial, wegen besserer Auf arbeit und besseren Ausgleiches, Dreikrempelsätze, aus Reiß-, Fein- und Vorspinnkrempel bestehend, gebaut wurden. Die Reißkrempel erhielt eine Klettenwalze, die Vorspinnkrempel wurde nur mit einem, als Florteiler dienenden, mit Kratzenringen besetzten Abnehmer (Peigneur) mit zugehörigen zwei Abnehmekämmen, zwei Nitschelwerken und den zwei Aufwickeltrommeln zum Aufwickeln der Vorgarnfäden ausgerüstet. Die Vorlage der Wolle auf den Zufuhrtisch der Reißkrempel und der vermittelst Trommeln erzeugten Pelze auf die Tische der Fein- und Vorspinnkrempel geschah mit der Hand, wobei die Wollfaser auf letzteren beiden, wegen Gestaltung gleichmäßigen Vorgespinstes, quer bzw. lang zur Einführung kam. In dieser Art entsprachen die Sätze den damaligen Anforderungen, da es sich in der Hauptsache noch um die Verarbeitung reiner Schafwolle handelte. - Der Selfaktor kam erst mit einer, dann mit zwei Spindelgeschwindigkeiten zur Ausführung. Da man bei der Beschaffenheit der damaligen Florteiler noch mit stärkerem Vorgespinst bzw. größerer Verfeinerung desselben zu rechnen hatte, dann aber in weiterem Verlaufe in Sachsen auch schon Schafwolle mit Baumwolle gemischt zu Vigognegarn, auch in begrenztem Maße schon Mischungen von Wolle mit besseren Wollabfällen und Kunstwolle verarbeitete, so wurde der Seifaktor bald nachher mit drei Spindelgeschwindigkeiten ausgerüstet, wodurch sich die Spinnfähigkeit dieser Maschine noch wesentlich günstiger gestaltete. Dieses durch Hartmann damit zur Verwirklichung gebrachte Spinnverfahren, während der Wagenausfahrt drei Spindelgeschwindigkeiten, von der kleinsten bis zur größten, in beliebiger Reihenfolge auf die Fadendrehung wirken zu lassen, wobei die Wagengeschwindigkeit allmählich abnimmt, war das Ergebnis jahrelanger Versuche und bildete den Grundstock zu allen anderen in der Sächsischen Maschinenfabrik, wie auch anderwärts zur Ausführung gebrachten Seifaktoren. Wenngleich der Seifaktor im Laufe der Zeit bis zu der gegenwärtigen vollendetsten Konstruktion noch mannigfache Wandelungen erfahren hat, so ist der Maschine die von Hartmann gegebene Grundlage doch geblieben, die ihr die für die Verarbeitung jedweden Materials vorzügliche Spinnfähigkeit verleiht. - Wie bereits erwähnt, war die Wollwarenindustrie dazu übergegangen, statt reiner Schafwolle in größerem Umfange Kunstwolle zu verwenden, wodurch an die Spinnereimaschinen neue Anforderungen gestellt wurden. Die Spinnmaschinen-Abteilung der Sächsischen Maschinenfabrik nimmt für sich das Verdienst in Anspruch, diesen Anforderungen stetig bei Ausführung ihrer Maschinen Rechnung getragen zu haben. Sie war unausgesetzt darauf bedacht, die Spinner in den Stand zu setzen, außer der Schafwolle auch jede Art von Wollabfällen, Wollflug, die Fadenrester aus der Spinnerei und Weberei zu verarbeiten, ferner die abgetragenen Kleidungsstücke, aus Flanell, Tuch oder Buckskin, aus Kammgarnstoffen, Tibet, Musselin sowie verbrauchte Wolldecken, Teppiche und alle trikotartige Abfälle, aus gestrickten Strümpfen, Westen, Jacken, Mützen, Sportsachen usw. wieder in die Wollfasern zu zerlegen, aus denen sie entstanden, um sie allein oder mit Gemisch von Schafwolle, besseren Wollabfällen, wie auch mit Baumwolle zu Garn von entsprechender Feinheit und guter Qualität zu gestalten. Die Krempelsätze, wie sie sich bis zum heutigen Tage entwickelt haben, kommen mit größeren Walzenabmessungen in Ein- und Zweipeigneur-Anordnung, als Ein- und Doppelflorkrempeln, sowie als Zwei- und Dreikrempelsätze zur Ausführung. Bei den Einpeigneursätzen sind fünf bis sechs Arbeitswalzenpaare über jedem Tambour, bei den Zweipeigneursätzen vier bis fünf Paare angeordnet. Die Arbeitsbreite wechselt zwischen anderthalb und zwei Metern. Zur Abscheidung von Unreinigkeiten sind an jeder Krempel Schmutzmulden unter den ersten Walzenpaaren, sowie nach Bedarf ein kleinerer oder größerer Reinigungsapparat an der ersten Krempel angeordnet. Zur Herbeiführung automatischen Arbeitens ist die erste Krempel am Eingange mit einem Wollaufleger mit Wage ausgerüstet, während die Übertragung des Materials von der ersten zur zweiten, bzw. von der zweiten zur dritten Maschine durch Bandlager erfolgt. Der Riemenflorteiler kann je nach Beschaffenheit des zur Verarbeitung kommenden Materials und der Garnfeinheit mit zwei, vier oder sechs Nitschelwerken ausgerüstet und zu sechzig bis zweihundert Fäden eingeteilt werden. Die Leistung der Spinnmaschinen-Abteilungen ist in den letzten Jahren so gewachsen, daß jetzt jährlich Spinnereieinrichtungen, einschließlich Vorbereitungsmaschinen und Krempelsätzen von insgesamt 250.000 Spindeln hergestellt werden können, gegen 120.000 vor einigen Jahren. - Außer den in vorstehenden Ausführungen genannten Maschinen liefern die Spinnmaschinen-Abteilungen noch folgende Spezialmaschinen: Kammgarnseifaktoren und Ringspinnmaschinen für Merino, feinere und mittlere Croßbredwollen, Maschinen für Grobkammgarn aus mittleren und groben Croßbredwollen mit Vorbereitungs- und Ringspinnmaschinen, Papiergarnmaschinen nach System Claviez, Zwirnmaschinen für Zwirne jeder Art, namentlich für Nähfaden, Webwaren, Streichgarn, Zephirgarn, Teppich- und Segeltuchfabrikate, Bindfaden, Papiergarn usw., mit zugehörigen Weifen, Spulmaschinen, Garnpressen usw. Sämtliche Arbeitsmaschinen für Baumwollabfall-, Barchent-, Kapok- und Vigognespinnerei, sowie Maschinen für Asbest-, Filz-, Hut-und Wattefabriken und Baumwollentkernungsmaschinen für Hand- und Kraftbetrieb. Der Spinnereimaschinenbau ist nächst dem Lokomotivbau die bedeutendste Werksabteilung geworden.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAWebstuhlbau
TEXTZu einer ansehnlichen Abteilung hat sich auch der Webstuhlbau der Sächsischen Maschinenfabrik ausgewachsen. Ende der vierziger Jahre, bis zu welcher Zeit einzelne mechanische Webstühle von England nach Deutschland gekommen waren, befaßten sich auch deutsche Firmen mit dem Webstuhlbau, darunter in erster Linie Richard Hartmann. Ihm ist zu einem großen Teil die Entwicklung desselben zum heutigen Stande zuzuschreiben, und er hat wesentlich dazu beigetragen, daß auch in Deutschland die Hausweberei durch die mechanische Weberei fast vollständig abgelöst wurde. Deutsches Fabrikat ist auch hier dem ausländischen gleichwertig und in vielen Beziehungen überlegen geworden und findet in steigendem Maße Absatz auf dem Weltmarkte. Die Sächsische Maschinenfabrik liefert Webstühle für alle Arten von Geweben aus Wolle, Baumwolle, Seide, Leinen, Jute usw., für alle Arten von Bekleidungs- und Dekorationsstoffen, sowie von Stoffen für technische Zwecke mit und ohne Schützenwechseleinrichtung und mit und ohne Schaft- und Jacquardmaschinen in gleicher Güte und Vollendung. Unter den fast 60.000 Webstühlen, die aus dieser Abteilung hervorgegangen sind, befindet sich auch der größte Webstuhl der Welt mit einer Webbreite von 18 m und einem Gewichte von etwa 34.000 kg. Zahlreiche neue und bewährte Konstruktionen in Seidenwebstühlen und in Stühlen mit automatischer Schußspulenauswechslung beweisen, daß die Sächsische Maschinenfabrik auch auf diesem Gebiete mit an der Spitze marschiert. Mit dem Webstuhlbau verbunden ist die Fabrikation von Webereivorbereitungsmaschinen, also Maschinen zum Scheren, Zetteln, Zwirnen, Drucken usw. Durch fortwährende Vergrößerung der Werkstätten und Ausstattungen derselben mit den neuesten Präzisionswerkzeugmaschinen ist die Abteilung zu einem vollkommen einheitlichen und rationellen Betrieb und damit zu hoher Leistungsfähigkeit gelangt.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMADampfkesselbau
TEXTGleichzeitig mit der Aufnahme des Baues von Lokomotiven mußte auch an die Errichtung einer eigenen Kesselschmiede gedacht werden, so daß der Anfang des Dampfkesselbaues auch bis Ende der vierziger Jahre zurückliegt. Letzterer beschränkte sich zu Anfang nur auf den Bau von Lokomotivkesseln. Später wurde dann noch der Bau stationärer Kessel aufgenommen. Die Kesselschmiede verfügt heute über die modernsten Einrichtungen, unter denen besonders die große hydraulische Nietanlage und die hydraulische Kümpel-presse neben den modernen elektrisch angetriebenen Blechkantenhobelmaschinen zu nennen sind. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich hauptsächlich durch das Anwachsen der Elektrizitätswerke der Dampfbedarf derart vergrößert, daß man mit den bisher bevorzugten Großwasserraumkesseln nicht immer auskommen konnte. Man mußte deshalb nach neuen Bauarten für größere Einheiten suchen. Die Sächsische Maschinenfabrik hat diesem Gang der Entwicklung im Dampfkesselbau Rechnung getragen und baute zunächst eine Anzahl kombinierter Kessel. Eine der größeren Kesselausführungen dieser Art war für das Chemnitzer Elektrizitätswerk bestimmt, bei denen der Unterkessel als Dreiflammrohrkessel ausgeführt war, wogegen der Oberkessel aus 270 Rauchröhren bestand. Es wurden hiermit Kessel von der bisher noch nie verwendeten Heizfläche von 608 qm erreicht. Dampfkesselkonstrukteure anderer Firmen und verschiedene Sachverständige äußerten sich damals sehr zweifelnd, doch hat der erzielte Erfolg der Sächsischen Maschinenfabrik vollkommen recht gegeben, denn es haben sich diese Kessel so glänzend bewährt, daß noch größere Aggregate dieser Art von 720 qm Heizfläche geliefert werden konnten. Die von der Sächsischen Maschinenfabrik außerdem gebauten Wasserrohrkammerkessel bestehen je nach der Größe aus einem oder zwei Oberkesseln, zwei vollständig geschweißten Wasserkammern und der der Heizfläche entsprechenden Anzahl nahtloser Siederohre. Auf derartige Kessel erhielt die Sächsische Maschinenfabrik beispielsweise Aufträge bis zu 14 Stück bei einer Firma. - Einen ganz überraschenden Erfolg erzielte das Hartmannsche Werk im letzten Jahre mit der Einführung eines neuen, sogenannten Steilrohrkessels, System Werner-Hart-mann, welchen es der Art des Brennstoffes, Braun- oder Steinkohle verschiedener Heizwerte jeweils anpaßt. Diese Kessel können in beliebig großen Einheiten hergestellt werden und erzielen auf dem Quadratmeter Bodenfläche bei geringsten Gestehungskosten höchste Dampfleistung. Steht die Sächsische Maschinenfabrik somit, was den Bau von Lokomotiv- und stationären Kesseln anlangt, mit an der Spitze des deutschen Dampfkesselbaues, so sind auch die mit Kesselanlagen in Verbindung stehenden Einrichtungen nicht vernachlässigt. Zu diesen Einrichtungen zählen vor allem die modernen Kesselbekohlungsanlagen, sowie der Bau von Rostbeschickungs-Apparaten. Die von der Sächsischen Maschinenfabrik ausgeführten Anlagen, zum Teil mit automatischer Kohlenverwiegung, sind unter Verwendung der einfachsten Transportmittel, wie Schnecken, Bänder und Elevatoren hergestellt und arbeiten mit vollkommenster Betriebssicherheit und geringem Kraftverbrauch. Allgemeine Verbreitung hat der mechanische Rostbeschickungsapparat System Leach gefunden. Von demselben befinden sich viele Tausende im Gebrauch.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMATransporteinrichtungen
TEXTDie wenig günstige Lage der Werkstätten der Sächsischen Maschinenfabrik war die Veranlassung, daß sie bis noch vor wenig Jahren alle ihre schweren, umfangreichen Erzeugnisse in Ermangelung eines eigenen Bahnanschlusses nicht direkt verfrachten konnte, sondern bis zur eigentlichen Verladestelle erst noch Pferd und Wagen benutzen mußte. Eine Besserung war zwar eingetreten infolge der Eröffnung der Industriebahn "Chemnitz-Obergrüna", wodurch wohl die in Altendorf gelegene Gießerei der Sächsischen Maschinenfabrik Anschlußgleis erhalten hatte, doch das etwa zehn Minuten entfernt liegende Hauptwerk nicht. So wurden zur Erlangung eines Schienenweges nach den Werkstätten des Hauptwerkes zu beiden Seiten der Hartmannstraße mit den maßgebenden Behörden Verhandlungen angeknüpft, die nach anfänglichem Scheitern doch endlich zur Genehmigung zum Ausbau eines Dreischienenweges führten, und zwar von dem Gießereigrundstück an der Beyerstraße ausgehend, durch die Matthesstraße bis zur Hartmannstraße. Die Bauabnahme und die damit verbundene Inbetriebnahme erfolgte im Dezember 1908, von welchem Zeitpunkt an alle Transporte ihren Weg über Schienen nahmen. Der Unterbau ist sehr kräftig ausgeführt, um allen Eisenbahntransporten standhalten zu können. Im Zuge der Verkehrsstraßen ist Stampfbeton als Unterbau verwendet. Die Einbettung einer Eisenkonstruktion war notwendig in dem Teile der Matthesstraße zwischen Freigut- und Leipziger Straße. Hier zieht sich ein gemauerter Kanal unter dem Fahrdamm hin, der das Wasser des Pleißenbaches aufnimmt. Zu beiden Seiten dieses Kanals, dessen Decke die Last eines Eisenbahntransportes nicht aufzunehmen vermochte, wurden je 27 Betonpfeiler errichtet, welche die Stützpunkte für die Eisenkonstruktion bilden. Die Schienen ruhen direkt auf der Blechträgerkonstruktion, deren Eigengewicht 128.000 kg beträgt. Auch ein Durchbruch der Häuser Leipziger Straße 6 und 8 mußte zur Durchführung der Bahn auf das Grundstück der Sächsischen Maschinenfabrik vorgenommen werden. Die Bahn führt durch unseren Rangierbahnhof, der auf einem besonderen Grundstück an der Limbacher Straße neben dem Hauptwerk gelegen ist, und weiter durch das Gebäude des Dampfmaschinenbaues auf den Fabrikhof, wo die Bahn als Dreischienengleis endet. Die Werkabteilungen zu beiden Seiten der Hartmannstraße erhielten in zwei Bauperioden ein Schmalspurgleis von 915 mm Spurweite, durch welches erreicht worden ist, daß nicht nur der Transport von der einen zur anderen Werkstätte durch eigens hierzu gebaute Kleinbahnwagen besorgt, sondern vor allem auf Rollböcke gestellte Staatsbahnwagen direkt bis zu den Versand- und Verladestellen geschafft und hier ent-bzw. beladen werden können. Zum bequemen und schnellen Laden und Entladen der Wagen wurde die Bahn mit besonderen Hebeeinrichtungen und Verladerampen versehen. Besonders interessant ist der als Hebemittel Verwendung findende Lasthebemagnet. Der am Kranhaken hängende Magnet, dem Gleichstrom von 500 Volt zugeführt wird, vermag Eisenspäne, Bleche, Brammen, Roheisenblöcke im Gewichte von 500 kg und mehr zu heben. Die Bedienung erfolgt durch den Kranführer. Ein anderes Verkehrsbild geben der Bahnanlage die Schmalspurwagen, welche Guß-iücke, Schmiedestücke, Koks, Kohlen, Bretter usw. von einer Werkstatt zur anderen bringen. 50 Kleinbahnwagen verschiedener Größe und Tragfähigkeit ? bis zu 2.500 kg ? sind bis jetzt in den Dienst gestellt. Als Betriebsmittel finden eine elektrische Kranlokomotive auf der Anschlußstrecke Beyer-Hartmannstraße, sowie eine feuerlose Dampflokomotive für den Dienst auf dem Fabrikgrundstück zu beiden Seiten der Hartmannstraße Verwendung.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAStiftung "Heim"
TEXTAn 23. April 1884 errichtete die Sächsische Maschinenfabrik die Stiftung "Heim", um, wie es das Statut besagt, unbescholtenen und braven Arbeitern, die dem Werke längere Zeit angehören, gesunde und billige Wohnungen gegen mäßigen Zins zu beschaffen. Von dem Grundsatze ausgehend, daß nach des Tages anstrengender, harter Arbeit für die Erhaltung bzw. Kräftigung der Gesundheit vor allen Dingen Bewegung in frischer, freier Luft Bedingung ist, faßte man nicht die Errichtung von größeren, gut verzinslichen Mietshäusern ins Auge, sondern man nahm die Erbauung von rings von Gärtchen umgebenen Einfamilienhäusern in Aussicht. Zu diesem Zweck erwarb man als besonders geeignet, da auch die Entfernung von der Arbeitsstätte der künftigen Bewohner berücksichtigt werden mußte, ein zwischen Kirche und Crimmitschauer Wald gelegenes, etwa 50.200 qm umfassendes Grundstück, und es erstand nun im Nordwesten von Chemnitz eine kleine Gartenstadt der Arbeiter. Um der wachsenden Nachfrage nach Wohnungen seitens der Arbeiter genügen zu können, wurden Häuser für zwei, vier, fünf und sechs Familien erbaut. Die Stiftung besitzt heute 47 Häuser, hiervon sind acht für je eine Familie, 28 für je zwei Familien, zwei für je vier Familien, eins für fünf und acht für je sechs Familien eingerichtet. Der Gesamtbrandkassenwert beträgt 361.940 Mark. Der Buchwert dieser 47 Häuser beträgt gegenwärtig 339.500 Mark; sie sind mit 200.900 Mark hypothekarisch belastet. Jede Partei der auch von mehreren Familien bewohnten Häuser hat ihren eigenen, am Hause gelegenen Garten. Welchen Wert die Bewohner hierauf legen, beweist die durchweg peinliche Instandhaltung der zur Sommerzeit oft im herrlichsten Blütenschmucke prangenden Gärten. Sämtliche Häuser sind an die städtische Wasserleitung angeschlossen. Eine sehr rege benutzte Bibliothek sorgt für Unterhaltung während der Wintermonate. Gegenwärtig wird die Stiftung von 121 Familien mit 200 Kindern unter 14 Jahren, insgesamt 592 Personen bewohnt. Das Mobiliar ist auf Kosten der Stiftung gegen Feuersgefahr versichert. Die Häuser sind unverkäuflich und bleiben Eigentum der Stiftung. Die Verwaltung geschieht im Ehrenamte durch einen von der Direktion der Sächsischen Maschinenfabrik ernannten Vorstand, dem ein Arbeiterausschuß für die innere Verwaltung tatkräftig zur Seite steht. - Daß trotz der von Jahr zu Jahr steigenden Ausgaben an Steuern, Reparaturen usw. die niedrigen Mietpreise von vor 27 Jahren belassen werden konnten und ein Bestehen der Stiftung überhaupt möglich war, ist nur dem Umstände zu verdanken, - daß die Sächsische Maschinenfabrik die Stiftung "Heim" durch laufende und bedeutende außerordentliche Zuweisungen jederzeit unterstützte. Am 26. Juli 1885 wurde der Stiftung "Heim" die hohe Ehre des Besuches Seiner Majestät des Königs Albert zuteil, welcher nach Besichtigung der Häuser, und zwar besonders von solchen, die von kinderreichen Familien bewohnt waren, seine höchste Anerkennung über die Kolonie aussprach. Wiederholt wurde die Stiftung behufs Studiums ihrer Einrichtungen auch von den Vertretern der verschiedensten Behörden und privater Unternehmungen besucht.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAArbeiter-Speiseanstalt
TEXTDie Arbeiterspeiseanstalt oder Kantine wurde in ihrem jetzigen Umfang in den Jahren 1888/89 errichtet, nachdem schon vorher zu Hartmanns Zeiten Speisesäle vorhanden waren. Die Verwaltung der Arbeiterspeiseanstalt geschieht durch festbesoldete Beamte der Firma, so daß sie den alleinigen Zweck hat, zu möglichst billigem Preis an die Arbeiterschaft gute Ware abzugeben, ohne ein Erwerbsunternehmen darzustellen. Ein etwaiger Überschuß wird der schon erwähnten Arbeiterunterstützungskasse überwiesen. Der Kantinenbetrieb erstreckt sich nicht nur auf das Hauptwerk, sondern es sind auch in der Gießerei, sowie in dem neuen Zweigwerk Filialkantinen vorhanden. Zehn Personen sind mit der Aufrechterhaltung des Wirtschaftsbetriebes beschäftigt. In jedem der vorhandenen drei Speisesäle sind genügend Sitzplätze an langen Tafeln vorgesehen, und ganz besonderer Wert wird auf die Reinhaltung aller vorhandenen Einrichtungen gelegt. Alle Räume werden im Winter durch Dampfheizung erwärmt und sind außerdem mit elektrischen Beleuchtungseinrichtungen versehen. In dem Speisesaal der Kantine des Hauptwerkes sind zwei moderne große Wärmeöfen vorhanden, in denen die Arbeiter das etwa selbst mitgebrachte Mittagessen warmstellen können. Zur Ausgabe gelangen vor und während der durch die Arbeitsordnung vorgesehenen Pausen verschiedene Sorten Bier, Selterswasser, Limonaden, Sauerbrunnen, Kaffee und Kakao. Ein besonders stark begehrter Artikel ist Milch in Flaschen, außerdem werden alle Sorten Wurst, Käse, geräucherte und marinierte Fischwaren und Tabake verkauft. Die große Dampfkochanlage im Hauptwerk entspricht ebenso, wie die großen Kartoffeldämpfer und die im Hauptspeisehaus vorhandene Schlachteinrichtung allen Anforderungen der Hygiene und fortgeschrittenen Technik. Besonderer Wert ist seitens der Verwaltung darauf gelegt, den unverheirateten Arbeitern oder denen, die der weiten Entfernung der Wohnung wegen zur Mittagspause die Fabrik nicht verlassen, ein kräftiges und gutes warmes Mittagessen zu dem außerordentlich billigen Preise von 35 Pfennig zu liefern.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAFabrikfeuerwehr
TEXTAn 31. Oktober 1866 erfolgte die Gründung einer eigenen Fabrikfeuerwehr, die aber auf Wunsch der städtischen Verwaltung auch bei Bränden innerhalb der Stadt zur Verfügung stehen sollte. Das Feuerwehrkorps bestand bei seiner Gründung aus zwölf Chargierten und hundert Feuerwehrleuten, die statutengemäß zur Teilnahme am Feuerdienst, Übungsdienst und Vereinsdienst verpflichtet waren. Die hellen Blusen mußten sich die Feuerwehrleute aus eigenen Mitteln anschaffen, wogegen die übrigen Ausrüstungsgegenstände von der Fabrik geliefert wurden. Ende der sechziger Jahre schaffte Richard Hartmann eine Dampfspritze an, die aus England gekommen war, und die erste in Deutschland zur Verwendung kommende Dampf spritze darstellte. Diese Dampfspritze ist auch heute noch im Gebrauch und steht auf Grund von besonderen Abmachungen der städtischen Berufsfeuerwehr zur Verfügung. Eine Reihe von Jahren hindurch war jeder Beamte der Sächsischen Maschinenfabrik verpflichtet, Mitglied der Hartmannschen Feuerwehr zu sein, jedoch hat man diese Einrichtung seit etwa zehn Jahren fallen gelassen und rekrutiert die Mitglieder heute lediglich aus Freiwilligen. Während ihrer sechsundvierzigjährigen Tätigkeit war es der Hartmannschen Feuerwehr vergönnt, wiederholt bei großen Bränden, auch in Schwesterfabriken und in Privatgebäuden, helfend einzugreifen, und die tapfere Löschmannschaft hat sich manche Anerkennung für ihr Verhalten am und im Feuer erworben. Auch bei Hochwassergefahr mußte die Wehr wiederholt eingreifen. Dank ihrer regen Aufmerksamkeit und Pflichttreue wurden die im eigenen Werke im Laufe der Jahre entstandenen Brände fast durchweg schon im Entstehen gelöscht. Heute besteht das Feuerwehrkorps aus einem Hauptmann, einem Hauptmannstellvertreter, einem Feldwebel, fünf Zugführern, sechs Oberfeuerwehrleuten, zwei Signalisten und etwa achtzig Feuerwehrleuten. An Löschgeräten stehen der Feuerwehr außer der bereits genannten Dampfspritze zwei große Handdruckspritzen, drei kleine Handdruckspritzen, zwei große Schlauchwagen, eine mechanische Leiter, ein Gerätewagen, acht-unddreißig Annihilatoren und sieben Extincteure zur Verfügung. In neuester Zeit ist eins der Frachtautomobile derart eingerichtet, daß es sofort mit der Dampfspritze gekuppelt werden und nach Aufnahme der notwendigen Löschmannschaften als Automobillöschzug zur Brandstätte abrücken kann. 2450 m Schlauch können jederzeit Verwendung finden, und 25 Hydranten für das Hauptwerk und 13 Hydranten für die Gießerei ermöglichen die Zufuhr jeder erforderlichen Wassermenge. Mehrere große Wasserreservoire sind als Notreserve außerdem noch vorhanden. Die Hartmann-Feuerwehr ist durchaus militärisch organisiert, gehört dem Landesverband sächsischer Feuerwehren und dem hiesigen Kreisfeuerwehrverband an und untersteht der Inspektion durch letzteren. Während der Nacht ist ständig Feuerlöschwache unter Benutzung eines besonderen Wachtlokales vorhanden und Patrouillen kontrollieren während dieser Zeit sämtliche Bureauräume und Werkstätten. Aber nicht nur der Feuerlöschdienst wird in diesem Kreise eifrig gepflegt, sondern ebenso Freundschaft und Geselligkeit, und das jedes Jahr gefeierte Stiftungsfest der Fabrikfeuerwehr erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Die Direktion und die Oberbeamten des Werkes pflegen an diesem Feste stets teilzunehmen.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]


ZEIT1912
THEMAVertreterorganisation
TEXTDie Sächsische Maschinenfabrik besitzt in nachstehenden Städten eigene Bureaus bzw. Vertretungen: a) Inland: Aachen, Berlin, Bonn, Bremen, Breslau, Cottbus, Düsseldorf, Erfurt, Forst i. L., Frankfurt a. M., Grünberg i. Schl., Gleiwitz, Gummersbach, Hamburg, Hannover, Herford, Hirschberg, Karlsruhe, Kiel, Königsberg, Krefeld, Leipzig, Luckenwalde, Magdeburg, München, Münster, Neumünster, Reichenbach, Saarbrücken, Stettin, Stuttgart. b) Ausland: Amsterdam, Athen, Barcelona, Belgrad, Boston, Bukarest, Buenos Aires, Christiania, Gabrovo, Gent, Göteborg, Konstantinopel, Kopenhagen, Lissabon, Lodz, London, Mailand, Mexiko, Moskau, New York, Norrköpping, Paris, Rio de Janeiro, Sofia, St. Petersburg, Stockholm, Tilburg, Valparaiso, Vienne, Warschau, Wien. Der rastlosen Tätigkeit der auswärtigen Vertreter ist es zu danken, daß die Erzeugnisse der Sächsischen Maschinenfabrik in aller Welt immer mehr geschätzt und begehrt werden. Sie sind es, die dafür sorgen, daß der Name Hartmann in allen Kulturländern stets weiter wachsenden Ruf erhält, und sie sind somit in der Tat die wahren Pioniere und Herolde deutscher Industrie. Die Verwaltung ist ihnen für diese ihre oft sehr mühevolle Tätigkeit zu besonderem Dank verbunden, dem auch an dieser Stelle Ausdruck gegeben sei.
QUELLE[Sächs. Masch.-Fabr.: Jubiläumsschrift 1837-1912]