Chemische Fabrik von Heyden Aktiengesellschaft

Allgemeines

FirmennameChemische Fabrik von Heyden Aktiengesellschaft
OrtssitzRadebeul (b. Dresden)
StraßeLeipziger Str. 103
Postleitzahl01445
Art des Unternehmenschemische Fabrik
AnmerkungenAls Ort ist auch "Radebeul-Dresden" angegeben. Auch Werk in Weißig und Holzweißig (siehe beide). Um 1893: "Dr. F. von Heyden Nachfolger". [Chem. Ind. Dt. Reich] noch nicht ausgewertet!!! Adresse (1943): Meißner Str. 35. Zu Kriegsende waren die Gebäude völlig leer (Reparation?). - Von besonderer Wichtigkeit für die Fabrik wurde das R. Schmitt'sche Verfahren der Darstellung aromatischer Oxycarbonsäuren. Vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Herstellung von Durchleuchtungsschirmen mit hoher Leuchtkraft für Röntgenapparate und von Verstärkerfolien für Röntgenaufnahmen entwickelt.
Quellenangaben[Bauten von Dresden (1878) 563] [Chemische Industrie im Dt. Reich (1929/30) II/219] [Handbuch Akt.-Ges. (1943) 1649] [Dinglers polytechn. Journal Bd. 290, S. 163]
Hinweise[Führer durch die Ausstellung der chemischen Industrie Deutschlands (1893) 46] [Zur technisch-industriellen Entwicklung Dresdens (1956) 59]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1873 Von Dr. Friedrich von Heyden wird das Stammhaus gegründet als erste Fabrik zur synthetischen Herstellung der Salicylsäure aus Phenol, Ätznatron und Kohlendioxid) nach dem Verfahren von Prof. Hermann Kolbe (1859). Bis dahin kannte man sie nur als umständlich aus Pflanzenteilen (z.B. Weidenrinde) extrahierte kostbare Seltenheit. Kolbe und der Dresdener Professor Rudlof Schmitt regen den jungen Chemiker F. von Heyden an, die Herstellung in größeren Mengen zu übernehmen. Er beginnt die Fabrikation in der Küche und der Remise eines Hauses in Dresden N., Leipziger Str. 11 und hat nach einigen ungenügenden Versuchen bald die Freude, mit einer ganz hübschen Ausbeute zu Geheimrat Kolbe nach Leipzig zu fahren und ihm seine selbständigen Resultate vorlegen zu können.
01.1874 Gründung unter der Firma "Salicylsäurefabrik Dr. von Heyden in Radebeul als erste Fabrik zur synthetischen Herstellung der Salicylsäure nach dem Verfahren von H. Kolbe (1859). Im ersten Jahre ihres Bestehens liefert die Fabrik 4000 kg Salicylsäure. - Mit dem Siegeslauf der Salicylsäure, deren Verwendung immer mannigfaltiger wird, wird die Firma Heyden bald zu einem Unternehmen von Weltruf.
1878 Die Jahresproduktion von Salicylsäure erhöht sich auf 25.000 kg
1885 Die Fabrik geht dazu über, in ihren wissenschaftlichen Laboratorien Arzneistoffe, wie Salole, Carbonate und Wismut-Phenole, auszuarbeiten und in den Handel zu bringen. In den späteren Jahrzehnten wird dieses Gebiet bedeutend erweitert. Bahnbrechend sind vor allem die Arbeiten auf dem Gebiete der Kolloid-Chemie für Medizin und Technik.
1885 Der Chemiker Richard Seifert (1861 - 1919), der sich bei Prof. Rudolf Schmitt (Polytechnikum Dresden) an der Verbesserung der Kolbe'schen Salicylsäuresynthese beteiligte, tritt ein. - Er erfindet zahlreiche Präparate und wird technischer Direktor des Werks. Er ist Freund von Karl August Lingner und hat bedeutende Verdienste bei der Entwicklung des Mundwassers "Odol".
1892 Die Herstellung künstlicher Süßstoffe wird aufgenommen.
06.1892 Karl August Lingner schließt mit Heyden einen Vertrag, wonach Lingner zur Herstellung hygienischer und kosmetischer Präparate das Antisepticum Salicylogen auf fünf Jahre exklusiv geliefert wird.
1893 Auf der Columbischen Weltausstellung werden ausgestellt: Salol, Cresalol, Guajacolsalol, Benzonaphtol, Betol, Wismuthnaphtol, -phenol, Sucrol, Tribromphenolwismuth, m- und o-Cresolwismuth, o-Cresol, m-Cresol, p-Cresol, Camphorsalol, p-Oxybenzoësäure, Salicylsäure, o-, p- und m-Cresotinsäure, alpha-Oxyuritinsäure, alpha-Oxynaphtoësäure, alpha-Oxynaphtoësäure, Euphorin, Pyrocatechin, Natrium-, Lithiumsalicylat, Wismutbenzoat, Dithion, Salicylamid, Guajacol, Guajacolcarbonat, Solutol, Creosotcarbonat, o-Cresolcarbonat, Guajacolphosphat, p-Cresolcarbonat, Protocatechusäure, gebromte und gechlorte p-Oxybenzoësäure, Phenol.
15.03.1899 Gründung der A.-G. unter Übernahme der Firma Chemische Fabrik von Heyden G. m. b. H. in Radebeul mit einem Grundkapital von M 5.000.000,00.
1900 Lieferung einer Dampfmaschine durch Ascherslebener Maschinenfabrik
1901 Auf dem in Nünchritz bei Riesa (Elbe), Bahnstation Weißig, erworbenen Terrain wird eine Schwefelsäurefabrik errichtet mit der Bezeichnung "Werk Weißig".
1901 In Garfield bei New York wird eine Fabrik zur Herstellung von Salicylsäure und künstlichem Süßstoff erbaut.
1903 Lieferung einer Dampfmaschine durch Ascherslebener Maschinenfabrik
1903 Eine weitere Süßstoffabrik wird in Nidau (Schweiz) in Betrieb genommen.
1906 Lieferung einer Dampfmaschine durch Ascherslebener Maschinenfabrik
1908 Die Schwefelsäurefabrik wird durch Erbauung von Chlor-Elektrolysen vergrößert.
1. Weltkrieg Während des Ersten Weltkrieges wird je eine Fabrik zur Herstellung von Chlorat und Karbid in Kostuchna (Oberschles.) und Hirschfelde (Sachs.) errichtet. - Erstere muß nach Beendigung des Krieges stillgelegt werden.
1923 Das Fabrikgrundstück in Hirschfelde wird an die "Elektrochemische Gesellschaft m. b. H.", Hirschfelde, verpachtet.
25.12.1925 bis 31.12.1925 Ende des Jahres erlangt die Gesellschaft wieder Einfluß auf die zwangsweise verkaufte Fabrik in Garfield U. S. A. (The Heyden Chemical Works, die nunmehr Heyden Chemical Corporation firmiert).
1926 Vornahme verschiedener Verbesserungen und Erweiterungen in der Fabrikation.
1927 Die bereits früher angestellten Versuche zur Kunstseidefabrikation werden wieder aufgenommen und in den Betrieben Verbesserungen und Erweiterungen vorgenommen.
1928 Erweiterung und Vergrößerung der Anlagen.
1929 Die Gesellschaft erhält den größten Teil des beschlagnahmten Amerika-Vermögens in Höhe von rund Reichsmark 3.000.000,00 ausgezahlt. Dieser Betrag wird zu Sonderabschreibungen für die im Hinblick auf die Freigabe schon früher begonnenen Betriebsverbesserungen sowie zur Bildung eines Erneuerungskontos und für eine Verstärkung der Beteiligung an der amerikanischen Gesellschaft verwandt.
1930 Die Fabrikation von Kunstseide wird eingestellt, die Kunstseideanlage bleibt als Versuchsanlage bestehen.
1930 Im Laufe des Jahres kann die Gesellschaft ihre Süßstofffabrik Nidau (Schweiz) mit einem Überschuß über den Buchwert abstoßen.
01.07.1930 bis 31.12.1930 In der zweiten Hälfte des Jahres erhält die Gesellschaft eine weitere Auszahlung aus ihrem beschlagnahmten Freigabeguthaben in Amerika in Höhe von RM 872.000,00. Dieser Betrag wird für Sonderabschreibungen auf schlecht beschäftigte Anlagen und auf Lagerwerte verwendet.
01.01.1931 bis 28.02.1931 In den ersten Monaten des Jahres wird das Werk Kostuchna bei Kattowitz mit Buchgewinn veräußert.
1932 Die Beteiligungen erfahren einen Zugang durch die Kapitalerhöhung der "Deutschen Süßstoff G. m. b. H.", Berlin.
19.07.1932 Zum Zwecke des Ausgleichs von Wertminderungen der Vermögensgegenstände der Gesellschaft beschließt die Generalversammlung vom 19. Juli 1932 eine Kapitalherabsetzung in erleichterter Form von RM 14.840.000,00 auf Reichsmark 13.700.000,00 durch Einziehung der nom. Reichsmark 1.140.000,00 eigenen Aktien.
1933 Durchführung von größeren Neu- und Ersatzinvestitionen der Werke.
1934 Erneuerung der Werke unter Aufwendung erheblicher Mittel.
1935 Weiterer Ausbau der Werke.
1936 Beträchtliche Aufwendungen zur planmäßigen Betriebserneuerung.
1936 Wesentliche Erweiterung der sozialen Einrichtungen für die Gefolgschaft.
1938 Verwendung erheblicher Summen aus den liquiden Mitteln zum Ausbau der Anlagen.
1939 Die Gesellschaft gründet zusammen mit der I. G. Farbenindustrie A.-G. die "Chemische Werke Aussig-Falkenau G.m.b.H." mit dem vorläufigen Sitz in Dresden. Die neu gegründete Gesellschaft erwirbt aus dem Besitz des "Vereins für chemische und metallurgische Produktion in Prag" die im Sudetenland gelegenen Chemischen Fabriken Aussig und Falkenau nebst der dazugehörigen Kohlen- und Energiebasis. Das Kapital dieser Gesellschaft beträgt Reichsmark 10.000.000,00, von denen die Chemische Fabrik von Heyden Aktiengesellschaft und die I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft je die Hälfte übernommen haben.
1939 Die "Elektrochemische Gesellschaft m.b.H.", Hirschfelde, erhöht ihr Gesellschaftskapital auf RM 1.500.000,00, um der Erweiterung ihrer Erzeugung gewachsen zu sein.
1939 Bei der "Süßstoff-Export-Ges. m.b.H." wird die Firma der Gesellschaft in "Saccharin-Verkaufs-Gesellschaft m.b.H." geändert und der Sitz der Gesellschaft nach Berlin verlegt.
1939 Das Stammkapital der Gesellschaft wird um RM 80.000,00 auf RM 100.000,00 erhöht.
1941 Kündigung des Restbetrages der im Jahre 1920 ausgegebenen Teilschuldverschreibungsanleihe zum 1. Oktober 1941
1942 Die Tochtergesellschaft "Chemische Werke Aussig-Falkenau G.m.b.H." verlegt den Sitz der Gesellschaft nach Aussig
1942 Die "Chemische Werke Aussig-Falkenau GmbH" erhöht durch Einzahlung ihr Gesellschaftskapital um RM 4.000.000,00 auf RM 14.000.000,00.
1942 Die "Elektrochemische Gesellschaft m.b.H.", Hirschfelde, berichtigt ihr Gesellschaftskapital um RM 100.000,00 auf RM 1.600.000,00.
30.06.1942 Laut Aufsichtsratsbeschluß vom 30. Juni 1942 Kapitalberichtigung gemäß DAV vom 12. Juni 1941 um 50 % = RM 6.850.000,00 auf RM 20.550.000,00 durch Entnahme von RM 770.878,91 aus freien Rücklagen und Gewinnvortrag, durch Zuschreibung von RM 2.250.000,00 zu Fabrikgebäuden, RM 2.000.000,00 zu Apparaten und Anlagen, RM 400.000,00 zu Werkzeugen, RM 1.429.121,09 aus sonstigen Bilanzposten.
Sommer 1946 Es wird mit der Erzeugung einer kleinen Auswahl (vmtl. an pharmazeutischen Produkten) begonnen.
1950 Die Grippe- und Schmwerzmittel "Lopirin" und "Dolosin" erscheinen.
1951 Das Mittel gegen Hautpilzkrankheiten "Actol" und das neu entwickelte Schlafmittel "Kalypnon" werden herausgebracht.
30.08.1955 Der erste Fünfjahresplan wird vorfristig erfüllt bzw. mit 122 Prozent übererfüllt.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Chemikalien 1879 Beginn 1929 [Chem Ind Dt Reich]  
Mund-Desinfekionsmittel          




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1900-1911 Gebr. Sulzer AG
Dampfmaschine 1900 Ascherslebener Maschinenbau Act.-Ges., vorm W. Schmidt & Co.
Dampfmaschine 1903 Ascherslebener Maschinenbau Act.-Ges., vorm W. Schmidt & Co.
Dampfmaschine 1906 Ascherslebener Maschinenbau Act.-Ges., vorm W. Schmidt & Co.
Dampfmaschine vor 1917 Ascherslebener Maschinenbau Act.-Ges., vorm W. Schmidt & Co.
Dampfkompressor vor 1917 Ascherslebener Maschinenbau Act.-Ges., vorm W. Schmidt & Co.




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1901 Nebenwerk danach Chemische Fabrik v. Heyden Akt.-Ges., Werk Weißig  
1 Nebenwerk danach Chem. Fabrik A.-G. von Heyden, Werk Holzweißig  




Allgemeines

ZEIT1943
THEMAOrgane und Kapital der Gesellschaft
TEXTVorstand: Geh. Regierungsrat Dr. jur. H. Julius Jungel, Dresden, Vorsitzer; Dr. Hans Ludewig, Radebeul; Ferdinand Strubberg, Dresden. Aufsichtsrat: Bankdirektor a. D. Konsul Max Reimer, Dresden, Vorsitzer; Hugo Zinßer, stellv. Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, Berlin, stellv. Vorsitzer; Major a. D. Freiherr Wilhelm von Buddenbrock, Greifenhagen (Pommern); Erwin Dircks, Generaldirektor der Maizena-Werke A.-G., Hamburg; Konrad Gehlofen, Direktor der Mitteldeutsche Stahlwerke G. m. b. H., Riesa; Kommerzienrat Robert Vorländer, Radebeul. Abschlußprüfer für das Geschäftsjahr 1943: Treuhand-Vereinigung A.-G., Dresden. Geschäftsjahr: 1. Januar bis 31. Dezember. Hauptversammlung (Stimmrecht): Je nom. RM 100,00 Stammaktien 1 Stimme, je nom. RM 100,00 Vorzugsaktien 50 Stimmen in bestimmten Fällen. Reingewinn-Verwendung: Der Reingewinn, der sich nach Vornahme von Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen und Rücklagen einschließlich der Einstellung in die gesetzliche Rücklage ergibt, wird wie folgt verteilt: 1. zunächst sind gemäß § 5 der Satzung etwaige Rückstände von Gewinnanteilen aus Vorjahren auf die Vorzugsaktien nachzuzahlen; 2. von dem verbleibenden Reingewinn sind auf die Vorzugsaktien 5 % des auf ihren Nennwert eingezahlten Betrages zu verteilen; 3. sodann entfallen auf die Stammaktien bis zu 4 % des auf die Aktien eingezahlten Betrages; 4. der Rest wird, soweit die Hauptversammlung nicht eine andere Verwendung beschließt, unter Berücksichtigung der nach § 17 der Satzung dem Aufsichtsrat zustehenden Gewinnbeteiligung an die Stammaktionäre verteilt.
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 1649]


ZEIT1943
THEMAZweck und Gegenstand des Unternehmens
TEXTGegenstand des Unternehmens: Errichtung und Betrieb von chemischen und ähnlichen Fabriken im In- und Auslande und Erwerb von Grundbesitz hierzu im In- und Auslande sowie Errichtung von Zweigniederlassungen und Beteiligung an anderen Unternehmungen ähnlicher Art innerhalb wie außerhalb des Deutschen Reiches. Erzeugnisse: Pharmazeutische Spezialpräparate (Acetylin, Adsorgan, Chloramin, Clorina-Heyden, Coffetylin, Collargol, Eldoral, Expit, Gastro-Sil, Gyneclorina, Noviform, Peremesin, Salit, Silargetten, Sulfoderm-Puder, Xeroform u. v. a.), pharmazeutische Großpräparate und Feinchemikalien (Salicylsäure, Acetylsalicylsäure, Phenol, Argentum proteinicum, Wismutverbindungen, Guajakolverbindungen, Kaliumpermangat, Kreosot, Salol u. a.), Kolloide, technische Großchemikalien (anorganische Säuren, Ätzkali, komprimierte Gase, Chlorbenzol, Diphenyläther, Chlorate usw.), Süßstoff, Desinfektions- und Konservierungsmittel, Weichmachungsmittel, chemisch-technische Artikel wie Röntgenzubehör, Zigarettengoldmundstücke, Brolon-Flaschenkapseln (Viskose-Schrumpfkapseln), Kunstbraunstein, Verguß- und Imprägniermassen.
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 1649]


ZEIT1943
THEMABeteiligung an folgenden Unternehmens
TEXTBeteiligungen: Chemische Werke Aussig-Falkenau G. m. b. H., Aussig; Elektrochemische Gesellschaft m. b. H., Hirschfelde (Herstellung von Karbid und Kalkstickstoff); Deutsche Süßstoff Ges. m. b. H., Berlin; Saccharin-Verkaufs-Gesellschaft m b H , Berlin; Metallfilm Ges. m. b. H., Dresden; Kosmopharm- Vertriebsges. m. b. H., Radebeul; Chemische Fabrik Pyrgos G. m. b. H., Radebeul; Gehe & Co. A.-G., Chemische Fabrik, Dresden-N.; Oderberger Chemische Werke A.-G., Neu-Oderberg (Oberschles.) Buchwert: a) Beteiligungen RM 9818527.33; b) Wertpapiere RM 1.211.940
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 1649]


ZEIT1893
THEMABeschreibung
TEXTDiese Fabrik befaßte sich ursprünglich ausschließlich mit der Herstellung von Salicylsäure und ihren Salzen nach der von dem Geh. Hofrat Prof. Dr. H. Eolbe aufgefundenen Methode und gelangte damit zu hoher Blüte. Durch fortgesetzte technische Verbesserungen der Arbeitsmethoden, durch Erfindung, Aufnahme und Einführung von neuen Präparaten, insbesondere für ärztlichen Gebrauch hat sie sich allmählich sehr vergrößert. Sie unterhält ein ausgedehntes wissenschaftliches Laboratorium zur Bearbeitung der in ihren Betrieb einschlagenden Fragen und ist im Stande, in vielen ihrer Spezialitäten den Bedarf der ganzen Welt zu befriedigen. Von besonderer Wichtigkeit für ihren Betrieb ist die von dem Geh. Hofrath Prof. Dr. Rudolf Schmitt aufgefundene modifizierte Methode der Darstellung aromatischer Oxycarbonsäuren geworden, bei welcher Kohlensäure unter Druck auf die Alcalisalze der Phenole zur Einwirkung gelangt. Hervorzuheben ist ferner die von der Fabrik aufgenommene Darstellung der von dem Prof. Dr. M. von Nencki entdeckten und als Heilmittel zu hoher Bedeutung gelangten Salicylsäureäther der Phenole, der Salole. In der Fabrik selbst wurden erfunden die Desinfektions- bzw. Heilmittel Solutol, Solveol, Guajacol- und Kreosot-Garbonat durch Dr. R. Seifert, synthetische Methoden für die Darstellung der früher äußerst schwer zugänglichen Pyrocatechusäure und des Brenzcatechins, sowie seines reinen Monomethyläthers, des Guajacols, durch Dr. Hähle. Von der Fabrik in den Handel eingeführt wurden außer den genannten Produkten noch die folgenden: Salicylsäure und ihre Salze, die Kresotinsäuren, Oxynaphtoesäuren, Paroxybenzoesäure, Salol, Betol, Kresalol, Benzonaphtol, Oleocreosot, Solveol, Solutol, Sucrol, die Wismutverbindungen verschiedener Phenole, Salicylamid und Dithion.
Diese und andere Substanzen werden zumeist unter dem Schutze zahlreicher in- und ausländischer, namentlich auch amerikanischer Patente hergestellt. Die Arbeiter der Fabrik verdienen einen jährlichen Durchschnittslohn von 1.000 Mark pro Kopf. Außer den durch das Gesetz vorgeschriebenen Leistungen hat die Firma noch eine ganze Anzahl von
freiwilligen Wohlfahrtseinrichtungen getroffen. Hervorzuheben sind die nachfolgenden: Speiseanstalt und Kantine in der Fabrik: Dienstalterszulagen; eine Fabriksparkasse für die Arbeiter, Bäder, Arbeiterwohnungen. Die Fabrik bestreitet auch aus ihren Mitteln die gesamten Beiträge für das Invaliditäts- und Altersversorgungswesen.
Endlich ist noch eine Pensionskasse sowohl für die Arbeiter, als auch für die Beamten des Geschäfts in Bildung begriffen.
QUELLE[Führer durch die Ausstellung der chemischen Industrie Deutschlands (1893) 46]


ZEIT1893
THEMAHergestellte Chemikalien
TEXTVon besonderer Wichtigkeit für die Fabrik wurde das R. Schmitt'sche Verfahren der Darstellung aromatischer Oxycarbonsäuren durch Carbonatisierung von Alkaliphenolaten unter Druck mit Kohlensäure; wichtig war ferner die Einführung der von M. v. Nencki entdeckten Salicylsäurephenoläther, der Salole in den Betrieb; in der Fabrik selbst wurden entdeckt: Solutol, Solveol, Guajacol, Creosotcarbonat durch R. Seifert. Synthetische Methoden zur Darstellung von Pyrocatechusäure, Brenzcatechin, Monomethylbrenzcatechin fand Hähle auf. - Ende der 1880er Jahre beschäftigte man sich in den Laboratorien mit Stoffen, die einen mehrere hundertmal so süßen Geschmack aufweisen wie Zucker, und zwar zunächst mit dem Dulcin, dann mit dem dem Zuckerin un dessen Natriumsalz, der Cristallose. Um mit geringen Selbstkosten fabrizieren zu können, wurde angestrebt, auch die Ausgangsstoffe im eigenen Betrieb eherzustellen, z.B. Kaliumpermanganat, Schwefelsäure, später Salz- und Salpetersäure, Kalilauge und andere.
Bahnbrechend arbeikteten die Heyden-Chemiker auf dem um 1895 neuen Gebiet der Kolloidchemie. Zusammen mit dem Dresdener Chirurgen Dr. Credé wurde feinstverteiltes Silber als Collargol in die Behandlung eingeführt. Die Kolloide vieler Elemente und Verbindungen folgten, da sie sich bei innerlicher wie äußerlicher Behandlung als Salben, Puder usw. besonders leicht aufnahmefähig und wirksam erwiesen.
Neu entwickelte Pharmazeutika in den 1920er Jahren: Schmerz- und Grippemittel "Coffetylin", ferner Clorina, Nirvanol, Caseosan, Sufrogel, Sulfoderm-Puder, Adsorgan, Silargetten, Gastro-Sil, Peremesin.
QUELLE[Führer durch die Ausstellung der chemischen Industrie Deutschlands (1893) 46] [Zur technisch-industriellen Entwicklung Dresdens (1956) 64]