Städtische Kanalisation Danzig

Allgemeines

FirmennameStädtische Kanalisation Danzig
OrtssitzDanzig (Westpr)
Art des UnternehmensAbwasserbetrieb
AnmerkungenVergl. auch Kanalisationsanlage in Neufahrwasser (Bezug unsicher). [Körting]: "Kanalisationsanlage Danzig (Stadtgebiet)", vmtl. = "Städtische Kanalisation".
Quellenangaben[Stadt Danzig (1904) 126] [Gebr. Körting: Wasser- und Kanalisationswerke (1908) 223]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1907/08 Aufstellung von zwei Gasmotoren




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Abwasserentsorgung          




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfpumpmaschinen um 1870 unbekannt




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
ab 1907/08 Gasmotoren 2   Gebr. Körting A.-G. Leistung je 4 PS Leuchtgasmotoren. Fördermenge der Pumpe: 57,6 cbm/h auf 11 m manometrische Förderhöhe  




Allgemeines

ZEIT1904
THEMABeschreibung der Rieselfelder
TEXTAls vor etwa 40 Jahren der damalige Oberbürgermeister von Winter die seinen Namen unvergeßlich machenden sanitären Einrichtungen unserer Stadt, die Wasserversorgung und Kanalisation vorbereitete, da war es unter sonstigen Schwierigkeiten namentlich die Frage der Beseitigung der Kanalabwässer, deren zweckmäßige Lösung die Voraussetzung für die Entscheidung der städtischen Körperschaften war. Auf dem Kontinente gab es noch keine Stadt, welche die Schwemmkanalisation und die Beseitigung der Abwässer mittels Berieselung durchgeführt hatte, und die Versuchsstationen in England und bei Paris hatten noch keine Erfahrungen gezeitigt, die sich ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse hätten übertragen lassen. Bei dieser Sachlage wurde für die Entscheidung über die Einführung der Kanalisation naturgemäß die Frage besonders bedeutsam, wie die Bewirtschaftung der etwa anzulegenden Rieselfelder geschehen sollte. Die Bewirtschaftung in eigene Regie zu übernehmen, erschien der Stadtverwaltung ein ebenso großes Risiko wie den Landwirten die Pachtung. In diesem Dilemma erklärte sich die Firma J. & A. Aird, mit welcher über die Ausführung der Wasserversorgung und Kanalisation verhandelt wurde, bereit, Rieselfelder einzurichten und die Bewirtschaftung derselben gegen Nutznießung auf 30 Jahre für eigene Rechnung zu übernehmen. Als Entschädigung für die letztere erbot sich die Firma, auf ihre Kosten die Pumpstation zu betreiben und das Kanalsystem zu unterhalten. Das Anerbieten beseitigte alle Bedenken, und so wurde am 13. September 1869 der Vertrag abgeschlossen und im Sommer 1872 der Rieselfeldbetrieb eröffnet. Die Rieselfelder, nördlich von Danzig zwischen
der äußeren und inneren Düne der Ostsee bei Heubude gelegen, umfassen rund 400 Hektar Gelände, welches, vordem mit kümmerlich ernährten Kiefern bestanden, der Stadt eine nennenswerte Einnahme nicht brachte. Der Boden ist steriler Dünensand, dessen Unfruchtbarkeit gesteigert wird durch Einschlüsse einer eisenhaltigen, der Braunkohle ähnlich zusammengesetzten Humus-Bobstani von rostbrauner Farbe, die beim Durchsickern von Wasser als humussaures Eisenoxydul in Lösung geht. Beim Zutagetreten des durchsickernden Wassers in den Abzugsgräben scheidet sich durch Aufnahme von
Sauerstoff an der Luft das Oxydul als Eisenoxydhydrat in rostbraunen Flocken aus, die teils zu Boden sinken, teils an
derOberfläche des Wassers als rostbraune Decke schwimmen. Von dem Gelände sind rund 160 Hektar zu Rieselland aptiert, das ist ein Hektar für rund 750 Einwohner. Das aptierte Gelände ist mit günstigster Ausnutzung der Terraiuverhältnisse unter tunlichst geringster Bodenbewegung in große Flächen eingeebnet, mit Gefälle von 1 : 2000. An den Hochseiten dieser Flächen sind die Zuflußgräben, an den Tiefseiten die Entwässerungsgräben angeordnet. Die ersteren sind zur Erhaltung des Profils mit Strauchwerk befestigt, die letzteren nur in das Terrain eingeschnitten. Besondere Drainagen zur Aufnahme und Abführung des Sickerwassers sind nicht ausgeführt. Quer durch das Rieselgelände ist ein Damm littet, in den der aus Zementbeton hergestellte offene Hauptzuführungskanal eingebettet ist. Von diesem sind Abflußleitungen, die durch Schützen abeperrbar sind, nach den Verteilnngegräben abgezweigt. Die Menge des den Rieselfeldern zugeführten Wassers schwankt nach der Jahreszeit zwischen 10.000 und 24.000 cbm täglich und beträgt im Jahr rund 5.400.000 cbm. Die Bewässerung der einzelnen Flächen erfolgt in der Weise, daß der neben der betreffenden Fläche belegene Zuflußgraben an dem Bilde der Flache durch Schützen abgesperrt und das Wasser durch Anstau gezwungen wird, über den Grabenrand auf die Fläche abzufließen. Das Flächengefälle unterstützt die Ausbreitung des Wassers, und nun wird der Zufluß so lange offen gehalten, bis die ganze Fläche überstaut ist. Die Zeitdauer dieser Überstauung richtet sich nach dem Wasserbedarf der Fläche und der Bestellung derselben. Ist die Fläche gesättigt, dann wird die Schütze im Graben wieder gezogen und das Wasser einer anderen Fläche zugeführt. Die Berieselung wird vor der Bestellung und während des Wachstums nach Bedarf bewirkt, und Zwar in der Regel bei Getreide zweimal, bei Wiesen bis viermal und bei Rüben bis fünfmal im Jahre. Da rund 5.400.000 cbm Wasser auf die rund 160 ha Rieselflächen im Jahr aufgebracht werden, würde, wenn das Wasser nicht einsickern könnte, jeder Quadratmeter
im Durchschnitt über 3 m hoch überstaut werden. Eine solche Wassermenge dauernd unterzubringen ist nur möglich bei Bodenverhältnissen wie die hier gegebenen. Durch den sterilen Sand kann das Wasser schnell in den Untergrund absickern. Dabei wirkt der Sand mechanisch als bester Filter und hält zunächst alle ungelösten Stoffe in den oberen Schichten zurück. Aber auch von den gelösten, wie Kali, Natron, Phosphorsäure, Ammoniak usw. wird ein wesentlicher Anteil bei der Berührung mit den Pflanzenwurzeln assimiliert und für die Ernährung umgesetzt, welchen Vorgang die mit dem Absinken des Wassers in den Boden eingesogene Luft unterstützt. Naturgemäß ist die Absorption um so vollständiger, je dicker die Bodendecke ist. Bei der Natur des Bodens, ausgewaschener Seesand ohne Lehm und Ton, kann eine eigentliche Humusbildung in der Bodendecke nicht vor sich gehen, sondern es findet nur eine Füllung der Zwischenräume mit den Fasern abgestorbener Wurzeln usw. statt, durch welche der Sand eine dunkelbraune bis schwärzliche Färbung annimmt. Der Boden fühlt sich fettig an, bleibt aber scharfkantig und hat nicht den Charakter eines schweren fetten Bodens, sondern den eines mageren sandigen. Durch die Rieselung und Kultur nimmt die Färbung
pro Jahr rund 1 cm in der Tiefe zu, so daß die ältesten Rieselfelder eine über 30 cm dicke Kulturschicht erkennen lassen, unter der unvermittelt der reine Sand ansteht. Das durch den Sand in die Abzugsgräben und den Untergrund absickernde Wasser ist mechanisch einwandfrei gefiltert, es wird in der Hauptmenge von dem die Felder in der Längsrichtung durchziehenden Entwässerungsgraben und einigen Nebengräben aufgenommen und in den Kaiserhafen (früher Schuitenlake) und durch diesen in die tote Weichsel abgeführt. Die bakteriologischen Untersuchungen zeigen, daß die Sickerwässer durch die Filtration eine so günstige Veränderung erfahren, daß ihrer Abführung in die öffentlichen Flußläufe ein Bedenken nicht entgegengestellt werden kann. Da das zufließende Kanalwasser ununterbrochen zu
jeder Jahres- und Tageszeit untergebracht werden muß, liegt die Hauptschwierigkeit der Bewirtschaftung in der Aufgabe, so zu disponieren, daß jederzeit Flächen zur Aufnahme des Wassers bereit stehen. Während nun in der Zeit des Wachstums sich diese Schwierigkeit oft in das Gegenteil umkehrt und es an Wasser fehlt, trotzdem im Sommer die Tagesmengen ein mehrfaches des Winterwassers betragen, steigert sich die Schwierigkeit der Unterbringung im Winter, insbesondere bei anhaltendem Frost und Schneewetter. Aber auch in den bisher vorgekommenen strengsten Wintern hat
sich der Betrieb aufrecht erhalten lassen, da auch bei strenger Kälte das mit durchschnittlich +6 bis 8° Celsius
ankommende Wasser noch Eigenwärme genug besitzt, um unter der sich bildenden Eisdecke auf weite Entfernungen
fortzurieseln. Unterstützt wird dieser Vorgang durch die im Wasser gelösten Salze usw., welche dasselbe an sich schwerer gefrieren lassen. Dazu kommt, daß im Winter die Wassermenge auf 1/3 der Höchstmenge des Sommers herabsinkt.
Eigentliche Winter-Staubassins, wie solche an anderen Orten eingerichtet sind, bestehen bei den hiesigen Rieselanlagen nicht. Charakteristisch unterscheiden sich die hiesigen Anlagen gegen andere durch die vollständig durchgeführte Flächenberieselung, durch welche die Dungstoffe auf die ganze Fläche verteilt und nicht, wie bei der Beetberieselung, in die Gräben abgelagert werden. Über die Bodenabsorption hat seinerzeit Dr. Lissauer umfangreiche Versuche augestellt, die leider nach seinem Fortzug von hier eine Fortsetzung nicht erfahren haben. Nach denselben finden bei der Berieselung und dem Einsickern des Kanalwassers zwei Vorgänge statt: einmal werden rein physikalisch die im Wasser suspendierten, ungelösten Stoffe auf der Decke und in den Zwischenräumen des Bodens zurückgehalten, es findet also eine Filtration statt; zum andern werden gleichzeitig und folgend auch die in Lösung befindlichen
Stoffe von dem Boden absorbiert und chemisch-biologisch verarbeitet. Die Kulturschicht hält dabei nicht nur fest,
was in ihr an Pflanzennährstoffen bereits enthalten ist, sondern ihr Vermögen, den Pflanzen zu erhalten, was diese bedürfen, betätigt sich auch in dem Aufsaugen der in dem Wasser in Lösung befindlichen Nährstoffe, wie Ammoniak, Kali, Phosphorsäure, Kieselsäure u.a.m. Die oberen Zahlen geben die Befunde des Kanalwassers, die unteren die des Sickerwassers. Die Differenzen sind im Boden geblieben und in demselben verarbeitet. Bezüglich des Verhaltens des Chlors in dem Sickerwasser muß darauf hingewiesen werden, daß der Boden aus Seesand besteht, in dem Chlornatrium aufgespeichert ist, das vom Wasser ausgelaugt wird, und daß das Chlor von den Pflanzenwurzeln nicht verarbeitet wird.
Die Auslaugung des Fuchssandes findet unter Bildung eines Doppelsalzes von humussaurem Ammoniak und doppelkohlensaurem Eisenoxydul statt, welch ersteres bei dem Durchgang desKanalwassers durch den Boden entsteht. Was die landwirtschaftliche Ausnutzung der Rieselfelder anlangt, so hat dieselbe sich im Laufe der Zeit den gegebenen klimatischen, örtlichen und Absatzverhältnissen anpassen müssen. Ungünstig beeinflußt wird sie durch den späten in der Regel unvermittelten Eintritt des Frühjahrs, durch anhaltende kalte, trockene und heftige Winde, Sandverwehungen, Seenebel usw. Versuche mit Zuckerrüben, Tabak, Kümmel, Senf, Korbweiden, Blumen, Stein- und Beerenobst usw. haben zu Dauerkulturen nicht geführt, so daß die Verwaltung allmählich immer mehr zur Wiesen- und Getreidekultur gedrängt wurde. Insbesondere hat sich die erstere immer mehr als das Lohnendste herausgestellt, was seinen Grund mit darin findet, daß einerseits um Danzig herum Wiesenland knapp ist, und zum andern sich in den angrenzenden Ortschaften, Weichselmüude und Heubude, eine Menge kleiner Kuhhaltungen herausgebildet haben, deren Besitzer kleine Wiesenparzellen pachten und bewirtschaften. Den 106,5 ha Wiesenland sind die Flächen im Jahre 1904 noch bestanden mit 40 ha Körnerfrucht, Roggen, Gerste, Hafer, Rübsen und Gemenge, 5 ha Kartoffeln, 3 ha Gemüse, 0,5 ha Spargel und 0,5 ha Blumen. Wie bereits erwähnt, bleibt der Boden trotz der reichlichen Düngung ein magerer Sandboden und steht deshalb in den Erträgnissen gegen schweren Boden zurück. Für Weizen ist demgemäß das Rieselgelände nicht geeignet. Seit April 1894 ist das Verhältnis mit der Firma A. Aird gelöst und das gesamte Rieselgelände, einschließlich des unaptierten Weidelandes, einem Generalpächter für die Pachtsumme von 17 545 Mark, entsprechend 110 Mark pro ha in Kultur genommener Fläche, verpachtet. In diesem Pachtbetrag ist für den Pächter die Verpflichtung der Unterhaltung der ihm übergebenen Wohn- und Wirtschaftsgebäude, der Wege, Gräben, Brücken usw. mit eingeschlossen. Das tote und lebende Inventar ist Eigentum des Pächters. Für spätere Erweiterungen entsprechend dem Wachstum der Stadt ist in gleicher Weise geeignetes Dünengelände noch reichlich vorhanden.
QUELLE[Stadt Danzig (1904) 130]