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Neusiedler A.-G. für Papierfabrikation, Werk Kleinneusiedl
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Firmenname | Neusiedler A.-G. für Papierfabrikation, Werk Kleinneusiedl |
Ortssitz | Kleinneusiedl (NÖ) |
Art des Unternehmens | Papierfabrik |
Anmerkungen | Mit Werkskanal, dreigeschossigem Fabriksgebäude aus dem Jahre 1795 mit Mansarddach; schräg gegenüber der ehemalige Fabrikspark mit Steinskulpturen (Säulen mit Vasenaufsätzen, obeliskartiger Pfeiler, verfallene Grotte), im hinteren Geländeteil eine Zeile eingeschossiger Arbeiterwohnhäuser. 1837 - 1870 als "k.k. priv. Actiengesellschaft der Papierfabrik Klein-Neusiedl", dann als "Neusiedler Aktiengesellschaft für Papierfabrikation". Siehe auch andere Werke der "Neusiedler AG"; um 1931 deren Zentrale (s.d.): Wien I., Schottenring 21. |
Quellenangaben | [Flottmann AG: Dampfmaschinen] Internet [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953)] Wikipedia |
Zeit |
Ereignis |
27.02.1760 |
Geburt von Ignaz Theodor Pachner in Friedberg, Steiermark, als dritter Sohn von Johann Georg von Pachner (1725?1790; Urenkel von Johann Pachner, dem Stammvater dieses Papierer-Geschlechtes) |
1793 |
Der Großhändler Ignaz Theodor Pachner Edler von Eggenstorf aus Leonfelden in Oberösterreich gründet die größte Papierfabrik im Wiener Becken trotz aller Proteste. Er erhält die Genehmigung zur Errichtung seiner Papierfabrik "behufs Erzeugung feinerer, bis dahin aus dem Ausland eingeführter Papiere". - Der Gründer gehört einer aus Oberösterreich stammenden Familie von Papierfabrikanten an, deren Ursprung sich bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen läßt. Johann Pachner, der Stammvater dieses Geschlechtes, war im 17. Jahrhundert in Lanfelden (Leonfelden) in Oberösterreich ansässig. |
1795 |
Ignaz Theodor Pachner läßt sich ein Privileg auf zwei Maschinen erteilen: einen Hadernschneider und eine Feinzeugmaschine, um durch rationelle und schonende Vorbereitung des Rohstoffes ein reineres und feineres Papier herstellen zu können. Dabei handelt es sich hiebei um "Maschinen neuester Erfindung", wie sie in Holland und England verwendet werden. |
1796/97 |
Fertigstellung der Fabrik "auf holländische Art" mit 14 Bütten. Im Hauptgebäude sind unten die Stampfen für die Zerfaserung der Hadern und die Walzwerke für die Glättung der Papierbogen untergebracht, die durch Wasserräder angetrieben werden. Die Räume in den oberen Stockwerken dienen der Sortierung, Ausrüstung und Verpackung, während die geräumigen Mansarden als Trocknungsräume für die geschöpften Papiere geneutzt werden. Die Fabrik ist in der Lage, über 100 verschiedene, vorzugsweise feine und feinste Papiersorten zu erzeugen. |
1796 |
Es gelingt Pachner, einen Vertrag mit der "k.k. Banco-Zettel-Hauptkasse" abzuschließen, durch welchen die Fabrik mit der Herstellung und Lieferung eines neuen Papiers "mit geheimen Zeichen" zur Herstellung der damaligen Banco-Zettel beauftragt wird. - Auch später werden für viele Jahrzehnte das Schöpfpapier für sämtliche Banknoten der "k.k. priv. Nationalbank" und das Papier für die Staatsnoten und staatlichen Effekten in Klein-Neusiedl hergestellt. |
1797 |
Pachner legt im Namen sämtlicher Papiermacher im Lande ein Majestätsgesuch vor, in dem er für Maßnahmen zum Schutz der einheimischen Papiererzeugung eintritt und ein Einfuhrverbot, zumindest aber eine Einfuhrbeschränkung, für die im Inland hinlänglich und in einwandfreier Qualität erzeugten Sorten sowie Wiedereinführung der Sammeldistrikte zur Sicherung des Rohstoffaufkommens verlangt. |
1800 |
Pachner erwirbt die alte, 1513 gegründete Leesdorfer Papiermühle. - Sie galt lange Zeit als eine der ältesten Papiermühlen auf deutschem Boden. Mit Klein-Neusiedl und Leesdorf besitzt Pachner nunmehr die größte Papierproduktionsunternehmung der österreichisch-ungarischen Monarchie. |
1801 |
Das Majestätsgesuch Pachtners von 1797 für Maßnahmen zum Schutz der einheimischen Papiererzeugung wird in allen Punkten abgelehnt. - Auch spätere Versuche, ein Verbot der Einfuhr fremden Papiers zu erwirken, scheitern an dem Widerstand der Wiener Buchhändler. |
14.03.1814 |
Tod von Ignaz Theodor Pachner Edler von Eggenstorf. - Seine Witwe, Anna Maria, geb. von Bernhard, sowie der Sohn des Verstorbenen, Anton, führen den Betrieb weiter. |
02.04.1837 |
Die Fabrik wird mangels Kapitals für weitere Investitionen von Anton Pachner an den Großhändler Georg Borckenstein für den Preis von 120.000 fl. "in Silberzwanzigern" verkauft. |
1837 |
Georg Borckenstein wandelt das Unternehmen zusammen mit seinen Freunden Ludwig Faber und Georg Heinrich Theurer, sowie mehreren schweizerischen Industriellen wie Bodmer, Escher, Peter, von Sulzer-Wartb und Steiner in die Aktiengesellschaft "k.k. priv. Aktiengesellschaft der Papierfabrik Kleinneusiedl" um. - Die Kleinneusiedler Fabrik wird zur umfassendsten Maschinenpapierfabrik in ganz Europa. |
12.07.1837 |
In der ersten Generalversammlung wird beschlossen, daß Klein-Neusiedl mit den modernsten technischen Anlagen so ausgerüstet werden solle, so daß "England und der Kontinent kaum ein besseres Ensemble dieser Art aufzuweisen haben". |
ab 1838 |
Es werden zwei mit Dampf betriebene Papiermaschinen des Engländers Bryan Donkin angeschafft. |
1839 |
Erhöhung des Aktienkapitals von 360.000 auf 480.000 Gulden |
1841 |
Aufstellung einer dritten Donkin'schen Papiermaschine |
1842 |
Seither wird durch alljährliche Rücklagen aus den Erträgnissen ein Betriebsfonds geschaffen. |
1845 |
Die Wiener Gewerbeausstellung zeigt die Vielseitigkeit und Leistungsfähigkeit der Papierfabrik, die mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet wird. |
1849 |
Besuch der Fabrik durch die Mutter Franz Josephs I., der Erzherzogin Sophie. In ihrem Gefolge befinden sich unter anderem Graf von Hardegg, Gräfin von Bellegarde, Graf Wrbna und Graf von Kinsky. |
1850 |
Drei mit Wasserrädern betriebene Papiermaschinen werden auf Dampfkraft umgestellt. Die Papierfabrik wird zur größten Kontinentaleuropas |
1850 |
Die bis dahin mit Wasserkraft betriebenen drei Papiermaschinen werden mit je einer kleinen Antriebsdampfmaschine versehen, um eine konstantere Antriebskraft zu erzielen. |
1850 |
Der Betriebsfonds wird durch Ausgabe von verzinslichen Schuldscheinen, die einen untrennbaren Bestandteil der Aktien bilden, realisiert. Damit wird das Gesellschaftskapital erneut auf insgesamt 840.000 Gulden erhöht. |
1856 |
Mitbegründer und Oberdirektor des Unternehmens Georg Heinrich Theurer tritt aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurück. Sein Nachfolger wird der bisherige technische Leiter Joseph Hiebl. |
1858 |
Aufstellung einer Wolf'schen Dampfmaschine mit 80 PS Leistung |
07.1860 |
Im Papiermagazin bricht ein Brand aus, der auch einen großen Teil der Fabriksanlagen zerstört. - Der Schaden wird zwar von der Versicherungsgesellschaft mit einem Betrag von 102.672 Gulden reguliert, der jedoch nicht ausreicht, um den wesentlich höheren Verlust zu decken. |
1865 |
Ankauf der Papierfabrik Franzensthal bei Ebergassing |
1870 |
Umwandlung der Gesellschaft unter Mitwirkung der "k.k. priv. Allgemeinen Verkehrsbank" in die "Neusiedler Aktiengesellschaft für Papierfabrikation". Die alten Namensaktien werden eingezogen, und es werden an deren Stelle unter Heranziehung der seit 1850 aus den Erträgnissen des Unternehmens regelmäßig erfolgten Rückstellungen 6.000 Stück neue, auf Inhaber lautende Aktien ausgegeben. |
1870-1871 |
An Stelle der bisher verwendeten drei Wasserräder werden drei Turbinen eingebaut. |
1870-1871 |
Mit der vergößerten Wasserkraft wird die Zahl der Holländer auf 32 erhöht. |
1870-1871 |
Umbau der vorhandenen drei Papiermaschinen |
1870-1871 |
Aufstellung eines neuen Cornwallkessels |
1898 |
Die Herstellung von handgeschöpften Papieren wird eingestellt |
1926 |
Lieferung einer Dampfmaschine durch Maschinenbau-Ges. Marktredwitz, Flottmann |
1927 |
Lieferung einer Dampfmaschine durch Maschinenbau-Ges. Marktredwitz, Flottmann |
1928 |
Lieferung einer Dampfmaschine durch Flottmann AG, Werk Marktredwitz |
Anfang 1930er |
Einstellung der Papierproduktion |
1938 |
Die Gebäude werden vom Unternehmen Polsterer erworben |
Produkt |
ab |
Bem. |
bis |
Bem. |
Kommentar |
Papier |
1796 |
Beginn |
1930 |
Ende zu Beginn der 1930er |
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Zeit |
gesamt |
Arbeiter |
Angest. |
Lehrl. |
Kommentar |
1796 |
350 |
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Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt
Zeit |
Bezug |
Abfolge |
andere Firma |
Kommentar |
1 |
Nebenwerk |
zuvor |
Neusiedler Aktiengesellschaft für Papierfabrikation |
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1865 |
Anschluß (Namensverlust) |
zuvor |
Papierfabrik Franzensthal |
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ZEIT | 1794 |
THEMA | Gründung der Papierfabrik |
TEXT | Ignaz Theodor Pachner Edler von Eggenstorf, der Gründer der Papierfabrik in Klein-Neusiedl, gehörte einer aus Oberösterreich stammenden Familie von Papierfabrikanten an, deren Ursprung sich bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen läßt. Johann Pachner, der Stammvater dieses Geschlechtes, war zu Lanfelden (Leonfelden) in Oberösterreich ansässig. Sein ältester Sohn Elias Pachner, der Pfleger und Landgerichtsverwalter auf der kaiserlichen Burg Enns war und sich in den Türkenkriegen besonders ausgezeichnet hatte, wurde 1677 von Kaiser Leopold I. in den Adelsstand mit dem Prädikat "Edler von Eggenstorf" erhoben. Dessen Enkel, Johann Georg von Pachner (1725?1790), Handelsherr in Krumau (Böhmen), hatte 1766 die städtische Papiermühle in Krumau gekauft und erwarb 1786 auch die Münchner Hofpapiermühle. Diese gingen nach seinem Tod an die beiden älteren Söhne Franz Joseph und Johann Michael Pachner über. Der dritte Sohn Ignaz Theodor Pachner (geb. am 27. Februar 1760 in Friedberg, Steiermark) ließ sich als Handelsmann in Wien nieder. Es war naheliegend, daß er sich hier vor allem auch mit dem Papierhandel befaßte und darüber hinaus großes Interesse für die Papiererzeugung hatte. Seine reichen Erfahrungen und Kenntnisse, die er auf ausgedehnten Auslandsreisen gesammelt hatte, gedachte er später in einer eigenen Unternehmung zu verwerten. Es darf als bezeichnend für Pachners Unternehmungsgeist angesehen werden, daß er in den Jahren der Französischen Revolution, ungeachtet der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, daranging, seinen langgefaßten Plan zu verwirklichen. Wir wissen, daß es Pachner keineswegs leicht gemacht wurde, die notwendige behördliche Bewilligung für den Bau seiner Fabrik durchzusetzen. Von verschiedenen Seiten, vor allem aber wohl seitens der benachbarten Trattnerschen Papiermühle in Ebergassing, wurden schwere Bedenken gegen Pachners Projekt vorgebracht und es dürfte nicht leicht geworden sein, die Konzession gegen den Einfluß eines Johann Thomas Trattner durchzusetzen. Im Jahre 1793 erhielt Pachner, trotz aller Proteste, schließlich doch die Genehmigung zur Errichtung seiner Papierfabrik "behufs Erzeugung feinerer, bis dahin aus dem Ausland eingeführter Papiere" und konnte bereits kurz darauf mit den Bauarbeiten beginnen. Für die Wahl des Standortes in Klein-Neusiedl dürfte vor allem die Nähe Wiens und die günstige Entfernung zur damaligen ungarischen Grenze maßgebend gewesen sein. Da Ungarn in dieser Zeit die hauptsächlichste Bezugsquelle für Hadern und besonders für gute Leinenabfälle war, ist dieses Moment, zusammen mit den günstigen Wasserverhältnissen der Fischä, sicherlich mitbestimmend dafür gewesen, daß Pachner ? und vor ihm auch schon Trattner ? seine Fabrik gerade hier, "auf dieser, vormals weitumher öden Stätte", errichtet hat. Wie Trattner in Ebergassing, richtete auch Pachner seine Fabrik "auf holländische Art" ein. Er ließ sich 1795 ein Privileg auf zwei Maschinen erteilen, einen Hadernschneider und eine Feinzeugmaschine, um durch rationelle und schonende Vorbereitung des Rohstoffes ein reineres und feineres Papier herstellen zu können. Wie die amtlichen Erhebungen ergaben, handelte es sich hiebei um "Maschinen neuester Erfindung", wie sie in Holland und England in Gebrauch standen und sich von jenen, die in Ebergassing und Rannersdorf benützt wurden, sowohl hinsichtlich der Anbringungsart der Räder, wie auch der Beschaffenheit der Hubwerke unterschieden. Das Papier selbst wurde damals noch von Hand aus erzeugt, wobei der aus Hadern bereitete Stoff mit kleinen von Holz eingerahmten Sieben aus Bottichen (Bütten) "geschöpft" und sodann weiterbehandelt wurde. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 14] |
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ZEIT | 1797 |
THEMA | Bau und Anlage in der Anfangszeit |
TEXT | Der Bau, der 350 Arbeiter beschäftigte, dauerte drei Jahre. Als die Fabriksanlage in Klein-Neusiedl 1797 vollendet war, wies sie nicht weniger als 14 Bütten auf. Im Hauptgebäude waren zu unterst die Stampfen für die Zerfaserung der Hadern und die Walzwerke für die Glättung der Papierbogen untergebracht, die durch Wasserräder angetrieben wurden. Die Räume in den oberen Stockwerken dienten der Sortierung, Ausrüstung und Verpackung, während die geräumigen Mansarden als Trocknungsräume für die geschöpften Papiere bestimmt waren. So war die Anlage in Klein-Neusiedl imstande, über 100 verschiedene, vorzugsweise feine und feinste Papiersorten zu erzeugen. Wie idyllisch sich jedoch diese Fabriksanlage in ihrer alten Betriebsform ausnahm, zeigt uns eine Darstellung aus dem Jahre 1797. Das älteste aus dem Jahre 1795 stammende Wasserzeichen läßt darauf schließen, daß in Klein-Neusiedl aber auch schon vor Abschluß der Bauarbeiten Papier erzeugt wurde. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 15] |
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ZEIT | 1800 |
THEMA | Wasserzeichen, Marken |
TEXT | Das älteste aus dem Jahre 1795 stammende Wasserzeichen läßt darauf schließen, daß in Klein-Neusiedl aber auch schon vor Abschluß der Bauarbeiten Papier erzeugt wurde. Es zeigt als Marke das ungarische Staatswappen und als Gegenmarke die Schrift "NEUSIEDL" mit allerdings noch etwas unregelmäßig ausgeführten Buchstaben. Ein anderes Wasserzeichen Pachners aus dem Jahre 1796 trägt das Posthorn in einem bekrönten Schild. Der Bienenkorb als Schildfuß dürfte eine Konzession der Geschmacksrichtung des Empire gegenüber sein, die Bienen und Bienenkörbe in Kunst und Gewerbe gerne anwandte. Die römische II unter der lateinischen Schrift der Gegenmarke bezeichnet die Sorte. Das Posthorn wurde für große Briefformate und für Kanzleipapiere verwendet. Auch nach 1800 gebrauchte Pachner vorwiegend das ungarische Staatswappen und das Posthorn als Wasserzeichen. 1802 ist jedoch das Staatswappen schon heraldisch richtiger und wesentlich präziser und hübscher ausgeführt. Das "Posthörndlpapier" aus dem Jahre 1803 trägt als Marke den bekrönten Schild mit Barockschnörkel und als Schildfuß das sogenannte "Glöckerl", ein uraltes orientalisches Fruchtbarkeitssymbol. Darunter ist in Blockschrift Pach-ners Adelsprädikat "Eggenstorf" gesetzt. Die Gegenmarke zeigt die Ortsangabe in einem gewellten Kreis. Es handelte sich hier bereits durchwegs um feine Kanzleipapiere, die mit echtem Indigo gefärbt, eine bemerkenswerte Qualität besaßen. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 16] |
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ZEIT | 1801 |
THEMA | Produktion und Absatz |
TEXT | Schon im Jahre 1796 war es Pachner gelungen, einen Vertrag mit der "k.k. Banco-Zettel-Hauptkasse" abzuschließen, durch welchen die Fabrik mit der Erzeugung und Lieferung eines neuen Papiers "mit geheimen Zeichen" zur Herstellung der damaligen Banco-Zettel beauftragt wurde. Auch später wurde das Schöpfpapier für sämtliche Banknoten der "k. k. priv. Nationalbank" und das Papier für die Staatsnoten und staatlichen Effekten durch viele Jahrzehnte hindurch in Klein-Neusiedl hergestellt. Ein Jahr später (1797) legte Pachner namens sämtlicher Papiermacher im Lande ein Majestätsgesuch vor, in dem er für Maßnahmen zum Schütze der einheimischen Papiererzeugung eintrat und ein Einfuhrverbot, zumindest aber eine Einfuhrbeschränkung, für die im Inland hinlänglich und in einwandfreier Qualität erzeugten Sorten sowie Wiedereinführung der Sammeldistrikte zur Sicherung des Rohstoffaufkommens verlangte. Die Verhandlungen zogen sich durch Jahre hin. 1801 wurde das Gesuch schließlich in allen Punkten abgelehnt und auch spätere Versuche, ein Verbot der Einfuhr fremden Papiers zu erwirken, scheiterten an dem Widerstand des Gremiums der Wiener Buchhändler. In welcher Weise sich die neu entstandenen großen Unternehmungen in Niederösterreich, vor allem aber die Fabriken Pachners und Trattners, auswirkten, macht eine amtliche Erhebung über den Umfang der Papiererzeugung im Jahre 1798 deutlich. Sie ergab, daß Niederösterreich mit 20 Betrieben im Durchschnitt jährlich über 10.000 Ballen Papier erzeugte, während beispielsweise in Böhmen mit 100 Papiermühlen nur etwas über 11.000 Ballen produziert wurden. Es zeigt sich also, daß die niederösterreichischen Erzeugungsstätten, im wesentlichen aber wohl die Fabriken in Rannersdorf, Ebergassing und Klein-Neusiedl, dank ihrer hervorragenden organisatorischen Anlagen und technischen Einrichtungen, bereits einen sehr hohen Grad von Leistungsfähigkeit erreicht hatten. Blickt man auf die damaligen Arbeitsverhältnisse zurück, so staunt man über die außerordentlich lange Arbeitszeit der Papiermacher. Von zwei Uhr früh bis sechs Uhr abends ? mit einer zweistündigen Mittagspause ? wurde gearbeitet. Pachner kämpfte sehr bald gegen diesen Mißstand an. In einem Majestätsgesuch schlägt er vor, erst um sechs Uhr früh mit der Arbeit zu beginnen und begründet dies sehr sachlich damit, daß auch der tüchtigste Papiermacher beim flackernden Licht der Kerze oder gar des Kienspanes nicht in der Lage sein könne, ein ordentliches gleichmäßiges Papier zu schöpfen. Außerdem würde durch den hohen Ausschuß bestes und teuerstes Lumpenmaterial vergeudet, wofür man nicht einmal die Selbstkosten hereinbringe. Dieser Vorschlag Pachners fand die Zustimmung des Kaisers und wurde umgehend genehmigt. Die Wiener Niederlage und Verkaufsstelle für die Neusiedler Papiere befand sich im sogenannten "Schönbrunnerhaus" an der Ecke der Milchgasse und der Tuchlauben. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 18] |
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ZEIT | 1837 |
THEMA | Zeit nach I. T. Pachner, Ãœbergang auf Borckenstein |
TEXT | Als Ignaz Theodor Pachner am 14. März 1814 im Alter von 54 Jahren starb, wurde das Unternehmen durch mehr als zwei Jahrzehnte von seiner Witwe Anna Maria, geb. von Bernhard, und seinem Sohn Anton von Pachner weiter betrieben. Der allgemeine wirtschaftliche Niedergang im Gefolge der Napoleonischen Kriege, dürfte jedoch auch die Papierfabrik in Klein-Neusiedl schließlich in Schwierigkeiten gebracht haben. Dazu kam, daß sich im Zuge der technischen Entwicklung immer mehr die Notwendigkeit ergab, die maschinellen Anlagen zu modernisieren, wozu jedoch sehr bedeutende finanzielle Mittel erforderlich gewesen wären. So sah sich Anton Pachner schließlich veranlaßt, das Unternehmen zu veräußern, welches mit Kaufvertrag vom 2. April 1837 um den Preis von 120.000 fl. "in Silberzwanzigern" in den Besitz des Großhändlers Georg Borckenstein überging. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 20] |
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ZEIT | 1849 |
THEMA | Aktiengesellschaft, Modernisierung |
TEXT | Nachdem das erste Mißtrauen gegen das Maschinenpapier überwunden war und seine Vorteile, wie die größere Gleichmäßigkeit im Ausfall, Aussehen und Gewicht gegenüber dem Büttenpapier wahrgenommen wurden, setzte sich die Papiermaschine auch in der österreichischen Papiererzeugung unaufhaltsam durch. Nicht alle Papiermacher verfügten jedoch über die notwendigen finanziellen Mittel um diese Umstellung mitzumachen. Da der hohe Kapitalbedarf die Leistungsfähigkeit eines einzelnen beträchtlich überstieg, sah sich wohl auch Georg Borckenstein, der nunmehrige Besitzer der Papierfabrik Klein-Neusiedl veranlaßt, die Beteiligung eines größeren Personenkreises zu suchen. Im Verein mit seinen Freunden Ludwig Faber und Georg Heinrich Theurer, sowie mehreren schwei2erischen Industriellen, wie Bodmer, E scher, Peter, von Sul%er-Wartb und Steiner wandelte er 1837 das Unternehmen in die "k. k. priv. Actiengesellschaft der Papierfabrik Klein-Neusiedl" um. Mit großer Energie und Tatkraft gingen die nunmehrigen Eigentümer daran, das Werk, auf das sie große Hoffnungen setzten, zu einer "mechanischen Papierfabrik" auszugestalten. Wie aus einem Bericht über die erste Generalversammlung am 12. Juli 1837 hervorgeht, sollte Klein-Neusiedl mit den modernsten technischen Anlagen so ausgerüstet werden, daß "England und der Kontinent kaum ein besseres Ensemble dieser Art aufzuweisen haben". In den folgenden Jahren wurde die Fabrik beträchtlich erweitert und zwei neue, aus England bezogene Papiermaschinen (Bryan-Donkin) aufgestellt, denen im Jahre 1841 eine dritte folgte. Mit ihrer Hilfe konnte das Papier nun rascher und billiger hergestellt werden. Daneben blieb zunächst aber auch noch die Erzeugung handgeschöpfter Papiere bestehen, die erst im Jahre 1898 gänzlich aufgelassen wurde. Die Jahresproduktion belief sich auf 14.930 Zentner im Werte von 363.400 Gulden. Die Fabrik beschäftigte 380 Arbeiter und stellte das umfassendste Papierfabriksunternehmen jener Zeit dar. Den Aufschwung, den die Papiererzeugung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm, veranschaulichten sehr deutlich die Wiener Gewerbeausstellungen in den Jahren 1835, 1839 und 1845. Besonders die Ausstellung des Jahres 1845 bot ein prächtiges Bild von der überraschenden Vielseitigkeit und hochentwickelten Leistungsfähigkeit der Klein-Neusiedler Papierfabrik, die mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet wurde. Welches Interesse dem Unternehmen auch von höchster Stelle entgegengebracht wurde, bezeugt ein Besuch der Fabrik durch die Mutter Franz Joseph L, Erzherzogin Sophie, im Jahre 1849. In ihrem Gefolge befanden sich unter anderem Graf von Hardegg, Gräfin von Bellegarde, Graf Wrbna und Graf von Kinsky. Auf einem Scherenschnitt, welcher anläßlich dieses Besuches "einer illustren Hofgesellschaft mit der allerh. Mutter Sr. Majestät" angefertigt wurde, sind auch die Direktoren Borckenstein, Faber und Theurer abgebildet. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 21] |
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ZEIT | 1865 |
THEMA | Vergrößerungen |
TEXT | Über die schwierigen Verhältnisse in den bewegten Jahren 1848 und 1849 kam das Unternehmen verhältnismäßig glimpflich hinweg. Der Betrieb konnte fast ungestört fortgeführt werden und auch die nicht zu vermeidenden Verluste werden als relativ gering bezeichnet. Im Jahre 1856 trat der Mitbegründer und Oberdirektor des Unternehmens Georg Heinrich Theurer aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige technische Leiter Joseph Hiebl. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an, eröffnete sich der Papierfabrikation, vor allem durch die Entwicklung der Buch- und Steindruckerei, sowie des Zeitungswesens ein immer größeres Absatzgebiet. Gleichzeitig ermöglichte die Anwendung der Dampfmaschine eine bedeutende Steigerung der Betriebskraft. 1850 wurden in Klein-Neusiedl die bis dahin mit Wasserkraft betriebenen drei Papiermaschinen mit je einer kleinen Antriebsdampfmaschine versehen, um eine konstantere Antriebskraft zu erzielen. 1858 folgte die Aufstellung einer 80-PS-Wolf'schen Dampfmaschine. Im gleichen Maße wie das Unternehmen seine Produktionsanlagen erweiterte, vermehrte sich auch der Kapitalbedarf. Schon 1839 hatte es sich als zweckmäßig erwiesen, das Aktienkapital von 360.000 auf 480.000 Gulden zu erhöhen. Vom Jahre 1842 angefangen wurde durch alljährliche Rücklagen aus den Erträgnissen ein Betriebsfonds geschaffen, welcher im Jahre 1850 durch Ausgabe von verzinslichen Schuldscheinen, die einen untrennbaren Bestandteil der Aktien bildeten, realisiert wurde. Damit erfuhr das Gesellschaftskapital eine neuerliche Erhöhung auf insgesamt 840.000 Gulden. Schwer betroffen wurde die Fabrik durch einen im Juli 1860 im Papiermagazin ausgebrochenen Brand, der auch einen großen Teil der Fabriksanlagen zerstörte. Der Schaden wurde wohl von der Versicherungsgesellschaft mit einem Betrag von 102.672 Gulden liquidiert, der jedoch nicht ausreichte, um den wesentlich höheren Verlust zu decken. Die erste größere Erweiterung des Unternehmens erfolgte im Jahre 1865 durch den Ankauf der bereits mehrfach erwähnten Papierfabrik Franzensthal bei Ebergassing. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 23] |
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ZEIT | 1884 |
THEMA | Faserstoff, Holzschliff, Zellulose |
TEXT | Mit der Erfindung der Papiermaschine war zwar die technische Möglichkeit einer Erzeugung von Papier in großem Umfange gegeben, doch zur vollen Auswertung dieser Möglichkeiten bedurfte es noch einer ausreichenden Menge von Rohstoff. Schon in der Blütezeit der handwerksmäßigen Erzeugung des Papiers tauchte immer wieder die brennende Frage der Hadernbeschaffung auf. Bei steigendem Bedarf und steigender Erzeugung von Papier, bestand kein Zweifel mehr darüber, daß in nicht allzuferner Zeit die aufgebrachten Hadern für den Bedarf nicht mehr ausreichen würden. Zunächst versuchte man diesem Mangel durch verschiedene volkswirtschaftliche Maßnahmen, wie Organisation des Lumpenhandels, Einrichtung von Sammelstellen, Ausfuhrbeschränkung usw., zu steuern. Alle Bemühungen, ein geeignetes Material ausfindig zu machen, um ein dem Hadernpapier gleichwertiges Erzeugnis herstellen zu können, blieben zunächst erfolglos. Versuche mit Sägespänen, Stroh, Torf usw. brachten keine brauchbaren Ergebnisse. Erfolgreich waren erst die Versuche Friedrich Gottlob Kellers, der auf den Gedanken kam, Papier aus Holz zu bereiten. Er stellte 1845 bei Versuchen fest, daß sich ein für die Papierherstellung brauchbarer Faserstoff erzeugen läßt, wenn das Holz unter reichlicher Zuführung von Wasser gegen einen rasch rotierenden Schleifstein gepreßt und abgeschliffen wird. Die Erfindung des Holzschliffes erwies sich als außerordentlich wertvoll. Rasch erkannte man, welche Bedeutung dem neuen Rohstoff als Zusatz, vor allem für die Herstellung billiger Massenpapiere zukam. Auch in Österreich wurden sehr bald Schleifversuche angestellt. 1859 richtete Wilhelm Hamburger in Pitten die erste Holzschleiferei ein. 1863 begannen die Gebrüder Markl in Rabenstein und in Traisen mit der Erzeugung von Holzschliff, der in Klein-Neusiedl, Franzensthal und Schlöglmühl zu Papier verarbeitet wurde. Noch größer wurde die Bedeutung des Holzes für die Papierfabrikation, als es knapp 30 Jahre nach der Erfindung des Holzschliffes gelang, die zur Herstellung von Papier notwendigen Fasern auf chemischem Wege aus dem Holz zu gewinnen. Durch Kochen des Holzes in Natron- oder Sulfitlauge werden dabei die Inkrusten aufgelöst und von den Holzfasern getrennt. Das Natronverfahren geht zurück auf die Versuche des Engländers Houghton (1857), welcher das Holz in zerkleinertem Zustand in Natronlauge unter Dampfdruck kochte. Unabhängig davon entwickelte Albert Ungerer (1872) ein spezielles Natronverfahren, mit welchem er nicht nur günstigere Festig-keitseigenschaften der Zellulosefasern erreichte, sondern auch die Verwendung harzreichen Holzes ermöglichte. Nach seinem System wurde 1875 in Stuppach bei Gloggnitz die erste Zellulosefabrik in Österreich errichtet. Der Amerikaner B. C. Tilghman ließ sich 1866 ein Verfahren patentieren, bei welchem die inkrustierenden Bestandteile durch Kochen mit Sulfidauge herausgelöst werden. Das Sulfitverfahren wurde um 1874 von Alexander Mitscherlich in Deutschland eingeführt und verbessert. |
QUELLE | [Aus der Geschichte der Neusiedler (1953) 29] |
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