Entwicklung der Dampflokomotive

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Laufwerk

Der Wunsch, das Reibungsgewicht und damit die Zugkraft zu steigern, führte zur Entwicklung von Lokomotiven mit vielen (bis zu sechs) gekuppelten Radsätzen. Da sich diese wegen der Kuppelstangen nicht radial einstellbar anordnen lassen, werden nur zwei Radsätze fest im Rahmen gelagert; die anderen erhalten Seitenverschieblichkeit (Gölsdorf-Achsen, von L. A. Gölsdorf bei der österreichischen Südbahn eingeführt) oder geschwächte Spurkränze. Die folgenden Bauarten wurden wegen ihrer Kompliziertheit nur wenig verwendet: Gelenktriebwerke wie Klien-Lindner (mit Hohlachse, erfunden 1893 durch Ewald Richard Klien (1841-1917)); durch Hebel gekuppelte von Christian Hagans (1829-1908, erfunden 1893) und Adolf Klose (1844-1923, Patente 1879 bis 1905); durch Zahnräder gekuppelte Drehgestelle von Wilhelm von Engerth (1814-1884; Versuch an der Stütztenderlokomotive „Kapellen" 1853) und von Pius Fink (1832-1874; an drei Engerth- Lokomotiven, über Blindwelle, 1861); zahnradgekuppelte Endradsätze durch Gustav Luttermöller (1893 erstmals in der Patentliteratur erwähnt). Bauarten wie Shay (ab 1880) oder Heisler (ab 1899) mit seitlichen Kardanwellen haben sich in Deutschland nicht eingeführt Um die Bogenläufigkeit zu verbessern und die Entgleisungsgefahr durch führende Radsätze mit großem Durchmesser zu verringern, führte man kurvenbewegliche Laufgestelle ein: das einachsige Bisselgestell (seit 1857) mit Deichselführung, die Adamsachse (seit 1863 bei Lokomotiven) in einer Bogenführung. Beim von Richard von Helmholtz (1852-1934) im Jahre 1889 eingeführten Krauss-Helmholtz-Gestell sind Vorlaufachse und der nachfolgende Kuppelradsatz durch einen zweiarmigen Hebel miteinander verbunden, beim Lotter-Gestell sind es Drehgestell und Kuppelachse. Der Beugniot-Hebel (als Abart des Baldwin-Gestells, 1842-54) wurde von Edouard Beugniot (1815-1878) ab 1859 verwendet. Er verbindet zwei benachbarte Kuppelachsen durch liegende, zweiarmige Hebel miteinander, und die Radsätze sind die somit gegenläufig querverschieblich. Lokomotiven mit getrennten Triebwerken ermöglichen zwar eine gute Bogenläufigkeit, erfordern jedoch gelenkige Verbindungen der Dampfleitungen. Am meisten eingeführt war seit 1887 die Mallet-Lokomotive mit festem Hochdruck-Triebwerk (hinten) und beweglichem Niederdrucktriebwerk; die bekannteste deutsche Verteterin war die bayerische Gt 2x4/4 (BR 96.0). Bei der Bauart Meyer (1861), bereits von Günther im Semmering-Wettbewerb von 1851 verwendet, sind beide Triebwerke gelenkig, und die Zylinder sind nahe beisammen und einander zugewandt; sie wurde in Sachsen u.a. bei der Schmalspurlokomotive IVk (99.51) verwendet. Die Fairlie-Lokomotive (1864/66) ist eigentlich eine Doppellokomotive mit Mittelführerstand, deren Kessel an den Stehkesseln verbunden sind und seitliche Feuertüren haben; die Dampfdrehgestelle mit Zylindern an den Enden ruhen unter den Langkesseln. Bei der Garratt-Lokomotive (gebaut ab 1909) ruht der Kessel brückenartig auf den weit entfernten Dampfdrehgestellen, die mit Wasser- und Kohlenkästen versehen sind.

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