Centralstation für elektrisches Licht in Paddington

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FirmennameCentralstation für elektrisches Licht in Paddington
OrtssitzLondon
OrtsteilPaddington
StraßeWestburn Terrace
Art des UnternehmensElektrizitätswerk
AnmerkungenFür die Great-Western-Eisenbahn im Personen- und Güterbahnhof Paddington. Erste Zentralstation für elektrisches Licht in England. Die elektrische Anlage ist nach Gordon's System, des Direktors der "Telegraph Construction Maintenance Company", Abtheilung für elektrische Beleuchtung, eingerichtet.
Quellenangaben[Zeitschr. für Elektrotechnik (Wien) 7 (1886) 444+588]




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Elektrizität 1886 Beginn      




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschinen um 1886 Willans & Robinson Ltd.




Allgemeines

ZEIT1886
THEMABeschreibung der Anlage
TEXT[S. 444]: Die elektrische Anlage ist nach Gordon's System, des Direktors der Telegraph Construction Maintenance Company, Abtheilung für elektrische Beleuchtung, eingerichtet und enthält drei Gordon-Wechselstrom-Maschinen, jede für 2000 Ampere, von denen zwei im Betriebe sind, während die dritte als Reserve dient. Die Maschinen machen 150 Umdrehungen in der Minute; für jede derselben ist eine Compound-Dampfmaschine von 600 Pferdekraft aufgestellt. Die erregende Dynamomaschine ist eine solche von Crompton und wird durch eine Willans-Maschine betrieben. Die Anzahl der gespeisten (Swan) Lampen beträgt 41 15, zu denen noch 98 Bogenlampen von 3500 Normalkerzen und zwei ebensolche
von 1200 Normalkerzen kommen. Die Anlage ist ununterbrochen im Betriebe mit einer dreistündigen Pause am Sonntag, welche für Messungen benutzt wird.
[S. 588]: Von der Great-Western -Eisenbahn ist kürzlich deren grosser Personen- und Güterbahnhof Paddington mit elektrischer Beleuchtung installiert worden, und dürfte dies wohl die erste größere, von einer einzigen Maschinenstelle aus bediente Beleuchtungsanlage in London sein. Auf dem ganzen Bahnhofe, der nach dem Zentralblatt der Bauverwwaltung 27 Hektar groß ist, befinden sich 41 15 Glühlichter von je 35 Kerzen Stärke und 98 Bogenlichter von je 3500 Kerzen Stärke; sie können einzeln oder zusammen zu allen Tages- und Nachtzeiten, abgesehen von einigen Stunden am Sonntage, wo der ganze Betrieb eingestellt ist, benützt werden. Alle Räume des mit dem Endbahnhofe verbundenen Gasthofes, von den großen Empfangsräumen bis zu dem bescheidensten Schlafzimmer des obersten Geschosses, der ausgedehnte Personenbahnhof mit seinen Untergrundgängen, die zahlreichen Verwaltungsräume der großen Eisenbahn-Gesellschaft, der geräumige Güterbahnhof, die Wagen-, Lokomotiv- und Werkstattschuppen, die Gleise, Signalbuden und sonstigen Baulichkeiten sind elektrisch beleuchtet. Die Anlage ist ausgeführt und wird betrieben von der "Telegraph Construction and Maintenance Company", welche das durch sehr große Maschinen ausgezeichnete System ihres Geschäftsleiters Gordon gewählt hat. Zur Erzeugung des elektrischen Stromes dienen nämlich drei große Dynamo-Maschinen von je 45 Tonnen Gewicht, deren Magnete Kerne von 2,95 Tonnen haben. Von diesen Maschinen sind höchstens gleichzeitig zwei im Betriebe, die dritte dient zum Ersatz. Jede derselben wird von einem Paar Compound-Dampfmaschinen, die bei gewöhnlichem Abendbetriebe 300 - 350 Pferdekräfte leisten, aber als 600 indizierte Pferdekraft-Maschinen bezeichnet sind, unmittelbar, ohne Zuhilfenahme von Riemen- oder Zahnrädern betrieben. Ferner sind drei Crompton-Dynamomaschinen mit ihren Dampfmaschinen vorhanden, welche den Strom für die Magnete der drei grossen Wechselstrommaschinen erzeugen und von denen zwei für die Tagesbeleuchtung im Betriebe zu stehen pflegen. Zur Vermeidung von Stockungen kann jede grosse Dynamomaschine von verschiedenen Dampfmaschinen getrieben, bzw. mit verschiedenen Crompton-Maschinen verbunden werden; aus diesem Grunde ist auch jede Dampfmaschine durch eine
doppelte Dampfleitung mit den Kesseln verbunden. Von diesen sind neun Stück nach Art der Lokomotivkessel gebaut, und zwar fünf Stück zum abendlichen Gebrauche, vier Stück zum Ersatz vorhanden. Jeder Kessel besitzt drei verschiedene Speisevorrichtungen, nämlich Dampfpumpen, welche gewöhnlich benutzt werden, Strahlpumpen, und für den Notfall die
zum Betriebe der Krane dienende Kraftwasserleitung. Wegen Klagen, welche die Nachbarn über das Geräusch führten (das Maschinengebäude befindet sich auf einem Hofe in der vornehmen Strasse Westburn Terrace), sind die großen Dynamomaschinen ummantelt, d.h. innerhalb des Maschinenhauses noch in hölzerne Buden mit doppelten Wänden und
doppelten Fenstern eingeschlossen worden, die auch zum Entlüften dienen, indem sie die warme Luft des Maschinenhauses durch besondere, von den Buden ins Freie führende Schächte fortschaffen. Ferner sind auch die Dampfpumpen in eine hölzerne Bude innerhalb des Gebäudes gestellt, welches mit doppelten Türen und doppeltem Dach versehen ist. Die natürliche Lüftung wurde durch das doppelte Dach so erschwert, dass sich die Benutzung der drehenden Bewegung der grossen Dynamomaschinen für die Austreibung verdorbener und erwärmter Luft als erwünscht erwies. Zum Heizen wird die beste Anthracit-Kohle von Wales, die sehr wenig Rauch erzeugt, benützt; letzterer entweicht nebst dem abgeblasenen Dampfe durch zwei 27 m hohe Blechschornsteine. Die elektrische Leitung
ist mit Hilfe von sechs Unterstationen, von denen sich eine im Maschinengebäude, die anderen fünf an verschiedenen Punkten der beleuchteten Fläche befinden, derartig eingerichtet, dass stets zwei Leitungen nebeneinander laufen, von denen die eine mit der ersten, die andere mit der zweiten Dynamomaschine verbunden ist. Die Lichter werden abwechselnd von der einen, bezw. von der anderen Leitung erzeugt, so dass bei vorübergehendem Versagen der einen Maschine nur das je zweite Licht auf je kurze Zeit erlischt, bis die Ersatzmaschine in Tätigkeit gesetzt ist. Man hat sich also nach jeder Richtung hin gegen Störungen der Beleuchtung zu schützen gesucht. Durch die sechs Unterstationen nach der sogenannten "geteilten Anordnung von Gordon" soll an Kupfer für die Leitungen gespart und ein Licht von grösserer Gleichmäßigkeit erzielt werden. Jede große Dynamomaschine erzeugt einen Strom von 2000 Ampère, dessen Stärke im Maschinenhause 150 Volt, im Personen-Güterbahnhof und Gasthof 120 Volt und im Locomotivgebäude, sowie in Westburne-Park-Station 100 Volt beträgt. Der Gasthof befindet sich an einem Ende, etwa
800 m, die letztgenannte Station am anderen Ende etwa 1600 m von dem zwischen denselben gelegenen Maschinenhause entfernt. Es sind 800 km Draht, zu den eigentlichen Leitungen 19,3 Km. hölzerne Umhüllungen, 140 Tonnen gußeiserne, aus einem halbkreisförmigen unteren Stücke und einem Deckel bestehende Kanäle für die in der Erde liegende Strecke der Leitung verwendet worden. Die Anlage ist vollständig mit Telegraphen, Telefonen, Indikatoren etc. ausgerüstet, steht unter Leitung eines besonderen Elektrotechnikers und hat sich bisher vollkommen bewährt.
QUELLE[Zeitschr. für Elektrotechnik (Wien) 4 (1886) 444+588]