Städtisches Elektrizitätswerk Karlsbad

Allgemeines

FirmennameStädtisches Elektrizitätswerk Karlsbad
OrtssitzKarlsbad (Böhmen)
Art des UnternehmensElektrizitätswerk
AnmerkungenVersorgte 1891 120 Bogenlampen und 2500 auf 65 Installationen verteilte Glühlampen von 16 Normalkerzen Leuchtkraft. Seit dem Tage der Inbetriebsetzung mußte das Werk bereits zweimal erweitert werden, und um 1896 sind schon Beleuchtungs-Installationen, welche über 11.000 Glühlampen à 16 N.K. entsprechen, an das Leitungsnetz angeschlossen, für welche zur Zeit der Saison der Strom Tag und Nacht, außerhalb der Saison dem tatsächlichen Bedarf entsprechend von 3 Uhr Nachmittag bis 9 Uhr früh geliefert wird. Die Werkstation hat eine verbaute Fläche von 1020 qm, wovon 600 qm auf die beiden Maschinenhäuser und 420 qm auf das Kesselhaus nebst der Werkstätte entfallen. Zur Unterbringung
des Holz und Kohlenvorrates, der Requisiten uud grober Geräte dienen zwei hartgedeckte Schuppen von zusammen 140 qm
Grundfläche.
Quellenangaben[Zeitschr. für Elektrochn. (1896) 289] [Hedges: Continental electric light stations (1892) 28]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
06.1890 Baubeginn
01.07.1891 Das Werk, eine der letzten Schöpfungen des hochverdienten Bürgermeisters Eduard Knoll, wird dem Betrieb übergeben.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Elektrizität 1891 Beginn (Inbetriebnahme am 1. Juli      




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschinen 1891 Erste Brünner Maschinenfabriks-Gesellschaft
Dampfmaschine 1893 Erste Brünner Maschinenfabriks-Gesellschaft
Dampfmaschine 1895 Erste Brünner Maschinenfabriks-Gesellschaft




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
1892 Dampfkessel 5   unbekannt Heizfläche 121 qm Babcock & Wilcox  




Allgemeines

ZEIT1891
THEMAPlanung
TEXTMit Rücksicht auf örtliche Verhältnisse und den Charakter Karlsbads als Kurstadt erschien es empfehlenswert, die Stromerzeugungsstätte in eine größere Entfernung von der Stadt zu verlegen, wobei noch darauf Bedacht zu nehmen war, daß die Kosten der Leitungen nicht so hoch ausfallen, daß durch diese der Betrieb des Werkes ungunstig beeinflußt werde. Als günstigstes Terrain zur Anlage der Zentrale wurde das städtische Grundstück neben dem Wasserwerk in Donitz in Aussicht genommen, und nach sorgfältigen Studien wurde das Wechselstrom-Transformatoren-System, wie es von den Ingenieuren Zipernowsky, Deri und Bláthy ausgearbeitet und von der Firma Ganz & Co. in Budapest hauptsächlich zur Versorgung größerer Konsumgebiete mit elektrischem Strom mit Erfolg angewendet wurde, seitens der Stadtvertretung zur Ausführung akzeptiert. Zuvor wurden jedoch die Ergebnisse der großen Frankfurter Expertise, zu welcher der damalige Bürgermeister Dr. Miquel in Frankfurt a. M. die hervorragendsten Elektrotechniker eingeladen hat, abgewartet, welche die Verwendung des hochgespannten Wechselstromes zur Beleuchtung ausgedehnter Gebiete in technischer und wirtschaftlicher Richtung dargetan haben. Auf Grund dieses Systemes wurden mehrere Projekte ausgearbeitet und hiervon gelangte jenes der Firma Ganz & Co. zur Annahme. Diese Firma baut solche Transforma-
toren, die auch das Parallelschalten der Bogenlampen für die öffentliche Beleuchtung ermöglichen, eine Forderung, welche von der Stadtgemeinde im Interesse der Störungsfreiheit der Straßenbeleuchtung aufgestellt wurde und der ohne weitere Hilfsmittel nur solche Transformatoren in einfacher Weise genügen, welche derartige sekundäre Wicklungen besitzen, daß z.B. zwischen den äußeren Polen eine Spannungsdifferenz von 100 Volt besteht, während dieselbe zwischen dem Mittelpole und dem Außenleiter nur 50 Volt beträgt.
QUELLE[Zeitschr. für Elektrochn. (1896) 289]


ZEIT1891
THEMAElektrische Anlagen
TEXTFür die Bediensteten des Werkes wurde gegenüber dem Wohnhause der Wasserwerks-Bediensteten ein eigenes Wohngebäude
erbaut, welches auch die Büros und Magazine nebst einem Meß- und Versuchszimmer enthält. Letzteres ist mit den zur Eichung der Elektrizitätszähler, Kontrolle des Stromverbrauches der Bogenlampen und der Lichtstärke der Glühlampen etc. benötigten Instrumenten und Apparaten ausgestattet. Die Stromzuleitung vom Werke zur Stadt geschieht bis oberhalb der Parkstraße oberirdisch mittels vier auf starken Telegraphensäulen unter Verwendung starker Doppel-
glocken-Isolatoren gespannten Elektrolyt-Kupferdrähten von 8 mm Durchmesser. Von da ab beginnt die unterirdische Stromleitung mittels konzentrischer, eisenband-armierter Bleimantel-Kabel, welche zum Schutze gegen mechanische Beschädigung in Kanälen, welche aus Ziegeln geschichtet, mit Sand gefüllt und mit Ziegeln überdeckt sind, verlegt
wurden. Die beiden primären Hauptkabel führen über den Schloßberg bis zur Sprudelkolonnade resp. den beiden dort befindlichen primären Hauptverteilungskästen und verzweigen sich in eine ca. 7 km lange Ringleitung zu beiden Seiten der Tepl in die ganze Stadt; von diesem primären Kabelnetz werden die verschiedenen im Beleuchtungsgebiete nach Maßgabe des Stromkonsums verteilten Transformatorstationen mit zusammen 70 Transformatoren gespeist, denen die Aufgabe zufällt, den hochgespannten Strom in solchen von großer Quantität und geringer, für die in Parallelschaltung stehenden Glüh- und Bogenlampen verwendbaren Spannung umzuwandeln. Diese Transformatorstationen sind teils in städtischen Objekten, teils auf öffentlichem Grunde oder bei größeren Privatobjekten auch auf privatem Grunde in gemauerten Säulen, Kästen oder Behältnissen feuersicher und unter Verschluß des Elektrizitätswerkes, Unbefugten
vollkommen unzugänglich, untergebracht. Während große Verbraucher den Strom direkt von den Transformatorstationen empfangen, wird der Strom kleinen Consumenten und den Beleuchtungskörpern für die öffentliche Beleuchtung durch ein sekundäres Kabelnetz zugeführt, welches an geeigneten Stellen von den Transformatoren gespeist wird und mit dem primären Netz in demselben Kabelgraben verlegt wurde. Im Sekundärnetz sind Verteilungskästen mit Bleisicherungen eingesetzt, die die Speisepunkte für die kleinen Installationen und die öffentliche Beleuchtung bilden. Selbstverständlich ist auch für eine Teilung des Primärnetzes im Bedarfsfalle vorgesorgt und sind zu diesem Zweck
an Abzweigstellen Verbindungskästen eingesetzt, welche ebenso wie die Transformatorstationen mit den entsprechenden Vorrichtungen zur Sicherung und Schaltung der einzelnen Abtheilungen des Kabelnetzes versehen sind. Als ein Vorzug des verwendeten Transformatorsystems muß erwähnt werden, daß trotz des außerordentlich langen und auch verzweigten Netzes die Spannung bei noch so stark wechselndem Stromkonsum ohne jede äußere Regulierung an allen Stellen des Beleuchtungsgebietes gleichmäßig ist. Die Länge der bis jetzt verlegten Primärhauptkabel beträgt 6400 m, jene der Primäranschlüsse 1600 m; an sekundären Hauptkabeln, davon die meisten konzentrische Dreileiterkabel, stehen 5780 m in Verwendung und beträgt die Länge der sekundären Anschlüsse 1325 m. Von konzentrischen Bogenlampenkabeln sind
420 m und von einfachen 7445 m gelegt worden; zur Installation von 100 Straßenglühlampen, welche an den Gasbeleuchtungskörpern in der Innern Stadt im Straßenzug rechts und links von der Tepl angebracht sind, wurden 6265 m einfaches Bleikabel mit doppeltem Mantel verwendet. Der Querschnitt der stärksten Primärleitung beträgt 2 x 150 mm2, jener der Sekundärkabel 50 + 30 + 50mm2; die einfachen Bogenlampenkabel haben einen Querschnitt von 15 mm2 die Glühlampenkabel von 3 mm2. Die sämtlichen Kabel entstammen der Fabrik Felten & Gnilleaume, vormals Jacottet & Co. in Wien und haben sich bis jetzt auf das beste bewährt.
QUELLE[Zeitschr. für Elektrochn. (1896) 290]


ZEIT1891
THEMAHerstellungskosten, Entwicklung
TEXTWas die gesamten Herstellungskosten des Werkes betrifft, so belaufen sich diese zuzüglich der Auslagen für die partielle öffentliche Stadtbeleuchtung, an welcher dermalen 74 Bogenlampen à 12 Ampère und 14 à 16 Ampere, dann 100 Glühlampen von diverser Lichtstärke partizipieren, auf ca. 600.000 fl. Der Betrieb des Werkes wurde von der Armaturen- und Maschinenfabrik, Actiengesellschaft vormals J. A. Hilpert in Nürnberg, die zugleich Eigentümerin des hiesigen Gaswerkes ist, in Pacht genommen; durch diese Verpachtung, welche der Stadtgemeinde nebst der 60/q
Verzinsungs- und Amortisationsquote des Baukapitals noch die Hälfte des Reingewinnes sichert und durch den Zusammenfall des normierten Pacht-Ablauftermins mit dem Ende des Gasvertrages im Jahre 1902 ist der Verfügung der seinerzeitigen Stadtvertretung über den Betrieb der Beleuchtungswerke freier Spielraum gelassen worden. Was den Betrieb des Werkes selbst anbelangt, so hat derselbe stets befriedigt und beweist der stetige Einlauf neuer Anmeldungen zum Lichtbezug, daß durch die Errichtung des Elektrizitätswerkes einem Bedürfnis entsprochen wurde, ohne daß die Stadtgemeinde irgendwelches Risiko zu übernehmen hatte. Dermalen sind bereits auch mehrere Elektromotoren von zusammen 100 Pferdestärken an das Leitungsnetz angeschlossen, und es sind alle Anzeichen vorhanden, welche auf eine weitere günstige Entwicklung des Elektrizitätswerkes schließen lassen; von diesen 100 PS stehen 53 in aktuellem
Betrieb, 47 PS sind in Installation begriffen.
QUELLE[Zeitschr. für Elektrochn. (1896) 291]