Königliche Zentralstelle für Gewerbe und Handel

Allgemeines

FirmennameKönigliche Zentralstelle für Gewerbe und Handel
OrtssitzStuttgart
Postleitzahl70xxx
Art des UnternehmensOrgan zur Gewerbeförderung
AnmerkungenEin dem Ministerium untergeordnetes, ziemlich selbständiges Landeskollegium. Dazu das Köngliche Landesgewerbemuseum. Vorläufer: "Commerz-Collegium" (1709-1755), "Commerz-Deputation" (1755-1806), "Verein für Gewerbe und Handel" (1809-1824) und "Gesellschaft für die Beförderung der Gewerbe" (1830-1848). Das Ausstellungsgebäude später als Haus der Wirtschaft, Willi-Bleicher-Str. 19.
Quellenangaben[Hoffmann: Landw u. Ind. in Württ (1935) 115] [Ferdinand Steinbeis und die Gewerbeförderung im Kgr. Württ. / Steinbeis-Stiftung (2001)]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
24.02.1848 Die 1830 gegründete Gesellschaft für die Beförderung der Gewerbe berät über Maßnahmen zur Linderung der Not und ersucht die Regierung um Gründung einer eigenen Behörde, welche die einzelnen Gewerbe mit Rat und Tat unterstützen möge.
08.06.1848 Gründung der "Zentralstelle für Gewerbe und Handel" als staatliches Organ für die Gewerbeförderung als Nachfolger der "Gesellschaft für die Beförderung der Gewerbe". Am 8.6.1848 wird sie von der württembergischen Regierung genehmigt. König Wilhelm I. bietet Steinbeis die Stelle des Technischen Referenten an. Dieser zögert nicht und ergreift die Chance, an maßgebender Stelle die Durchsetzung der Ideen zu erwirken, die er im Laufe seiner mehrjährigen Berufspraxis entwickelt hatte.
07.08.1848 In einem provisorischen Statut vom 7. August 1848 werden die Aufgaben der Zentralstelle für Gewerbe und Handel festgelegt.
11.08.1848 Die Aufgabe der neu gegründeten Institution erscheint im Regierungsblatt. Eine der Hauptaufgaben besteht in der "Erwerbung von vorzüglichen Mustern, Werkzeugen und Verfahrensarten und entsprechende Verwendung derselben für den vaterländischen Gewerbestand".
25.08.1848 F. v. Steinbeis beginnt seine Tätigkeit in der Zentralstelle für Gewerbe und Handel. Am 25. August 1848 wird ihm durch königliches Dekret die Stelle eines Technischen Rates der Zentralstelle unter Verleihung des Titels und Ranges eines Regierungsrates übertragen. Es ist zu dieser Zeit ungewöhnlich, daß ein Mann der Technik mit an die Spitze einer so wichtigen staatlichen Behörde gelangt. Es gilt als selbstverständlich, daß alle wesentlichen Positionen in der Staatsverwaltung von Juristen besetzt werden, wie auch der erste Leiter der Zentralstelle Jurist ist: Oberregierungsrat v. Sautter.
1850 Wilhelm I. genehmigt die Errichtung eines Musterlagers und legt so den Grundstein für das spätere Landesgewerbemuseum. Gesammelt wird, was der Gewerbebildung, dem technischen Fortschritt und dem Absatz dienlich scheint und die Geschmacksbildung fördert: Maschinen,
Werkzeuge, neue Erfindungen, Metallwaren, Webmuster, Schätze von Weltausstellungen, Papiere, Porzellan, Gipsmodelle. Nach Steinbeis sollen als Kriterien gelten: "Schönheit oder Reinheit der Form, Solidität der Ausführung und Wohlfeilheit." Angekauft und ausgestellt werden Erzeugnisse, die für bestimmte geförderte Handwerks- und Industriezweige wichtig sind - mit dem Grundgedanken, Württemberg eine blühende Veredelungsindustrie und ein solides Handwerk
zu sichern.
1850 Die Centralstelle gibt eine eigene Zeitschrift, das Gewerbeblatt, heraus, um "neue Entdeckungen und Erfahrungen sowie sonst gemeinnützige Mitteilungen dem Gewerbe– und Handelsstande zur Kenntnis zu bringen". Die Zeitschrift erscheint einmal wöchentlich und behandelt die verschiedensten Gebiete der Volkswirtschaft, Technik, Sozialpolitik, Gewerbepflege und Statistik sowie des Kunstgewerbes.
1851 Steinbeis besucht als Regierungskommissar die Weltausstellung in London. Dort werden erstmals württembergische Erzeugnisse in einer zusammenhängenden Ausstellung einem internationalen Publikum gezeigt. Sie erringen zahlreiche Auszeichnungen. Auf weiteren Reisen durch England und Belgien studiert Steinbeis die wirtschaftlichen Verhältnisse in diesen Ländern, vor allem die Maßnahmen zur Förderung der Industrie.
1853 Steinbeis veröffentlicht ein Buch mit dem Titel: "Die Elemente der Gewerbeförderung, nachgewiesen an der belgischen Industrie". In dieser Schrift schildert er auf Grund seiner eigenen Studien ausführlich die Situation in Belgien, und kommt zu dem Urteil: "Somit sehen wir mit dem Jahr 1850 die belgische Industrie auf einem hohen Grad der Ausbildung und Prosperität angelangt, und alle Industriezweige, mit Ausnahme der Leinenindustrie, im Wachstum begriffen."
1855 F. v. Steinbeis wird nach dem Tode Sautters Präsident der Zentralstelle für Gewerbe und Handel
1856 Steinbeis organisiert anläßlich des Cannstatter Volksfestes die erste Landesausstellung moderner gewerblicher Produkte. Er richtet bei der Centralstelle eine Patentschriftensammlung ein und fördert die Gründung der ersten Handwerkerbank und Börse in Stuttgart.
26.09.1856 Vermutlich unter Steinbeis' Einfluß werden die Statuten endgültig formuliert. Sie umfassen die Begutachtung der Gesetzgebung und Verwaltungsmaßnahmen, Gewerbe und Handel betreffend, sowie alle Vorkehrungen zur Förderung von Gewerbe und Handel, soweit sie dem Staat obliegen, und außerdem das weite Gebiet der öffentlichen gewerblichen Wirtschaftspflege. Dazu kommen gewisse hoheitliche Aufgaben wie die technische Beaufsichtigung des Eichwesens und die Aufsicht über die Handels- und später Handwerkskammern.
Im Mittelpunkt der Tätigkeit der Zentralstelle wie auch der Interessen Steinbeis' steht die Gewerbeförderung im weitesten Sinne. Das Statut von 1856 führt folgende Aufgaben an:
- Wirkung auf Gründung von Anstalten und Einrichtungen zur Förderung der Gewerbe und des Handels
- Vervollkommnung des Betriebs der Gewerbe durch Bestellung von Technikern zur Beratung der Gewerbetreibenden
- Verbreitung neuer Maschinen und Musterwerkzeuge
- Förderung des Absatzes inländischer Gewerbeerzeugnisse durch Veranstaltung von Gewerbeausstellungen und Entsendung von Fachverständigen zum Studium derselben
- Verbreitung gewerblich-technischer und kaufmännischer Kenntnisse durch Unterricht, Schriften und Aufstellung einer Sammlung musterhafter Fabrikate des In- und Auslandes
- Verwaltung der für die Förderung von Gewerbe und Handel ausgesetzten Staatsgelder.
1873 Der Sammelbestand des Musterlagers ist auf 17.000 Produkte angewachsen. Die Räumlichkeiten in der ehemaligen Legionskaserne (Ecke Königs- und Tübinger Straße) sind viel zu klein, ein Neubau ist dringend erforderlich.
18.12.1878 Nach einer langen und überaus erfolgreichen Tätigkeit an der Spitze der Zentralstelle, die ihm den persönlichen Adel einträgt, tritt ein Bruch in Steinbeis' bisheriger Erfolgslaufbahn ein. Am 12. Dezember wurde er von der gesamten Abgeordnetenkammer aufs Schärfste verurteilt, weil er sich gegen die Einführung von Schutzzöllen wandte. Steinbeis hatte sich zu der Erkenntnis durchgerungen, daß sich die Industrie auf dem internationalen Markt durchsetzen müsse und schützende Zollschranken hinderlich seien  obwohl er ursprünglich auch Anhänger des Schutzzollgedankens gewesen war. Nach der, wie er meint, ungerechten
Behandlung durch die Kammer zieht er sich nach und nach von sämtlichen öffentlichen Aufgaben zurück.
07.1880 Steinbeis' Pensonierungsgesuch wird genehmigt.
1881 Die Eisengießerei von "G. Kuhn" in Stuttgart-Berg liefert die Säulen- und Treppenanlage für die 1881 fertiggestelle Gewerbehalle
10.05.1884 Bestellung einer Lilienthal-Dampfmaschine durch G. Kuhn, Stuttgart-Berg.
1890 Den Wettbewerb für einen Neubau und den ersten Preis in Höhe von 7000 Mark gewinnen die Architekten Skjold Neckelmann und August Hartel aus Leipzig, die sich gegen 27 Mitbewerber durchsetzen. Die unregelmäßige Form des Grundstücks und die Höhenunterschiede der umlaufenden Straßen machen die gestellte Aufgabe ganz besonders schwierig. Sie wird durch die an drei Gebäudeecken eingesetzten Kuppeltürmen symmetrischen und rechtwinkligen Räume gelöst, um die Höhenunterschiede im Gelände auszugleichen.
06.06.1896 Der prächtige Museumsbau der Zentralstelle, erbaut nach den Plänen des Hamburger Architekten Skjold Neckelmann, ein herausragendes Zeugnis für den Historismus in der Architektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wird mit der Ausstellung eröffnet.
1921 Die Zeitschrift "Gewerbeblatt" wird eingestellt
1921 Der Amtssitz der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel erhält den Namen Landesgewerbeamt.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Gewerbeförderung 1848 Beginn (Umwandlung aus "Verein f. Gew. u. Handel" 1884 [Dampfmaschinenliste Kuhn (1884)]  
Gewerbemuseum 1893 Kuhn-Kessel-Referenzliste 1893 Kuhn-Kessel-Referenzliste]  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Lilienthal-Dampfmaschine 10.05.1884 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfpumpe 1893 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1895 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine 1896 Maschinen- und Kessel-Fabrik, Eisen- und Gelbgießerei von G. Kuhn
Dampfmaschine um 1896 Eugen Klotz, Maschinenfabrik




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1921 Umbenennung danach Landesgewerbeamt Baden-Württemberg bis 1952 "Landesgewerbeamt"
1896 Nebenwerk danach Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe Stuttgart 1896 Ausstellung zur Eröffnung