Vereinigte Papierwerke A.-G.

Allgemeines

FirmennameVereinigte Papierwerke A.-G.
OrtssitzHeroldsberg (Mfr)
Postleitzahl90562
Art des UnternehmensPapierfabriken
Anmerkungen1938: Verwaltung: Nürnberg, Fürerstr. 45. 1935: Kauf durch G. Schickedanz. Nach dem Krieg: unter Führung der Schickedanz-Gruppe. Anschrift am Heroldsberger Firmengebäude "Vereinigte Papierwerke Nürnberg". Später: US-Konzern Procter & Gamble (vertreiben seit 1994 die Papier-Taschentücker "Tempo"); "Tempo" seit 2007 zur schwedischen SCA-Gruppe. Nach 1994 Wohnbebauung.
Quellenangaben[Birkner: Papierind (1938) I, 21] [Nürnberger Nachrichten, 06.04.1999, W 3 + 29.01.2009, S. 32; 28.02.2009, S. 6] [Flottmann AG: Dampfmaschinen]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1906 Gründung der Ursprungsfirma "Vereinigte Closetpapier-Fabriken" in Nürnberg durch die jüdischen Brüder Emil und Oskar Rosenfelder.
1910 Vier Jahre nach ihrer Gründung wird die "Vereinigte Closetpapier-Fabriken" von Nürnberg in das Betriebsgelände der ehemaligen "Motoren- und Elektrizitätswerke Goller" in Heroldsberg verlegt. Außer Toilettenpapier werden Karnevals- und Scherzartikel hergestellt und bis nach Südamerika vertrieben. Besonders Konfetti und Luftschlangen sind der Renner.
1919 Das Geschäft verläuft seither hervorragend, da es gelang, die Luftschlangen flammensicher zu imprägnieren.
nach 1921 Oskar Rosenfelder erobert mit "Camelia" den deutschen Markt für Einwegbinden. - Die ersten kamen 1920 in den USA auf.
1929 Lieferung einer Dampfmaschine durch Flottmann AG, Werk Marktredwitz
29.01.1929 Das Papiertaschentuch "Tempo" wird als Warenzeichen beim Reichspatentamt als erste deutsche Papiertaschentuchmarke angemeldet. Erfinder ist der jüdische Papierfabrikant Oskar Rosenfelder, der auch Damenbinden ("Camelia") vertreibt.
04.1929 Das Papiertaschentuch "Tempo" entsteht. (Vergl. auch das Patent Nr. 81094 an die "Göppinger Papierfabrik G. Krum" vom 14. August 1894)
Mitte 1933 Eine Gruppe bewaffneter SA-Leute um den Heroldsberger Ortsgruppenleiter Goldfuß bedroht Oskar Rosenfelder und erpreßt von ihm 6.000 Reichsmark
11.04.1934 Schickedanz erklärt schriftlich, die Aktien für RM 457.000,00 zu übernehmen, was laut Rosenfelder nur einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes von mehreren Millionen darstellt. Die Gauleitung habe ein entsprechendes Gutachten angewiesen, wonach der Kaufpreis deutlich unter dem Wert liegen solle. Rosenfelder stellt nach dem Krieg fest, "daß: 1.) Herr Gustav Schickedanz mit Unterstützung und auf schärfsten Druck der Gauleitung hin die mir und meinem Bruder gehörenden Aktien an sich zu bringen verstanden hat, 2.) wir nie auch nur einen Pfennig für diese Aktien erhalten haben und 3.) zwischen Herrn Schickedanz und uns nie ein Vergleich geschlossen worden ist, der sich auf Enteignung der Aktienmajorität bezogen hätte." Schickedanz habe die Firma mit dem firmeneigenen Vermögen bezahlt, sie also praktisch geschenkt bekommen. Erst in den Wiedergutmachungsverfahren wird eine Entschädigung für die Enteignung ausgehandelt.
1935 Nach einer Hetzkampagne in der NS-Zeitung "Der Stürmer" flieht der Eigentümer, Oskar Rosenfelder, ins Ausland, und Gustav Schickedanz kauft die Vereinigten Papierwerke. - Die Rolle, welche Schickedanz bei der Übernahme spielt, ist umstritten. Er war 1932 aus opportunistischen Gründen in die NSDAP und später in weitere NS-Organisationen eingetreten. Ein aktiver Nazi ist er aber nicht, profitiert aber von den Arisierungen.
1937 Erwerbung der Papierwerke Forchheim
12.1947 Die Papiertaschentücher "Tempo" werden nach einer Unterbrechung in den Kriegsjahren wieder in Forchheim und Herdoldsberg produziert.
1955 Es wird im Jahre 1955 1 Milliarde Papiertaschentücher "Tempo" produziert.
1961 Es werden Gastarbeiter aus Spanien, Griechenland und Italien eingestellt.
1967 Bau eines sechsstöckigen Wohnheims für Gastarbeiter
1970 Der Umsatz beträgt 400 Millionen Mark
1983 Infolge der finanzstarken ausländischen Konkurrenz und infolge von Rückstellungen für Betriebsrenten wird ein Verlust von 29,6 Millionen Mark verzeichnet.
um 1984 Nach den hohen Verlusten (1983) erarbeitet die Unternehmensberatungsfirma McKinsey ein Konzept zur Umstrukturierung. Die Papierfabrik in Heroldsberg wird geschlossen, und die älteren Mitarbeiter scheiden mit Abfindungen aus.
Ende 1985 In Heroldsberg bleibt nur die Verarbeitung, wo 805 Beschäftigte arbeiten.
1987 Die Produktion der Papiertaschentücher "Tempo" wird von Forchheim / Heroldsberg nach Neuss verlegt.
1993 Schließung
1994 Die amerikanische "Procter & Gamble" kauft die "Vereinigten Papierwerke"
12.1995 Abriß ab Dezember 1995. Nach den Arbeiten, die mehrere Monate dauern, soll an der gleichen Stelle ein großes Wohnbaugebiet entstehen
2007 "Tempo" wird von der schwedischen SCA-Gruppe übernommen. Die Produktion erfolgt überwiegend in Neuß.
06.05.2007 Der Kamin wird gesprengt.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Damenbinden 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Damenbinden 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Konfetti 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Krepp-Klosettpapier 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1993 1995: Schließung vor 2 Jahren  
Krepp-Klosettpapier 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1993 1995: Schließung vor 2 Jahren  
Papier-Deckchen 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papier-Deckchen 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papier-Luftschlangen 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papier-Tropfenfänger 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papierservietten 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papierservietten 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papiertaschentücher 1929 Beginn 1955 Ende (--> Neuss) Im 2. WK unterbrochen, ab 1947 wieder Produktion, auch in Forchheim
Papierwindeln 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  
Papierwindeln 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54] 1938 [Birkner: Papierind (1938) VI 54]  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1929 Flottmann Aktiengesellschaft




Betriebsanlagen

Zeit Betr.-Teil Fläche bebaut Gleis Whs Betr. in Kommentar
1938 Stammwerk           4 Papiermasch. à 250 cm, 1 à 150 cm




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1938 700 700      
1957 3000        
Ende 1985 805       nur noch Papierverarbeitung




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1910 Umbenennung zuvor Vereinigte Closetpapier-Fabriken Nürnberg --> Heroldsberg