Robert & Co., Zuckerfabrik Seelowitz


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Robert & Co., Zuckerfabrik Seelowitz: Postkarten-Abbildung Robert & Co., Zuckerfabrik Seelowitz: Fabrikansicht Robert & Co., Zuckerfabrik Seelowitz: Fabrikansicht


Allgemeines

FirmennameRobert & Co., Zuckerfabrik Seelowitz
OrtssitzSeelowitz (Mähren)
Art des UnternehmensZuckerfabrik
AnmerkungenBekannt durch das Wirken von Florent(in) Robert (Erfinder des Robert-Verdampfers; Einführung des Rillieux'schen Mehrkörper-Verdampfapparate-Systems, Saftreinigung mit Kalkmilch und CO2) und seinen Sohn Julius Robert (Erfinder des Diffusionsverfahrens, Verbesserung der Rübenschneidemaschine). Florent Robert bemühte sich auch um die Meliorisation, Ackerbau, Arbeiterwohnungen usw. auf seiner erzherzoglichen Herrschaft Seelowitz (4.300 ha). Julius Robert führte das Dampfpflügen, Drahtseilbahnen [System Provins] und Feldbahnen [System Decauville] ein, er verbesserte die Viehwirtschaft und war Gründer des Zentralverbands der österreichischen Zuckerindustriellen und war in der Jury der Wiener Weltausstellung 1873. Generalagent (1873) Isidor Vincenz Flesch & Co., Brünn. Jährliche Erzeugung: 50.000 Ztr. raffinierter Zucker (1873).
Quellenangabenhttp://www.fotohistorie.cz (PK-Abb.) [Österr. Biographie 9, S. 186/87] [Amtl. Catalog d. Ausst. d. ... Königreiche und Länder Österreichs (1873) 91]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1823 Der Franzose Florentin Robert gründet in Wien gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig das Großhandelsunternehmen "Robert & Co." und gestaltet die Krappmühle in Himberg (NÖ) zu einer Farbwarenfabrik um. - Er hatte zunächst Theologie in Grenoble studiert, übernahm 1816 die Verwaltung des Gutes eines Onkels in Bayern und trat 1819 in das seinen Onkeln gehörende Bankhaus Baboin in Wien ein.
1823 Florentin Robert gründet zusammen mit seinem Bruder Ludwig die erste chemische Produktenfabrik der österreichischen Monarchie in Oberlam b. Hallein (Salzburg) und übernimmt 1831 deren Leitung.
04.06.1826 Geburt von Julius Robert als Sohn von Florentin Robert in Himberg (NÖ). - Seine aus Augsburg stammende Mutter sirbt, als er fünf Jahre alt ist, und er verbringt seine Kinderjahre bei der Familie Reimond in Wien, ehe er in Grenoble auf die Schule geht.
1836 Florentin Robert erhält die Erlaubnis, eine Zuckerfabrik auf dem Anwesen von Erzherzog Karl Ludwig zu bauen.
1837 Der Industrielle Florent Robert (*19.04.1795 in Iseron, Frankreich) gründet die Fabrik. Sie arbeitetanfangs nach dem Levigationssystem.
05.1837 Vertragsabschluß zum Bau einer Zuckerfabrik auf dem Anwesen von Erzherzog Karl Ludwig. Jährliche Miete von Grundstücken und Gebäuden, wo die Zuckerfabrik entswtehen soll (z.B. der Maierhof im Schloß, Gebäude, Stallungen und Park), wird auf 500 Gulden festgesetzt. Darüber hinaus verpflichtet sich die erzherzögliche Herrschaft auf 400 Morgen pro Jahr (d.h. 230 ha) Land Zuckerrüben anzubauen und zu einem festen Preis von 14 Groschen für einen Zewitraum von 25 Jahren zu verkaufen.
15.01.1838 Auftrag zum Bau der Fabrik
Herbst 1838 Nach nur acht Monaten Bauzeit beginnt die erste Kampagne. Baupreis der Fabrik: 200.000 Gulden
14.09.1842 Ein Brand zerstört alle Gebäude und Maschinen. Der Schaden beträgt 200.000 Gulden
1843 Die Zuckerfabrik ist ein Jahr nach dem Brand wieder aufgebaut, und das Pressensystem wird eingeführt.
1844 Julius Robert studiert nach seiner Schulzeit in Grenoble (ab 1836) Chemie und Technikwissenschaften am Wiener Technikum
1846 Florentin Robert kauft ein Kohlebergwerk bei Kladno
1846 Die Zuckerfabrik wird abermals vergrößert. Um die Wirtschaftlichkeit der Fabrik zu erhöhen, wird eine Melassespiritus-Brennerei angegliedert, die jährlich bis zu 3000 Eimer (d.h. ungefähr 169.800 Liter) Branntwein bzw. Rum produziert.
1847 Julius Robert studiert am "Conservatoire des Arts et Métiers" in Paris Chemie bei dem berühmten Chemiker Chevreul
1847/1848 Mit der Kampagne 1847/48 wird neben dem überlieferten Preßverfahren die sogenannten "grüne Mazeration" und die neue Schützenbach'sch Mazeration trockener Schnitte eingeführt. Die Mazerisation wird 1848 auf auf warmem Wege durchgeführt. - Beide Verfahren bewähren sich nicht, und die grüne Mazeration wird zum Seelowitzer Verfahren umgestaltet.
1848 Julius Robert tritt in die Zuckerfabrik seines Vaters ein.
1851 Florentin Robert erfindet den nach ihm benannten Verdampfapparat: Der Heizkörper hat senkrechte Röhren.
1854 Julius Robert heiratet seine Cousine Emma (Tochter seines Onkels, Louis Robert, Präsident der Wiener Handelskammer
1855 Auszeichnung durch eine Medaille auf der Ausstellung Paris
1856 Im Zug der Einführung des Seelowitzer Verfahrens zur Saftgewinnung wird die Scheidung mit Kalk und Kohlensäure eingeführt. Dabei wird ein neuer Kalköfen in Betrieb genommen und 1856 eine neue Affination (Reinigung der Zuckerkristalle in der Zentrifuge) in Betrieb genommen.
1856 Einführung der Double- und Triple-Effect-Körper zur Verdampfung, nach dem Inhaber der Fabrik "Robert-Apparate" genannt.
1856 Die Fabrikation wird auf die Raffination der von fremden Fabriken gekaufte Rohzucker ausgedehnt.
1859 Tod der ersten Frau von Julius Robert, Emma
1861 Julius Robert heiratet zum zweiten Mal. Aus der Ehe mit Franziska Schindler gehen eine Tochter (geb. 1862) und ein Sohn hervor
1862 Auszeichnung durch eine Medaille auf der Ausstellung London
1862/63 Die doppelte Karbonatation nach Perrier-Possocz wird eingeführt.
1863/64 Einführung der Diffusionsmethode nach Beseitigung der warmen Maceration
1864/1865 Julius Robert erfindet das Diffusionsverfahren zur Saftgewinnung aufgrund pflanzenphysiologischer Studien. Es wird in der Kampagne 1864/65 erstmals erprobt und ausgebaut.
1865 Pachtung der 5.000 ha großen Herrschaft Seelowitz, woraus Julius Robert ein Mustergut macht.
1865 Besuch des Unternehmers der Aska Sugar Works, Herr Minchin, aus Ostindien, um das Robert'sche Diffusionsverfahren für die Saftgewinnung bei Rohrzucker zu studieren. Es wird dort zum ersten Mal angewandt, wobei anstelle der horizontalen Schneidmaschinen, vertikale Maschinen verwendet werden. Mit der Diffusion kann eine um 20% höhere Ausbeute erzielt werden.
1866 Die Firma Wannieck in Brünn beginnt mit den von Julius Robert erfundenen Diffusionsbatterien.
1867 Das Robert'sche Diffusionsverfahren ist bereits in 27 Zuckerfabriken in Betrieb. - Julius Robert stellt den Erlös aus den gering bemessenen Lizenzgebühren für sein Verfahren dem Österreichischen Rübenzuckerverein zur Förderung der technischen Wissenschaften und für menschenfreundliche Zwecke zur Verfügung.
1867 Verleihung einer Goldmedaille für die Saftgewinnung bei Rohrzucker nach dem Robert'schen Diffusionsverfahren auf der Weltausstellung in Paris
1869 Das Diffusionsverfahren in einem Gefäß wird mittels eines kontinuierlichen Diffusionverfahrens eingeführt.
1870 Beschluß zur Herstellung von Branntwein aus den durch das Diffusionsverfahren gewonnenen Rübensäften
07.07.1870 Tod von Florentin Robert in Großseelowitz
1870 Julius Robert führt die Spiritusbrennerei aus Melasse und Rüben ein.
1871 Julius Robert führt erstmals in Österreich den Dampfpflug ein.
1872 Die Raffinierie wird aufgelassen. Es verbleibt nur noch die Rohzuckerfabrik, und das Unternehmen bekommt mehr landwirtschaftlichen Charakter. - Zumindestin der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wird auch Rohzucker der in der Nähe gelegenen Fabriken zu Weißzucker umgearbeitet.
1877 Das Robert'sche Diffusionsverfahren wird in Frankreich erstmals in Villeneuve (Oise) eingeführt.
1883 Großer Umbau der Fabrik, vmtl. durch den Architekten August Prokop, der seit 1878 in Brünn arbeitet.
1887 Julius Robert wird geisteskrank
09.02.1888 Der Tod erlöst Julius Robert von seiner Geisteskrankheit. Er stirbt in Großseelowitz (auch 12.02. genannt). - Sein Sohn Justin übernimmt die Nachfolge.
1901 Umbau der Fabrik und Erhöhung der Kapazität auf 8.000 q Rüben pro Tag. Einführung der Weißzuckerherstellung. Es wird eine Feldbahn mit 760 mm Spurweite mit einer Länge von 20,4 km eingerichtet; die Lokomotive (Baujahr 1901) stammt von Krauss in München. - Später kommen noch Loks von Jung, Krauss (1924) und Henschel (1929) hinzu.
20.05.1912 Die Elektrifizierung des Dorfs Seelowitz beginnt.
1915 Zusammenschluß mit der Zuckerraffinierie Hrusovany
ab Nov. 1915 Nach dem Brand in der Raffinerie Hrusovany übernimmt die Zuckerfabrik Seelowitz aushilfsweise die Produktion.
23./24.11.1915 Das elektrische Netz im Dorf Seelowitz geht in Betrieb. Zur Stromerzeugung dient eine Turbine in einer Mühle, die Robert gehört.
1918 Durch den Frieden von St. Germain werden die Besitztümer von Erzherzog Friedrich (darunter auch die Zuckerfabrik) beschlagnahmt, und der Mietvertrag soll 1935 beendet werden.
1919 Die Kampagne wird wegen des Kohlenmangels unterbrochen, und es wird nur Dicksaft hergestellt.
01.07.1923 Übernahme durch die Aktiengesellschaft für Zuckerindustrie in Hodonin, einschließlich der Zuckerfabrik der Landwirtschaft und der 20,4 km langen Feldbahn (mit vier Lokomotiven und 63 Waggons).
1925 In der Kampagne werden 500.000 dz Rüben verarbeitet. Es sind 60 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt, ferner 400 Saisonkräfte. Für Löhne wird eine Million Kronen bezahlt. Produziert werden etwa 87.500 dz Zucker und 51.559 Liter Melasse. Die Melasse wird in ihrer eigenen Wirtschaft verbraucht und teilweise nach Österreich exportiert.
1918 Durch die Landreform übernimmt das Ministerium für Landwirtschaft 1059 ha von der Gesamtfläche von 1508 ha, d.h. 23,76 % des Landes für das staatliche Landesamt für Landreform.
15.10.1931 Kampagnebeginn. Sie dauert bis zum 22. November. Werk verarbeitet nur 377.800 q Rüben und produziert insgesamt 68.244 dz Rohzucker. Der Rübenzuckergehalt beträgt 18,36 %. Da die Kampagne dauert nur 39 Tage, es ist die kürzeste Kampagne seit 1923.
13.10.1932 Beginn der Kampagne; sie dauert bis zum 9. November. Es werden 264.610 dz Rüben verarbeitet und daraus 44.318 dz Rohzucker produziert.
14.10.1934 Beginn der Kampagne; sie dauert bis zum 16. November. Es werden 343.015 dz Rüben mit einem Zuckergehalt von 17,45 % verarbeitet. Die Melasse geht teilweise an die Landwirte für die Fütterung zurück, und der größere Teil wird industriell in Ethylalkohol in Brennereien verarbeitet. Ein kleinerer Teil wird in Industrieanlagen zu Milchsäure und Zitronensäure verarbeitet.
04.10.1937 Beginn der Kampagne; sie dauert bis zum 28. November. Es werden 430.880 dz Rüben verarbeitet.
27.09.1940 Beginn der Kampagne; sie dauert bis zum 28. November. Der Rohzucker wird in Lundenburg verarbeitet.
20.10.1948 Verstaatlichung
01.01.1951 Zusammenschluß mit der Zuckerfabrik in Breclav (Lundenburg)
1953 Umfassende Renovierung der Fabrik
08.01.1953 Abtrennung von der Südmährischen Zuckerfabrik in Breclav (Lundenburg)
14.10.1953 Beginn der Kampagne, die am 3. Dezember endet
1959 Einstellung des Feldbahnnetzes
1967 Einführung des DdS-Extraktionsverfahrens
1990 Letzte Kampagne. Die Rüben werden in Hodonin verarbeitet




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Raffinade     1872 Ende  
Rohzucker 1827 Beginn 1990 Ende zeitweilig auch Weißzuckerproduktion




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine vor 1845 unbekannt
Dampfmaschine vor 1845 unbekannt




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
1873 Dampfmaschinen 20   unbekannt       Dampfmaschinen und Luftpumpen  




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1873   700     600 - 800 Arbeiter
1926 460 60     60 Stammpersonal und 400 Saisonkräfte
1932 477 46     davon 46 Stammpersonal. Ein Teil der 477 Personen arbeitete vmtl. auch in der Landwirtschaft
1953 362 100     davon 100 Stammpersonal