Entwicklung der Dampflokomotive
Heißdampf
Den bedeutendsten Fortschritt, den Wirkungsgrad zu steigern, bedeutete die Einführung des
Heißdampfs. Erhitzt man den gesättigten Kesseldampf über die Temperatur des
Kesselwassers (bei p= 10 bar: 177 °C; bei p= 16 bar: 200 °C) hinaus, so dehnt sich der Dampf
(wie jedes Gas) durch die Erwärmung aus, nimmt also bei gleichem Druck ein größeres
Volumen ein. Es reicht also weniger Wasser bzw. Dampf als beim gesättigten Dampf, den
Zylinder zu füllen und um die selbe Arbeit zu leisten. Da bei der Expansion des Heißdampfs
der Druck schneller fällt, muss man allerdings mit etwas größerer Füllung fahren. Ein weiterer
großer Vorteil des überhitzten Dampfes ist seine schlechtere Wärmeleitung, so dass die
Kondensationsverluste im Zylinder viel geringer werden. Ferner steigt mit der Temperatur die
mögliche Strömungsgeschwindigkeit, do dass die Dampfkanäle kleiner gehalten werden
können. Umgekehrt hält sich der Mehraufwand zur Überhitzung des Dampf in Grenzen, da im
Kessel die meiste Wärme zur Umwandlung des Wassers vom flüssigen in den gasförmigen
Zustand benötigt wird. Die großen Vorteile des Heißdampfs wurden schon in einem 1839
erteilten Patent an
Robert und William Hawthorn erkannt. Im folgten zahlreiche französische
und englische Patente, die verschiedene Überhitzerbauarten vorschlugen. Deren Umsetzung
scheiterte an den technischen Problemen am Überhitzer selbst, aber auch bei der Schmierung
(konventionelle Öle verbrannten) und bei der Konstruktion des Schiebers (der Flachschieber
verzog sich temperaturbedingt). Einen Durchbruch erreichte
Wilhelm Schmidt (1858-1924),
der Gründer der Schmidt'schen Heißdampfgesellschaft . In Zusammenarbeit mit preußischen
Lokomotivbeschaffungsdezernenten
Robert Garbe (1847-1932) entwickelte er zunächst 1898
seinen Flammrohrüberhitzer: Ein 445 mm weites Rohr war konzentrisch im Langkessel
angeordnet, es enthielt ein Blasrohr und die Überhitzerelemente (vom heißen Rauch umspülte
Rohre, durch welche der Dampf strömt und sich aufheizt). Die damit ausgestattete preußische
S 4 Hannover 74 vom Stettiner Vulcan war die erste Heißdampflokomotive der Welt. Ihr
folgten 1899 die Schwesterlokomotiven mit Rauchkammerüberhitzern, schraubenförmig
angeordnete Überhitzerelemente in der Rauchkammer. Der Schmidt'sche
Rauchröhrenüberhitzer wurde 1901 in Belgien, ab Ende 1905 auch in Preußen eingeführt.
Hierbei enthält der Kessel einige Heizrohre mit vergrößertem Durchmesser, in denen die
Überhitzerelemente geführt sind; deren Enden sind in der Rauchkammer an einen
Dampfsammelkasten angeschlossen. Diese Überhitzerbauart setzte sich weltweit durch.