Zeit |
Ereignis |
14.11.1830 |
Im Kreisintelligenzblatt der kgl. Regierung des Obermainkreises in Bayreuth erscheint eine Bekanntmachung des kgl. Landgerichtes in Tirschenreuth, daß in der Nähe des Pfarrdorfes Wondreb bei Tirschenreuth "Porcelain Erde" aufgefunden worden sei. - Daraufhin tritt Heinrich Eichhorn aus Schney bei Lichtenfels, der die Bedeutung dieser Pegmatitvorkommen erkennt, in Verhandlungen mit der Stadt und dem Landgericht in Tirschenreuth wegen Errichtung einer Porzellanfabrik. |
1832 |
Dem Fabrikanten Heinrich Eichhorn, der vorhat, eine Porzellanfabrik zu gründen, wird mitgeteilt: "Die Errichtung einer Porzellanfabrik ist weder notwendig noch nützlich." |
08.11.1832 |
Eichhorn ersucht um die Genehmigung zur Gründung einer Porzellanfabrik |
22.11.1832 |
Das Forstamt Waldsassen fragt bei dem in Tirschenreuth an. ob Eichhorn jährlich 100 Klafter Scheitholz erhalten darf |
1833 |
Die Genehmigung zum Betreiben einer Porzellanfabrik wird gegeben |
1838 |
Gründung und Bau eines ersten Brennofens. Die Produktionspalette umfaßt zunächst Pfeifenköpfe, kleine Kaffeeschalen, sogenannte Türkenkoppchen, Becher und Einzelartikel - einfache Massenware wie Wasserkannen, Nachttöpfe, Wasserschalen, Tassen und Becher |
1846 |
Ab 1846 geht es aufwärts: ein neuer Brennofen geht in Betrieb. Etliche Arbeiter kommen aus dem Egerland. |
1846 |
Ein neuer Brennofen kann in Benutzung genommen werden |
1880 |
August Bauscher verkauft seine nach dem Tod des Gründers H. Eichhorn erworbenen Anteile an K. G. Mezger unter der Firma "Muther & Mezger" |
1880 |
August Bauscher gründet nach dem Verkauf seiner Anteile in Weiden eine Hotelporzellanfabrik |
1880 |
Bau der Direktorenvilla an der Bahnhofstr. 22 (1912/1937 umgebaut) |
1886 |
Schadensfeuer bei "Muther & Mezger" |
1886 |
Nach dem Schadensfeuer werden bei "Muther & Mezger" neue Brennöfen gebaut. |
1886 |
Das Schadensfeuer hat den Bau einer neuen Massemühle zur Folge. |
12.12.1891 |
Umwandlung von "Muther & Mezger" in eine Aktiengesellschaft |
24.02.1892 |
Eintragung der Aktiengesellschaft |
1900 |
Der Musterkatalog von 1900 enthält 1100 Artikel |
1902 |
Es entsteht ein eigenes Pegmatitwerk |
1908 |
K. G. Mezger stirbt |
1908 |
Johannes Schlipphak wird der Nachfolger von K. G. Mezger. |
1908 |
Bau eines Kantinengebäudes in neubarocken Formen |
1912 |
Errichtung des Direktions- und Verwaltungsgebäudes nahe der Bahnhofstraße im südlichen Anschluß an älteres Büro- und Magazingebäude |
1912 |
Umbau der Direktorenvilla (1937 um einen Bodenerker an der Gartenseite erweitert) |
1926 |
Direktor Johannes Schlipphak stirbt |
1927 |
Die Porzellanfabrik Lorenz Hutschenreuther AG, Selb, übernimmt die Fabrik in Tirschenreuth |
1958 |
Umstellung des Brennbetriebes von 6 Rundöfen auf 3 Tunnelöfen |
1965 |
Die Geschirrform "Symphonie" entsteht |
1965-1971 |
In der Zeit 1965 bis 1971 ersetzte man das Generatorgas durch Fern- bzw. Erdgas |
1967 |
Die Geschirrform "Harmonie" entsteht |
1969 |
Die Geschirrform "Melodie" entsteht |
1970 |
Im Werk Schmelitz wird die erste Spritzanlage für trockenes Massegranulat im Bereich Porzellan in Betrieb genommen |
1971 |
Bau einer Dampfkesselanlage |
1976 |
Die Geschirrform "Fleur" kommt auf den Markt |
1987-1988 |
1987/88 werden Hochdruckgießanlagen zur Herstellung von gegossenem Flachgeschirr in Betrieb genommen |
1993 |
Endgültige Schließung als "Porzellanfabrik Tirschenreuth Bavaria GmbH" |
2002 |
Die Markenrechte "Tirschenreuth Bavaria" werden von der "BHS-Table-Top AG", (vormals "Hutschenreuther AG") an die "MVH GmbH" verkauft. |
ZEIT | 1914 |
THEMA | Beschreibung |
TEXT | Aus kleinsten Anfängen hat es die Tirschenreuther Porzellanfabrik zu ihrer heutigen Größe und Bedeutung gebracht. Mit nur einem und noch dazu kleinen Ofen gegründet, wurden zunächst nur Pfeifenköpfe und sogenannte Türkenbecher erzeugt. Die Gebrauchsgeschirrfabrikation, welcher die Firma ihren heutigen Ruf verdankt, wurde erst Ende der sechziger Jahre aufgenommen, von da ab aber in fortgesetzter Verbesserung folgerichtig zur höchsten Vollendung ausgebaut. Ganz besonders gilt dies seit Gründung der Fabrik als Aktiengesellschaft im Jahre 1891 durch die damaligen Besitzer "Muther & Mezger", mit welchem Zeitpunkt der Aufschwung des Unternehmens in Riesenschritten einsetzte. Heute umfaßt die Fabrikation in stattlicher Auswahl alle deutschen Gebrauchs-Porzellane für Haushalt und Tafel, insbesondere erstklassige Speiseservice, Kaffee-und Teegeschirre, sowie komplette Luxusgebrauchs-Serien für Amerika. Der weitere Export erstreckt sich auf England und seine Kolonien, sowie fast alle Länder, in denen Porzellan in Verwendung ist. Der steigenden Nachfrage nach ihren Erzeugnissen und den hohen Anforderungen an die Qualität derselben sowie der fortgeschrittenen Technik entsprechend wurde die Fabrik nicht nur durch umfangreiche Neubauten modernen Charakters ständig vergrößert, sondern auch in ihren älteren Abteilungen so durchgreifenden Umbauten und Neueinrichtungen unterzogen, daß sie heute als Musterbetrieb anerkannt worden ist. Ganz besondere Sorgfalt ließ man dabei den der Masseaufbereitung dienenden Räumen angedeihen, da die Firma infolge ihres bedeutenden Versandes an fertiger Masse und Glasur hier gewissermaßen nicht nur für das eigene Fertigprodukt, sondern auch für dasjenige anderer Porzellanfabriken einen Teil der Verantwortung trägt. Alle anderen Betriebsräume, ganz besonders die Dreherei, das Brennhaus und die außergewöhnlich umfangreiche Malerei überraschen durch ihre günstigen Platz- und Lichtverhältnisse sowie durch ihre sanitären Einrichtungen. Die Anwendung aller erprobten Errungenschaften neuzeitlicher Fabrikorganisation und Technik sorgt für ruhige Sachlichkeit im gesamten Betrieb. In der richtigen Erkenntnis des Umstandes, daß gerade bei der Porzellanindustrie die Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit des einzelnen Arbeiters von Bedeutung für das Gesamtergebnis ist, legt die Porzellanfabrik Tirschenreuth mit großem Erfolge besonderen Wert auf die Erhaltung und Förderung eines seßhaften, gutausgebildeten Personales. Gleich der Tirschenreuther Fabrik selbst arbeiten auch deren bedeutende Nebenbetriebe mit den modernsten technischen Einrichtungen. Es sind dies die ausgedehnten, bei Tirschenreuth gelegenen Gruben für die Förderung des bereits erwähnten Feldspatsandes, verbunden mit Sandwäscherei und Kaolinschlämmerei, dem sogenannten Schmellitzwerk, sowie der Betrieb der Schönhaider Kaolin- und Kapselerdegruben G. m. b. H. bei Wiesau in der Oberpfalz. Die Porzellanfabrik Tirschenreuth beschäftigt heute einschließlich der mit ihr verbundenen Unternehmungen zirka 750 Beamte und Arbeiter. Sie verfügt über 8 moderne Öfen, 2 Schmelzmuffeln, hat 4 Tonbearbeitungs- und 3 Masseschlagmaschinen, 18 Masse- und Glasurtrommeln und 10 Filterpressen. Die Krafterzeugungsanlagen liefern 250 PS. In den Massekellern lagern ständig zirka 10.000 Zentner fertige Masse. Ein Eisenbahnanschluß nebst mehreren Betriebsgleisen, sowie 2 Benzinlokomotiven und eine Dampflokomotive erleichtern den Waren- und Materialientransport. |
QUELLE | [Industrie der Oberpfalz in Wort und Bild (1914) 197] |