Lungenheilstätte Lostau

Allgemeines

FirmennameLungenheilstätte Lostau
OrtssitzLostau (b. Magdebg)
Art des UnternehmensLungenheilstätte
AnmerkungenSpäter: "Lungenklinik Lostau der Pfeifferschen Stiftungen". Volksheilstätte für Männer. Sie liegt im Bezirk Magdeburg auf dem rechten Elbufer an der Chaussee zwischen den Dörfchen Lostau und Hohenwarthe.
Quellenangabenhttps://sites.google.com/site/lungenheilstaetten/lostau-elbe = [Nietner: Dt. Lungenheilstätten in Wort und Bild (1913) Beitrag Siebke]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
27.06.1902 Inbetriebnahme mit 40 Betten (bis 1912 auf 95 Plätze im Winter und 105 im Sommer gesteigert)
30.10.1907 Eröffnung
1908 Bauliche Erweiterung
1908 Fertigstellung des Maschinenhauses
1910 Neubau bzw. Vergrößerungsumbau der Stallung
1912 Fertigstellung eines Eisschuppens mit einer Aufnahmefähigkeit von 85 cbm Eis




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Heilung von Lungenkrankheiten 1902 Beginn (Inbetriebnahme) 2014 tätig Anfangs für Männer. 2014: Fachklinik und Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie sowie akademisches Lehrkrankenhaus der Otto-von-Guericke-Universität




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Lokomobilen vmtl. 1908 R. Wolf Aktiengesellschaft




Allgemeines

ZEIT1912
THEMABeschreibung
TEXTDie nächste Bahnstation ist Gerwisch (Strecke Magdeburg - Burg - Berlin), von hier aus ist die Heilstätte zu Wagen in einer halben Stunde zu erreichen, zu Fuß braucht man auf dem kürzesten Wege eine Stunde. Lostau mit seinem unmittelbar an der Elbe gelegenen "Weinberg" und den benachbarten königlichen Forsten ist ein sehr beliebter Ausflugsort. Im Sommer herrscht auf der Elbe ein regelmäßiger Dampferverkehr, die Fahrzeit von Magdeburg bis Lostau beträgt für die Dampfer 3/4 Stunden, und nur 7 Minuten von der Heilstätte entfernt liegt die Anlegestelle. Von dem kräftigen Grün der Kiefern hebt sich die Heilstätte mit ihrer gefälligen Architektur und dein roten Gedach ungemein freundlich ab und gewährt andererseits einen reizvollen Fernblick an dem alten Dorfe Lostau mit seinem ehrwürdigen Kirchlein vorbei über die Elblandschaft hin bis auf die Türme von Magdeburg. Das gesamte Areal ist 48 Morgen groß, wovon der weil, größte Teil auf ca. 40 - 50jährigen Kiefernbestand entfällt Die Anstalt ist Eigentum des "Magdeburger Vereins zur Bekämpfung der Lungenschwindsucht" und wurde von opferwilligen Bürgern Magdeburgs ins Leben gerufen. Der Ausbau der Heilstätte bis zu ihrer heutigen Gestalt ist, allmählich mit den Jahren erfolgt, und nur ein Teil des Gesamtplans gelangte vorerst zur Ausführung. Im Vordergrunde liegt mit der Längsachse von Süden nach Norden das Verwaltungsgebäude, dem nach der Straße zu eine kleine Veranda vorgelagert ist. Die Fassadengestaltung ist wie bei den übrigen Gebäuden der landschaftlichen Umgebung angepaßt. Das Verwaltungsgebäude enthält in seinem vorderen Teile unten zwei Untersuchungs- und ein Wartezimmer, den Aufnahme- und Inhalierraum, die Apotheke, das Laboratorium, das Röntgenzimmer und ein Schwesterneßzimmer, oben eine beschränkte Zahl von Patientenzimmern, außerdem die Wohnungen für den Assistenzarzt, die Oberschwester, den Buchhalter sowie einen Baderaum. In dem mittleren Teil befindet sich der geräumige Speisesaal, dahinter folgt die Küche mit den Wirtschafts- und Vorratsräumen, soweit diese nicht im Kellergeschoß untergebracht sind. Außer den einzelnen Abteilungen für Kohlen und Koks und einer Heizanlage enthält der Keller noch eine große Schlachtküche. Nach hinten schließt das Gebäude mit dem Wasserturm ab; in ihm befinden sich einige Schlafräume für weibliches Dienstpersonal, er trägt die Anstaltsuhr und enthält im oberen Teile seinem eigentlichen Zwecke entsprechend das 22 cbm fassende Wasserreservoir. Das Wasser stammt aus einem Brunnen, der in dem jenseits der Straße gelegenen, der Heilstätte gehörigen Erlenwäldchen angelegt ist. Durch eine Saugrohrleitung wird das Wasser von hier zum Maschinenhause gepumpt - und dann zur weiteren Verteilung in den Wasserturm hinaufgedrückt. Die Wasserverhältnisse sind direkt glänzend. Das Wasser ist wohlschmeckend und gesundheitlich einwandsfrei. Selbst in Zeiten anhaltendster Dürre wie im letzten Sommer 1911 ist die Quelle gleich ergiebig. Der älteste Krankenpavillon ist der östlich vorn Verwaltungsgebäude ebenfalls mit der Längsachse von Süden nach Norden und mehr zurückgelegene Pavillon I. Er enthält im ganzen 94 fast durchweg mit 2 Betten belegte Krankenzimmer, je 3 im ersten Stock der beiden Flügel, die übrigen unten zu beiden Seiten des Mittelgangs. Hier war die Anordnung der Krankenzimmer ursprünglich kojenartig, indem die Zwischenwände nur bis zu 2/3-Raumhöhe aufgeführt waren. Man hatte sich hiervon bessere Licht- und Luftzuführung versprochen. Späterhin machte sich aber die gleichzeitig dadurch verstärkte Schalleitung zu störend geltend und durch Aufsetzen mattfarbiger Glaswände wurde dann ein vollständiger Abschluß der einzelnen Zimmer herbeigeführt. Außer den verschiedenen Klosettanlagen enthält der Pavillon in seinem vorderen Flügel unten gleich beim Haupteingange einen Schuhputzraum, sodann in einem westlichen Anbau ein Badezimmer mit 3 Badewannen und Duschevorrichtung. Im ersten Stock des vorderen Flügels wohnt eine Stationsschwester. Das Souterrain enthält außer der Heizanlage Schlafräume für Wärter. Rechts vorn Aufgang unter der vorgebauten Liegeveranda befindet sich ein besonderer Raum mit abschließbaren Verschlägen für die einzelnen Patienten zum Aufbewahren ihrer Liegedecken-Jacken usw. Im Dachgeschoß zwischen den beiden Flügeln befindet sich ein geräumiger Trockenboden, im hinteren Flügel außerdem noch an der westlichen Giebelseite eine Wohnung für Anstaltspersonal. Im rechten Winkel zu Pavillon I liegt mit der Front nach Süden der im Jahre 1908 erbaute und im November desselben Jahres bezogene Pavillon. Er enthält 6 geräumige Krankenzimmer zu je 4 Betten, ein kleineres Badezimmer mit 2 Badewannen, die Wohnung für die Stationsschwester, einen Schuhputzraum und mehrere Klosettanlagen. Vor den Zimmern erstreckt sich verandaartig in der ganzen Länge des Pavillons eine Liegehalle, die einen besonders schönen Fernblick gewährt. Die Unterwölbung dieser Liegehalle war ursprünglich als Tagesraum gedacht, sie ist aber dann eine offene Halle geblieben und kann bei stürmischem Wetter, wo sie mehr Schutz gewährt, von den Kranken gleichfalls zum Liegen benutzt werden. Der Raum unter einem der beiden seitlichen Treppenaufgänge zur oberen Liegehalle wird als Aufbewahrungsraum für Decken usw. ausgenutzt. Ein überdachter hallenartiger Verbindungsgang verbindet den Pavillon II mit der dicht danebenstehenden Fachwerksbaracke. Diese umfaßt 3 große Schlafräume zu je 6 Betten, sowie die zugehörigen Waschräume und Klosetts. Die Fachwerksbaracke war ursprünglich mit Ofenheizung versehen, die, solange das Fachwerk noch isoliert stand, zur Winterzeit oft große Schwierigkeiten verursachte. Abgesehen von der umständlichen Bedienung genügte sie bei strenger Kälte nicht den Anforderungen, und Betriebsstörungen durch Einfrieren der Leitungsrohren in Waschräumen und Klosetts waren nicht selten. Dadurch, daß die Baracke an die Heizanlage von Pavillon II angeschlossen werden konnte, fielen diese Übelstände fort. Die Anstalt besitzt eine Warmwasserheizung. Das Verwaltungsgebäude, Pavillon I und II haben dafür je eine besondere Feuerungsanlage im Kellerraum. Die wenigen Zimmer im Obergeschoß des Verwaltungsgebäudes sowie die Schlafrämne für weibliches Dienstpersonal über den Wirtschaftsräumen und im Wasserturm haben Ofenheizung behalten. Als Heizmaterial wird neben Koks vorwiegend böhmische Braunkohle verwendet, die auf dem Wasserwege in die Heilstätte gelangen. Zur Kesselfeuerung im Maschinenhause dienen oberschlesische Steinkohlen, die wie Koks von der nächsten Bahnstation Gerwisch per Achse auf gut chaussierter Straße heranbefördert werden. Links vorm Verwaltungsgebäude stehen noch aus früherer Zeit zwei Döckersche Baracken. Von ihnen wird einstweilen nur eine während der Sommermonate in Betrieb genommen. Mit einer freundlichen Inneneinrichtung sehr wohnlich ausgestattet, kann sie 10 Patienten aufnehmen. Die Beleuchtung ist elektrisch und für kühlere Tage ist Ofenheizung vorgesehen. Die der anfänglichen Belegzahl von mit 40 Betten angepaßten Räumlichkeiten der Waschküche erwiesen sich mit wachsender Belegung im Laufe der Jahre als zu klein. Es mußte 1908 eine bauliche Erweiterung vorgenommen werden, womit gleichzeitig ein maschineller Betrieb die mühsame und kaum noch zu bewältigende Handwäscherei ablöste. Außer dem eigentlichen Waschraum, in dem u.a. eine große Wäschetrommel und Zentrifuge aufgestellt sind, enthält die Waschküche ein Platt- und Mangelzimmer, eine Flickstube und das Wäschedepot. In einem separaten Raume steht ein großer Hennebergscher Desinfektionsapparat, außerdem in eine Nische eingebaut ein Schröderscher Sputumdesinfektor. Über den Betriebsräumen befindet sich die Familienwohnung für den ersten Gebietsarbeiter. Die Beleuchtungsverhältnisse waren ursprünglich die denkbar einfachsten, man begnügte sich mit Petroleumlampen und Lichtkerzen. Später wurden nacheinander 2 Petroleummotore in Dienst gestellt, die ihren Platz in dem unterirdischen Raume hinter dem Verwaltungsgebäude halten. Auch sie waren den steigenden Anforderungen bald nicht mehr gewachsen und gewährleisteten nicht die wünschenswerte Betriebssicherheit. Seit Fertigstellung des Maschinenhauses im Jahre 1908 haben sämtliche Räumlichkeiten elektrisches Licht, und auch das Anstaltsterrain wird von großen Bogenlampen erhellt. Das Maschinenhaus liegt, von einem freundlichen Vorgärtchen umgeben, vorn an der Chaussee, dicht neben ihm der 35 m hohe Abzugskamin. In dem großen Maschinenraum stehen 2 Wolfsche Lokomobilen von je 10 PS. Letztere haben außer der Elektrizitätserzeugung den Dampf für die Wäscherei, die Desinfektion und die Heizung der im Obergeschosse gelegene [???] die infolge Abnutzung den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügt und deren Neuanlage bereits vergeben ist. Aus dem Maschinen- und Waschhause werden die Abwässer durch die Abwässerpumpe nach dem höhergelegenen Hauptabwasserrohr gedrückt, zu dem sich die einzelnen Nebenleitungen vereinigen. Durch natürliches Gefälle werden dann die Abwässer nach unserem ca. 4 Morgen großen Rieselfeld abgeführt. Vorher Brachland, wird dieser Acker jetzt mit Roggen bebaut. Der jenseits der Straße neben dem oben erwähnten Erlenwäldchen gelegene Garten liefert einen großen Teil unseres Bedarfs an Gemüse usw. Einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil brachte im Jahre 1910 der Neubau resp. Vergrößerungsumbau der Stallung, wodurch unter Ausnutzung der reichlichen Küchenabfälle die Schweinemast in größerem Maßstabe als bisher betrieben werden kann. In dem geräumigen Schweinestall finden mehr als 20 Tiere Unterkunft, das Futter wird gleich in der anschließenden Futterküche gekocht. Vorgesehen ist ferner eine Remise für den neuen Landauer, ein Pferdestall für 2 Pferde gedacht, ein Geräteraum, im Obergeschoß eine Kutscherstube, eine Futterkammer und der Heuboden. Über eigenes Gespann verfügt die Heilstätte noch nicht, vorläufig sind sämtliche Fahrten und Fuhren an einen Unternehmer vergeben. Der Pferdestall ist daher einstweilen provisorisch als Hühnerstall eingerichtet. Als jüngste Neuanlage ist der eben fertiggestellte Eisschuppen zu erwähnen mit einer Aufnahmefähigkeit von 85 cbm Eis. Falls die Anlage sich bewährt, ist weiterhin die Einrichtung eines sog. Kühlraumes in Aussicht genommen, der in dem früheren Motorenkeller für die Wirtschaftsräume einen sehr günstigen Platz hätte. Man würde dann auch in der wärmeren Jahreszeit nicht auf den Verkauf der gemästeten Schweine angewiesen sein und könnte in jedem Falle die rationellere Selbstschlachtung durchführen. Soweit die Liegehallen nicht, wie oben erwähnt, den Krankenpavillons unmittelbar vorgebaut sind, lehnen sie sich an dieselben an oder liegen doch, mit der Front nach Süden, in unmittelbarer Nähe und jedenfalls so, daß sie eine bequeme Beaufsichtigung ermöglichen. Die Hauptgebäude sind mit Blitzableitern versehen und die einzelnen Dienstzweige, soweit wie nötig, durch eine Telephonleitung miteinander verbunden. Gärtnerische Anlagen schmücken
allenthalben den Platz vor und zwischen den Baulichkeiten. Eingefriedigt ist das Anstaltsgelände nur teilweise. Die Kranken dürfen sich zu bestimmten Zeiten des Tages außerhalb des Anstaltsgeländes bewegen. Die Behandlungsmethode ist in erster Linie eine hygienisch-diätetische, daneben wird auch die medikamentöse Behandlung berücksichtigt. Stets wird in geeigneten Fällen Tuberkulin verwandt, und zwar Alttuberkulin (Koch), im übrigen bleibt die Tuberkulinbeliandlung den Patienten freigestellt. Etwaigen Wünschen der Kranken, sich mit leichten gärtnerischen, ihrem Zustande angemessenen Arbeiten zu beschäftigen, wird gern entsprochen. Es gibt nur eine Verpflegungsklasse. Der Verpflegungssatz beträgt pro Kopf und Tag 4 Makr, bei Einzelzimmer 4,75 Mark Die ärztliche sowie die wirtschaftliche Leitung liegt in Händen des Chefarztes; er wohnt in der geräumigen, mit allen Bequemlichkeiten eingerichteten Chefarztwohnung. Im Dienste der Heilstätte sind ferner tätig: 1 Assistenzarzt, 1 Oberschwester, 2 Stationsschwestern, 1 Buchhalter und 1 Schreibgehilfe, 1 Maschinenmeister und 1 Maschinenwärter, 1 Waschfrau, 9 Haus- und Küchemädchen, 2 Gebietsarbeiter. Dem religiösen Bedürfnis wird in der Weise Rechnung getragen, daß der Ortsgeistliche alle 14 Tage eine Andachtsstunde in der Heilstätte abhält. Die Gleichmäßigkeit der Belegung, wie sie die Heilstätte besonders seit den letzten Jahren aufzuweisen hat, ist vor allem durch ein Abkommen mit der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt gesichert, wonach dieser 80 Betten zur selbständigen Verfügung reserviert bleiben. Da die Landesversicherung für jedes nichtbelegte Bett einen Unkostenbetrag zu erstatten hat, liegt es in ihrem eigensten Interesse, jene 80 Plätze nach Kräften auszunutzen. Die noch übrigbleibenden 15 Plätze (im Sommer 25), sind ebenfalls meist schon auf längere Zeit hinaus vergriffen.
QUELLE[Nietner: Dt. Lungenheilstätten in Wort und Bild (1913) Beitrag Siebke]