Bahnhof Frankfurt (Main) Hauptbahnhof

Allgemeines

FirmennameBahnhof Frankfurt (Main) Hauptbahnhof
OrtssitzFrankfurt (Main)
Postleitzahl60xxx
Art des UnternehmensBahnhof
AnmerkungenHatte ein Bahnkraftwerk mit drei Heine-Kesseln zu je 233 qm Heizfläche.
Quellenangaben[Borsig: Ausgeführte Dampfmaschinen, Liste C (1908)] [Eisenbahn-Technik der Gegenwart 2,3 (1899) Tafel]
Hinweise[Architekten- u. Ing.-Verein: Frankfurt a.M. und seine Bauten (1886) 457]: Lageplan; [462]: Grundriß; [463]: Ansicht; [468]: Mittlere Halle, Stand der Arbeiten November 1885




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1883 Baubeginn als Ersatz für mehrere kleine Kopfbahnhöfe. Architekt des monumentalen Empfangegebäudes im Stil der Neorenaissance ist Hermann Eggert.
1885 Lieferung der Dachkonstruktion durch die "Dampfkessel- und Gasometerfabrik, vorm. A. Wilke & Co." in Braunschweig
1885 Die Gießerei "Remy & Reifenrath" in Herborn beteiligt sich an Lieferungen beim Bau des Bahnhofs und geht dabei in Konkurs
26./27.10.1886 Abschluß eines Vertrags über das künftige Verhältnis der Main-Neckar-Bahn im Zentralbahnhof Frankfurt
18.08.1888 Fertigstellung des Frankfurter Hauptbahnhofs. Die von Johann Wilhelm Schwedler entworfene, dreischiffige Halle überdeckt ein Dreieck mit 168 m Breite und 186 m Länge und enthält 18 Gleise. Der erste Zug fährt im 4.47 Uhr in die neue Halle ein.
1891 Lieferung von 3 Dampfmaschinen durch A. Borsig
1893 Lieferung einer Dampfmaschine durch A. Borsig
1924 Erweiterung durch zwei Seitenschiffe um sechs Gleise.
05.-26.09.1998 Das elektronische Stellwerk der Bauform El S wird in Betrieb genommen. Von ihm werden auch die Bahnhöfe Frankfurt-Sportfeld und -Louisa, -Galluswarte und die Abzweigstelle Forsthaus gesteuert.
09.2002 Beginn der Sanierung der Bahnhofshallen. Die Arbeiten sollen 117 Millionen Euro kosten und vier Jahre dauern. 4.500 t Stahl sollen in der 50.000 qm großen Dachfläche verbaut werden, wobei auch die Oberlichter vergrößert werden.




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Eisenbahnbetrieb 1891 Aufstellung Dampfmaschine 1893 Aufstellung Dampfmaschine  
Eisenbahnverkehr 1891 Aufstellung Dampfmaschine 1893 Aufstellung Dampfmaschine  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1891 August Borsig
Dampfmaschine 1891 August Borsig
Dampfmaschine 1891 August Borsig
Dampfmaschine 1893 August Borsig




Allgemeines

ZEIT1886
THEMAVorgeschichte
TEXTDie Westbahnhöfe hatten sich schon seit längerer Zeit als durchaus unzureichend für die Bewältigung des ihnen zugewiesenen Verkehrs gezeigt. Von der Größe des Verkehrs läßt sich aus der Tatsache eine Vorstellung gewinnen, daß von den Westbahnhöfen um 1886 täglich 83 Personenzüge abgehen und 84 daselbst ankommen. In den ersten Jahren des Betriebs der, in die Westbahnhöfe einmündenden Bahnen belief sich der Gesamtgüterverkehr pro Jahr nur auf etwa 1 Million Zentner, während jetzt täglich etwa 1100 Güterwagen mit rund 6.700.000 kg Waren aller Art dort ein- und auslaufen. Es muss aber auf den Westbahnhöfen nicht allein die Zusammenstellung und Abfertigung der Personenzüge für 6 Routen, sowie der Güterzüge für 4 Routen, sondern auch das Rangieren der Züge und die Übergabe der Güterzüge bewirkt werden. Der hierzu vorhandene Raum hat von der Front bis zu der, den Verkehr zwischen den einzelnen Bahnen vermittelnden Verbindungsbahn nur eine Länge von etwa 500 m. Bei einer Breite von 250 - 500 m beträgt der Flächeninhalt nur 155.000 qm, ist also wenig größer als z.B. der Bahnhof zu Görlitz und erheblich kleiner als andere Bahnhöfe mittlerer Größe wie z.B. Braunschweig oder Zwickau. Daß die auf diesem äußerst beschränkten, auf drei Seiten durch bebaute Straßen mit einem undurchdringlichen Gürtel umschlossenen Raum, zum Teil nach veraltetem Muster hergestellten Gleis- und sonstigen Anlagen für die ordnungsmäßige Abwicklung eines größeren Verkehrs durchaus unzureichend sind, hat sich schon während des Krieges 1870/71 besonders fühlbar gemacht. Gerade Frankfurt gehörte zu denjenigen Eisenbahn-Knotenpunkten, welche in jener Zeit einer pünktlichen Durchführung der Truppen- und Provianttransporte die größten Schwierigkeiten entgegenstellten. Trotz der außerordentlichsten Anstrengungen, trotz der opferfreudigsten Hingebung der Beamten gelang es nicht, diese Schwierigkeiten zu überwinden, so daß mehrfach weitnachwirkende Stockungen in den Transporten entstanden. Eine Änderung dieser Verhältnisse war wohl schon früher von allen Seiten angestrebt worden, allein die großen Kosten, mit welchen eine durchgreifende Verbesserung wegen der bereits erwähnten ungünstigen Lage der Bahnhöfe zwischen drei bebauten Straßen verbunden waren, hatten die damals ausschließlich betheiligten Privatbahn-Verwaltungen von der Ausführung abgeschreckt. Bei der Besprechung der Hessischen Ludwigsbahn-Anlagen ist bereits mitgetheilt, dass die Einführung ihrer Linien in den Main-Neckar-Bahnhof nur als eine provisorische genehmigt war, daß aber die Schwierigkeit, das erforderliche Terrain für die
ausbedungene neue Bahnhofsanlage zu beschaffen, als ausreichend berechtigt anerkannt worden war, um an dem provisorischen Zustand auf eine lange Reihe von Jahren hinaus nicht zu rütteln. Als aber die preußische Regierung in den Besitz der Bebra-Hanauer Bahn gelangt war und in der Erkenntnis, daß ohne tiefste Schädigung der Verkehrsinteressen das Staatsbahnnetz auf einer so wichtigen Linie nicht wenige Meilen vor einem der bedeutendsten Handelsplätze des westlichen Deutschlands abschließen dürfe, die Frankfurt-Offenbacher Bahn erworben und sich zum Bau der Linie Hanau - Frankfurt (linksmainisch) entschlossen, mithin eine selbständige Endigung der Staatsbahnen in Frankfurt erwirkt hatte, trat die Frage des Umbaues der Westbahnhöfe in ein neues Stadium. Die Einführung der Frankfurt-Bebraer Bahn in die Westbahnhöfe konnte nach Lage der Verhältnisse zunächst nur eine provisorische sein; es drängte deshalb die Notwendigkeit einer definitiven Anordnung ebensosehr wie die damals schon von der Hessischen Ludwigs-Bahn geplante Erbauung der Linien Frankfurt - Limburg und Frankfurt - Mannheim, auf eine baldige Lösung
der Bahnhofsfrage, welche aus wirtschaftlichen Gründen wie aus Betriebsrücksichten zu einer gleich zwingenden geworden war. Den ersten und entscheidenden Schritt bildete der gemäß Vertrag vom 26/29. Januar 1872 erfolgte staatsseitige Erwerb der Taunus-Bahn aus der Hand der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft. In jenem Vertrage verpflichteten sich die contrahierenden Verwaltungen, eine Personenstation in Frankfurt herzustellen, welche einschließlich des Grund und Bodens gemeinschaftliches Eigentum werden sollte. Die Projektirung dieser Station, sowie der zugehörigen Güterbahnhöfe sollte nach Maßgabe der bereits am 10. Dezember 1871 gemeinsam festgestellten
Grundzüge durch ein in Frankfurt zu errichtendes gemeinschaftliches Büro erfolgen, die definitive Festsetzung des Projekts dagegen der preußischen Regierung vorbehalten bleiben. Weiter wurde in jenem Vertrage bestimmt, wie die Anlagekosten verteilt, die ideellen Miteigentums-Antheile festgesetzt, die Kosten der Unterhaltung und der Erwerb des erforderlichen Grund und Bodens von beiden Teilen getragen werden sollten. Durch Gesetz vom 3. Mai 1872 wurde dieser Vertrag, welcher die Zustimmung der Generalversammlungen der Actionäre der Taunus- und Hessischen Ludwigs-Bahn, sowie der Grossherzogl. Hessischen Regierung bereits früher erhalten hatte, genehmigt.
QUELLE[Architekten- u. Ing.-Verein: Frankfurt a.M. und seine Bauten (1886) 455]


ZEIT1886
THEMAPlanung
TEXTNach dem Gesetz vom 3. Mai 1872 folgen nun langjährige umfassende Projektirungsarbeiten, welche, nachdem die ersten Skizzen von dem Geh. Baurat Cramer von der Hessischen Ludwigs-Bahn und dem Königl. preußischen damaligen Eisenbahnbau-Inspektor Lehwald angefertigt waren, von dem derzeitigen speziellen Bauleiter Regierungs- und Baurat Hottenrott bewirkt worden sind. Diese Arbeiten unterstanden bis zum Jahre 1879 der Direktion der Main-Weser-Bahn und wurden mit der neuen Organisation der Staatseisenbahnverwaltung im Jahre 1880 an die Königl. Eisenbahndirektion Frankfurt übertragen; dieser ist auch die Bauleitung zugewiesen, deren technischer Teil in erster Reihe dem Oberbaurat Vogel und dem Reg.-Rat Hottenrott zufällt. Bei dem Projekt war zunächst die Frage zu entscheiden, ob die Anordnung eines Durchgangsbahnhofs oder einer Kopfstation den Verhältnissen besser entspräche. Die erstere Anordnung hätte zwar vorteilhaftere Einrichtungen für den Durchgangsverkehr ermöglicht, würde aber andererseits ganz außerordentliche Schwierigkeiten und Kosten verursacht haben, weil alsdann die Längenausdehnung des Bahnhofs die Richtung der bestehenden Bahnhöfe nahezu rechtwinklig gekreuzt hätte. Hierdurch würden umfangreiche provisorische Anlagen zur Aufrechterhaltung des Betriebes während der Bauzeit erfordert, und wesentliche Schwierigkeiten hinsichtlich des Grunderwerbes und der Bauausführung bedingt worden sein. Bei dieser Lage der Verhältnisse wurde dieses Projekt aufgegeben und dem eines Kopfbahnhofes näher getreten. Grundbedingung für die Projektirung war die vollständige Trennung der Personen- und der Güterbahnhöfe, ferner die Vermeidung jeder Niveaukreuzung der Hauptgleise und eine zweckmäßige Anordnung für den Übergangsverkehr. In letzterer Beziehung mußte Wert darauf
gelegt werden, die der Hessischen Ludwigs-Bahn gehörigen Linien von Limburg, Mainz und Mannheim für sich zusammenhängend in den Bahnhof einzuführen, die Staatsbahnlinien dagegen so zu gruppieren, dass der Übergang auf die Main-Neckar-Bahnlinie tunlichst direkt ermöglicht würde. Besondere Schwierigkeiten in technischer und finanzieller
Hinsicht stellten sich der Einführung der Homburger Bahn entgegen. Die verbriefte Berechtigung zur Mitbenutzung des Bahnhofs der Main-Weser-Bahn, ferner die infolge der Zentralbahnhofsanlage bedingte Notwendigkeit einer vollständigen Verlegung der auf dem Gebiet der ehemaligen Freien Stadt Frankfurt befindlichen Strecke der Homburger Bahn, die Weigerung der Gesellschaft, an den entstehenden Kosten des Neubaues sich zu beteiligen und endlich der Anspruch derselben auf eine erhebliche Entschädigung für die ihr durch die Änderungen angeblich erwachsenden Nachteile Hessen eine gütliche Einigung nicht erhoffen. Außerdem erwies sich die Einmündung der Homburger Bahn in den Zentralbahnhof und der selbständige Betrieb derselben als überaus kostspielig und ohne erhebliche Schädigung der öffentlichen Interessen kaum ausführbar. Der im Jahre 1879 erfolgte Ankauf der Homburger Bahn seitens der preußischen Staatsregierung setzte diesen Schwierigkeiten ein Ende und ebnete der weiteren Durchführung des
Zentralbahnhofsprojekts die Wege. Das schließlich aus den gemeinsamen Beratungen der beteiligten Verwaltungen hervorgegangene Projekt ist im Jahre 1879 genehmigt und im wesentlichen der Ausführung zu Grunde gelegt worden. Letztere erfolgt auf alleinige Rechnung der Preußischen Staatseisenbahn-Verwaltung und der Hessischen Ludwigs-Bahn nach den näheren Bestimmungen eines im Jahre 1880 abgeschlossenen Vertrages. Das Projekt umfaßt die Anlage eines Zentral-Personenbahnhofs und zweier von einander getrennten Güterbahnhöfe nebst den zugehörigen Rangierbahnhöfen. Hierzu treten noch der Werkstättenbahnhof und die zur Einführung und zur Verbindung der einzelnen Bahnen anzulegenden Verbindungs- und Anschlußgeleise. Die Einführungslinien erforderten bei ihrer beträchtlichen Ausdehnung, bei der Notwendigkeit, die berührten Geleise, Straßen und Wege nicht im Niveau zu kreuzen, die Bahnen daher in beträchtlicher Höhe zu überführen, ganz erhebliche Arbeiten. Die bedeutendsten Bauwerke sind die
beiden neuen Mainbrücken, von denen die mit vier Geleisen versehene östliche für den Verkehr der Main-Neckar- und der Frankfurt-Bebraer Bahn, die zweigeleisige westliche für die Hessische Ludwigs-Bahn bestimmt ist. Im übrigen befinden sich auf diesen Linien eine Reihe mehr oder weniger bedeutender, meist mit Bogenträgern von gefälliger Form überspannter Bauwerke zur Durchführung der übersetzten Straßen. Die zwischen der Taunus-Bahn und den Stationen Bockenheim bzw. Rebstock und Louisa ausgeführten Verbindungsgleise sind bereits seit dem Jahre 1885 zwecks Entlastung der jetzigen Güterbahnhöfe von dem Übergangsverkehr im Betriebe. Der Personenbahnhof ist westlich von den jetzigen Bahnhöfen so weit hinausgeschoben worden, daß der Neubau ohne Störung des Betriebes auf den alten Bahnhöfen erfolgen kann. Durch diese Lage wird einerseits wohlfeileres Terrain für den Bau beansprucht, andererseits das in bester Lage Frankfurts befindliche und daher wertvolle Terrain der Westbahnhöfe zu etwaigem späterem Verkauf verfügbar. Der Personenbahnhof umfaßt das Hauptgebäude nebst den anschließenden Verwaltungsgebäuden, die Anlagen für
den Eilgutverkehr, das Postgebäude und die Geleisanlagen.
QUELLE[Architekten- u. Ing.-Verein: Frankfurt a.M. und seine Bauten (1886) 458]


ZEIT1886
THEMAHauptgebäude
TEXTDas. Hauptgebäude des neuen Zentral-Personenbahnhofes besteht aus dem Empfangsgebäude, welches die Räume zur Abfertigung des Publikums enthält, und aus einer Perronhalle von 168 m Weite und 186 m Länge, welche in 3 je 56 m weite gleichwertige Schiffe gegliedert worden ist, die flachbogig in einer Höhe von 28,5 m im Scheitel überdeckt sind. Die Halle hat zusammen 18 Eisenbahngleise aufzunehmen, nämlich 6 Bahnlinien mit je 3 Gleisen und zwar von Süden aus beginnend die Gruppen der Taunusbahn (Frankfurt - Wiesbaden - Koblenz), der Frankfurt - Bebraer
Bahn, der Main-Neckar-Bahn (Frankfurt-Heidelberg), der Main-Weser-Bahn (Frankfurt - Kassel und Frankfurt - Homburg) und endlich der Hessischen Ludwigs-Bahn mit den Linien Frankfurt - Mainz, Frankfurt - Mannheim und Frankfurt - Limburg. Da die Gleise nur wenig höher liegen als die benachbarten Straßenzüge, so war es möglich, alle hauptsächlichen, dem Verkehr der Reisenden und dem Betriebe dienenden Räume in gleicher Höhe mit den Schienen anzuordnen und Treppenverbindungen fast ganz auszuschließen. Die Perrons zwischen den Geleisen münden auf einen
breiten Kopfperron, an diesen schliessen sich zu beiden Seiten Ausgangsvestibüle an, durch welche die ankommenden Reisenden die Halle verlassen. Quer vor die Halle legt sich in einer Ausdehnung von etwa 220 m die Baumasse des Abfahrtsvestibüls und der Wartesäle, und zur Seite derselben sind im Anschluß an die Ausgangs Vestibüle die Verwaltungsgebäude für den Betrieb, einerseits für die Staatsbahnen, andererseits für die Hessische Ludwigs-Bahn angeordnet. Der gesamte Verkehr der Reisenden, sowie auch die Beförderung von deren Gepäck spielt sich daher in gleicher Ebene ab, mit Ausnahme des Durchgangsverkehrs, für welchen zum Zwecke leichteren Überganges zwischen den verschiedenen Eisenbahnlinien nahe dem Ende der Halle eine Tunnelanlage unter den Geleisen vorgesehen worden ist. Um bei dieser Sachlage den hin- und hergehenden Strom der Reisenden von den Vestibülen und Wartesälen zu den Zügen und von diesen zurück möglichst wenig zu stören, sind für die Beförderung des Gepäcks besondere Perrons angelegt worden. Auf dem Kopfperron sind dagegen Kreuzungen des Verkehrs nicht zu vermeiden, und es ist um diese möglichst wenig fühlbar werden zu lassen, dem Kopfperron die beträchtliche Breite von 18 m gegeben worden. Bei der weiteren Gestaltung des Gebäudegrundrisses war unter Wahrung der besonderen geschäftlichen Interessen der verschiedenen das Gebäude gemeinschaftlich benützenden Eisenbahnverwaltungen, die Aufgabe zu lösen, den Strom der abfahrenden Reisenden auf einfachstem Wege und mit möglichster Leichtigkeit zu den verschiedenen Verkaufsstellen der Fahrkarten, der Gepäckbeförderung, zu den Warte- und Speisesälen usw. bis endlich in die Empfangshalle zu leiten, ohne dabei
Verwirrung bereitende Gegenströmungen zu veranlassen. Der leichteren Übersichtlichkeit wegen ist zu diesem Zwecke daran festgehalten worden, den ganzen Verkehr der Reisenden in einem großen Hauptvestibül zusammenzufassen, denn nur so erschien es möglich, auch unerfahrenen Reisenden die Mittel an die Hand zu geben, um sich in der ausgedehnten Gebäudeanlage zurechtzufinden. Hier sind alle für die Leitung, Erleichterung, Überwachung und Sicherung des Verkehrs notwendigen Einrichtungen für die Reisenden und für die Betriebsverwaltung in übersichtlicher Anordnung vereint, als Nachweisungsbüro, Telegraphenamt, Aufbewahrung des Handgepäcks, Amtsstube des Bahnhofvorstehers, Geldwechselstube.
Polizei, Portier, Schlafwagenbüro, Fahrplanbüro usw. Von dem Vestibül flutet der Strom der Reisenden entweder
geradeaus unmittelbar in die Perronhalle, wo er sich auf dem Kopfperron verteilt, oder er wird durch breite, von der Mitte des Vestibüls nach rechts und links abzweigende Korridore zunächst in die Wartesäle geleitet, welche symmetrisch zu beiden Seiten des Vestibüls angeordnet sind und ihrerseits wieder Ausgänge auf den Kopfperron haben. Die hierbei eintretende Teilung des Verkehrsstromes wird vorbereitet durch die Stellung der Billettschalter. Diese sind in dem vorderen Teile des Hauptvestibüls in zwei gesonderten Gruppen angeordnet, und es werden an denselben immer nur Karten für diejenigen Eisenbahnlinien ausgegeben, deren Gleise in der Halle auf derselben Seite liegen, wie die Schalter im Vestibül. In gleicher Weise findet die Annahme des Reisegepäcks für die verschiedenen Verkehrsrichtungen an zwei getrennten Stellen auf derjenigen Seite des Vestibüls statt, wo die Fahrkarte gelöst worden ist; es ist daher anzunehmen, daß die Reisenden auch die von ihnen zu benutzenden Wartesäle und Eisenbahnzüge in demselben Sinne suchen werden. Der Weg vom Vestibül zu den Wartesälen führt beiderseits an Bedürfnisanstalten vorüber und erreicht dann je einen Wartesaal III. und IV. Klasse. einen solchen I. und II. Klasse und einen Speisesaal. Zwischen ersteren haben je 2 Damenzimmer mit Zubehör, sowie ein Büffet, in der Nähe des letzteren ein Anrichteraum, sowie Waschzimmer für Männer und Frauen nebst Toiletten ihren Platz gefunden. An den äußersten Enden des Gebäudes endlich sind einerseits Empfangsräume für die Allerhöchsten Herrschaften, andererseits ein Versammlungssaal mit Vorzimmer für die Zwecke der Eisenbahnverwaltungen angelegt worden, welche bei besonderen Veranlassungen gleichfalls als Empfangsräume benutzt werden können. Die Anordnung ist so gewählt, dass die zumeist benutzten Räume in der Nähe des Vestibüls, die weniger oder in größerer Ruhe zu benutzenden Räume in weiterer Entfernung von demselben untergebracht sind. Mit Rücksicht auf die außerordentliche Größe des Empfangsgebäudes und die Länge der sich daraus ohnehin ergebenden Wege ist der größte Wert darauf gelegt worden, die dem öffentlichen Verkehr dienenden Räume, in erster Linie die Wartesäle, so viel als möglich nach der Mitte zusammenzuschieben. Diesem Bestreben verdankt das weit vor die Flucht der Korridore vorgezogene Hauptvestibül seine eigenartige Gestaltung und seine bedeutende Abmessung nach der Tiefe, welche auf 55 m festgesetzt worden ist, um die Breite
tunlichst beschränken zu können. Die Wartesäle sind aus dem gleichen Grunde mit den Schmalseiten an den Kopfperron
angeschlossen worden. Um übrigens das Vestibül von allem unnötigen Verkehr zu entlasten, sind besondere Nebeneingänge zu den Wartesälen für solche Reisende angelegt worden, welche bereits mit Fahrkarten versehen sind. In Verbindung damit sind kleine Verkaufsläden für Zigarren, Zeitungen u. dergl. eingerichtet worden. Von dieser ganzen, dem Verkehr der Reisenden dienenden Gruppe von Räumen sind die notwendigen Nebenräume für den wirtschaftlichen Betrieb, die Küche des Restaurateurs, die kleineren Wohnungen für denselben, für Portiers, Kellner und Dienstleute sorgfältig abgesondert, und auch deren Zugänge sind überall so gewählt, dass sie zu keinerlei Störung Veranlassung geben können. Die meisten dieser Räume sind in dem Kellergeschoß untergebracht, das durch Lichtgänge an der Vorderfront des Gebäudes ausgiebig beleuchtet ist, die übrigen in Zwischengeschossen über den Damenzimmern und
in den Aufbauten über den Waschräumen. Größere Dienstwohnungen sind aus dem Gebäude grundsätzlich ferngehalten
worden und nur in dem Verwaltungsgebäude der Hessischen Ludwigs-Bahn eingerichtet worden.
Die Erwärmung des Empfangsgebäudes einschließlich der Verwaltungsgebäude erfolgt durch eine gemeinschaftliche Dampfheizung in mannigfaltiger, den Anforderungen der Räume angepaßter Ausbildung. Zur Entwicklung des Dampfes ist eine große Dampfkesselanlage vorgesehen worden, die ihren Platz neben dem Verwaltungsgebäude der Staatsbahnen gefunden hat. Die Dampfleitungen liegen in einem besonderen, an den Umfassungsmauern der Empfangshalle entlang geführten begehbaren Heiztunnel, welcher zugleich dazu dient, den Gebäuden die für einen kräftigen Luftwechsel erforderliche frische Luft zuzuführen. Die Luft wird an möglichst staubund rauchfreier Stelle entnommen und durch Ventilatoren bewegt. Um dem Gebäude eine ausgiebige Beleuchtung zu sichern, sind die Fensteröffnungen durchgehend sehr groß bemessen, und es ist vor allen Dingen auch darauf Bedacht genommen, der Perronhalle Licht in reichlichster Fülle zuzuführen. Die Halle wird beleuchtet durch die großen Glasabschlüsse an den Stirnpfeilern, sowie durch halbkreisförmige Seitenfenster über den Längsmauern und durch Oberlichter, dereu Inhalt etwa auf 4/7 der Grundfläche bemessen ist. Das Hauptvestibül ist zum Zwecke der Gewinnung kräftiger Seitenbeleuchtung über die benachbarten Baumassen hinaus gehoben worden, und zudem sind seine Stirnwände in weitestem Maße zur Lichteinführung benützt. Letzteres findet auch bei den Ausgangsvestibülen statt. Für die Wartesäle, welche bei einer Tiefe von 22,6 m
nur abgeschwächtes Seitenlicht aus der Halle und dem Korridor erhalten konnten, mußte Oberlichtbeleuchtung zu Hilfe genommen werden; einige kleine Nebenräume der Speisesäle usw. endlich konnten bei der außerordentlichen Tiefe des Gebäudes nur von oben her beleuchtet werden. Die Konstruktionen des Gebäudes sind feuersicher hergestellt, die Anwendung des Holzes ist dabei möglichst beschränkt. Die Decken der Vestibüle werden aus eisernen Bogenträgern und Wellblech, diejenigen der Wartesäle aus einem kassettenförmig gegliederten Netz von horizontalen Eisenträgern und
Backsteinwölbung, diejenigen der Korridore, Herrenwaschzimmer und der Empfangsräume für die höchsten Herrschaften
in massiver Steinwölbung hergestellt. Nur der Sitzungssaal erhält eine sichtbare Holzdecke. Bei den Verwaltungsgebäuden sind Holzkonstructionen ganz ausgeschlossen. Die Dächer sind, soweit sie in die Erscheinung treten, in der gleichen Weise wie die Empfangshallen mit verzinktem Eisenwellblech, im übrigen mit Holzzement eingedeckt. Diese Vereinigung gestattete einerseits, die Dächer möglichst niedrig zu halten, was für die Beleuchtung in mehrfacher Beziehung erwünscht erschien, und andererseits, die Konstruktionen zur Dichtung der zahllosen Durchbrechungen für Oberlichter, Rauch- und Lüftungsrohre wesentlich zu erleichtern. Für die architektonische Gestaltung war von vornherein der Umstand erschwerend, dass die Längsausdehnung des Gebäudes ganz außerordentlich vorwiegt, gegenüber der sehr massigen Höhenerhebung; doch ist daran festgehalten, bei möglichst knapper Bemessung der Baumassen eine den gegebenen Verhältnissen entsprechende eigenartige Baugruppe zu schaffen. Dabei ist Wert darauf gelegt, so viel als möglich die Perronhalle mit zur Wirkung zu bringen. Die Ansichten des Gebäudes sind sämtlich aus Haustein hergestellt und zwar die äuseren aus Heilbrunner, die Perronansichten aus Mühlbacher und Bayerfelder Sandstein. Mit der Bauausführung des Empfangsgebäudes ist im Mai 1883 begonnen worden. Dieselbe erfolgt nach den Entwürfen des Land-Bauinspectors Eggert, welcher in einer zur Gewinnung des Bauplanes abgehaltenen öffentlichen Konkurrenz den ersten Preis erhalten hatte und darauf mit der endgültigen Bearbeitung des Entwurfes und der künstlerischen Leitung des Baues betraut worden war. An der Feststellung des Grundrisses hat der Geheime
Ober-Baurat Grüttefien wesentlichen Anteil genommen. Die Konstruktion der Perronhalle ist nach Angaben des Geheimen
Ober-Baurats Schwedler von dem Regierungs-Baumeister Frantz bearbeitet worden, welchem auch die Bearbeitung der zum
Teil großartigen Konstruktionen des Empfangsgebäudes zugefallen und die Bauleitung als Abteilungs-Baumeister übertragen ist. Bei der Ausführung sind ferner als Sektions-Baumeister die Regierungs-Baumeister Weithmann und Junghann tätig. Für den Eilgutverkehr sind zu beiden Seiten der Endperrons besondere Schuppen und Ladegleise angeordnet und letztere mit den Personenzuggeleisen durch Schiebebühnen in Verbindung gesetzt. Für den Postverkehr ist an der Nordseite ein zur Zeit im Rohbau nahezu vollendetes besonderes Gebäude aufgeführt, welches zwecks Vermeidung von Niveauüberschreitungen durch einen Tunnel und durch geeignete Hebevorrichtungen mit den Perrons jeder Gruppe in Verbindung gebracht wird. Um dem reisenden Publikum die Benutzung des Telegraphen tunlichst zu erleichtern, wird auf dem Kopfperron des Empfangsgebäudes eine Depeschen-Annahmestelle errichtet werden, von
welcher aus die Telegramme nach dem Postgebäude zur weiteren Beförderung gelangen.
QUELLE[Architekten- u. Ing.-Verein: Frankfurt a.M. und seine Bauten (1886) 461]