Deutsche Nähmaschinen-Fabrik von Jos. Wertheim

Allgemeines

FirmennameDeutsche Nähmaschinen-Fabrik von Jos. Wertheim
OrtssitzFrankfurt (Main)
OrtsteilBockenheim
StraßeBurgstr. 88
Postleitzahl60389
Internet-Seitewww.naemaschmiede.de
Art des UnternehmensNähmaschinenfabrik
AnmerkungenUm 1868: Joseph Wertheim, Nähmaschinenfabrik, Berger Str. 2, Gl. Zeil 15 [Adreß- und Geschäfts-Handbuch von Frankfurt a.M. (1868/69)]. Seit 1868 in Bockenheim; Gießerei in Bonames. 1886: 7800 qm Werkstätten und Magazine. Fabrikkomplex zwischen Eichwald-, Petterweil-, Germania- und Burgstraße. Der Gründer Joseph Wertheim (1804-1899) war Frankfurter Stadtverordneter und Mitbegründer der "Aktienbaugesellschaft für kleine Wohnungen". Nach 1900: "Deutsche Nähmaschinenfabrik vorm. J. Wertheim" (so auch schon 1873 bezeichnet [Festschrift IHK Frankfurt (um 1911)]). Firmenlogo: Zwerg mit Hammer. Später eine Aktiengesellschaft (Kapital: 1,5 Mio Mark)
Quellenangaben[Reichs-Adreßbuch (1900) 1722] http://www.naemaschmiede.de [Frankfurter Rundschau, 28.09.2007] http://www.bkg1901.de [Frankfurt a.M. und seine Bauten (1886) 597]
HinweiseDie Homepage des Nähmaschinen-Sammlers Berthold Engel enthält umfangreiche weitere Informationen zum Unternehmen und zur Familie Wertheim (siehe Link). Die meisten chronologischen Daten stammen aus dieser Quelle.




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
20.03.1834 Geburt von Joseph Wertheim in Rotenburg an der Fulda als fünftes Kind von Leiser Wertheim und dessen Ehefrau Merle geb. Heß (eine jüdische Familie)
April 1851 Joseph Wertheim beginnt eine Mechanikerlehre beim Hofmechanikus und Münzmeister Friedrich Wilhelm Breithaupt & Sohn in Kassel und wird mit der Fertigung mathematischer, physikalischer und optischer Instrumente vertraut.
April 1854 Nach dem Ende seiner Lehrzeit bei Breithaupt arbeitet Joseph Wertheim für kurze Zeit in der elterlichen Leinenwaren und Garnfabrik in Rotenburg (Fulda).
Mai 1854 Joseph Wertheim wandert zusammen mit seinem Freund, dem Schuhmacherlehrling Lukas Werthan in die USA aus. In New York City findet bei einem Tabakwarenhändler seine erste Arbeit. - Später arbeitet er in der Nähmaschinenfabrik von Singer. [Viele Quellen geben die Nähmaschinenfabrik "Wheeler & Wilson" als Arbeitgeber an - ein Unternehmen, für das Wertheim ab 1862 die Vertretung übernimmt.]
Mitte 1858 Joseph Wertheim kehrt aus den USA nach Rotenburg (Fulda) zurück, wo er nach erneuter Verleihung des Bürgerrechts (Ende 1858) die geschäftliche Leitung der elterlichen Leinenwaren- und Garnfabrik übernimmt.
Ende 1861 Joseph Wertheim zieht von Rotenburg (Fulda) nach Frankfurt a.M., Hanauer Landstr. 5, um, wo bereits die Familie seiner späteren Ehefrau, Rosalie Ballin, lebt. Wertheim ist Handelsvertreter für Leinenwaren tätig, da er ohne Frankfurter Bürgerrechte noch keine Fabrik gründen kann.
05.05.1862 Der General-Agent der amerikanischen "Wheeler & Wilson", Frank Armstrong, ernennt J. Wertheim zum Generalvertreter in Süddeutschland für Nähmaschinen dieses Herstellers. Wertheims Geschäftslokal ist im Hause seines Schwiegervaters David Ballin, Fahrgasse 108 (eine Nebenstraße der Zeil). Am selben Tage erscheint eine gemeinsame Zeitungsanzeige für "Wheeler & Wilson's Sewing Machines"
15.05.1862 Joseph Wertheim heiratet Rosalie Ballin. - Aus dieser Ehe gehen von 1863 bis 1876 zehn Kinder hervor.
Sept. 1862 Joseph Wertheim richtet für kurze Zeit Haus des Bankiers L. A. Hahn, Zeil 35, einen Verkaufsraum für "Wheeler & Wilson"-Nähmaschinen ein.
14.12.1862 Das Verkaufslokal Joseph Wertheims für "Wheeler & Wilson"-Nähmaschinen zieht in größere Räumlichkeiten in der Zeil 26 (Haus der Effektenbank, gegenüber der Konstablerwache) um. (Anzeige vom 14.12.1862). - Bald mietet er Räume im Gebäude des Gasthofs "Reichskrone" in der Großen Friedberger Str. 7, wo er die Fertigung von Ersatzteilen betreibt.
Ende 1863 Joseph Wertheim richtet in Hanau im Hause des Goldarbeiters und Tanzlehrers Karl Runkel in der Schloßgasse 7 seine erste Nähmaschinenfabrik ein. Die Leitung übernimmt der Mechanikus Louis Ochs.
Aug. 1864 Die amerikanische Nähmaschinenfabrik "Wheeler & Wilson" nimmt Joseph Wertheim die Generalagentur für Süddeutschland ab, da er Ende 1863 in Hanau mit Luis Ochs seine Nähmaschinenfabrik betrieb, und die Verkaufszahlen der amerikanischen Maschinen zurückgingen.
29.09.1865 Das Jubiläum der 1000. gebauten Nähmaschine wird gefeiert.
13.06.1867 Geburt von Paul Wertheim, Sohn von Joseph Wertheim
1868 Zunächst nur als Handel betrieben, beginnt nach dem Umzug in die Fabrik in Bockenheim in der Burgstraße 58 mit 80 Arbeitern die Fabrikation von Nähmaschinen.
1873 Joseph Wertheim baut auf dem Eckgrundstück Arnsburger Straße 20 / Habsburgerallee (später: Café Wiens) sein Wohnhaus.
um 1873 Die Nähmaschinenfabrik von Joseph Wertheim gründet eine Zweigniederlassung in Barcelona
06.05.1873 Umwandlung in die "Aktiengesellschaft Deutsche Nähmaschinen-Fabrik von Jos. Wertheim"
1875 Hugo Wertheim (1854-1919) aus Rotenburg-Lispenhausen emigriert nach Melbourne/Australien, wo er sich zunächst als Großhändler für Nähmaschinen aus der Produktion seines Onkels Joseph Wertheim betätigt. - 1908 gründet er in Melbourne-Richmond die Klavierfabrik Wertheim, die in den folgenden Jahrzehnten an die 20.000 Klaviere baut.
1875 Samuel Guckenheimer und Carl Wettach werden zu Geschäftsführern bestimmt.
27.07.1877 Joseph Wertheim wird Stadtverordneter der Demokratischen Partei (bis Ende 1882 und erneut vom 1884 bis 1890) in Frankfurt
1883 Die Jahresproduktion beträgt 35.000 Nähmaschinen
31.05.1883 Im östlichen Fabrikgebäude, in welchem sich die Schreinerei, Gießerei, ein Teil der Dreherei und die Lackierwerkstatt befinden, bricht mittags ein Brand aus. Durch den starken Ostwind greift der Brand auch auf das westliche Gebäude über; Dachstühle und Decken stürzen ein, und rd. 600 Nähmaschinen werden zerstört. Der Verbindungsbau mit den Werkzeugmaschinen bleibt unversehrt. Ursache ist vmtl. fahrlässiger Umgang mit Feuer in der Lackiererei. Der Schaden ist durch Versicherungen gedeckt.
1885 Josef Wertheim schafft im Haus Burgstraße 81 im Burgblock einen Treffpunkt für die Bewohner der Arbeitersiedlung und und errichtet eine Stiftung mit 70.000 Mark Stiftungskapital. Von dem Geld wird eine "Arbeiterbibliothek" eingerichtet. - Später werden Teile des "Joseph-Wertheim-Hauses" an gemeinnützige Organisationen übergeben. Die Gesellschaft für Wohlfahrtseinrichtungen betreibt dort eine Volksküche, es gibt Kinderhorte und regelmäßige Vorträge des "Ausschusses für Volksvorlesungen".
1895 Es werden 40.000 Nähmaschinen im Jahr gebaut
1897 Paul Wertheim wird Karnevalsprinz der Bornheimer Karnevalsgesellschaft 1901, was er sich 40.000 Mark kosten läßt.
18.03.1899 Tod von Joseph Wertheim in Nizza, wo der wegen seiner Schilddrüsenerkrankung lebt.
30.03.1899 Die Asche von Joseph Wertheim wird auf dem Bornheimer Friedhof beigesetzt.
1907 Kauf eines 30.000 qm großen Grundstücks im Frankfurter Stadtteil Bonames zum Bau einer Gießerei
1908 Eröffnung der Eisengießerei in Frankfurt-Bonames
1908 Die millionste Nähmaschine wird gebaut
1911 Errichtung der Gießerei am Frankfurter Berg [lt. http://www.frankfurt.de - vmtl. nicht zutreffend]
01.05.1912 Brand im neuen Teilemagazin
1918 Bisher wurden rund 1,5 Millionen Nähmaschinen hergestellt
1920 Umwandlung der Zweigniederlassung von Nähmaschinenfabrik von Joseph Wertheim in Barcelona in die "Rapida"
1932 Die Nähmaschinenproduktion von Jos. Wertheim wird nach Barcelona verlegt, wo sie in die von Carlos Vallin (alias Karl Wertheim) geleitete Fabrik "Rapida S.A." integriert werden.
1936 Das Fabrikgebäude in Bornheim wird abgerissen. Dort entstehen Wohnhäuser.
04.07.1938 Als Paul Wertheim (in der Geschäftsleitung des Unternehmens) erfährt, daß er abtransportiert werden soll, erschießt er sich im Frankfurter Ostpark, um dem Holocaust zu entgehen.
1940 Die Firma Teves übernimmt die Gießerei am Frankfurter Berg
1943 Die Olivetti-Gruppe übernimmt die "Rapida S.A." in Barcelona (bis 1932 Nähmaschinenproduktion von Jos. Wertheim in Frankfurt)
1975 Die ehemalige Zweigniederlassung der Nähmaschinenfabrik von Joseph Wertheim in Barcelona "Rapida" (seit 1943 zu Olivetti) bis baut bis 1975 Nähmaschinen unter dem Namen "Wertheim".
27.08.2007 Die von den Nazis entfernte Steintafel mit der Aufschrift: "Jos. Wertheim'sches Vereinshaus" wird durch das Engagement des Bürgervereins und des Förderkreises historisches Bornheim in Anwesenheit des Urgroßneffen Wertheims, Carlos Guilliard, wieder feierlich angebracht. Somit bleibt das Andenken an eine bedeutsame Unternehmer- und Stifterfamilie bewahrt. - Wertheim hatte im Jahr 1885 in dem Haus einen Treffpunkt für die Bewohner der Arbeitersiedlung geschaffen und mit 70.000 Mark Stiftungskapital versehen. Von dem Geld wurde eine "Arbeiterbibliothek" eingerichtet. Es wurden dort Kurse für werdende Mütter und Seminare zum Thema Gartenbau abgehalten. Später wurden Teile des "Joseph-Wertheim-Hauses" an gemeinnützige Organisationen übergeben. Die Gesellschaft für Wohlfahrtseinrichtungen betrieb dort eine Volksküche, es gab Kinderhorte und regelmäßige Vorträge des "Ausschusses für Volksvorlesungen". Um 2007 vermietet die "Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding" dort Wohnungen.
21.06.2013 Die Bornheimer Karnevalsgesellschaft 1901 verlegt gemeinsam mit Bernhard Ochs (Stadtverordneter und Vorsitzender des Bürgervereins und Förderkreises historisches Bornheim) einen Stolperstein in Gedenken an Paul Wertheim (Selbstmord am 04.07.1938) vor dem ehemaligen Wohnhaus der Wertheims in der Arnsburger Str. 1.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Nähmaschinen 1869 Beginn (1862-69 nur Handel) 1932 Produktion nach Spanien verlegt  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Lokomobile um 1908 Heinrich Lanz Aktiengesellschaft
Dampfmaschine vor 1900? Gebr. Sulzer AG
Dampfmaschine vor 1900? Gebr. Sulzer AG




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
1886 Dampfkessel 2   unbekannt Heizfläche 185 qm    
1886 Dampfmaschinen 2   unbekannt Gesamtleistung 95 PS    




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1863 28        
1865 90        
1868 120 80     [Statistik]: 120 Mitarbeiter
1871 300 300      
1874 380        
1881 540        
1883   600      
1884   450     140 Entlasssungen nach Großbrand am 31.05.1883
1885   440      
1889   480      
1895   500      
1900   520      
1903   560      
1908   620      
1913   580      
1914   380      
1915   320      
1916   280      
1917   240      
1918   220