Hermann Löwenherz, Holzwarenfabrik

Allgemeines

FirmennameHermann Löwenherz, Holzwarenfabrik
OrtssitzLauenförde (ü. Höxter)
Postleitzahl37697
Art des UnternehmensHolzwarenfabrik
AnmerkungenSpäter: "Herlag Holzwarenfabrik GmbH & Co."; 1938 arisiert; im Dritten Reich: "Nationalsozialistischer Musterbetrieb". Um 1986: Herlag in Lauenförde 110.000 qm Grundfläche; in Beverungen (im Besitz der Herlag Kinderwagenfabrik GmbH): 26.000 qm.
Quellenangaben[Reichs-Adreßbuch (1900) 1586] Informationen von Peter Siebert (Gemeinde Lauenförde, Archiv; 29.04.2020): Chronik (um 1986)




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1840 Die Firma Löwenherz existiert bereits als Handelsbetrieb.
1883 Gründung durch Kommerzienrat Hermann Löwenherz als Sägewerksbetrieb mit 3 Mitarbeitern. Man beginnt mit der Herstellung von Bohlen und Kanteln aus Buchenholz, das teilweise in Flößen weserabwärts befördert werden. In erheblichem Umfange ist Löwenherz vmtl. Zulieferer von Kanteln für die Firma Naether, die unter anderem Kinder- und Gartenmöbel herstellt.
1888 Die Eigenfertigung von Garten- und Kindermöbeln wird aufgenommen
um 1916 Tod des Inhabers Hermann Löwenherz
um 1916 Nach dem Tod von Hermann Löwenherz wird das Unternehmen wurde in die "Löwenherz oHG" umgewandelt.
1922 Umwandlung der Firma "Löwenherz oHG" in "Holzwarenfabrik H. Löwenherz AG"
1924 Wilhelm Köhring wird Leiter des Lohn- und Betriebsbüros.
1925 Mehrwöchiger Streik der Belegschaft
1930 Nach Erbauseinandersetzungen geht das Werk an Erich Rose über. Rechtsanwalt und Notar Dr. Hoffmann leistet der Familie Rose juristischen Beistand, da die Erbstreitigkeiten auch gerichtlich ausgetragen werden. In diesem Zusammenhang übernimmt Dr. Walter Hoffmann den Vorsitz des Aufsichtsrates.
Sommer 1930 Der gesamte Betrieb fällt einem Großbrand zum Opfer. In wenigen Stunden versinken alle Hallen, Maschinen und Vorräte in Schutt und Asche. Lediglich ein vierstöckiges Betongebäude bleibt erhalten.
1931 Dr. Walter Hoffmann gelingt es, die erforderlichen Finanzmittel für die abgebrannte Holzwarenfabrik H. Löwenherz zu beschaffen, und der Wiederaufbau - ca. 16.000 qm Werksräume nur noch zu ebener Erde - wird abgeschlossen.
1931 Umbennung der "H. Löwenherz AG" in "Herlag Aktiengesellschaft". Der Vorstand setzt sich aus den Herren Erich Rose und seinem Sohn Günter zusammen.
1931 Es beginnt ein wirtschaftlicher Aufschwung, der die Produkte weit über die Grenzen der Heimat bekannt macht.
1937 Wilhelm Köhring wird in den Vorstand der Aktiengesellschaft aufgenommen
Sommer 1938 Erich Rose versucht, das Werk an Dritte zu verkaufen, um damit einer drohenden Enteignung jüdischen Vermögens durch die Nationalsozialisten zuvorzukommen. Es stellt sich heraus, daß kein angemessener Kaufpreis zu erzielen ist. Infolgedessen werden die Herlag-Aktien zu 95 % von dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Herlag, Dr. Hoffmann, und zu 5 % von seiner Sekretärin, Fräulein Maria Gtirtz, erworben. Die vereinbarte Vergütung für Erich Rose beträgt 800.000 RM und die Zahlung einer lebenslangen Pension. Es gilt die Zusicherung, daß der Betrieb von ihm zurück übernommen werden könne, sobald wieder normalere Zeiten gegeben seien.
Sommer 1938 Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft. Dr. Hoffmann überträgt die alleinige Geschäftsführung nun an Herrn Wilhelm Köhring.
2. Weltkrieg Herlag ist mit der Produktion von Rüstungsgütern wie Munitionskisten aus Fichtenholz (für Dynamit), Munitionskisten aus Fichtenholz (für 10,5 cm Haubitzen), Munitionskisten aus Buche mit Zinkeinsätzen (für 3,7 cm Marine-Munition), Hockern und Waschhockern für das Militär und Bestuhlungen für Baracken und ähnliches befaßt. Es werden auch artfremde Produkte hergestellt wie z.B. Annietmuttern für die Flugzeugfertigung. Diese Produktion wird von den Aluminium-Werken in Göttingen übernommen. Es stehen 35 verschiedene Automaten sowie auch eine 800-Tonnen-Presse zur Verfügung.
2. Weltkrieg Zur Aufrechterhaltung der Kriegsproduktion sind unter anderem 125 deportierte Frauen aus Polen sowie
270 russische Kriegsgefangene, ausschließlich Offiziere, eingesetzt.
1940 Der Sohn von Erich Rose, Günter Rose, emigriert nach Holland und kann bei dem späteren Holland-Agenten der Herlag, Meijer in Deventer, Unterschlupf finden. Die beiden Rose-Schwestern reisen in die USA aus.
1945 Günter Rose kehrt nach Lauenförde zurück, und es werden auch erneute Gespräche mit Dr. Hoffmann geführt.
1945 Günter Rose stirbt bei einem Verkehrsunfall.
1949 Es gelingt Dr. Hoffmann, die treuhänderische Leitung des Unternehmens stark einzuengen und Wilhelm Köhring wiederum mit der Leitung zu betrauen. - Inzwischen steht die Firma vor dem wirtschaftlichen Ruin.
1950 Dr. Hoffmann von allen politischen Vorwürfen befreit und kann sich seither wieder vollkommen dem Werk widmen.
um 1950 Dr. Hoffmann wird der Besitz der Herlag von den beiden in die USA ausgewanderten Rose-Schwestern streitig
gemacht. Grund für diese Forderungen ist, daß die Übernahme durch Hoffmann im Jahre 1938 eine unrechtmäßige
Bereicherung in der Zeit des National-Sozialismus gewesen sei.
1952 Dr. Hoffmann wird endgültig alleiniger Besitzer der Herlag, nachdem vor der Wiedergutmachungskammer des Landgerichtes Hannover eine weitere Zahlung von DM 600.000,00 im Wege des Vergleichs ausgehandelt wurde. Es wird damit von allen Beteiligten anerkannt, daß die im Jahre 1938 für die Preisfestsetzung zugrunde gelegte Vermögensbewertung zu gering ausgefallen war. Ein von der Frankfurter Bank (heute BHF) gewährter Kredit von DM 624.000,00 muß in diesem Zusammenhang gesehen werden.
1953 Das Geschäft ist so umfangreich geworden, daß die vorhandenen Fabrikationsräume nicht mehr ausreichen. Auf Anregung der Stadt Beverungen und des Kreises Höxter werden die Fabrikgebäude der stillgelegten Beverunger Holzwarenfabrik erworben. Diese werden erneuert, und es werden zusätzliche Fabrikationsräume für die wirtschaftliche Fertigung von Kinder- und Sportwagen errichtet. Die Herlag Kinderwagenfabrik GmbH wird gegründet.
1955 Dr. Günter Kirsch tritt in die Geschäftsleitung ein.
1956 Bau eines Verwaltungsgebäudes und die Sitzverlegung der Herlag nach Beverungen. Die bisherigen Büroräume in Lauenförde werden zu Musterzimmern umfunktioniert, um damit einem dringenden Bedarf zu entsprechen.
1957 Bei Herlag in Beverungen werden seither in umfangreichem Maße auch Stahlrohrgartenmöbel mit Schnurgeflecht hergestellt.
1959 Inberiebnahme der neuen Kraftanlage mit Dampfturbine, die den Strombedarf und den erforderlichen Heizdampf liefert
16.02.1960 Tod von Dr. Hoffmann. Die Anteile liegen nun zu je einem Drittel bei der Witwe, Frau Maria Hoffmann, und den beiden Töchtern, Frau Traute Kirsch und Frau Dr. Gisela Diebold. - Dr. Kirsch kann in der Folge nicht uneingeschränkt auf die Zustimmung der Mehrheit der drei Gesellschafter rechnen. Zumindest zeitweise gibt es eine offene Frontstellung der Witwe Hoffmann und Dr. Gisela Diebold gegen Traute Kirsch und Dr. Günter
Kirsch.
1965 Umstellung des gesamten Materialflusses im Herlag-Werk Beverungen und Neuorganisation der Fertigung durch die Deutsche Treuhand Treuarbeit. In diesem Zusammenhang wird eine Kranhalle erbaut und die Näherei erweitert.
1966 Ausscheiden von Direktor Köhring
1967/1968 Dr. Gisela Diebold scheidet als Teilhaberin aus. Gegen einen Kaufpreis von DM 1,5 Mio. an Frau Dr. Diebold liegen die Anteile nunmehr mit 66 2/3 % bei Traute Kirsch und Dr. Günter Kirsch und mit einem weiteren Drittel bei der Witwe Maria Hoffmann. Die Finanzierung dieser Transaktion erfolgt mit Hilfe eines Darlehens der Frankfurter Bank (später: BHFBank). Damit enden die Streitigkeiten zwischen Günter Kirsch und den Erben von Dr. Hoffmann.
1967 Der Umsatz liegt bei 20 Millionen DM
1968 Die Verhandlungen zwischen der Firma Kettler der Herlag werden wieder aufgenommen.
1969 Heinz Kettler übernimmt die Majorität der Herlag - sowohl für Beverungen als auch Lauenförde. Die Möglichkeit
einer Ãœbernahme der restlichen Anteile von 49 % wird ebenfalls vertraglich fixiert.
1969 Ein positiver Trend in der Unternehmensentwicklung beginnt. Die Herlag erreicht in den folgenden zehn Jahren ungeahnte Umsatzhöhen und erweirtschaftet recht auskömmliche Erträge.
1977 Dr. Kirsch scheidet aus der Herlag aus, und Klaus Bacht aus Steinhude übernimmt die Verantwortung.
1978 Ãœbernahme weiterer 45 % Anteile durch Heinz Kettler
1978 Der Umsatz-Anteil an Gartenmöbeln beträgt 54,0 %
1979 Der Umsatz steigt auf 60 Millionen DM
1979 Der Umsatz geht um fast 10 % zurück.
1980 Der Umsatz kann nur unwesentlich erhöht werden.
12.06.1981 Großbrand im Betrieb Lauenförde, dem drei Lager- und Produktionshallen in einer Größenordnung von 8.000 qm Grundfläche zum Opfer fallen. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen ergeben eindeutig, daß Brandstiftung vorliegt. Der Täter, ein Beschäftigter der Wach- und Schließgesellschaft, der im Werk für Bewachungs- und Kontrollaufgaben eingesetzt war, kann ermittelt werden. - Der Schaden ist durch Versicherungen in voller Höhe abgedeckt, so daß für Herlag letzlich keinerlei eigene Belastungen aus diesem Schadensfall entstehen.
11.1981 Die Wiederaufbauarbeiten nach dem Brand im Juni sind im wesentlichen abgeschlossen.
1982 Mit weiteren 4 % Anteilen wird die Herlag vollständig von Heinz Kettler übernommen.
04.1984 Klaus Bacht verläßt das Unternehmen, und Herr Kettler übernimmt die Geschäftsführung aller Herlag-Unternehmen.
1985 Der Umsatz-Anteil an Gartenmöbeln beträgt nur noch 30 %
31.12.1985 Die "Herlag Holzwarenfabrik GmbH & Co." stellt die Produktion im Werk Beverungen ein und überträgt die Fertigung dieser Artikel der im September neu gegründeten Firma "BMF Beverunger Metallwarenfabrik GmbH".




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Gartemöbel 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Holzwaren 1900 [Reichs-Adreßbuch (1900) 1586] 1900 [Reichs-Adreßbuch (1900) 1586]  
Kinderbetten 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Kindermöbel 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Klappstühle 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Leitern 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Puppensportwagen 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Schaukelstühle 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  
Sportwagen 1901 Fertigungsprogramm 1901 Fertigungsprogramm  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschinen ca. 1899 Eisenwerk Carlshütte
Lokomobile   unbekannt
Dampfmaschine   Eisenwerk Carlshütte




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
1883 3       3 Mitarbeiter
1901 250        
1940 376       im Krieg auch 125 deportierte Frauen aus Polen und 270 russische Kriegsgefangene
1967 580        
1979 800       fast 800
1983 600       ca 600, durch Auslagerung der Nährerei (um 60 Beschäftigte auf etwa 20) und Reduzierung um weitere 100
1986 702       Um 1986: "Herlag Holzwarenfabrik GmbH & Co.": 449 und "BMF Beverunger Metallwarenfabrik GmbH": 163