Geleitwort von Prof. Dr. L. Suhling


Heute, am Beginn eines Jahrhunderts der Kommunikations- und Lebenswissenschaften, in dem die Ehe zwischen Chips und Genen ungeahnte neue Chancen und Risiken in sich birgt, blicken wir nicht von ungefähr zurück auf das Jahrhundert des Dampfes und des Eisens, begründete es doch die moderne technisch-industrielle Welt, die unser Leben bestimmt. Die Verbindung von Thermodynamik und Eisentechnologie – beide fußend auf dem Einsatz der Kohle – trug maßgeblich zu jener andauernden Revolution von Technik, Industrie und Gesellschaft bei, deren jüngste Phase wir gegenwärtig im Zeichen von Digitalisierung, Automatisierung und Globalisierung hautnah verspüren.

Zwar auch bedrohlich, doch häufig verheißungsvoll empfanden unsere Vorfahren im 19. Jahrhundert den Aufbruch in eine für sie neue Welt technischer Wunder.

Darin spielt eine technische Innovation für lange Zeit eine dominierende Rolle, die Dampfmaschine. Sie wurde geradezu zum Fanal der Modernisierung, zum Movens in der Produktion und im Verkehr, d.h. zur Antriebskraft für eine schnell wachsende Zahl von Werkzeugmaschinen und Geräten, von Pumpen und Fahrzeugen und später auch von Generatoren.

 

Als nimmermüde Arbeitsmaschine war die Dampfmaschine gleichsam der Inbegriff des technischen Fortschritts, von dem man letztlich auch die Lösung der gesellschaftlichen Probleme erwartete. Selbst die Überwindung der Zersplitterung Deutschlands ließ sich hiermit verknüpfen, wie es Goethe 1828 gegenüber Eckermann tat: „Mir ist nicht bange, dass Deutschland eins werde; unsere guten Chausseen und künftigen Eisenbahnen werden schon das ihrige tun.“ – Die Rolle der Dampfmaschine auf Rädern beim deutschen Einigungsprozess ist gewiss nicht gering einzuschätzen.

Für Friedrich Engels hat James Watts Dampfmaschine als „Frucht der Wissenschaft“ bereits in den ersten fünfzig Jahren der Welt mehr eingetragen, als diese „von Anfang an für die Pflege der Wissenschaft ausgegeben [hat]“. Als Engels dies 1844 schrieb, begann die Zahl der Dampfmaschinen auch hierzulande stark anzusteigen. 1888 betrug die in Dampfkraft installierte Leistung in Deutschland bereits 6,2 Mio PS. Sie wurde damit immer mehr zum Motor der Industrialisierung und Modernisierung, die unsere individuellen wie gesellschaftlichen Lebensbedingungen von Grund auf revolutionierten.

 

Dieser geschichtsmächtigen Triebkraft ist die vorliegende Datensammlung gewidmet. In bislang einzigartiger Weise werden hier erhalten gebliebene Zeugen aus der Produktionspalette der Dampfmaschinenunternehmen und – darüber hinaus – diese Unternehmen selbst dokumentiert. Beides zusammen ist angesichts der dargebotenen Fülle an Informationen und ihrer Erschließung ohne Vorbild. Hierfür sind die technischen Möglichkeiten der digitalen Informationsverarbeitung voll genutzt worden, wobei der PC des Nutzers einen ebenso leichten wie schnellen Zugriff auf die Daten und deren Vernetzungen erlaubt.

Damit legt der Autor allen an der Historie der Dampfmaschine und an dem Erhalt der auf uns überkommenen Zeugen Interessierten ein Instrument in die Hände, das ein bisher kaum für möglich gehaltenes breites Spektrum an Informationsmöglichkeiten bietet. Sie ist das Produkt jahrelanger intensiver Recherchen und der darauf fußenden Programmier- und Eingabearbeit. Hierfür gebührt Herrn Dipl.-Ing. Albert Gieseler vom Landesmuseum Mannheim besonderer Dank und große Anerkennung, zumal er die Arbeit neben seinen dienstlichen Aufgaben als Industriearchäologe leistete. Möge sie zur Vertiefung unserer Kenntnisse über dieses Schlüsselprodukt der Industriellen Revolution beitragen, ebenso wie zur Einsicht in die Notwendigkeit, zeugnisgebende Artefakte aus diesem zentralen Sektor unserer materiellen Kultur der Nachwelt zu erhalten.

 

 

 

 

Mannheim, 08.08.2001                                                    Prof. Dr. Lothar Suhling