Gebr. Müller, Dresden-Wilsdruffer Möbel-Fabrik

Allgemeines

FirmennameGebr. Müller, Dresden-Wilsdruffer Möbel-Fabrik
OrtssitzWilsdruff (Sachs)
StraßeFabrikstr. 2
Postleitzahl01723
Art des UnternehmensMöbelfabrik
AnmerkungenUrspr. Johann Chr. Fuchs (Tischlerei). 1875-92: Anton Guhlmann. 1892-1902: C. A. Klemm. 1902-04: W. Thiel. 1972-90: VEB Küchenmöbel. Nach 1990: "Heiderose Müller". Auf dem Fabrikgelände ist der "Sächsische Dampfmaschinenverein zu Wilsdruff e.V." (s.d.) mit seiner Sammlung aktiv. Das Fabrikgebäude soll um 2018 veräußert werden - der Bestand des Dampfmaschinenmuseum ist nach Auskunft von Frau Müller aber weiterhin gesichert.
Quellenangaben[Wagenbreth: Dampfmaschinen (1986) 229] Anruf am 02.11.2000 [Kühne: Stadtbuch Wilsdruff ca. 1945, nicht veröff.)] [Lettau: Möbel aus Wilsdruff (2007)]
HinweiseFrau Müller als Nachkomme des Firmengründers, erhält die Dampfmaschine mit viel Traditionsbewußtsein. Der Maschinenraum wurde renoviert, und die Maschine wird mit Druckluft laufen gelassen. Ein Zugang ist nach telefonischer Absprache unter 035204/48208 möglich. Die Maschine wird auch bei "Tagen des offenen Denkmals" oder bei gelegentlich stattfindenden Dampftreffen (z.B. am 27.05.2001) in Betrieb gezeigt, ebenfalls im Rahmen von Stadtführungen. - Es ist vorgesehen, die Lokomobile (ex G. Schlesinger) in der Müller'schen Fabrik aufzustellen. - Herzlichen Dank an das Heimatmuseum Wilsdruff und an Herrn Büttner, der sich um die Wiederherrichtung der Maschine verdient gemacht hat, für die Angaben zur Firmengeschichte bzw. zur Maschine.




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1823 Auf dem Grundstück ist die Tischlerei von Johann Christian Fuchs 1823 belegt.
1865 Geburt von Carl Klemm (Vorgänger-Unternehmer von 1892 bis 1902)
1870 Geburt von Alfred Müller. - Er macht in den 1880er Jahren eine Tischlerlehre bei Meister Hermann Vogel, Berggasse 14 und wird 1904 technischer Leiter.
1873 Geburt von Albert Müller. - Er macht in den 1880er Jahren eine Tischlerlehre bei Meister Hermann Vogel, Berggasse 14 und wird 1904 kaufmännischer Leiter.
1875 Tischlermeister Anton Guhlmann übernimmt die Tischlerei von Johann Christian Fuchs.
1883 Anton Guhlmann läßt einen Dampfkessel / eine Dampfmaschine [Quellen differieren] einbauen.
1883 Anton Guhlmann läßt eine Kreissäge, Hobel- und Fräsmaschine einbauen
1888 Das Wilsdruffer Adreßbuch nennt Anton Guhlmann als Möbelfabrikant
1892 Der Fabrikant Carl August Klemm übernimmt die Fabrik von Anton Guhlmann. Umfirmierung in "C. A. Klemm"
1896 Klemm erweitert die Fabrik
1898 Klemm erweitert die Fabrik erneut
Mai 1900 Der Maschinenpark wird erneuert, und es wird eine 50-PS-Dampfmaschine aufgestellt. Sicherlich infolge der getätigten Investitionen ist das Unternehmen mit Schulden von 40.000 Mark belastet.
Mai 1902 "C. A. Klemm" geht infolge seiner Schulden von 40.000 Mark, der Krise in der sächsischen Möbelindustrie und einem Holzarbeiterstreik im Mai in Konkurs. Danach übernimmt der Kaufmann Wilhelm Thiel aus Leipzig die Fabrik. - Klemm firmiert um 1910 als "Klemm & Comp., Möbelfabrik" in der Löbtauer Straße in Wilsdruff.
03.10.1902 Der Dresdner Fabrikant Dr. Josef Friedrich (geb. 1846) übernimmt die Möbelfabrik aus dem Besitz von Wilhelm Thiel
1904 Der Inhaber Dr. Josef Friedrich ist Gründungsmitglied des Arbeitgeberschutzverbandes Wilsdruff
21./23.04.1904 Die Möbelfabrik von Josef Friedrich wird von den Brüdern Albert und Alfred Müller übernommen und führen sie als OHG. Albert Müller, wohnhaft in der Villa Meißner Str. 21, ist kaufmännischer Leiter; Alfred Müller, Wohnsitz in der Villa Sachsdorfer Weg 4, ist technischer Leiter.
01.10.1904 Übernahme der Geschäftsführung der Möbelfabrik von Josef Friedrich durch die Brüder Albert und Alfred unter der Firma "Gebrüder Müller, Dresden-Wilsdruffer Möbel-Fabrik". Der Betrieb soll in der bisherigen Weise weitergeführt werden.
1914 Das neue Schlafzimmermodell "1914" kommt auf den Markt
Beginn 1. WK Sämtliche Wilsdruffer Möbelfabriken werden stillgelegt
März 1916 Die Preise betragen 120 % der Friedenspreise
01.10.1917 Auf die Listenpreise werden 230 % Aufschlag für lackierte und 220 % auf rohe Möbel erhoben
1918 Die Preise betragen 350 % der Friedenspreise
1919 Geburt von Walter Müller. - Er tritt 1952 in die Führung des Unternehmens ein.
Nov. 1931 Fast völlige Stillegung der Fabrik infolge der Wirtschaftskrise. Nur ein Buchhalter und ein Familienmitglied sind angemeldet
1932 Der Jahresumsatz beträgt nur noch 29.000 Mark - 10 % der Summe von 1929
März 1933 Wiederinbetriebnahme der seit Nov. 1931 danieder liegenden Fabrik
1935 Der Aufschwung des Unternehmens bleibt unter den nationalsozialistischen Machthabern aus. Das Unternehmen wirft der Regierung ein Handeln nach marxistischem Muster, nach welchem die Industrie vernichtet werden solle, vor.
1938 Staatsaufträge und Ehekrideite sorgen für das Anwachsen des Jahresumsatzes auf fast 500.000 RM
ab Sept. 1939 Bald nach Kriegsbeginn werden 15 Firmenangestellte in die Wehrmacht einberufen. Für das Produktionsprogramm wird ein "Kriegsauflagenprogramm" vorgegeben.
1942 Das Unternehmen verstößt gegen die kriegswirtschaftliche Vorschrift, Möbel nur gegen Vorlage staatlicher Bedarfsbescheinigungen abzugeben, indem sie langjährige Kunden weiterhin beliefert. Müller wird daraufhin zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt.
1942 Der Gesamtumsatz beträgt mehr als 250.000 Mark. Davon entfallen 54.000 Mark auf Schlafzimmermöbel (viele huntert Stück für die "Hamburg-Hilfe"). Den Rest machen Wehrmachtsaufträge wie Barackenschränke und Feldbetten aus
Sept. 1944 Nach dem Verstoß gegen die kriegswirtschaftliche Vorschrift von 1942, Möbel nur gegen Vorlage staatlicher Bedarfsbescheinigungen abzugeben, ergeht ein Urteil des Reichsverwaltungsgerichts, worin die verhängte Geldstrafe bestätigt wird.
Mai 1945 Der Betrieb wird durch Beschießung und durch die Besatzung stark in Mitleidenschaft gezogen.
Herbst 1945 Die Wilsdruffer Möbelfabriken werden durch Aufträge der sowjetischen Armee (Barackenschränke, Betten für Eisenbahnwaggons) in Anspruch genommen.
1946 Tod von Albert Müller, kaufmännischer Leiter der Fabrik
1946 Vorgabe von staatlichen Planungsauflagen
1946 Nach dem Tod von Albert Müller wird dessen geschäftlich nahezu unerfahrene Ehefrau Martha Müller (geb. 1884) Teilhaberin.
2. Quartal 1946 In diesem Quartal sind aufgrund staatlicher Auflagen Schlafzimmermöbel im Werte von 30.000 Mark herzustellen
1948 Die Landespolizeidirektion bestellt 500 Barackenschränke
1. Hj. 1949 Im ersten Halbjahr sind für 52.000 Mark Schlafzimmer- und für 5.000 Mark Küchenmöbel in Auftrag gegeben
1952 Walter Müller, der zuvor Tischler gelernt und in Detmold an der Tischlerfachschule studiert hat, kehrt nach Wilsdruff zurück und rückt in die Führung des Unternehmens auf.
1957 Tod von Alfred Müller, technischer Leiter der Fabrik
1957 Martha Müller, Witwe von Albert Müller, scheidet als Teilhaberin aus.
1958 Walter Müller wird zusammen mit seiner Schwester Hildegard Müller sowie seinen Vettern Fritz und Georg Müller Teilhaber
1960 Das Unternehmen wird in eine Kommanditgesellschaft "mit staatlicher Beteiligung" umgewandelt. Der "VEB Holzindustrie Schmiedeberg" erhält als staatlicher Gesellschafter einen Anteil von 50%. Je 25% behalten Hildegard und Walter Müller.
1960 Nach der Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft und der Einbindung in das Wirtschaftsplansystem der DDR werden wieder Küchenmöbel gebaut.
1963 Zusammen mit der benachbarten Firma Weinhold wird seitdem das "Küchenmodell 63", auch "Küche Wilsdruff" bezeichnet, hergestellt. "Gebr. Müller" fertigte das Mittelteil, Weinhold die Komplettierungsteile. Die Küche war "VEB Holzindustrie Schmiedeberg" (Kommanditist) entwickelt worden und wird auch als "Schwedenküche" bezeichnet.
01.05.1963 Die "Schwedenküche", "Küchenmodell 63" oder "Küche Wilsdruff" bezeichnet, ist ein besonderer Anziehungspunkt auf der Wilsdruffer Gewerbeausstellung.
1964 Für das das "Küchenmodell 63" ("Küche Wilsdruff" oder "Schwedenküche") werden 2.750 Mittelteile und 4.500 Anrichteschränkchen gebaut.
1965 Die Jahresproduktion hat einen Wert von 1.200.000 Mark
1968 Seitdem wird die Anbauküche "AKS 68" (Anbauküche Schmiedeberg, entworfen vom "VEB Küchenmöbel Schmiedeberg, Werk Obercarsdorf) in Kooperation mit der Fa. Weinhold hergestellt. "Gebr. Müller" liefert die Ober-, Unter- und Hängeschränke für einen Endverkaufspreis 215 bzw. 192 bzw. 103 Mark
01.05.1972 Der Betrieb wird zwangsenteignet, zusammen mit den drei anderen Wilsdruffer Küchenmöbelfabriken zum volkseigenen Betrieb erklärt und im "VEB Küchenmöbel Radeberg" vereinigt. Der bisherige Betriebsinhaber Walter Müller wird als technischer Leiter eingesetzt.
2. Hälfte 1980er Infolge der DDR-Kombinatsbildung Rückgang der Möbelproduktion. In den Betriebsstätten werden seitdem nur noch angelieferte Möbelteile versandfertig verpackt.
1990 Das Fabrikgebäude wird der Fa. Gebr. Müller rückübertragen und an verschiedene Firmen vermietet
1999 Tod von Walter Müller




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Möbel 1904 Erste Erwähnung 1991 Letzte Erwähnung 1904: Gründung




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1904 Vogel & Schlegel Maschinenfabrik GmbH




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
1900 Dampfmaschine 1   unbekannt Leistung 50 PS "neuesten Systems"  




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1900 90       bei "Klemm & Co."
1906   48     Wochenarbeitzeit: 58 h
1912   60      
vor 1. WK   75     bis zu 75
1915   22     kriegsbedingt
1917   40     kriegsbedingt
1918         für Kriegsproduktion
nach 1. WK   70     nahezu 70
Ende 1920er 30       mehr als 30
1930/31   10     bis zu 10
Herbst 1933   6     nach Staatsaufträgen
1938   43     nach Staatsaufträgen und Ehekrediten
1942   25     darunter 2 franz. Zwangsarbeiter
Frühj. 1945   10     Arbeitszeit fast 60 h/Woche
16.06.1945   9     lt. 1. Belgschaftsliste nach dem Krieg
1965 46        




Allgemeines

ZEIT1900
THEMAAusstattung bei "Klemm & Comp."
TEXTDampfmaschine, Holzbearbeitungsmaschinen, elektrische Lichtanlage, Fahrstuhl, Lackiererei, Trockenraum und Kantine
QUELLE[Wilsdruffer Wochenblatt, 19.04.1900] = [Lettau: Möbel aus Wilsdruff (2007) 2]