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Ereignis |
1895 |
Bau einer Spinnerei (37.000 Spindeln) für "Beckmann & Cie." in Bocholt nach den Plänen von Sidney Stott. Die Bauaufsicht überträgt Franz Beckmann zunächst dem Architekten Salzberger aus Burgsteinfurt, der diese Aufgabe bereits bei der Bocholter Spinnerei Hochfeld übernommen hatte. |
06.1895 |
Der Kommanditist und Schwiegervater von Franz Beckmann, August ten Hompel (Wicking'sche Portland Cement- und Wasserkalkwerke A.G.), die meisten Anteile an der Spinnerei besitzt, besuchte die Baustelle und trifft dort auf den beauftragten Architekten. Ten Hompel weist seinen Schwiegersohn an, er dulde diesen Herrn nicht, er selbst übernehme die Bauleitung. Gegen eine Abfindung von 1.500 Mark muß Architekt Salzberger seinen Dienst aufgeben. Die fachliche Aufsicht übernehmen nun Beckmann und ten Hompel. |
20.09.1895 |
Nach der Rückkehr von seiner Hochzeitsreise stellt Franz Beckmann Anfang Oktober Senkungen in einigen Fundamentbereichen von bis zu 2 cm fest. |
08.10.1895 |
In der Kellerdecke tut sich zwischen zwei Säulen deutlich ein Riss in der Stärke eines Bleistiftstriches auf. |
09.10.1895 |
Sidney Stott trifft am Morgen in Bocholt ein, um vor Ort den beschädigten Rohbau der Spinnerei Beckmann in Bocholt in Augenschein zu nehmen. Er stellte fest, daß die Fundamente allesamt zu schwach ausgeführt worden waren. Schon am Morgen war ein Sinken der Säule 4 bemerkt worden. Um den Bau zu sichern, rät Stott, die Träger zu unterfangen, durch Winden die Säule zu heben, und dann zu untermauern. |
09.10.1895 |
Als gegen 17 Uhr der Zug nach Wesel am Fabrikgrundstück vorbeifährt, gibt es eine Erschütterung, und Franz Beckmann bemerkt, daß sich bei der Säule 4 ein ca. 3 m langer Riss im Sandboden auftut. Er und Hülskamp erkennen die plötzliche Gefahr und rufen: "Rette sich, wer kann!" Die drei Herren können sich noch aus dem Keller retten, bevor der vierstöckige Neubau hinter ihnen in sich zusammenbricht. |
10.10.1895 |
Bis zum Nachmittag des 10. Oktober sind 11 Tote und 10 Schwerverwundete aus den Trümmern hervorgeholt. Man vermißt noch immer eine Anzahl der an dem Bau beschäftigt gewesenen Arbeiter. |
25.10.1895 |
Die Bilanz des Einsturzes der Spinnerei: 16 Verletzte und 22 Tote. Erst nach 16 Tagen kann der letzte Tote geborgen werden. |
22.11.1895 |
Sidney Stott wird gegen Hinterlegung einer Kaution von 10.000,00 Mark aus der Untersuchungshaft nach dem Bocholter Spinnerei-Einsturz entlassen. |
18.02.1896 |
Entlassung von Franz Beckmann aus der Untersuchungshaft nach dem Bocholter Spinnerei-Einsturz gegen Kaution von zwei Millionen Mark, die von seinem Vater und von seinem Schwiegervater zur Verfügung gestellt worden waren. |
09.03.1896 |
Der Prozeß gegen Franz Beckmann und Anton Victor Hülskamp wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung beim Einsturzuglück der Spinnerei beginnt vor der Strafkammer des Landgerichts Münster. Die Anklage gegen Sidney Stott ist inzwischen fallengelassen worden. Die Staatsanwaltschaft hat allein 66 Zeugen sowie acht Gutachter geladen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sei für das Unglück das gänzliche Fehlen einer technisch gebildeten Bauleitung ausschlaggebend, was die festgestellten groben Mängel im Material und in der Ausführung des Baues erst ermöglicht hätte. Der Bauherr Beckmann und sein Spinnereidirektor Sommers hätten sich die Bauleitung angemaßt und bezüglich der wichtigsten Punkte des Baues, der Fundamente, entscheidende abweichende Anordnungen getroffen, die verhängnisvoll gewesen seien. |
18.03.1896 |
Urteilsspruch: Anton Victor Hülskamp wird freigesprochen während Franz Beckmann neun Monate Gefängnis unter Anrechnung von drei Monaten Untersuchungshaft erhält. In der Begründung des Urteils wird ausgeführt, daß Franz Beckmann tatsächlich Leiter des Baues gewesen sei, daß er als solcher gegen die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst verstoßen habe, daß der Einsturz infolge dieser seiner Fehler erfolgt sei und daß insbesondere die Ursache des Einsturzes in der Schwäche und Mangelhaftigkeit der Fundamente, namentlich des zuerst gewichenen Tragepfeilers zu suchen sei. |
08.07.1896 |
Genehmigungsantrag zum Wiederaufbau der eingestürzten Spinnerei. Fritz Beckmann weist zuerst ausdrücklich darauf hin, daß er die Bauleitung an die Herren Regierungsbaumeister Hermanns & Riemann in Elberfeld übertragen habe, listet nochmals die bei der alten Konstruktion aufgetretenen Mängel auf und beschreibt die geplanten Änderungen, wie die Reduzierung auf nun zwei Vollstockwerke. |
24.09.1896 |
Der Staatsanwalt in Münster teilt Franz Beckmann mit seinem Schreiben vom 24. September mit, daß mit Ordre vom 14. September Kaiser Wilhelm II. die Gefängnisstrafe nach dem Einsturzunfall in eine sechsmonatige - nicht entehrende - Festungshaft umgewandelt habe. |
Anfang Dezember 1896 |
Spinnereibesitzer Fritz Beckmann tritt seine Festungshaft in der "Festungsstuben-Gefangenen-Anstalt" der Feste Ehrenbreitstein über Koblenz an. |
01.03.1898 |
Die nach dem Einsturzunfall neu aufgebaute Spinnerei kann mit zunächst 10.000 Spindeln ihre Arbeit aufnehmen. |