Norddeutscher Lloyd


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Norddeutscher Lloyd: Fritz Achelis und Philipp Heineken


Allgemeines

FirmennameNorddeutscher Lloyd
OrtssitzBremen
Postleitzahl282xx
Art des UnternehmensReederei
AnmerkungenVorläufer war die "Ocean Steam Navigation Company". Seit 1970: "Hapag-Lloyd"
Quellenangaben[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1857-1907 (1907)] [Lindeman: Der Norddeutsche Lloyd (1892)] [FAZ, 07.11.1998, S. 15] [Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5194]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
15.06.1846 Der Bremer Senat beschließt die Entsendung eines besonderen Vermittlers nach New York und Washington, und es gelingt schließlich, im Senat zu Washington am 15. Juni 1846 einen Beschluß durchzusetzen, daß das geplante Dampfschiffsunternehmen zwischen New York und Bremen einen jährlichen Zuschuß von 100.000 Dollar für jedes Schiff erhalten sollte. Die weiteren Verhandlungen bis zur Errichtung der Linie begegnen zunächst außerordentlichen Schwierigkeiten, da die Aktienzeichnung ungewöhnlich langsam vor sich geht.
1853 Durch eine Geschäftsreise in die USA und die Karibik erkennt Eduard Crüsemann den Bedarf einer regelmäßigen Dampfschifflinie zwischen USA und Bremen. Auf dieser Reise hat er Gelegenheit zu beobachten, welcher Ausdehnung das Geschäft Bremsns mit den Vereinigten Staaten fähig sei, gewinnt aber auch gleichzeitig die Überzeugung, daß es einer regelmäßigen Dampfschiffslinie bedürfe, um solches Geschäft zur vollen Blüte zu bringen. Nach Bremen zurückgekehrt widmet Crüsemann von diesem Augenblick an sdne ganze Tätigkeit der Bildung einer Gesellschaft, deren Hauptzweig die Gründung einer direkten Dampfschiffslinie nach New York sein soll. In Bremen gründet er zusammen mit Hermann Heinrich Meier den Norddeutschen Lloyd. Crüsemann wird erster Direktor und setzte neben dem Warentransport auch auf den Passagierverkehr, der durch die Auswanderung stärker wird.
1856 Eduard Crüsemann, der spätere erste Direktor des Lloyd, tritt an H. H. Meier mit der von Crüsemann völlig ausgearbeiten Idee zur Gründung des "Norddeutschen Lloyd" heran und findet in Meier, der die Tragweite der Idee erkennt, auch bei sich selbst wohl ähnliche Pläne seit längerer Zeit erwägt, einen vollen Förderer. Niemand in Bremen ist für ein Unternehmen von dem weiten Rahmen, der dem "Norddeutschen Lloyd" von vornherein gesteckt wurde, besser geeignet als Meier, der in Bremen selbst dee führende Stellung einnahm, der die amerikanischen Verhältnisse aus eigener Anschauung und aus eigener Tätigkeit aufs genaueste kannte, der durch die Berliner Unterhandlungen mit der preußischen Regierung Beziehungen angeknüpft hatte, der endlich durch sein aktives Hervortreten im Bundesparlament in allen Teilen des zersplitterten Deutschlands wenigstens bekannt war.
1857 Bei Palmers Brothers in Jarrow werden die zwei Eisenschiffe "Weser" und "Hudson" mit ihren Kesseln an Bord zu Wasser gelassen. Die "Hudson" läuft zuerst vom Stapel, und die "Weser" etwas später, beide sind Linienschiffe des Norddeutschen Lloyd. Es sind zu dieser Zeit die luxuriösesten Schiffe, und sie machen große Bemühungen, um das Blaue Band von der "Persia" der Cunard-Line zu erringen, aber sie haben Mißerfolg, ehe sie in der Lage sind, ihre vorgesehene Geschwindigkeit zu erreichen. Die "Hudson" fängt in Bremen nach nur einigen Fahrten an ihrer Station Feuer, und der ausgebrannte Rumpf wird zum Verschrotten an eine Firma in Newcastle verkauft. Im folgenden Jahr läuft die "Weser" westlich von Irland in einen fuchtbaren Hurrikan beim Versuch, den atlantischen Rekord zu brechen. Sie erleidet so schwere Schäden, daß sie aus dem Verkehr gezogen wird.
18.02.1857 Die Gesellschaft erhält Statuten und den Status einer juristischen Person.
20.02.1857 Gründung (Konstituierung) mit einem Grundkapital von 4.000.000 Bremer Talern. Die Schiffe der Gesellschaft mit blauweißer Schlüssel- und Ankerflagge fahren zunächst nach England und New York.
Herbst 1857 In Nordamerika bricht eine große Handelskrisis aus, welche ihren Einfluß nicht nur auf die Warenbewegung, sondern
auch auf die Auswanderung ausübt. Ebenso beeinflußt die amerikanische Handelskrisis den Verkehr mit England. Der Einfluß dieser Handelskrisis auf das deutsche Kapital ist so groß, da0 2602 Aktionäre des Norddeutschen Lloyd
ihre erste Einzahlung noch im Jahre 1857 gänzlich im Stich lassen.
27.04.1858 Die Verwaltung des Lloyd läßt sich durch die Wirtschaftskrise nicht beirren. Der erste Jahresbericht, ausgegeben am 27. April und einen Zeitraum von zehn Betriebsmonaten umfassend, betont die Schwierigkeiten des ersten Geschäftsjahres, gleichzeitig aber das unerschütterliche Vertrauen der Verwaltung auf das Unternehmen, welches mit Recht als für Bremen und das ganze Gebiet des Weserstromes von der größten Wichtigkeit, für ganz Deutschland als von nationaler Bedeutung bezeichnet wird.
12.06.1858 Der erste Ozeandampfer des Lloyd, die "Bremen", macht auf der Weser unter der Teilnahme des Senats und der Bremer
Handelskammer seine Probefahrt. Die gesamte Ladefähigkeit dieses ersten Dampfers beschränkt sich auf 1000 Tons Güter und 850 Tons Kohlen, seine Maschinenstärke indizierte 650 Pferdekräfte, die Passagiereinrichtungen umfassen 170 Plätze in der Kajüte und 400 im Zwischendeck, der Bruttotonnengehalt des Schiffes beläuft sich auf rund 3000 Tonnen.
19.06.1858 Die New Yorker Linie des "Norddeutschen Lloyd" beginnt ihre Fahrt mit dem Dampfer "Bremen"
17.07.1858 Der erste Dampfer mit 60 Kajüts-Passagieren (die "Bremen") geht von New York wieder ab.
30.07.1858 Der erste Dampfer, die "Bremen", kommt nach einer überaus kurzen Fahrt von nur 12 1/4 Tagen aus New York nach der ersten Fahrt wieder an.
02.08.1858 Der in Newcastle erbaute Dampfer "Hudson", das zweite Schiff des Lloyd, trifft auf der Weser ein.
04.08.1858 Der dritte Dampfer des Lloyd "New York" trifft aus Greenock auf der Weser ein.
11.09.1858 Die "Hudson" befährt als zweiter Dampfer die New Yorker Linie des "Norddeutschen Lloyd"
Nov. 1858 Der vierte Dampfer des Lloyd "Weser" trifft aus Newcastle auf der Weser ein.
02./03.11.1858 In der Nacht vom 2. zum 3. November brennt der Dampfer "Hudson", der am 6. November seine zweite Reise nach New York antreten soll, in Bremerhaven bis auf den Wasserspiegel nieder,
Dez. 1858 Die "Weser" erleidet durch schwere Stürme derartige Havarien, daß sie für Monate aus dem Betriebe ausscheidet und schließlich, da die Verbände sich gelockert haben und infolgedessen das Schiff nur während der Sommermonate brauchbar erscheint, verkauft wird.
04.12.1858 Die "Weser" befährt als dritter Dampfer die New Yorker Linie des "Norddeutschen Lloyd"
1858 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 15.255; 1833 beförderte Fahrgäste; 28.520 gefahrene Seemeilen
1858 Der Verlust in diesem Jahr beträgt 200.000 Taler.
Anfang 1859 Im Anfang des Jahres bricht dem Dampfer "Bremen" auf der Rückreise von New York die Kurbelwelle, doch erreicht das Schiff glücklich Bremerhaven.
Anfang 1859 Zur Deckung des Verlusts muß eine sechsprozentige Prioritätsanleihe im Betrage von 600.000 Talern aufgenommen werden.
1859 Der Gewinn, welchen die Dampfer "Bremen" und "New York" liefern (97.400 Taler), zeigt die Möglichkeit einer späteren Rentabilität des Unternehmens, dem nun auch der Abschluß von Verträgen wegen Beförderung der englischen und amerikanischen Post zugute kommt.
1859 Das Vertrauen der Aktionäre ist durch die Verluste in bedenklicher Weise erschüttert, und die Darmstädter Bank bietet dem Lloyd 1 Million Taler seiner Aktien zu dem Kurse von 28 % an. Deren Rückkauf und die Beschaffung der
dazu erforderlichen Kaufgelder durch Veräußerung des Dampfers "Weser" ist eine der glücklichsten Maßnahmen des Präsidenten des Verwaltungsrats, ein Schritt, den dieser freilich zunächst auf eigene Verantwortung tun muß, denn um die dargebotene Gelegenheit zu ergreifen, ist rasches Handeln notwendig. Allein die Generalversammlung läßt den
Verwaltungsrat nicht im Stich: muß sie sich doch überzeugen, daß der Wert der noch in den Händen der Aktionäre befindlichen Aktien durch jene Transaktion nicht unerheblich gesteigert worden ist.
1860 Für die gesamte Beurteilung der Schwierigkeiten, welche dem Lloyd in seinen ersten Betriebsjahren erwachsen, ist eine Eingabe Mindener Aktionäre an den Verwaltungsrat des Lloyd im Jahre 1860 und die Beantwortung dieser Eingabe höchst charakteristisch. Es handelt sich dabei hauptsächlich um zwei Anfragen, welche gestellt werden, nämlich:
durch welche Ursache wohl die so exorbitante Verminderung des Nominalwertes der Lloydaktien bis zu 30 % und die hieraus folgende Schmälerung des Gesellschaftsvermögens veranlaßt sei und zweitens inwieweit es möglich sei, die Gesellschaft vor weiterem gänzlichen Verlust des durch die Stammaktien repräsentierten Gesellschaftsvermögens zu schützen.
12.10.1860 Trotz Krimkrieg und amerikanischem Unabhängigkeitskrieg kündigt die Verwaltung des Lloyd als Ersatz für die ausgeschiedenen Dampfer "Hudson" und "Weser" den Bau eines neuen Dampfschiffes "Hansa" aus dem Rest der ersten Prioritätsanleihe an.
1861 Die "Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft" hofft um 1860 offenbar noch durch einen Konkurrenzkampf die Bremer Linie unterdrücken zu können. Erst im Jahre 1861 gelingt es, ein Abkommen mit Hamburg sowohl in Betreff der Frachten, als auch in Betreff der Abgangstage zu treffen. Durch dieses Abkommen wird dann die von vornherein angestrebte achttägige regelmäßige deutsche Postdampfschiffsverbindung mit New York während acht Monate im Jahr und eine 14tägige Verbindung während der Wintermonate hergestellt.
Dez. 1861 Die Verwaltung nimmt eine neue Prioritätsanleihe auf, welche zur Komplettierung des zu dem Bau eines vierten transatlantischen Dampfers nötigen Kapitals, der "Amerika", dienen soll. Die "Amerika" ist für die Geschichte der deutschen Schifffahrt insofern von Wichtigkeit, als sie zum erstenmal mit einer deutschen Gußstahlwelle von Krupp, die auf der Londoner Ausstellung grosses Aufsehen erregt hatte, ausgestattet ist.
1863 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 21.118; 9714 beförderte Fahrgäste; 149.730 gefahrene Seemeilen
1865 Es tritt eine Besserung in den Verhältnissen ein. Trotz der noch andauernden Störungen auf dem Gebiet der Ein- und
Ausfuhr - die Ausfuhr aus Bremen, einschließlich der in Southampton und Havre genommenen Fracht, fällt sogar noch gegen das Vorjahr, während die Schiffe dagegen nahezu volle Ladung von New York bringen - steigert sich der Passagierverkehr nicht unerheblich, nämlich auf 15.116 Passagiere gegen 9-714 im Vorjahre. Der Postkontrakt, welcher
dem Lloyd die Beförderung der englisch-amerikanischen Post zusichert, bleibt in Kraft und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, daß die Lloyddampfer schon zu dieser Zeit mit Rücksicht auf ihre Schnelligkeit
mit an der Spitze der den transatlantischen Dienst versehenden Dampfer stehen. Die durchschnittliche Reisedauer zwischen Southampton und New York beträgt in westlicher Richtung 12 Tage 10 Stunden, in östlicher Richtung 11 Tage 23 Stunden; die "Amerika" braucht sogar nur 11 Tage 3 bzw. 11 Tage 10 Stunden. Auch der Verkehr mit England hat sich
erheblich gesteigert, so daß nach London 71, nach Hull 50 Reisen ausgeführt werden. Der Reingewinn dieses ersten günstigen Jahres des Lloyd erlaubt die Verteilung einer Dividende von 10 %.
um 1865 Der Verwaltungsrat nutzt das günstige Ergebnis von 1865 sofort zu einer Finanzoperation, welche die hohe Belastung der Gesellschaft durch die sechsprozentigen Prioritätsanleihen von 1859 und 1861 aus der Welt schaffen soll. Die Aktien des Lloyd stehen über pari. Das Vertrauen zu dem Unternehmen ist so gewachsen, daß sich die Möglichkeit ergibt, durch die Aufnahme einer 4,5-prozentigen Prioritätsanleihe im Betrage von 1 Million Talern Gold die alten Anleihen zu tilgen und noch liquide Mittel im Betrage von 240.000 Talern in der Hand zu behalten.
um 1865 Der Verwaltungsrat beschließt auf der Generalversammlung die Selbstversicherung der Lloyd-Dampfer durch einen Spezial-Versicherungsfonds. Für diesen Antrag ist eine Statutenänderung erforderlich, nach welcher "die Überschüsse der Prämiengelder für auf eigene Kaskos und Zubehör zu laufenden Versicherungen einem besonderen Fond überwiesen werden, dessen Höhe auf 500.000 Taler fixiert bleibt. Die diesen Betrag überschreitenden Überschüsse sollen dem jährlichen Reingewinn hinzugerechnet werden".
1865 Im Geschäftsjahr 1865 kann der Lloyd 15 % Dividende verteilen.
15.03.1866 Christoph Leist meldet sich nach bestandenem Examen zum Dienst beim "Norddeutschen Lloyd" und tritt am 15. März auf dem Dampfer "Amerika" als zweiter Offizier ein.
20.07.1866 Leist wird zum ersten Offizier auf der "Amerika" befördert.
1866 Im Geschäftsjahr 1866 kann der Lloyd 20 % Dividende verteilen. Dabei wächst die Flotte in dieser Zeit durch die Einstellung von vier neuen transatlantischen Dampfern.
1867 Um 1867 fahren die Lloyd-Schiffe über England und New York hinaus nach weiteren Häfen der amerikanischen Ostküste,
1867 Die Vermehrung der Flotte gestattet nun die bereits bei Gründung des Unternehmens ins Auge gefaßte Maßnahme, eine wöchentliche Abfertigung eines Dampfers von Bremen nach New York und umgekehrt.
1867 Stockmeyer wird Mitglied des Verwaltungsrats
22.01.1867 Der Norddeutsche Lloyd kann in einer außerordentlichen Generalversammlung eine wesentliche Erweiterung des Betriebes, und zwar durch die Errichtung einer Linie von Bremen nach Baltimore, vorschlagen.
22.01.1867 In der außerordentlichen Generalversammlung vom 22. Januar 1867, beschließt der Lloyd die Errichtung der Baltimore-Linie mit einem Kapital von 700.000 Talern, welche durch Ausgabe von Norddeutschen Lloyd-Aktien, Littera B, aufgebracht werden sollen. Von diesen Aktien übernimmt der Norddeutsche Lloyd die Hälfte mit 350.000 Talern, während die Baltimore- und Ohio Railroad-Company die andere Hälfte mit 350.000 Talern al pari für ihre Rechnung und zwar unter der Verpflichtung übernimmt, diese, so lange die Schiffe in der Fahrt nach Baltimore verbleiben, nicht an Dritte zu verkaufen, sie aber dem "Norddeutschen Lloyd" jederzeit auf seinen Wunsch zum pari Kurse nebst dem auf dieselben entfallenden Anteil an dem für diese Dampferlinie etwa vorhandenen Reservefond zurückzugeben. Die Baltimore- und Ohio Railroad-Company verpflichtet sich ferner, einen geeigneten Landungsplatz unentgeltlich herzugeben, diesen für die Schiffe stets zugänglich zu halten, die nötigen Bauten (Pier, Wharf, Lagerhaus) für eigene Rechnung auszuführen und zu unterhalten, den Schiffen keine Kosten für die Benutzung zu belasten
und ihnen die benötigten Kohlen unter Marktpreis, der etwa halb so hoch wie in New-York ist, zu liefern.
März 1867 Postvertrag mit den Vereinigten Staaten, nach welchem vom März 1867 ab der Norddeutsche Lloyd regelmäßig jede Woche die englisch-amerikanische Post und zwar am Donnerstag von New York am Dienstag von Southampton nach New York zu befördern hat.
01.10.1867 Stapellauf der "Berlin" bei Caird & Co." in Greenock
1868 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 44.096; 41.926 beförderte Fahrgäste; 385.020 gefahrene Seemeilen
1868 Johann G. Lohmann wird Mitglied des Verwaltungsrats.
1868 Der Erfolg der Baltimore-Linie des "Norddeutschen Lloyd" übertrifft die Erwartungen der Verwaltung bezüglich der Rentabilität weit. Eine monatliche Verbindung stellt sich als ungenügend heraus, und schon im Jahre 1868 tritt der
Lloyd daher an seine Aktionäre mit dem Antrag heran, das ursprüngliche Aktienkapital zu verdoppeln, also auf 1.400.000 Taler Gold zu bringen, und durch die Erbauung zweier neuer Dampfer für die Baltimore-Fahrt eine 14tägige Verbindung mit diesem Hafen zu ermöglichen.
01.03.1868 Die Baltimore-Linie des "Norddeutschen Lloyd" tritt ins Leben. Die Ankunft des ersten Lloyd-Dampfers in Baltimore gestaltet sich zu einer Art Volksfest, an welchem die ganze Stadt teilnimmt.
15.08.1868 Leist wird erster Offizier auf dem Dampfer "Rhein", der zu dieser Zeit in Greenock neu erbaut wird
17.10.1868 Stapellauf der "Donau" bei Caird in Greenock
04.11.1868 Leist wird infolge seiner hervorragenden seemännischen Befähigung, zwei Jahre nach Ablegung des letzten Examens, zum Kapitän des Dampfers "Bremen" ernannt.
18.12.1868 Stapellauf der "Ohio" bei Caird & Co." in Greenock
1869 Errichtung einer neuen Linie des "Norddeutschen Lloyd" zwischen Bremen und New Orleans, mit Einbeziehung von Havana in den Fahrplan.
1869 Der Verwaltungsrat des "Norddeutschen Lloyd" beschließt unter Zustimmung der Generalversammlung, die von den 4 Millionen Talern Grundkapital des Lloyd noch unbegebene 1 Million Taler Stammaktien auszugeben und zwar mit dem Zweck der Errichtung einer Dampfschiffahrts-Verbindung mit Westindien und Südamerika. Die Notwendigkeit dieser Verbindung ergibt sich namentlich aus den Handelsbeziehungen zur Westküste von Mexiko und Südamerika, die vorzugsweise in den Händen von deutschen Handelshäusern liegen, sowie in dem großen Export von Neu-Granada und Venezuela nach Deutschland.
16.01.1869 Jungfernfahrt der "Donau" von Bremen über Southampton nach New York
13.02.1869 Stapellauf der "Leipzig" bei Caird in Greenock
08.03.1869 Jungfernfahrt der "Ohio" Bremen - Southampton - Baltimore
15.06.1869 König Wilhelm I. von Preußen besucht die Hafenstädte Geestemünde und Bremerhaven. Der König folgt der Einladung des Verwaltungsrats des "Norddeutschen Lloyd" zum Besuch des im neuen Hafen liegenden Dampfers "Deutschland". Als der König das, wie die anderen Dampfer in den Häfen, festlich flaggende Schiff mit Prinz Adalbert, dem Großherzog von Mecklenburg, dem Grafen Bismarck, dem Minister v. Roon und dem Grafen Moltke betritt, schallt ihm das Hurra der in den Rahen aufgestellten Matrosen entgegen. Der Präsident des Verwaltungsrats, Herr H. H. Meier, hält eine kurze Begrüßungansprache, worauf nach erteilter Genehmigung die königliche Standarte am Hintermast gehißt und sowohl von der "Deutschland" wie von den anderen im Hafen liegenden Lloyddampfem mit 33 Salutschflssen begrüßt wird.
18.06.1869 Stapellauf der "Frankfurt" bei Caird in Greenock
27.07.1869 Stapellauf der "Hannover" bei Caird in Greenock
01.09.1869 Tod des ersten Direktors des "Norddeutschen Lloyd" Eduard Crüsemann in Oberneuland bei Bremen, der in zwölfjähriger Tätigkeit den besten Teil seines Lebens den Interessen der Gesellschaft widmete. An die Stelle des verstorbenen Direktors Crüsemann treten die Direktoren Stockmeyer und Peters.
15.09.1869 Jungfernfahrt der "Frankfurt" von Bremen über Havanna nach New Orleans
1869 Der Jahresbericht des Lloyd für das Jahr 1869 bezeichnet dieses als das produktivste, welches in dem zwölfjährigen Bestehen der Gesellschaft zu verzeichnen ist. Der Bericht findet diese Produktivität mit Recht in dem alle früheren Jahre übersteigenden Nettogewinn, der trotz des höheren Aktienkapitals die Verteilung einer Dividende von 16 %
ermöglicht, besonders aber in der Vermehrung der Verkehrsmittel, in der Errichtung der neuen Linien und in Maßnahmen der inneren Verwaltung. Die letzteren beziehen sich vornehmlich auf die Anlegung eines eigenen Trockendocks in Bremerhaven und in dem Erwerb des bis dahin gemieteten Anlege-Piers in New York.
1870-1879 Westindien und nach Südamerika werden seither bedient
1870 Der "Norddeutsche Lloyd" kauft die zunächst mietweise übernommenen Piers in New York an.
1870 Leist fällt die Stellung als Baubeaufsichtiger für den in Greenock in Bau befindlichen Dampfer "Kronprinz Friedrich Wilhelm" zu, dessen Führung er bis zum Januar 1873 behält.
19.03.1870 Jungfernfahrt der "Hannover" von Bremen nach New York
2. Halbj. 1870 Die allgemeine Schädigung durch die französische Seeblockade ist daraus ersichtlich, daß im zweiten Halbjahr 1870 sich eine Mindereinnahme von beinahe 4 l ft Millionen Mark gegen die gleiche Periode im Jahre 1869 ergab, nachdem bis zum Ausbruch des Krieges, Ende Juli, mehr als 1,7 Millionen Mark Mehreinnahme sich ergeben hat.
13.09.1870 Stapellauf der "Kronprinz Friedrich Wilhelm" bei Caird in Greenock
13.09.1870 Stapellauf der "Kronprinz Friedrich Wilhelm" für den "Norddeutschen Lloyd", Bau-Nr. 156
28.11.1870 Der Lloyd-Dampfer "Union" strandet an der schottischen Ostküste bei Rattrayhead und geht total verloren. Das Schiff fuhr wegen der französischen Seeblockade, die bis Anfang Oktober dauerte, den gefährlichen Weg um Schottland.
1870 Trotz der Beeinträchtigung durch den Deutsch-Französischen Krieg vollenden die Dampfer des Lloyd im Jahre 1870 55 Reisen nach New York, davon 14 auf dem Wege nördlich um Schottland herum, nach Baltimore 16, nach New Orleans wurden 9 Reisen, nach London 44, nach Hull 34, außerdem 12 Reisen nach verschiedenen anderen Häfenplätzen vollendet.
07.04.1871 Jungfernfahrt der "Kronprinz Friedrich Wilhelm" von Bremen nach Colon (Panama)
1871 Der Betrieb des Jahres erlaubt eine Verteilung von 10% Dividende und zwar auf ein Kapital von 4 Millionen Taler Gold. Der Verwaltungsrat glaubt, sich bei den Aktionären noch mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit dieser Dividende gegenüber den erzielten Betriebsüberschüssen entschuldigen zu müssen und führt als Gründe dafür die Verteuerung der Ausrüstungs- und Verproviantierungsgegenstände, die Höhe der Arbeitslöhne und insbesondere die sehr erheblichen gegen früher gesteigerten Kosten für Kohlen an. Auch die Einnahmen aus der Post sind durch die Verbilligung des Portos bedeutend herabgegangen.
1872 Der Lloyd verliert einen seiner Direktoren, Herrn Peters, der seit dem Tode Crüsemanns mit dem Direktor Stockmeyer gemeinsam die Geschäfte der Gesellschaft leitete. Daraufhin führt Direktor Stockmeyer allein das Unternehmen.
1872 Der "Norddeutsche Lloyd" beginnt zum erstenmal Antwerpen in die Zahl der regelmäßig von ihm angelaufenen Häfen aufzunehmen. Die Aufnahme des Hafens in den Betrieb des Lloyd legt zunächst die Grundlage für die gleich zu erwähnende ständige Einfügung Antwerpens in den Fahrplan der südamerikanischen Linien. - Eine frühere Einbeziehung Antwerpens verbot sich durch die Schifffahrtsabgaben, welche Holland auf der Scheide erhob und die erst durch die sog. Befreiung der Scheide im Jahre 1869 hinfällig wurden.
1872 In den Jahresberichten des Lloyd erscheint zum ersten Mal die Mark-Rechnung an Stelle der Talerwährung.
1872 Die Weiterentwicklung der Baltimore-Linie des "Norddeutschen Lloyd" führt zu einer abermaligen Erhöhung des für die Baltimore- Linie ausschließlich reservierten Grundkapitals um 700.000 Taler Gold, wodurch die weitere Ausgestaltung der Baltimore-Flotte in die Wege geleitet wird.
05.02.1872 Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung über eine für diese Zeit ganz ungewöhnliche Erhöhung der Geldmittel des Lloyd, nämlich über den Abschluß einer neuen Prioritätsanleihe im Betrage von 2 Millionen Taler Gold, ferner über die Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft um 2 Millionen Taler Gold durch Ausgabe neuer Aktien, endlich über die Erhöhung des Grundkapitals der Baltimore-Linie um 700.000 Taler Gold.
24.05.1872 Stapellauf der "Straßburg" bei Caird in Greenock
03.09.1872 Jungfernfahrt der "Straßburg" von Bremen nach New York
1873 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 75.949; 71.041 beförderte Fahrgäste; 1.063.568 gefahrene Seemeilen; 229.512 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 3.102.675 Mark
1873 Es wird zum ersten Mal die einheitliche Bemessung der Schiffsräume nach Register-Tons an Stelle der früheren "Last" eingeführt, deren Umfang vor der Einigung Deutschlands in den verschiedenen Staaten auch ganz verschieden bewertet wurde.
1873 Begründung der Seemannskasse des Norddeutschen Lloyd, bestehend aus einer Hilfskasse, einer Pensionskasse, einer Krankenkasse und einer Kasse zur Unterstützung der Witwen und Waisen. Die Kasse gibt dem Stamm der Seeleute und dem Maschinenpersonal die Gewähr, daß bei Unglücksfällen, bei Eintritt der Invalidität oder sonst bei Dienstunfähigkeit der Lloydangestellte mit größerer Sicherheit seiner Zukunft entgegensehen werden kann.
Frühjahr 1873 Der Bundesrat und der erste Reichstag des Deutschen Reichs würdigen die Bedeutung des Lloyd durch einen Besuch, im Verlaufe dessen der Dampfer "Mosel" die Besucher von Bremerhaven nach Wilhelmshaven überführt.
Jan. 1873 Leist geht als Kapitän auf den Dampfer "König Wilhelm"
04.01.1873 Jungfernfahrt der "Mosel"
01.04.1873 Leist beaufsichtigt vom 1. April an den Bau eines neuen Dampfers in Greenock, des "Feldmarschall Moltke" und führt diesen als Kapitän bis Mai 1874.
26.11.1873 Die "König Wilhelm" strandet bei Nieuwdiep an der holländischen Küste und geht total verloren.
1874 Die westindische Linie des "Norddeutschen Lloyd" wird aufgegeben (1901 wiedereröffnet)
20.05.1874 Leist übernimmt er das Kommando des Dampfers "Main".
18.01.1875 Eröffnung eines eigenen Trockendocks
01.03.1875 Eröffnung der bereits im Februar 1872 angekündigten Südamerikanischen Linie des "Norddeutschen Lloyd". Anfang 1875 sind die beiden letzten für die Brasilfahrt bestimmten neuen Dampfer abgeliefert, und am 1. März tritt der Dampfer "Hohenzollern" die erste Reise auf der neuen Linie nach Brasilien und den La Plata-Staaten über Antwerpen und Lissabon an.
01.04.1875 Auf der Südamerikanischen Linie des "Norddeutschen Lloyd" geht als zweites Schiff die "Salier" in Fahrt
01.05.1875 Auf der Südamerikanischen Linie des "Norddeutschen Lloyd" geht als drittes Schiff die "Habsburg" in Fahrt, und damit
wird der monatliche Betrieb nach Südamerika eröffnet.
03.12.1875 Leist übernimmt in Vertretung des erkrankten Kapitäns Neynaber das Kommando der "Mosel", die am 11. Dezember durch ein Sprengstoffattentat in Bremerhaven schwer beschädigt wird.
11.12.1875 Sprengstoffanschlag auf das Auswandererschiff "Mosel" (Kapitän [vertretungsweise]: Christoph Leist) in Bremerhaven. Motiv ist ein Versicherungsbetrug des Kanadiers Alexander Keith (alias William King Thomas). Ein Faß, gefüllt mit dem Sprengstoff Lithofracteur, mit einem Zündmechanismus durch eine lautlose Uhr (ahnungsloser Erbauer: Johann Ignaz Fuchs in Bernburg), die in zehn Tagen auslösen soll, fällt beim Beladen auf den Kai und explodiert. 83 Menschen kommen ums Leben, davon 25 an Deck; der Kapitän bleibt wie durch ein Wunder unverletzt. Der hoch verschuldete Täter begeht an Bord der "Mosel" (er will das Schiff in Southampton verlassen) Selbstmord durch einen Kopfschuß, kann aber noch vor seinem Tode von der Polizei vermommen werden. - Dem Ereignis gingen im selben Jahr zwei fehlgeschlagene Attentate zuvor. Das beschädigte Schiff wird in den Hafen zurückverlegt, die Reparatur dauert sechs Wochen.
26.12.1875 Leist übernimmt nach Sprengstoffattentat auf die "Mosel" das Kommando der "Hohenstaufen"
01.03.1876 Leist übernimmt Kommando der "Oder"
Frühjahr 1877 Tod von Direktor Stockmeyer, der, seit zehn Jahren dem Verwaltungsrat angehörend, die Direktion des Lloyd führte
1877 Es bestehen im Verkehr zwischen Europa und Amerika im wesentlichen folgenden Linien: von England die Cunardlinie, die Inmanlinie, die Guionlinie, die Anchorlinie, die White Star Linie und die Allan State Linie; von Frankreich die Compagnie generale transatlantique, von Italien die Pabre Linie, von Deutschland neben dem Norddeutschen Lloyd
die Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft.
1877 Ende der Amtszeit von H. H. Meier als Aufsichtsratsversitzender des "Norddeutschen Lloyd"
1877 Eintritt von Friedrich Ludwig Tilmann Achelis in den Aufsichtsrat des "Norddeutschen Lloyd"
01.07.1877 Nach dem Tode Stockmeyers übernimmt Johann G. Lohmann die Direktion des Lloyd. Er entstammt einer alten Bremer Kaufmannsfamilie, war früher in Bahia als Chef seines Hauses, J. G. Lohmann. Damit tritt ein Mann an die Spitze des
Unternehmens, dessen organisatorische Kraft während seiner 15jährigen Tätigkeit an der Spitze des Lloyd niemals versagt oder erlahmt, dessen gewaltige Persönlichkeit nach innen und nach außen hin einen ungeheuren Einfluß - nach innen auf das gesamte Lloydpersonal, nach außen auf alle Persönlichkeiten und Behörden, welche mit dem Lloyd gerade während dieser 15 Jahre in immer engere Fühlung treten - ausübt, ein Mann, dessen weitschauende Ideen die gesamte deutsche Schiffahrt, darüber hinaus aber auch den deutschen Schiffsbau befruchteen und die von ihm geleitete deutsche Reederei zur ersten Reederei der Welt machen.
1877 Im Amerika-Verkehr reisen 5.500 Kajütspassagiere
1878 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 93.077; 36.209 beförderte Fahrgäste; 1.087.226 gefahrene Seemeilen; 208.191 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 2.716.250 Mark
1879 Persönliche Verhältnisse veranlassen Wiegand, nach Bremen zurückzukehren, im selben Jahr macht er sein Staatsexamen in Lübeck und das Doktorexamen in Göttingen. Noch im Jahre 1879 läßt er sich als Rechtsanwalt in Bremen nieder. Seine Tätigkeit als Anwalt liegt vornehmlich auf handelsrechtlichem und seerechtlichem Gebiete und verschafft ihm sehr bald einen bedeutenden Ruf, welcher in weiten Kreisen Widerhall findet durch seine Führung des Rechtsstreites über die Kollision zwischen dem Norddeutschen Lloyddampfer "Hohenstaufen" und Seiner Majestät Schiff "Sophie*. Diesen Rechtsstreit, der gewisse Grundfragen des Seerechts beirührt, gewinnt Wiegand für den Norddeutschen Lloyd in zwei
Instanzen, während das Reichsgericht später zugunsten des Fiskus entscheidet. Zur selben Zeit tritt Wiegand von der eigentlichen Prozesstätigkeit mehr und mehr zurück und widmet sich dem Beruf als Konsulent bei den größeren Gesellschaften.
1879 Die Zahl der Kajütspassagiere beträgt 6375
1880 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 89.484; 95.714 beförderte Fahrgäste; 1.318.272 gefahrene Seemeilen; 229.969 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 2.294.360 Mark
1880 Der Lloyd übergibt den Bau des ersten Schnelldampfers, der "Elbe", der Werft von "John Elder & Co." in Glasgow, der späteren "Fairfield Shipbuilding Co". Die Übertragung des Baues erfolgt im Jahre 1880. Der Preis beträgt (ohne die Kosten der Ausrüstung bis zur Einstellung in den Betrieb) 2,75 Millionen Mark.
01.11.1880 Nach seinem Eisatz als Kapitän der "Oder" geht Leist nach Glasgow, um hier nacheinander den Bau der Lloyd-Schnelldampfer "Elbe", "Werra", "Fulda", "Eider" and "Ems" zn leiten.
1881 Aufnahme des ersten Schnelldampferdienstes des Norddeutschen Lloyd zwischen Bremen und New York, beginnend mit dem Schnelldampfer "Elbe". - Er wird erfolgreich fortgeführt und gesteigert.
Juni 1881 Der Schnelldampfer "Elbe", gebaut von "John Elder & Co." in Glasgow, wird noch vor Ablauf der kontraktmässig bedungenen Baufrist geliefert.
15.06.1881 Leist übernimmt das Kommando der "Elbe" (bis 28.11.1881)
1881 Die schnellste Reise der "Elbe" zwischen Southampton und New-York während ihrer fünf Reisen des Jahres 1881 erfordert zwischen Southampton und New York ausgehend 8 Tage 12 Stunden 50 Minuten, rückkehrend 8 Tage 9 Stunden und 10 Minuten. Mit ihren 4500 Tonnen Brutto, 2800 Tonnen Netto, übertrifft die sie die größten bisherigen Lloyddampfer um die Hälfte des Tonnengehalts - der größte der alten Dampfer, die "Oder", mißt 3158 Tonnen Brutto. Ihre 5600 Pferdekräfte, die ihr eine Schnelligkeit von 16 Meilen verleihen, übersteigen die Maschinenstärke der bis dahin schnellsten Lloyddampfer um 2400 Pferdekräfte.
1882 Zur Zeit ihres 25jährigen Bestehens verfügt die Gesellschaft schon über eine Flotte von 98 Schiffen mit einem Raumgehalt von 104 500 BRT und rangiert in der Weltschiffahrt bereits an vierter Stelle.
1882 Der Erfolg des Schnelldampfers "Elbe" ist ein vollständiger. Das Schiff stellt den größten Dampfer der deutschen Handelsmarine dar, wird an Schnelligkeit von keinem Dampfer zwischen Europa und Amerika übertroffen und erfreut
sich einer ganz ungewöhnlichen Beliebtheit beim Reisepublikum.
1882 Es werden zwei neue Schnelldampfer, die "Werra" und "Fulda", bei John Elder bestellt, deren Tonnengehalt sich nunmehr schon auf je 4800 Tonen beläuft und deren Maschinen 6300 Pferdekräfte indizieren. Der Preis beträgt (ohne die Kosten der Ausrüstung bis zur Einstellung in den Betrieb) je 3 Millionen Mark. Die rascheste Rückreise der "Werra" kann bereits in 7 Tagen 20 Stunden 15 Minuten beendet werden.
1882 Der Lloyd kann seinen Aktionären mitteilen, daß seine Bestrebungen, rasche Verkehrsmittel zu bieten, seitens des Reichspostamts eine sehr schätzbare Anerkennung dadurch gefunden habe, daß dieses die Kaiserliche Deutsche Post, die der Lloyd bis dahin laut Vertrag nur für seine sonntags von Bremerhaven abgehenden Dampfer erhält, auch für die mittwochs segelnden Dampfer überweist, daß ferner auch seitens des General-Postamts in New York die Dampfer des Lloyd für die Beförderung der Post bevorzugt würden.
09.08.1882 Die "Mosel" fährt fast mit Höchstgeschwindigkeit (13 knt) bei Nebel direkt auf die Klippen bei Bass Point (Halbinsel Lizard). Alle 620 Passagiere werden gerettet.
1883 Bestellung der NDL-Schnelldampfer "Eider" und "Ems", deren Raumgehalt zwar nicht größer ist als bei "Werra" und "Fulda", deren Maschinen jedoch nunmehr schon 7000 Pferdekräfte erhalten. Der Preis beträgt (ohne die Kosten der Ausrüstung bis zur Einstellung in den Betrieb) je 3,5 Millionen Mark. Mit der Einstellung der "Eider" und "Ems" kann bereits ein wöchentlicher Schnelldampferdienst nach New York unterhalten werden.
10.03.1883 Leist übernimmt das Kommando der "Fulda" (bis 12.07.1883)
27.05.1884 Leist übernimmt das Kommando der "Ems" (bis 01.05.1885)
25.09.1884 Der Norddeutsche Lloyddampfer "Weser", Kapitän Bruns, am 12. November 1884 von Oalveston in Bremerhaven angekommen, trifft auf dieser seiner Reise am 25. September den französischen Dampfer "Marseille", welcher bei Carysfort (Carysfort Riff liegt vor der Südostküste der Halbinsel Florida) gestrandet war. 73 Fahrgäste der "Marseille" werden von der "Weser" aufgenommen.
24.10.1884 Rettung der Besatzung und Passagiere (zusammen 186 Personen) des in Brand geratenen niederländischen Dampfers
"Maasdam" von der Niederländisch-Amerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft in Rotterdam, durch Dampfer "Rhein", Kapitän Jüngst, ohne den geringsten Unfall. (20.00 - 22.00 Uhr).
1885 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 117.839; 124.614 beförderte Fahrgäste; 1.691.342 gefahrene Seemeilen; 315.697 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 2.330.850 Mark
1885 Bestellung dreier neuer Schnelldampfer, der "Aller", "Trave" und "Saale". Alle drei Schiffe erhalten einen Tonnengehalt von 5000 Tonnen und eine Maschinenstärke von je 8000 Pferdekräften. Der Preis beträgt (ohne die Kosten der Ausrüstung bis zur Einstellung in den Betrieb) je 3,6 Millionen Mark. Die drei Dampfer sind historisch wichtig deshalb, weil es die ersten für deutsche Rechnung aus Stahl gebauten Dampfer sind. Zu dieser Zeit herrscht noch, besonders in den Kreisen der Seeleute selbst, die Befürchtung, daß die Verwendung von Stahl bei irgendwelchen Havarien sich als verhängnisvoll erweisen könnte. Man glaubt, die Platten würden, da man bei dem Material eine besondere Sprödigkeit voraussetzt, weit eher brechen, als bei dem bisher verwandten weichen Eisen, Befürchtungen, die jedoch durch die Technik der Stahlbereitung gegenstandslos gemacht werden.
1885 Die Abtrennung der Baltimore-Linie von dem übrigen Betriebe des "Norddeutschen Lloyd", die Sonderverrechnung der Einnahmen und Ausgaben und der Umstand, daß die Inhaber der Aktien der Baltimore-Linie kein Stimmrecht in der Generalversammlung ausüben dürfen und auch sonst ihre Interessen nicht direkt zur Geltung bringen können, stellt kein gesundes Verhältnis dar, besonders nicht, nachdem die Aktien der Littera B auf einen sehr nennenswerten Teil des Gesamtkapitals des Lloyd, nämlich auf 2,1 Millionen Taler Gold gebracht waren. Der Lloyd löst daher allmählich diese Aktien aus Betriebsüberschüssen ein und beschließt im Jahre 1885, die Dampfschiffahrtslinie nach Baltimore, soweit sie bislang als abgesondertes Unternehmen für Rechnung der Inhaber der Aktien Littera B betrieben wurde, aufzugeben, die gesamte für Baltimore erbaute Flotte, bestehend aus sechs Dampfern mit einem Originalpreis von ca. 8 Millionen Mark und einem Buchwert von 3,75 Millionen Mark, zu übernehmen und die Baltimore-Linie von da ab im Lloydbetriebe selbst aufgehen zu lassen.
28.04.1885 In der ordentlichen Generalversammlung vom 28. April wird der Norddeutsche Lloyd ermächtigt, Geldmittel bis zum Belaufe von 15 Millionen Mark flüssig zu machen, um den Anforderungen zu genügen, die etwa an die Reederei herantreten, wenn diese die vom Reich zu subventionierenden Dampferlinien nach Ostasien übernehmen sollte.
01.05.1885 Chr. Leist wird zum Inspektor des Lloyd in Bremerhaven ernannt.
03./04.07.1885 Abschluß eines Vertrags über die Einrichtung und Unterhaltung deutscher Postdampfschiffverbindungen mit Ostasien und Australien vom Reichskanzler Fürsten Bismarck namens des Reichs und vom Konsul H. H. Meier, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Norddeutschen Lloyd. Damit treten an den Norddeutschen Lloyd sehr erhebliche Forderungen heran. Wenn der Lloyd auch die Fahrten mit seinem zur Verfügung stehenden Dampfermaterial eröffnen kann, so verlangt das Gesetz doch, daß alle neu in die Fahrt einzustellenden Dampfer auf deutschen Werften erbaut werden müssen und
setzt eine Minimalzahl neu einzustellender, sofort in Auftrag zu gebender Dampfer fest.
20.07.1885 Die außerordentliche Generalversammlung vom 20. Juli soll den Betrag der in der letzten ordentlichen Generalversammlung bewilligten Geldmittel von 15 Millionen Mark für die Ostasien-Linien auf 20 Millionen Mark erhöhen. Der Antrag wird angenommen.
1886 Eröffnung der Reichspostdampferlinien nach Ostasien und Australien.
1886 Lloyd bestellt den neunten und letzten auf englischen Werften gebauten Schnelldampfer, die "Lahn", deren Abmessungen diejenigen der früheren Schiffe übersteigen und deren Maschine durch ihre 9000 Pferdekräfte dem Schiffe eine Geschwindigkeit von mehr als 18 Meilen Durchschnitt verleiht. Der Preis beträgt (ohne die Kosten der Ausrüstung bis zur Einstellung in den Betrieb) 3,8 Millionen Mark. Durch die Einstellung der "Lahn" wurde während der Hauptreisesaison ein wöchentlich dreimaliger Schnelldampferdienst von Bremen nach New York ermöglicht und durchgeführt.
1886 Die auf deutschen Werften neu zu erbauenden Schiffe "Preussen", "Bayern", "Sachsen" für die Hauptlinien, "Stettin", "Lübeck" und "Danzig" für die Zweiglinien des Ostasien-Verkehrs sind allesamt bei der Werft des Vulkan in Bredow bei
Stettin in Auftrag gegeben und sollen noch im Jahre 1886 geliefert werden. Die alten Dampfer erfordern ziemlich erhebliche Umbauten, um sie für die langen Tropenreisen der Reichspostdampferfahrten einigermaßen herzurichten. Zum Teil geschehen diese Erneuerungen in den Werkstätten des Lloyd in Bremerhaven, zum Teil ebenfalls beim Vulkan.
Im wesentlichen handelt es sich darum, abgesehen von den notwendigen Kessel- und Maschinenerneuerungen, die Schiffe für die Tropenfahrt so komfortabel wie möglich zu gestalten. Nun ist zu beachten, daß es zu dieser Zeit überhaupt keine spezifischen Tropenschiffe gibt. Vielmehr ist es einer weiteren Epoche des Norddeutschen Lloyd zu verdanken,
daß der Typus des Tropenschiffes gefunden und ausgestaltet wird.
03.01.1886 Chr. Leist tritt eine Studienreise nach China und Australien an, welche gleichzeitig als Hauptzweck der Einsetzung der geeigneten Agenturen für die Eröffnung der Reichspostdampferlinien dienen soll. Die Reise endet am 28. Juni 1886.
03.03.1886 Der Lloyddampfer "Weser", Kapitän H. Bruns, rettet die schiffbrüchige Mannschaft des amerikanischen Schoners "Aurora". Der Präsident der Vereinigten Staaten läßt dem Kapitän Bruns dafür als Geschenk eine silberne Vase überreichen.
14.03.1886 Am 15. März 1886 erhält die Direktion des "Norddeutschen Lloyd" von ihrer General-Agentur in New York folgendes Telegramm: "Oregon" gesunken durch Zusammenstoß mit einem Schoner zwischen Shinnecock und Fire Island. Die "Fulda" nahm 180 Kajüts-, 66 Intermediate-, 389 Zwischendecksfahrgäste, 255 Mannschaften von Bord der "Oregon". Diese wurden gestern Nachmittag hier gelandet und bis heute Morgen wurde an Bord für sie gesorgt. Die Ankunft der "Fulda" wurde 16 Stunden verzögert Welchen Kostenersatz sollen wir fordern?" Darauf antwortet der Norddeutsche Lloyd telegraphisch: "Highly gratified having been instrumental in saving so many tives. No claim." Das Ereignis erregt in Europa wie in Amerika das größte Aufsehen, da der Dampfer "Oregon", erst wenige Jahre in Fahrt als einer der besten und schnellsten der englischen Cunard-Gesellschaft bekannt ist. Kein Mensclienleben geht verloren. Um 1 Uhr sinkt der Dampfer "Oregon" in die See. Am Abend des 15. März landet die "Fulda" die geretteten Schiffbrüchigen, im ganzen 896 Personen, in New York. (Kapitän Ringk)
24.04.1886 Die "Aller" tritt ihre erste Reise nach New York an.
05.06.1886 Die "Trave" tritt ihre erste Reise nach New York an.
30.06.1886 Der erste deutsche Reichspostdampfer, die "Oder" des "Norddeutschen Lloyd", fährt unter deutscher Flagge nach Ostasien.
1886 Nach seiner Studienreise nach China und Australien übernimmt Chr. Leist die Leitung der Bremerhavener Agentur
14.07.1886 Der Reichspostdampfer "Salier" des "Norddeutschen Lloyd", eröffnet die Australlinie.
18.08.1886 Die "Saale" tritt ihre erste Reise nach New York an. - Die Einstellung der drei NDL-Dampfer "Aller", "Trave" und "Saale" ermöglicht eine wöchentlich zweimalige Schnelldampferverbindung nach und von New York. Ihre durchschnittliche Geschwindigkeit übersteigt 17 Meilen.
09.12.1886 Der Dampfer "Fulda", Kapitän Ringk, rettet die Besatzung des leck gesprungenen neuschottiandischen Vollschfffs "Louise M. Fuller".
10.12.1886 Der Dampfer "Hannover", Kapitän Gathemann, rettet die Mannschaft (13 Personen) des englischen Dampfers "Ethel Wolf"
an der spanischen Küste.
1887 Der Norddeutsche Lloyd erwirkt für die Hauptdampfer der Reichspostlinien die Erlaubnis zum Anlaufen von Genua.
15.04.1887 Geo. Plate tritt in den Aufsichtsrat des "Norddeutschen Lloyd" ein.
1888 Lohmann setzt den Bau des Dampfers "Kaiser Wilhelm II." durch, der späteren "Hohenzollern", mit einem Gehalt von 7000 Tonnen und einer Maschinenstärke von 6500 Pferdekräften, eines Dampfers also, der zu dieser Zeit noch als Schnelldampfer angesprochen werden kann, und der somit den ersten, auf einer deutschen Werft, nämlich beim Vulkan in Stettin, für den Norddeutschen Lloyd erbauten Schnelldampfer darstellt.
28.04.1888 Konsul Meier scheidet aus dem Aufsichtsrat des "Norddeutschen Lloyd" aus. - Seine sonstige Wirksamkeit umfaßt die Leitung des "Deutschen Vereins zur Rettung Schiffbrüchiger", sein Anteil am Zollanschluß Bremens, an der Korrektion
der Unterweser und an der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrie-Ausstellung im Jahre 1890 in Bremen.
1889 Der Bau der beiden Schnelldampfer "Spree" und "Havel" wird im Laufe des Jahres der Aktiengesellschaft "Vulkan" in Stettin übertragen. Der Preis beträgt (ohne die Kosten der Ausrüstung bis zur Einstellung in den Betrieb) je 5 Millionen Mark. - Beide treten im Jahre 1890 in Fahrt. Die Abmessungen beider Dampfer gehen erheblich über die der früheren, in Großbritannien gebauten Schnelldampfer hinaus. "Spree" und "Havel" erhalten einen Brutto-Raumgehalt
von 7000 Tonnen, d.h. 2000 Tonnen mehr als die "Lahn" und eine Maschinenstärke von je 12.500 Pferdekräften, also mehr als das Doppelte der "Elbe", "Werra" und "Fulda", 3500 Pferdestärken mehr als die "Lahn". Beide Dampfer erzielen eine Geschwindigkeit von 19 Seemeilen; die "Spree" erreicht auf ihrer Probefahrt sogar die Geschwindigkeit von 20,3 Seemeilen. Mit der Einstellung dieser beiden Schiffe besitzt der Norddeutsche Lloyd 11 Schnelldampfer und unter Hinzurechnung des für die Reichspostlinien erbauten "Kaiser Wilhelm II", der späteren "Hohenzollern", sogar 12 Schnelldampfer. Mit dieser Flotte übertrifft der Lloyd bei weitem alle anderen Reedereien der Welt.
11.02.1889 Heinrich Wiegand wird Konsulent des Norddeutschen Lloyd.
1890 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 201.313; 201.559 beförderte Fahrgäste; 2.630.476 gefahrene Seemeilen; 675.773 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 5.294.125 Mark
um 1890/91 Festlegung bestimmter Dampferwege im Verkehr zwischen Cap Lizard und New York. Diese Massnahme legt für die Zeit vom 15. Januar bis 14. Juli einerseits und vom 15. Juli bis 14. Januar andererseits vom Kanal bis New York ausgehend und heimkehrend bestimmte Kurse für die Dampfer fest, so daß also hierdurch eine erhebliche Erhöhung der Sicherheit notwendig erzielt werden musste. Von New York kommende Dampfer können in ihrem Kurs nicht mehr auf von Europa kommende Dampfer stoßen und umgekehrt.
11./19.03.1890 Mit Rücksicht auf die innere Ausgestaltung des Lloyd wird auf Antrag des Lloyd vom Senat und der Bürgerschaft Bremens am 11. bezw. 19. März 1890 der Beschluß zu einer durchgreifenden Erweiterung der Hafenanlagen in Bremerhaven, die sich für den Betrieb des Lloyd als viel zu klein erwiesen, gefaßt.
20.03.1890 Abschluß eines Pachtvertrags zwischen dem Norddeutschen Lloyd einerseits und der Großherzogiich Oldenburgischen Eisenbahn-Verwaltung andererseits Ober die Benutzung von in Nordenham an der Weser einzurichtenden Seebetriebsanlagen. Diese sollen zu der Entlastung von Bremerhaven dienen, an sie wird der Schnelldampferverkehr herangeleitet.
21.04.1890 Kaiser Wilhelm II. folgt einer Einladung des Senats von Bremen und im Anschluß daran einer Einladung des
Verwaltungsrates des Lloyd zur Besichtigung von Bremerhaven, sowie zu einer Fahrt auf dem Schnelldampfer "Lahn" von Bremerhaven nach Wilhelmshaven. Es ist das erste Mal, daß ein deutscher Kaiser seine Flagge auf einem Dampfer der deutschen Handelsmarine setzen läßt. Die vom Kaiser dort gesprochenen Worte, die in seiner ganzen späteren Regierung Erfüllung gefunden haben, bewegen das gesamte In- und Ausland. Die Anerkennung, welche der Kaiser dem Norddeutschen Lloyd und seinen Schöpfungen in uneingeschränkter Weise zuteil werden läßt, hebt die Bedeutung der Reederei dem In- und Auslande gegenüber in den Rahmen hinein, den sie sich selbst durch 33jährige Arbeit geschaffen hat.
Herbst 1890 Vom Lloyddampfer "Adler" Kapittn Freese, wird in der Nordsee während eines schweren Sturmes die Besatzung der
deutschen Bark "Memel" gerettet und in Bremerhaven gelandet Kaiser Wilhelm II. läßt den Seeleuten für die Tat durch Vcrmittlung des Bremerhavener Amtes eine Anerkennung zuteil werden.
1891 Einrichtung einer NDL-Linie von Genua über Neapel nach New York zunächst mit den aus dem New Yorker Schnelldampferverkehr herausgezogenen Schnelldampfern "Werra" und "Fulda". Zur Errichtung dieser Linie führen mehrere Erwägungen. Einmal begann in den 1880er Jahren der Auswandererstrom von Italien nach New York sich wesentlich zu verstärken; ferner wuchs sehr erheblich die Zahl an Vergnügungsreisenden, welche sich von New York nach Europa (vornehmlich zu Erholungszwecken nach Italien) begaben. Es ließ sich also erwarten, daß sowohl ausgehend von Genua nach den Vereinigten Staaten, wie heimkehrend von New York nach Italien in erster Linie durch den Passagierverkehr in Kajüte und Zwischendeck sich eine genügende Rentabilität herausstellen würde. Besonders in Betracht kam bei diesen Erwägungen, daß der Lloyd den ständig auf seinen Dampfern hin- und herwogenden Passagierstrom nicht ableiten lassen durfte dadurch, daß die Amerikaner, besonders bei Winterreisen etwa, durch eine Gewöhnung an südliche Linien den Lloyddampfern entfremdet wurden. Die Grundlage für die Eröffnung des Mittelmeerdienstes nach New York gibt das Studium und die inzwischen erworbenen Kenntnisse über die Häfen Genua und Neapel, welche sich aus dem Betriebe der Reichspostlinien, also seit dem Jahre 1886, beim Lloyd herausgebildet
haben.
Frühjahr 1891 Zum erstenmal auf deutschen Linien wird eine Seepost eingerichtet. Seeposten bestanden bis dahin nur in England zwischen Dublin und Holyhead, in Dänemark zwischen Kiel und Korsör, in Norwegen auf Küstenlinien, in Indien auf der Linie Aden-Bombay und auf einigen französischen Linien.
24.03.1891 Einer Anregung des Staatssekretärs Dr. von Stephan folgend, ersteht beim "Norddeutschen Lloyd" die Seepost zum erstenmal im internationalen Verkehr auf Grund von Vereinbarungen zwischen der deutschen und der amerikanischen Postverwaltung. Die deutsch-amerikanische Seepost ist demnach die erste in ihrer Art. Das Wesentliche der neuen Einrichtung bestand darin, daß, während bisher die Briefe nach Ankunft des Schiffes von der Postverwaltung in
New York, Bremen oder Hamburg sortiert wurden, dieses Geschäft jetzt unterwegs in einem eigens eingerichteten Postbüro an Bord der Schiffe durch begleitende Postbeamte - einen amerikanischen und einen deutschen - geschieht, so daß die Briefe nach Ankunft ohne weiteres an ihre Adressen befördert werden können. Nach einer Verfügung des deutschen Reichspostamtes vom 24. März treten die Seeposten zunächst auf den am Dienstag und Sonnabend von Bremerhaven (bezw. Nordenham) und am Freitag von Cuxhaven abfahrenden Schnelldampfern in Wirksamkeit. Dieselben bilden eine gemeinsame Einrichtung der deutschen Reichspostverwaltung und der Postverwaltung der Vereinigten Staaten
von Amerika und führten in der Richtung von Deutschland nach New York die Bezeichnung: "Deutsch-Amerikanische Seepost "Bremen - New-York" und "Hamburg - New -York", in der Richtung von New York nach Deutschland die Bezeichnung: "Amerikanisch-Deutsche Seepost" "New York - Bremen" und "New York- Hamburg".
24.03.1891 Von der Weser aus wird die erste Seepost am 24. März mit dem Dampfer "Havel" des Norddeutschen Lloyd befördert. Der neue Seepostdienst begegnet gleich von Anfang an allseitig der größten Sympathie. Die mit der "Havel" gekommenen deutschen Postsachen sind bereits 15 Minuten nach Empfang der Briefbeutel in Händen der Postboten und innerhalb eines gleichen Zeitraumes sind die nach außerhalb bestimmten Sendungen für die betreffenden Züge expeditionsbereit. Sonst hatte eine große Zahl von Beamten fünf bis sechs Stunden mit Sortierung der nordeuropäischen Postsachen zu tun, und unterdessen konnten die nach westlichen Bestimmungsorten adressierten Sendungen leicht ihre Eisenbahnzüge verfehlen. Nun hat das New Yorker Postamt, von den Zeitungen abgesehen, mit der Sortierarbeit nichts mehr zu tun. Die New Yorker Stadtbriefe werden von der Seepost sektionsweise, entsprechend den Zweigpostämtern, aufgearbeitet und diesen Anstalten direkt nach Ankunft des Dampfers zugeführt. Früher bekam das New Yorker Postamt fünf Postsäcke unter der Bezeichnung: "Geschlossene Post". Diese trugen die Aufschriften: San Francisco, Chicago, New York, Philadelphia, Boston, und wurden in Bremen für die genannten Städte zusammengestellt, obwohl sie keineswegs die Gesamtheit der dorthin bestimmten Sendungen enthielten. Es waren dies die einzigen Postsachen, welche vom New Yorker Postamt nicht sortiert und abgefertigt zu werden brauchten.
01.10.1891 Chr. Leist wird Vorstandsmitglied des "Norddeutschen Lloyd"
18.12.1891 Der Dampfer "Spree", Kapitän Willigerod, rettet Passagiere und Besatzung des in Brand geratenen Guion-Dampfers "Abyssinia" bei hohem Seegang. (Zusammen 147 Personen.)
1892 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 230.567; 203.408 beförderte Fahrgäste; 2.840.824 gefahrene Seemeilen; 760.066 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 6.459.550 Mark
1892 Nach der vollständigen Durchführung des Schnelldampferdienstes, befördert der Lloyd von der amerikanischen, nach Europa bestimmten Post im Gewichte von 1.728.865.344 Gramm über zwei Fünftel, nämlich mehr als 684 Millionen Gramm für sich allein; die nächsthohe Ziffer, diejenige der Cunard-Linie, bleibt fast um die Hälfte hinter dem Gewicht der dem Lloyd überwiesenen Post zurück; dann folgen in sehr weiten Abständen die White-Star-Linie, die Hamburg-Amerika-Linie, die Inman-Linie und die Compagnie Générale Transatiantique, alle übrigen Linien spielen in der Postbeförderung von New York überhaupt kaum noch eine Rolle.
1892 Im Reichspostdampferdienst des Norddeutschen Lloyd wird die Mittelmeerzweiglinie als solche aufgehoben.
1892 Einen sehr wesentlichen Aufschwung nimmt der Verkehr auf der Linie des "Norddeutschen Lloyd" von Genua nach New York, sobald in ihn die beliebten Dampfer der Barbarossa-Klasse, und zwar zunächst "König Albert" und "Prinzess Irene", eingestellt werden. In den Fahrplan wird Gibraltar einbezogen.

wird gleich nach dem Direktionswechsel im Jahre 1892 wird diese Linie im Folgejahr durch die Einstellung der Schnelldampfer "Kaiser Wilhelm II." (späterer Name: "Hohenzollern") und der "Ems" erweitert und für den Zwischendecksverkehr durch zwei andere Dampfer ergänzt, so daß Schnelldampferfahrten von Genua über Neapel nach New York, die Fahrten der Zwischendecksdampfer von Neapel, unter vorübergehender Einbeziehung von Messina und Palermo, nach New York unterhalten werden.
seit 1892 Die Ausführung der Schiffs-Neubauten und Umbauten wird seit dem Jahre 1892 fast ausschließlich deutschen Werften übertragen. Nur dann, wenn diese zur Übernahme dringender Arbeiten durch Überlastung völlig außerstande sind, werden Dampfer des Norddeutschen Lloyd noch im Ausland gebaut. Die hierfür verausgabten Summen stehen in keinem Verhältnis zu den Gesamt-Neubauten des Lloyd. - Die Reorganisation der Lloydflotte vom Jahre 1892 bis 1907, in einem 15 jährigen Zeitraum, erfordert einen Aufwand von 238.745.277 Mark, von denen 223.300.277 Mark dem deutschen Schiffbau zugute kommen.
1892 Friedrich Ludwig Tilmann Achelis wird Vizepräsident des "Norddeutschen Lloyd". Er ist seit 1882 Mitglied der bremischen Bürgerschaft, ist in mannigfaltigen Ehrenämtern, Vorsitzender des Aufsichtsrates der "Deutschen Nationalbank, Kommandit-Gesellschaft auf Aktien", Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse in Bremen
und Vorsitzender des Aufsichtsrates der "Bremer Portland-Zement-Fabrik" in Porta.
09.02.1892 Plötzlicher Tod von Direktor J. G. Lohmann während einer Vorbereitungsfeier zur Schaffermahlzeit. - Er hat 15 Jahre lang in unermüdlicher Tätigkeit für den "Norddeutschen Lloyd" gewirkt und ihn mit großem Erfolg zu einer führenden Stellung unter allen Reedereien der Welt emporgebracht.
1892 Durch den Einfluß von Geo. Plate tritt an die Stelle Lohmanns, entgegen den bisherigen Gepflogenheiten beim
Norddeutschen Lloyd, kein Mitglied des Aufsichtsrates, auch kein Kaufmann, sondern der Konsulent des Norddeutschen Lloyd, Dr. jur. Heinrich Wiegand, der an die Spitze des Norddeutschen Lloyd berufen wird. Mit der Berufung Wiegands zur Leitung der Geschäfte, mit der Übernahme der Präsidentschaft des Aufsichtsrats durch Geo. Plate beginnt die bis zur Gegenwart reichende Epoche in der Geschichte des Norddeutschen Lloyd, welche nunmehr das Unternehmen aus dem Rahmen einer Erwerbsgesellschaft weit hinaus zu der Bedeutung eines ganz außerordentlich wichtigen national-politischen Faktors im deutschen Staatsleben, zu einem Schwergewicht in den internationalen Beziehungen aller Länder erhebt.
1892 Der Norddeutsche Lloyd richtet eine eigene Frachtlinie nach New York ein, durch welche der Schnelldampferverkehr ergänzt wird, und welche vor allen Dingen dazu dienen soll, die Klagen der Ein- und Ausfuhrhändler über mangelnde Räume für die Verschiffung zu beseitigen. Zu diesem Zwecke wird im Jahre 1892 die Rolandlinie des Norddeutschen Lloyd mit 14tägigen Expeditionen nach New York eingerichtet und zunächst mit gecharterten Dampfern betrieben, an deren Stelle jedoch bald der angekaufte Dampfer "Roland" und die beiden neuerbauten Doppelschraubendampfer "Wittekind" und "Willehad"
treten. Der wesentliche Zweck dieser Linie ist es, den ohnehin schon nicht übermäßig starken Frachtverkehr über Bremen nach New York zu erhalten und auszudehnen, weil naturgemäß diese Beziehungen auch den anderen Linien des Lloyd zugute kommen können und müssen.
23.04.1892 Geo. Plate wird Vorsitzender des Aufsichtsrat des "Norddeutschen Lloyd"
1892 Die Zahl der Kajütspassagiere beträgt 34.161
1892 Im Amerika-Verkehr reisen im Todesjahr Lohmanns 34.000 Kajütspassagiere
1893 Die mit den Dampfern "Werra" und "Fulda" errichtete Linie des "Norddeutschen Lloyd" von Genua nach New York wird gleich nach dem Direktionswechsel im Jahre 1892 wird diese Linie im Folgejahr durch die Einstellung der Schnelldampfer "Kaiser Wilhelm II." (späterer Name: "Hohenzollern") und der "Ems" erweitert und für den Zwischendecksverkehr durch zwei andere Dampfer ergänzt, so daß Schnelldampferfahrten von Genua über Neapel nach New York, die Fahrten der Zwischendecksdampfer von Neapel, unter vorübergehender Einbeziehung von Messina und Palermo, nach New York unterhalten werden.
1894 Im südamerikanischen Verkehr des "Norddeutschen Lloyd" können durch die Einstellung der Dampfer "Pfalz" und "Mark" zunächst die Verhältnisse mit Rücksicht auf den Verkehr mit den La Plata-Staaten verbessert werden.
1894 Fünfmonatliche Informationsreise des Lloyd-Generaldirektors Dr. Wiegand nach Südamerika. Diese Informationsreise ergibt bestimmte Gesichtspunkte sowohl für den Fracht- wie für den Auswandererverkehr
1894 Der Lloyd veranlaßt, daß vom Germanischen Lloyd Vorschriften für den Bau verstärkter wasserdichter Schotten auf Passagierdampfern erlassen werden.
01.04.1894 Schaffung einer Witwen- und Waisen-Pensionskasse, die ursprünglich mit dem kleinen Betrag von 20.000 Mark dotiert ist.
1895 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 233.156; 148.525 beförderte Fahrgäste; 2.627.263 gefahrene Seemeilen; 719.666 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 5.178.300 Mark
30.01.1895 Der Dampfer "Elbe" versinkt nach einer Kollision mit dem britischen Kohlendampfer "Crathie" in der Nordsee, wobei mindestens 332 Personen sterben. Nur 20 Personen konnten gerettet werden. Die "Crathie" war auf Grund der gesetzlichen Lage zum Ausweichen verpflichtet, und die Entfernung des Schiffes wurde falsch eingeschätzt. Auf der Crathie hatten der wachhabende Offizier und der Ausguck ihre Posten verlassen um in der Kombüse Kaffee zu trinken. An Deck war lediglich ein Matrose am Ruder verblieben, der jedoch auf Grund des durch die Schiffsaufbauten eingeschränkten Sichtfeldes die Elbe nicht rechtzeitig sehen konnte. Deshalb stößt die "Crathie", anstatt die "Elbe" zu umfahren, morgens um 5.40 Uhr mit ungehemmter Wucht gegen die Breitseite des Passagierschiffes. Die Rettugnsboote sind vereist, und es kann nur eines zu Wasser gelassen werden. Die "Crathie" verläßt die Unfallstelle, ohne sich an der Rettung zu beteiligen. - Dies ist der schwerste Unfall des NDL.
1895 Im Verkehr mit New York sinkt die Zahl der Kajütspassagiere auf 25.000
1896 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 229.956; 160.146 beförderte Fahrgäste; 3.253.331 gefahrene Seemeilen; 796.968 t Kohlenverbrauch; Wert der verbrauchten Nahrungsmittel: 5.640.575 Mark
1896 Der Lloyd gibt zunächst vier Schiffe in Bau, welche in ihren Größenverhältnissen, ganz besonders aber in ihrem
Gesamtaufbau Ausgangspunkte für den modernen Schiffsbau, nämlich für das vermöge der Größe seiner Laderäume einträgliche Passagierschiff werden. Das sind die vier Dampfer der "Barbarossa"-Klasse, welche bei einer Länge von 560 Fuß einen Raumgehalt von mehr als 10000 Tonnen aufweisen und deren Passagiereinrichtungen gänzlich unabhängig von den Laderäumen angeordnet sind. Die Verwendung dieser Schiffe soll in der Hauptreisezeit nach Australien, in den übrigen Teilen des Jahres nach New York geschehen.
1896 Bestellung zweier neuer Schnelldampfer, die nunmehr die ersten Doppelschrauben-Schnelldampfer des Lloyd sind und deren Raumverhältnisse ebenso wie ihre Geschwindigkeit Ober die bis dahin üblichen Masse hinausgehen. Die beiden Dampfer sind die "Kaiser Wilhelm der Große" und die "Kaiser Friedrich". Letzteres Schiff erfüllt nicht alle seine kontraktlichen Bedingungen und wird daher später der Werft zurückgegeben. Gleichzeitig mit dem Bau der beiden genannnten Schnelldampfer wird der Dampfer "Spree" völlig umgebaut, verlängert und - ein neues schiffbautechnisches Experiment - aus einem Einschraubendampfer in einen Doppelschraubendampfer verwandelt.
1896 Die vom Lloyd erwirkten Vorschriften für den Bau verstärkter wasserdichter Schotten auf Passagierdampfern gehen in die Vorschriften der See-Berufsgenossenschaft über.
17.11.1896 Tod von Konsul H. H. Meier in Bremen
1896 Die Kajütszahl im Verkehr nach New York steigt wieder auf 27.159 Passagiere
1897 Der Tonnengehalt der Flotte beträgt 298.311; 150.000 beförderte Fahrgäste
1897 Der "Norddeutsche Lloyd" entschließt sich, den eigenen Betrieb der Fahrt nach England aufzugeben. Der Entschluß kommt auf Grund eines Antrages der "Bremer Dampfschiffahrts-Gesellschaft Argo" zustande, welche die im englischen Verkehr des Norddeutschen Lloyd beschäftigten Dampfer insgesamt ankauft und die beiden Linien nach London und Hull weiter betreibt, so daß die englische Verbindung dem Hafen Bremen erhalten bleibt.
1897 Da der "Norddeutsche Lloyd" bei der Erneuerung seiner Flotte von völlig ihm eigenen Gesichtspunkten ausgeht, wird ein eigenes Konstruktionsbüro eingerichtet, an dessen Spitze als Ober-Ingenieur im Jahre 1897 der bisher in den Betriebswerkstätten in Bremerhaven beschäftigte Ingenieur Walter berufen wird. - Die selben Gesichtspunkte führen des weiteren zu einer überaus wichtigen Einrichtung, nämlich der Modellversuchsstation in Bremerhaven. Eine solche Station größeren Maßstabes befand sich zur Zeit der Errichtung der Lloydstation nur in Italien, im Marine-Arsenal zu Spezia. Der Zweck der Lloydstation ist es, bei der Konstruktion neuer Schiffe die für die einzelnen Schiffstypen in Rücksicht auf Ladefähigkeit, Schnelligkeit und Kohlenverbrauch zweckdienlichste Schiffsform feststellen zu können. Der Wirkungsbereich dieser Einrichtung geht weit über den Rahmen des Lloydbetriebes hinaus. Abgesehen davon, daß sie der Kaiserlichen Marine zur Verfügung gestellt ist, arbeitet sie auch für alle anderen deutschen Reedereien und ist daher als eine wesentliche Grundlage für die Fortschritte des deutschen Schiffbaues anzusehen.
12.1897 Johannn Schütte verpflichtet sich noch vor Abschluß seines Studiums beim Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven
1898 Im Jahresbericht 1898 wird angeführt, daß mit der Lieferung der beiden neuen Schnelldampfer und der Einstellung der Schiffe der "Barbarossa"-Klasse, mit dem Umbau, welchem der Schnelldampfer "Spree" unterzogen werden soll, die im Jahre 1892 begonnene Flottenreorganisation zum vorläufigen Abschluß gelangen werde. Ein Überblick über die bis dahin vorliegenden Leistungen ergibt, daß die Lloydflotte im Frühjahr 1898 45 Schiffe mit einem Tonnengehalt von 259.172 Registertonnen und einer Maschinenkraft von 255.150 Pferdestärken umfaßt. Der Anschaffungswert beträgt 133,9 Millionen Mark. Vom Jahre 1892 ab bis 1898 ist die durchschnittliche Größe der Lloydschiffe von 3878 Registertonnen und je 3649 Pferdestärken auf 5763 Registertonnen und 5838 Pferdestärken gestiegen. Gleichzeitig sank das durchschnittliche Alter der Schiffe von 11,86 Jahren auf 6,88 Jahre. Für Um- und Neubauten sind seit dem Jahre 1892 insgesamt 59.120.325,90 Mark aufgewendet worden. Davon sind 1.5000.000 Mark durch eine Anleihe, ca. 2.7230.000 Mark durch Betriebsüberschüsse und Reserven, sowie ca. 3.190.000 Mark durch Verkauf von Dampfern gedeckt, während
der Rest eine auf mehrere Jahre verteilte schwebende Schuld des Norddeutschen Lloyd darstellt, welche aus den Betriebsergebnissen der betreffenden Jahre zu zahlen war. Außerdem waren in dem nämlichen Zeitraum aus dem laufenden Betriebe 8.170.000 Mark zu Schuldentilgungen verwendet. Dem Umstände, daß der Lloyd rechtzeitig ein den modernen
Ansprüchen entsprechendes und gleichzeitig ökonomisch arbeitendes Dampfermaterial erworben hatte, ist es zu danken, daß er, trotz des Rückganges des Gesamtpassagierverkehrs der letzten Jahre, mit steigenden Betriebsergebnissen arbeiten konnte.
1898 In Bremerhaven werden die bereits Ende der 1880er Jahre begonnenen neuen Hafenanlagen dem Betrieb übergeben, und der Lloyd kann im selben Jahre den nach Nordenham verlegten Schnelldampferbetrieb wieder nach Bremerhaven hinüberleiten, eine Tatsache, welche durch die Einstellung der großen, modernen Schnelldampfer sowieso notwendig wird.
23.01.1898 Der Dampfer "Aller", Kapitän Nierich rettet die Mannschaft des sinkenden englischen Dampfers "Dago" (23 Personen) bei schwerem Nordsturm und hoher, wilder See. Kapitän Nierich erhält für diese Tat die von Emile Robin In Paris gestiftete Ehrengabe von der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
25.-26.03.1898 Die zweite Reise von Kaier Wilhelm II. auf einem Lloyddampfer, der "Kaiser Wilhelm der Große", bei stürmischem Wetter mit hohem Seegang, der für die Fahrt wenig günstig ist. Die Fahrt wird bis zur Höhe von Horns Riff ausgedehnt und dort gedreht. Es werden verschiedene Auszeichnungen während der Fahrt verliehen: Die Prokuranten Herren Kaufmann und Helmolt erhalten den Roten Adlerorden IV. Klasse, die Herren Oberinspektor Hamelmann, Kapitän Engelbart, Maschineninspektor Heise und Ingenieur Baum den Kronenorden IV. Kasse. An Unterbeamte, Personen der Besatzung und Arbeiter des Norddeutschen Lloyd werden sechs allgemeine Ehrenzeichen, drei Rote Adlermedaillen verteilt. Am Morgen des 26. März erscheint der Kaiser bereits gegen 7 Uhr auf Deck, wo er in Begleitung von Direktor Wiegand im lebhaften Gespräch auf und ab schreitend, längere Zeit verweilt. Seit dem frühen Morgen teten heftige Schneeböen ein, gegen 9 Uhr klart das Wetter auf, und gegen 14.00 Uhr trifft der Dampfer wohlbehalten wieder auf der Bremerhavener Reede ein.
19.10.1898 Dampfer "Sachsen", Kapitän Supmer, rettet drei Schiffbrüchige einer im Taifun untergegangenen chinesischen Dschunke bei stürmischem Wetter und wild durcheinananderlaufendem, hohem Seegang.
29.11.1898 Dampfer "Maria Rickmers", Kapitän Grosch, rettet den Kapitän und die letzten sieben Mann der Besatzung des sinkenden
englischen Dampfers "Londonian" bei hoher Dünung um Mitternacht unter äusserst schwierigen Umständen. Den an der Rettung Beteiligten werden vom Kaiser, von der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, von der englischen Regierung u.a. für diese Tat Auszeichnungen verliehen.
Dez. 1898 Der "Norddeutsche Lloyd" führt eine größere Truppenbeförderung für spanische Rechnung durch. Auf sieben Dampfern werden 23.000 Offiziere und Mannschaften von Kuba nach Spanien zurückbefördert. Bei der spanischen Expedition werden die Dampfer des Lloyd so gechartert, daß der Lloyd genügend Zeit zu ihrer Ausrüstung hat. Außerdem werden nur die Mannschaften, nicht aber das umfangreiche Kriegsmaterial befördert.
21.12.1898 Dampfer "Königsberg", Kapitän Christiansen, rettet 21 Schiffbrüchige einer anamitischen Dschunke auf der Reise von
Hongkong nach Singapore.
1899 Bisher stand der Lloyd unter der Leitung der Direktoren Dr. Wiegand und Bremermann; mit der Maßgabe jedoch, daß Direktor Bremermann ausschließlich die von ihm seit vielen Jahren geleiteten Ressorts des Proviantamtes einschließlich der Kohlenversorgung und der Schiffsausrüstungen verwaltete, während Herrn Dr. Wiegand die allgemeine Leitung der Geschäfte vorbehalten blieb. Im übrigen gehörten dem Vorstand eine Anzahl Prokuristen an. Seit 1899 tritt hierin insofern eine Änderung ein, als die Hauptleitung nach wie vor Herrn Dr. Wiegand als Generaldirektor zufällt, während je nach ihrer Bedeutung die einzelnen Ressorts durch Direktoren besetzt werden; zuerst die Zentralabteilung durch den Prokuranten Herrn Chr. Leist und die Abteilung Passage durch Direktor von Helmolt.
1899 Der neue Reichskontrakt wird wirksam, wonach die Reichspostlinie nach Ostasien verdoppelt wird und nunmehr in 14tägigen Abfertigungen betrieben werden soll. Im engen Zusammenhang damit steht die Errichtung einer eigenen Frachtlinie nach Ostasien, welche den Verkehr der Reichspostlinien zu entlasten bestimmt ist, im Zusammenhang damit stehen ferner die Änderungen im Reichspostdampferdienst, soweit diese die Zweiglinien und die australische Hauptlinie betreffen, endlich die Errichtung einer Frachtlinie nach Australien und ganz besonders die Einrichtung des indo-chinesischen Küstendienstes. Bei den Reichspostlinien, vornehmlich nach Australien, werden die Schiffe der "Barbarossa"-Klasse während der Hauptreisezeit verwendet, während diese im übrigen Teil des Jahres im Dienst nach New York beschäftigt werden und sich in beiden Verwendungsarten durch ihre ganz außerordentlich bequemen Passagiereinrichtungen im höchsten Maße die Gunst des Reisepublikums erworben haben.
1899 Der Lloyd beschließt wegen der Verdichtung des Ostasienverkehrs, die Klasse der "Barbarossa"-Dampfer zu vermehren und zu erweitern, um auch in der Fahrt nach Ostasien für die Hauptreisezeit dieses ausgezeichnete Schiffsmaterial zur Verwendung frei zu haben. Zu diesem Zwecke werden im Jahre 1899 zwei Dampfer von ähnlichen Abmessungen wie die Barbarossa-Dampfer, nämlich der "König Albert" und die "Prinzessin Irene" in Auftrag gegeben und bereits in
den Jahren 1900 und 1901 in Dienst gestellt. Ein dritter Dampfer des selben Typs wie die "Barbarossa"-Klasse, aber erheblich größer, wird ebenfalls noch im Jahre 1899 in Bau gegeben, erhält den Namen "Großer Kurfürst" und stellt mit seinen 13.183 Registertonnen das größte Schiff dar.
1899 Ausgestaltung des ostindischen Zwischenverkehrs, der nach einer überaus wichtigen und fruchtbringenden Informationsreise Wiegands nach Ostasien während der Jahre 1898 und 1899 im letztgenannten Jahre ins Leben gerufen wird. Die Linien in Hinterindien und China des Lloyd werden unter dem Namen Orient-Küstenfahrt zusammengefaßt. Der Gesichtspunkt für ihre Entsteheung beruht auf den selben Erwägungen, aus denen die Verzweigungen des ostasiatischen Dienstes, die direkte Weiterverschiffung der mit den Lloyddampfern beförderten Waren, sowie deren Anbringung
von den Erzeugungsorten nach den in Betracht kommenden Haupthäfen, die Verfrachtung der mit der Hauptlinie des Lloyd nach diesen Hauptplätzen und von denselben beförderten Warenmengen mittels Durchkonnossemente in den wirtschaftsgeographischen Bereich der Haupthäfen geschaffen ist. Die erwähnte Informationsreise des Generaldirektors erweist die Notwendigkeit, sich von fremden Schiffahrtslinien unabhängig zu machen, weil der Wettbewerb derselben leicht, gerade bei der Verwendung von Durchkonnossementen, Schwierigkeiten und Beeinträchtigungen der Hauptlinie mit sich bringen konnte.
1899 Zur Beseitigung der Schwierigkeiten und Beeinträchtigungen der Hauptlinie nach Ostindien und um sich von fremden Schiffahrtslinien unabhängig zu machen, kauft der Lloyd die beiden größten im hinterindischen Archipel und an der chinesischen Küste tätigen englischen Küsten-Schiffahrts-Gesellschaften auf. Eine der ersten Maßnahmen nach diesem Ankauf ist der Ersatz des übernommenen Schiffsmaterials durch neue in Deutschland erbaute Dampfer, welche, nach neueren Gesichtspunkten konstruiert, für die Passagier- und Frachtschiffahrt die erwarteten Erfolge garantieren. Damit erscheinen in der Reorganisation der Lloydflotte ganz neue Dampfertypen, welche, ausschließlich für die Orient-Küstenfahrt bestimmt, Spezialschiffe darstellen.
1899 Baubeginn der neuen Schiffsklasse, deren erstes Schiff, die "Köln", der Klasse den Namen gibt. Sie besteht aus sieben Dampfern zu je 7500 Registertonnen.
1899 Ergänzung des Reichspost-Dampferdienstes durch die Zweiglinien des Lloyd im indo-chinesischen Küstenverkehr wird ins Leben gerufen. Deren Netz erstreckt sich von der Bay von Bengalen, unter Einbeziehung der großen und kleinen Sunda-Inseln, bis zum Golf von Petschili.
1899 Das Angebot gedienter Seeleute, insbesondere für die Offiziers- und Unteroffiziersstellen, hielt bei der allgemeinen Vermehrung der deutschen Handelsflotte und bei den steigenden Anforderungen der Kaiserlichen Marine mit dem Bedürfnis nicht gleichen Schritt. Der Lloyd entschließt sich daher zur Selbsthilfe, indem er für die Heranbildung von Offizieren für seine Flotte ein eigenes Kadetten-Schulschiff einstellt, welches den Namen "Herzogin Sophie
Charlotte" erhält.
1899 Einführung der drahtlosen Telegraphie an Bord der Lloyddampfer, zuerst auf der "Kaiser Wilhelm der Große". Gleichzeitig erhält der Lloyd von der Königlich Preußischen Regierung die Ermächtigung, auf dem Feuerschiff Borkum und der Insel Borkum Apparate für drahtlose Telegraphie aufzustellen, eine Einrichtung, welche zum ersten Mal eine erweiterte, nicht mehr auf Flaggensignale bei Tag und Feuersignale bei Nacht beschränkte Verständigung zwischen den Schiffen und dem Lande ermöglicht. Die Einrichtungen des Lloyd stellen die erste regelmäßige Anlage für drahtlose Telegraphie an der deutschen Küste dar. - In dem Wunsch, diesem so überaus wichtigen Verständigungsmittel eine weitere Ausbildung angedeihen zu lassen, läßt der Lloyd in Bremerhaven umfangreiche Versuche, besonders mit dem System Telefunken, anstellen und rüstet um 1907 außerdem noch seine Schnelldampfer mit dem Long Distance System aus, wodurch es möglich wird, den Schiffen während der ganzen Reise täglich von den Marconi-Stationen an der englischen, bzw. amerikanischen Küste Nachrichten zu übermitteln.
1899 Der "Norddeutsche Lloyd" faßt eine Wiederbelebung der alten Weser-Umschlagstelle in Hannoversch Münden ins Auge.
09.04.1899 Dampfer "Bonn", Kapitän Traue, rettet die aus zehn Personen bestehende Besatzung der sinkenden norwegischen Bark
"Triumph" bei lebhafter See und grober Dünung. Kapitän Traue erhält dafür laut Beschluß des Vorstandes der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger die jährliche Ehrengabe aus der Emile-Robin-Stiftung.
24.05.1899 Der Präsident des Norddeutschen Lloyd, Herr Geo. Plate, wird als erster und einziger Deutscher in die Verwaltung der Suezkanal-Gesellschaft berufen.
01.06.1899 Chr. Leist wird Direktor der Zentral-Abteilung des "Norddeutschen Lloyd"
04.10.1899 Eröffnung des 14tägigen Betriebes nach Ostasien durch den Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd "König Albert". Gleichzeitig mit der Eröffnung der 14tägigen Fahrt entsteht auch die ostasiatische Frachtlinie, welche, vom Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Linie gemeinsam betrieben, den Lloyd zum Ankauf von sieben Dampfern der Kingsin-Linie nötigt.
1900 Der NDL-Dampfer "Großer Kurfürst" ist mit seinen 13.183 Registertonnen das größte Schiff dar, welches, im Jahre 1900 auf der australischen Reichspostlinie in Dienst gestellt, jemals in den australischen Gewässern erschienen ist.
1900 Im Dienst des "Norddeutschen Lloyd" nach den Südstaaten Amerikas kann der wichtigste Baumwollausfuhrhafen, Galveston, durch die Dampfer der "Köln"-Klasse in eine regelmäßigere, seit dem Jahre 1900 in etwa 14tägigen Zwischenräumen betriebene Verbindung mit Bremen gebracht werden.
1900 Generaldirektor Dr. Wiegand gründet zum Andenken an seine verstorbene Frau die Elisabeth-Wiegand-Stiftung durch eine größere Kapitalüberweisung. Ihr Zweck es ist, Unterstützungen an Arbeiter und Angestellte, sowie deren Angehörige
in solchen Fällen zu gewähren, in denen nach den Statuten der Seemannskasse und der Witwen- und Waisen-Pensionskasse des Lloyd eine solche Gewährung nicht möglich ist.
03.1900 Die Schleppversuchsanstalt des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven wird unter der Leitung von Johannn Schütte eröffnet
30.06.1900 Großbrand im Hafen von Hoboken, bei dem vier Ozeandampfer des Norddeutschen Lloyd, mehrere Lagerhallen und die kompletten Anlegeplätze zwischen der zweiten und vierten Straße entweder beschädigt oder komplett zerstört werden. Zwischen 173 und 400 Menschen sterben. Aus ungeklärten Gründen gerät ein Stapel Baumwollballen auf dem Pier 3 in Brand. Das Feuer wird erstmals um 15.55 Uhr vom Wachmann William Northmaid gesichtet, der es umgehend der Feuerwehr von Hoboken meldet. Die Flammen gehen sofort auf in der Nähe stehende Fässer mit Öl, Terpentin und Whisky über. Die brennende "Saale" treibt mit brennend auf eine Sandbank am Hudson River, desgl. die brennende "Bremen", die "Main" verbrennt mit 150 Menschen an der Pier. Nur die "Kaiser Wilhelm der Große" wird gerettet. - Die Ursache (Selbstentzündung, Zigarettenglut oder Brandstiftung) kann nicht geklärt werden. Die beschädigten Schiffe werden gehoben und repariert.
27.07.1900 Der Boxeraufstand in China stellt zum erstenmal das Deutsche Reich vor die Notwendigkeit, eine größere Truppenmasse mit äußerster Beschleunigung über einen 13.000 Seemeilen langen Seeweg zu entsenden. Am 27. Juli hält Kaiser Wilhelm II. seine berüchtigte "Hunnenrede", deren Verbreitung neben Bernhard von Bülow und Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst auch der Direktor des Lloyd zu verhindern sucht. Der wesentlichste Teil der Truppenbeförderung fällt dem "Norddeutschen Lloyd" anheim. In einem Zeitraum von wenigen Wochen müssen 769 Offiziere und 18.324 Unteroffiziere und Mannschaften, dazu 860 Geschütze und Fahrzeuge und 20.500 cbm Kriegsbedürfnisse nach Ostasien befördert werden. Der Transport geschieht auf 18 Dampfern, von denen 10 dem Lloyd gehören.
1901 Wiedereröffnung der im Jahre 1874 aufgegebenen westindischen Linie des "Norddeutschen Lloyd"
1901 Umwandlung der Bremer Reparatur-Werkstätten in die "Norddeutsche Maschinen- und Armaturen-Fabrik", welche als Gesellschaft mit beschränkter Haftung, unter eigener verantwortlicher Leitung, einen Zweig des Lloydbetriebes darstellt, der seit dem Jahre 1901, imstande ist, die Schiffseinrichtungen, insbesondere Hilfsmaschinen und Patent-Maschinen, sowie Ausrüstungsgegenstände aller Art für die Lloyddampfer selbständig herzustellen und zu liefern.
04.02.1901 Rettung der Besatzung des englischen Schoners "Pavia" durch den Lloyddampfer "Kaiserin Maria Theresia" im atlantischen Ozean (ca. 400 sm. von Gibraltar entfernt) bei hoher wilder See, um 6.30 Uhr (2. Offizier Torme und sieben Mann im Boot).
23./24.11.1901 Kapitän Malchow vom Dampfer "Frankfurt" rettet Kapitän und Mannschaft (5 Mann und 2 Frauen) des auf seiner Holzladung treibenden amerikanischen Küstenschoners "W. H. Card" in der Nacht um 00.25 Uhr bei ziemlich hoher Dünung. Der Kapitän, vier Offiziere, 1. Bootsmann und drei Matrosen erhalten dafür von der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger Auszeichnungen. - Am 18. März 1902 wird vom Präsidenten der Vereinigten Staaten dem Kapitän, dem 4. Offizier Nikolaisen und dem 1. Bootsmann Jürgens je eine goldene Uhr mit Kette, den Matrosen Normann, Wölbern und H. Rabe je eine goldene Medaille verliehen.
1902 Um auch in der Reisezeit, in welcher der Passagierandrang nicht stark genug ist, um Schiffe der "Barbarossa"-Klasse
erforderlich zu machen, ein modernes, den Ansprüchen der neuesten Zeit angepaßtes Schiffsmaterial zur Verfügung zu haben, beginnt der Lloyd den Bau einer neuen Schiffsklasse mit dem speziellen Zweck der Verwendung in den Reichspostlinien, nämlich die sogenannte "Feldherrn"-Klasse. Sie umfaßt bis zur Gegenwart die elf Dampfer "Gneisenau", "Roon", "Zieten", "Seydlitz", "Scharnhorst", "Yorck", "Bülow", "Göben", "Kleist", "Lützow" und "Hohenlohe". Der Tonnengehalt jedes der Schiffe beträgt zwischen 8000 und 8500 Registertonnen. Dem Reichspostdampferdienst werden ferner zwei weitere Dampfer der "Prinzen"-Klasse beigefügt, "Prinz Eitel Friedrich" und "Prinz Ludwig", in denen sich eine Vervollkommnung der älteren Schiffe dieser Klasse darstellt. Die Schiffe der "Feldherrn"-Klasse sind im wesentlichen dazu bestimmt, die aus dem Jahre 1888 stammenden Schiffe der "München"-Klasse allmählich zu ersetzen.
1902 In Anlehnung an den Mittelmeerverkehr der Linien von Genua über Neapel nach New York schafft der "Norddeutsche Lloyd" einen Küstenverkehr von Neapel nach Capri und Sorrent.
1902 Auf Grund der mit dem ersten Schulschiff "Herzogin Sophie Charlotte" (1899) gemachten ausgezeichneten Erfahrungen wird ein zweites Schulschiff, die "Herzogin Cecilie", eingestellt.
1902 Der Geschäftsumfang der Agentur für den Dockbetrieb in Bremerhaven wird durch die im Jahre 1902 eingerichtete besondere Inspektion für das Navigationswesen der Lloyddampfer vervollständigt. Dieser untersteht die Aufsicht über die Ausrüstung der Schiffe an nautischen Instrumenten, die Kontrolle der praktischen Navigation und die Ausbildung der jüngeren Offiziere und Kadetten.
17.-18.04.1902 Zum dritten Mal fährt Kaiser Wilhelm II. mit einem Dampfer des "Norddeutschen Lloyd" - diesmal auf dem Schnelldampfer "Kronprinz Wilhelm" zu einer etwas längeren Reise, die sich von Bremen, während zweier Tage, am 17. und 18. April, bis zur norwegischen Küste (vor Lindesnaes) erstreckt. An dieser Reise nimmt auch der Kronprinz, dessen Namen der Dampfer trägt, teil. Schon seit längerer Zeit hat der Kaiser den Wunsch ausgesprochen, den herrlichen neuen Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd, der auf den Namen des Kronprinzen Wilhelm getauft ist, kennen zu lernen, und der Kronprinz selbst hat den Dampfer, dessen Stapellauf er beigewohnt hatte, noch nicht gesehen. Die Bestimmung der Teilnehmer an der Fahrt wird vom Kaiser selbst getroffen. Etwa 14 Tage vorher ergehen die Einladungen. Sie werden von fast allen Seiten zustimmend beantwortet. Am letzten Tage sagten leider der Reichskanzler und der Staatssekretär des Auswärtigen, Freiherr von Richthofen, wegen dringender Amtsgeschäfte ab. Die Nachricht welche die Morgenblätter am 16. April brachten, daß der Kaiser wegen Unpäßlichkeit das Diner bei dem österreichisch-ungarischen Botschafter abgesagt hat, erregte in Bremen nicht geringe Besorgnisse, die sich aber im Laufe des Tages zerstreuten, da keinerlei beunruhigende Nachrichten aus Berlin eintrafen. Allerdings sieht man dem Wetter nicht sehr vertrauensvoll entgegen, da während der letzten Tage ein ziemlich lebhafter Wind wehte. und man prophezeite den Teilnehmern, daß wenn ein solcher Wind in Bremen herrsche, daraus auf der Nordsee leicht ein ziemlicher Sturm werden könne. Die Fahrt verläuft dennoch bei ruhiger See, aber bei kaltem Wetter.
18.04.1902 Am Ende der Reise Kaiser Wilhelms II. auf dem Lloyd-Schnelldampfer "Kronprinz Wilhelm" heftet der Kronprinz selbst Merrn Direktor Bremermann den Roten Adlerorden 3. Klasse an, Oberinspektor Beul erhält den Roten Adlerorden 4. Klasse, und mehrere Offiziere des Dampfers werden gleichfalls durch Orden ausgezeichnet. Präsident Plate und Generaldirektor Wiegand werden vom Kaiser mit wertvollen Andenken beschenkt. Ferner erhalten an Auszeicbnungen der 1. Offizier Woltemas, 2. Offizier Tielbar, Obermaschinist Ingenieur Prillwitz, 1. Maschinist Ingenieur Marquardt, Zahlmeister Dreyer und der Schiffsarzt Dr. Fischer den Kronenorden IV. Klasse; außerdem werden mehreren Personen der Mannschaft Dekorationen zuteil. Der Kaiser, der Kronprinz und das Gefolge verabschieden sich um 23.00 Uhr.
23.11.1902 Der Dampfer "Köln", Kapitän Jantzen, rettet auf einer Reise nach Baltimore die aus 12 Mann bestehende Besatzung der
in sinkendem Zustande auf dem Ozean angetroffenen englischen Bark "Margaret Mitchell", Kapitän Williamson (von Glasgow mit Kohlen nach Brasilien bestimmt) und landet die Geretteten in Baltimore. - In Anerkennung dieser Rettung verleiht am 23. Januar 1903 die deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger folgende Auszeichnungen: Kapitän Jantzen die kleine goldene Medaille, dem 2. und 3. Offizier die große silberne Medaille, dem 2. Bootsmann, 3. Steuermann und drei Matrosen je eine Prämie von Mark 60,00.
1903 Die Frachtlinie des "Norddeutschen Lloyd" nach Australien wird in Fahrt gesetzt. Sie stellt andere Anforderungen, denen der Lloyd durch die Erbauung neuer Schiffsklassen, nämlich der "Westphalen"-Klasse, gerecht wird.
1903 Die sieben Schiffe der "Köln"-Klasse (je 7500 Registertonnen) sind fertiggestellt.
1903 Bildung eines Pensionsfonds für seine Werkstättenarbeiter und eines zweiten Pensionsfonds für die auf den Lloyd-Schiffen in den Weserhäfen beschäftigten Ladungs- und Kohlenarbeiter.
19.11.1903 Dem Führer des Dampfers "Devawongse", Kapitän Kümpel, und dem 1. Offizier E. Neddel werden in Anerkennung der Rettung von 97 Schiffbrüchigen einer an der chinesischen Küste verlassenen großen chinesischen Dschunke vom Kaiser von China der doppelte Drachenorden III. Klasse verliehen.
1904 Der große Aufschwung des ägyptischen Handels sowohl, wie des Reiseverkehrs mit Ägypten an sich seit der Garantierung ruhiger Verhältnisse und stetiger Entwicklung durch die dortige englische Finanzverwaltung ließ es wünschenswert
erscheinen, mit dem uralten Kulturlande der Pharaonen außer dem bestehenden Durchgangsverkehr der Reichspostlinien eine direkte Verbindung mit dem Haupthafen Ägyptens, Alexandrien, zu unterhalten. Diese Verbindung stellt der "Norddeutsche Lloyd" im Jahre 1904 durch eine Linie von Marseille über Neapel nach Alexandrien mit den Dampfern "Hohenzollern" (früher "Kaiser Wilhelm II.") und "Schleswig" her, Schiffe, welche vornehmlich durch ihre großartigen Passagiereinrichtungen geeignet erscheinen, den Reiseverkehr zwischen den genannten Häfen an sich zu ziehen.
1904 Die Armaturenfabrik erwirbt das Patent zur Herstellung des Clayton-Feuerlöschapparats für Deutschland.
1904 Die außerordentlichen Schwankungen, denen die Kohlenpreise während der vorhergehenden Jahre unterlagen, Schwankungen, die bei dem ungeheuer hohen Verbrauch an Kohlen auf den Lloyddampfern für die Rentabilität des Unternehmens gelegentlich von einschneidender Bedeutung werden können, führen dazu, daß der Lloyd gemeinsam mit der Firma Krupp in Essen eine eigene Kohlenzeche "Emscher Lippe" erwirbt, um sich durch deren Erträge von jeder Spekulation auf dem Kohlenmarkt wenigstens teilweise unabhängig zu machen.
1904 Kaiser Wilhelm II. benutzt für sich und sein Gefolge zum ersten Mal einen deutschen Handelsdampfer, die "König Albert" des Norddeutschen Lloyd, für seine 16tägige Reise nach dem Mittelmeer.
12.03.1904 Längste Reise von Kaiser Wilhelm II. auf einem Lloydampfer, auf dem Reichspostdampfer "König Albert", zu einer Fahrt mit einem größeren geladenen Gefolge in das Mittelmeer bis Neapel. Nicht der Erholung allein soll diese Reise dienen, sondern der Kaiser wünscht, den Betrieb an Bord eines der größten Ozeandampfer so kennen zu lernen, wie er nur während der Fahrt studiert werden kann. Der Kaiser besucht auf dieser Reise zu wiederholten Malen alle Teile
des Schiffes, die Mannschaftszimmer, das Zwischendeck, die Räume der zweiten Kajüte, die Küchen, Kühl- und Provianträume, die Maschinen- und Kesselräume, sogar den Raum des Wellentunnels; er beobachtet die Mannschaften bei ihren Arbeiten, nimmt die Einzelheiten zur Kenntnis und bekundet sein Interesse an dem Mechanismus eines komplizierten Betriebes an Bord ozeangehender Dampfer. Am 12. März geht er an Bord. Die Reise verläuft ungewöhnlich günstig, kaum daß die See leicht bewegt ist. Begleitet wird der Dampfer "König Albert" vom Panzerkreuzer "Prinz
Friedrich Karl", der in einem Abstand von 600 Metern dem Kaiserschiff folgt, und einem Torpedoboot. Sonntag den 13. März hält der Kaiser an Bord Gottesdienst ab. Gegen Mittag erreicht das Schiff Dover, wo Depeschen für Seine Majestät an Bord geliefert werden. Am 14. März 8.00 Uhr passiert das Schiff das Kap Quessant, erreicht am 15. den Golf von Biscaya und am 16. März morgens das Kap Vilano an der Nordwestecke Spaniens. Von Kap Finisterre. Um 13.00 Uhr erreicht das Schiff die Bay von Vigo, wo eine unabsehbare Menschenmasse den Kaiser erwartet und ein Treffen mit dem spanischen König stattfindet. Am 18. März erreicht das Schiff Gibraltar. Am 24. März ankert die "König Albert" in Neapel, und um 15.00 Uhr verläßt der Kaiser mit seinem Gefolge das Schiff, um auf die Kaiserjacht "Hohenzollern" überzugehen.
Sommer 1904 Johannn Schütte leitet bis Sommer 1900 die Schleppversuchsanstalt des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven
28.12.1904 Der Dampfer "Köln", Kapitän Langreuter, rettet auf der Fahrt von Bremen nach Baltimore östlich der Bank von Neufundland die Mannschaft des sinkenden englischen Schoners "Harold". In Anerkennung der Tat spricht die deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger dem Kapitän Langreuter die Ehrengabe der Emile-Robin'schen Stiftung für die beste Rettung in transatlantischer Fahrt zu.
1905 Für die australische Frachtlinie werden sechs Frachtdampfer von je 5000 Tonnen und etwas darüber in Bau gegeben, die sich bis 1907 bereits alle in Fahrt befinden.
1905 Eine Erweiterung des Dienstes nach den amerikanischen Südstaaten stellt die Eröffnung der nur durch Frachtdampfer betriebenen Linie des "Norddeutschen Lloyd" über Philadelphia nach Savannah dar.
1905 Im engen Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Reichspostlinien des "Norddeutschen Lloyd" steht die Einrichtung der Verbindung zwischen Japan und Australien über Hongkong, endlich die Errichtung einer besonderen Frachtlinie des Lloyd nach Australien, unter Einbeziehung des Niederländischen Archipels, von Bremen über Batavia nach Brisbane und Sydney.
1905 Der "Norddeutsche Lloyd" schließt für seinen Mittelmeerdienst ein Übereinkommen mit der Deutschen Levante-Linie in Hamburg über einen gemeinsamen Passagier- und Frachtdienst mit der Levante-Linie vom westlichen Mittelmeer (Marseille und Genua) ins Schwarze Meer.
1905/07 Seitdem ist die Zahl der selbständigen Ressorts abermals gewachsen, und zwar durch die Teilung der Abteilung Passage, von welcher Herr von Helmolt den Kajütsverkehr behält, während der Zwischendecksverkehr Herrn Direktor von Pilis unterstellt wird; zur Entlastung des Generaldirektors tritt Herr Direktor Philipp Heineken in den Hauptvorstand ein; das Ressort des inländischen Frachtverkehrs wird Herrn Regierungsrat a. D. Petzet anvertraut.
10.05.1905 Der Dampfer "Prinzess Irene" rettet unter schwierigen Umständen auf der Reise nach New York die Besatzung der auf der Fahrt nach Genua befindlichen Schonerbark "Marije". Der Kapitän Dannemann, sowie der Führer des Rettungsbootes, 4. Offizier, erhält in Anerkennung des Rettungswerkes von der österreichischen Regierung wertvolle Ehrengeschenke. Den zur Besatzung des Rettungsbootes gehörenden Personen wurden je 25 Kronen in bar bewilligt.
15.11.1905 Der Dampfer "Tübingen" rettet den in Seenot befindlichen griechischen Dampfer "Atheneon" in der Nähe von Cartagena. Die deutsche Gesellschaft für Rettung Schiffbrüchiger verleiht in Anerkennung dieser Rettungstat dem Kapitän Morgenstern die große goldene Medaille nebst Diplom, dem 2. Offizier Kluck die kleine goldene Medaille nebst Diplom und insgesamt der Mannschaft 1000,00 Mark.
12.12.1905 Kapitän Meiners vom Dampfer "Roon" erhält für die an der Küste Japans einem schwer havarierten Schoner und einem japanischen Dampfer in Seenot geleistete Hilfe die japanische Rettungsmedaille.
31.12.1905 Die Seemannskasse verfügt über ein Vermögen von 2,75 Millionen Mark und hat bis zu diesem Zeitpunkt an ihre Mitglieder Zahlungen im Gesamtbetrage von über 4 Millionen Mark geleistet. Die Witwen- und Waisen-Pensionskasse
weist Ende des Jahres ein Vermögen von beinahe 2 Millionen Mark auf und hatte in den 11 1/5 Jahren ihres Bestehens 426.000 Mark ausgezahlt. Die Elisabeth Wiegand-Stiftung verfügt Ende 1905 über ein Vermögen von etwa 300.000 Mark und hat in den fünf Jahren ihres Bestehens über 119.000 Mark an Unterstützungen gezahlt.
1905 Die Kajütszahl im Verkehr nach New York erreicht 73.185 Passagiere
1906 Durch die Reorganisation bei der Dampferbeschaffung werden in den sieben Jahren des Bestehens der Orient-Küstenfahrt (seit 1899) nicht weniger als 31 Dampfer neu eingestellt, so daß die Flotte dieser Küstenfahrt jetzt aus 45 Dampfern besteht, unter denen sich 10 Doppelschraubendampfer befinden.
1906 Der "Norddeutsche Lloyd" erweitert seinen Mittelmeerdienst durch einen gemeinsamen Passagier- und Frachtdienst zusammen mit der "Deutschen Levante-Linie" in Hamburg von Marseille und Genua über Neapel und Pyräus nach Smyrna, Konstantinopel und von dort nach Odessa und Batum einrichtet. Für diesen Dienst kauft der Lloyd zwei Dampfer der Levante-Linie an und ergänzt die dafür erforderliche Flotte durch die ehemaligen Hansadampfer "Tübingen" und "Sigmaringen".
1906 Die Weser-Umschlagstelle in Hannoversch Münden des "Norddeutschen Lloyd" geht in Betrieb
1906 Der Verkehr des "Norddeutschen Lloyd" von und nach Boston weist 3.500 Kajütenpassagiere und 68.000 Zwischendeckspassagiere, ausgehend und einkommend zusammengerechnet, auf.
1906 Übernahme einer 50prozentigen Beteiligung an der Gründung der Gewerkschaft der Steinkohlenzeche "Emscher-Lippe"
zwecks Beschaffung preiswerter und qualitativ hochwertiger Kohle für die Dampfer.
08.09.1906 Durch den Reichspostdampfer "Sachsen" werden nach glücklich überstandenem Taifun die 21 Schiffbrüchigen einer chinesischen Dschunke gerettet bei sehr schwierigen Seeverhältnissen. Führer des Rettungsbootes 2. Offizier Praesent.
02.10.1906 Durch den Lloyddampfer "Koh-Si-Shang" werden von dem am 20. September untergegangenen Dampfer "Charterhouse" 27 Personen gerettet, die sich auf einem Floß befinden. Den Tod haben ca. 80 Personen gefunden. Von der deutschen Gesellschaft zm Rettung Schiffbrüchiger wird dem Führer des Norddeutschen Lloyddampfers ?Koh-Si-Shang*, Kapitän Rosiefsky, für die ausgeführte Rettung aus der Laeiszstiftung die große silberne Medaille nebst Diplom verliehen.
1907 Zur Zeit des 50jährigen Bestehens verfügt der Norddeutsche Lloyd über eine Gesamttonnage von 786 510 BRT.
1907 Im Jubiläumsjahr des Norddeutschen Lloyd wird zum ersten Mal in der Mittelmeerlinie der Schnelldampfer "Kaiser Wilhelm der Große" Verwendung finden, eine Tatsache, welche beweist, dass auch hier die Verkehrszunahme die Verwendung des besten vorhandenen Materials erfordert.
1907 Bis zum Jubiläumsjahr wächst infolge der mächtigen Entfaltung des Betriebes und des riesigen Anwachsens der Flotte, sowie der für den Betrieb notwendigen Anlagen das Stammkapital auf 125 Millionen Mark, wovon 25 Millionen Mark jedoch erst 1907 zur Ausgabe gelangen, die Anleihen auf etwa 55 Millionen Mark.
06.06.1908 Inbetriebnahme der "Prinz Friedrich Wilhelm", wobei die vertraglichen Bedingungen wesentlich überschritten wurden
1914 Die Gesamttonnage hat sich auf fast 1 000 000 BRT erhöht.
1. Weltkrieg Der Erste Weltkrieg wirft das Unternehmen fast auf seinen Stand von 1857 zurück, denn es bleiben ihm nur 57 000 t an kleinen Fahrzeugen, Leichtern usw. bei Friedensschluß. - Es folgen die Jahre des Wiederaufbaus der Lloyd-Flotte, der zum Teil mit Hilfe einer englischen Anleihe finanziert wird.
05.1924 Aufnahme einer englischen Anleihe von £ 1.000.000,00
1925 Fusion mit der "Roland-Linie", mit der "Hamburg-Bremer-Afrikalinie" und mit der "Dampfschiffsreederei Hörn", so daß am Schlüsse des Jahres der Gesamtflottenbestand des "Norddeutschen Lloyd" bereits wieder 613 056 BRT umfaßt.
1925 Verkauf der Beteiligung an der "Steinkohlengewerkschaft Emscher-Lippe" an die "Phönix Bergbau A.-G." für etwa RM 20.000.000,00.
1925 Die Beteiligung an der Schachtanlage "Emscher-Lippe" in Dorsten (500 Kuxe) wird wieder abgestoßen.
22.10.1927 bis 10.11.1927 Zur Durchführung des weiteren Bauprogramms und neuer Aufgaben schließt die Gesellschaft mit den Bankfirmen "Kühn, Loeb & Co.", "Guaranty Trust Company of New York" und "Lee, Higginson & Co.", New York, eine zwanzigjährige 6-Prozent-Tilgungsfonds-Geldanleihe in Höhe von 20.000.000,00 ab, die in New York zum Kurse von 94 % zur Zeichnung aufgelegt und voll gezeichnet wird. Aus dem Erlös der Anleihe wird zunächst die im Mai 1924 aufgenommene englische Anleihe von £ 1.000.000,00 zurückgezahlt. Aufgelegt wird die Anleihe am 10. November 1927 zu 94 %. Zinstermin: Mai/November. Sicherheit: Keine. Die Anleihe ist eine direkte Verpflichtung der Gesellschaft. Tilgung: Zur Rückzahlung fällig am 1. November 1947 zu 100%. Planmäßige Tilgung ab 1. November 1929 durch Rückkauf oder Auslosung zu 100 % mit jährlicher Tilgungsquote von 3.025 % zuzüglich ersparter Zinsen. (Mit Rücksicht auf die schwierige finanzielle Lage der Gesellschaft sowie die Bestimmungen des Gesetzes über den Zahlungsverkehr mit dem Ausland vom 9. Juni 1933 tritt die Gesellschaft später an ihre Anleihegläubiger mit dem Angebot herangetreten, die bisher 6prozentige in eine 4prozentige Anleihe umzuwandeln (mit der Einschränkung, die Zinsdifferenz aus späteren Reingewinnen nachzuzahlen) gegen die Zusicherung, daß für die Laufzeit der Anleihe die 4prozentige Verzinsung von jeder Transfereinschränkung freigestellt wird, RM 50.000.000,00 der sonstigen Gläubiger mit ihren Ansprüchen hinter die Anleihegläubiger in bezug auf Fälligkeit und Rang zurücktreten sowie auf jährlich RM 3.500.000,00 Zinsen verzichten. Ferner ist den Anleihegläubigern die Möglichkeit eingeräumt, ihre Anleihestücke zum Nennwert, und zwar umgerechnet zum Tageskurs, in Stammaktien der Gesellschaft zu verwandeln. Hiernach können bis zum 1. Mai 1943 auf je 1.000,00 Bonds nom. RM 500,00 Lloyd-Aktien zum Kurse von 105 % bezogen werden. Die Anrechnung der Bonds erfolgt zu 100%. Bezugsrechte auf nom. RM 6.203.300,00 neue Aktien eingeräumt.)
14.11.1928 Laut Generalversammlungsbeschluß vom 14. November 1928 wird das Grundkapital um RM 35.000.000,00 Stammaktien und RM 1.093.000,00 Vorzugsaktien auf Reichsmark 165.000.000,00 erhöht.
04.1929 Der Norddeutsche Lloyd übernimmt von der "Dampfschiffahrtsgesellschaft Hansa" die Aktienmajorität der "Dampfschiffahrtsgesellschaft Neptun".
16.07.1929 Der Schnelldampfer "Bremen" wird in Dienst gestellt.
1930 Erwerb von Aktien der "Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft", Hamburg, der "Deutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft 'Hansa'", Bremen, der "Dampfschiffahrts-Gesellschaft 'Neptun'", Bremen, der "Bremer Schleppschifffahrts-Gesellschaft", Bremen, und der "Mindener Schleppschiffahrts-Gesellschaft", Minden.
19.03.1930 Indienststellung des Schnelldampfers "Europa". Damit und mit Ablieferung der Frachtdampfer "Agira" und "Este", kommt das erweiterte Bauprogramm zum Abschluß.
25.03.1930 bis 15.04.1930 Abschluß eines Interessengemeinschaftsvertrags mit der "Hamburg-Amerika Linie", Hamburg, als Ergebnis jahrelang geführter Verhandlungen. Abgeschlossen am 25. März bzw. 15. April 1930, geändert mit Wirkung ab 1. Januar 1935 (s.d.), Dauer: 15 Jahre
13.06.1930 Unter dem 13. Juni 1930 ergeht die Entscheidung des auf Grund des amerikanischen Settlement of War Claims Act eingesetzten Schiedsrichters, der dem Norddeutschen Lloyd für die in den Vereinigten Staaten während des Ersten Krieges beschlagnahmte Tonnage eine Entschädigung von $ 27.249.000,00 zuspricht.
18.07.1930 Die erste Rate der Entschädigung für die in den USA beschlagnahmte Tonnage mit $ 7.340.000,00 wird ausgezahlt.
1931 Die bilanzmäßige Auswertung des mit der in Liquidation getretenen "Stettiner Dampfer-Compagnie A.-G.", Stettin, geschlossenen Vertrages, nach welchem die Gesellschaft unter Übernahme des Anteils der "Stettiner Dampfer-Compagnie" am deutschen Levanteverkehr gegen Hergabe von Reichsmark 1.828.000,00 Aktien dieser Gesellschaft acht Seedampfer nebst verschiedenen Beteiligungen erhalten hat, tritt, da die vertraglichen Abreden mit Wirkung vom 1. Januar 1931 getroffen worden waren, in der Bilanz für 1931 in Erscheinung. Der Restbestand an Aktien der "Stettiner Dampfer-Compagnie A.-G." wird im Jahre 1931 gegen Aktien der ""Renata' Dampfschiffsgesellschaft Th. Gribel in Stettin K. a. A.", Stettin, eingetauscht.
1931 Der Rest der bei der "Bremer Reederei-Vereinigung A.-G.", Bremen, aus früheren Kapitalerhöhungen zur Verfügung des Norddeutschen Lloyd gehaltenen Aktien wird in seinem Auftrage im Jahre 1931 verwertet.
05.1931 Die "Hapag-Lloyd Union" schließt mit der "Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft", Hamburg, einen zehnjährigen Vertrag ab, der die gemeinsame Südamerikafahrt unter poolmäßiger Verteilung der Ergebnisse vorsieht.
1932 Zwecks Wiederherstellung des bisherigen Stimmverhältnisses zwischen Stamm- und Vorzugsaktien werden nom. RM 3.340.000,00 Vorzugsaktien in Stammaktien umgewandelt.
01.01.1932 Die Verwaltungen der vom Lloyd und ihm nahestehender Gesellschaften betriebenen europäischen Fahrt werden wieder verselbständigt: Die "Argo Reederei A.-G.", die aus einer Umbenennung der "Hanseatischen Dampfschiffahrt-Gesellschaft" entstand, faßt die Interessen an der England- und Frankreich-Fahrt, sowie der Fahrt nach den Randstaaten der Ostsee zusammen. Das hierfür benötigte Schiffsmaterial wird vom Lloyd und der ihm gehörigen "'Seefahrt' Dampfschiffs-Reederei A.-G." der "Argo Reederei A.-G." ab 1. Januar 1932 verchartert.
1932 Die Interessen an den auf Hamburg fahrenden Linien sind bei der Mathies Reederei vereinigt, die mit 19 eigenen und drei von der dem Lloyd gehörigen Baltischen Reederei gecharterten Schiffen den Linienverkehr zwischen Hamburg und der Ostsee betreibt.
1932 Im Zusammenhang mit der Abwrackbeihilfe des Reiches verpflichtet sich die Gesellschaft, den nach Vornahme ordnungsmäßiger Abschreibungen und etwaiger Auffüllung des gesetzlichen Reservefonds verbleibenden Betriebsüberschuß nach näherer Bestimmung des Reiches zur Rückzahlung der gewährten Abwrackbeihilfe in Höhe von Reichsmark 2.328.630,00 zu verwenden. Die Gesellschaft hat bis 1932 insgesamt 80 800 BRT abgewrackt.
28.06.1932 Die Generalversammlung vom 28. Juni 1932 beschließt, das Grundkapital von RM 165.000.000,00 auf Reichsmark 54.500.000,00 in erleichterter Form rückwirkend auf den 31. Dezember 1931 in folgender Weise herabzusetzen: Das Stammaktienkapital wird zunächst von RM 160.000.000,00 auf RM 148.500.000,00 durch Einziehung von RM 11.500.000,00 eigenen Stammaktien ermäßigt, von denen RM 519.000,00 am 31. Dezember 1931 und RM 10.981.000,00 am 23. Juni 1932 von der Bremer Reederei-Vereinigung Aktiengesellschaft, Bremen, erworben werden. Der Erwerb erfolgt an Zahlungs Statt zwecks Tilgung eines dieser Gesellschaft gewährten Darlehns unter Zugrundelegung eines Kurses von etwa 64.3 %. Die Einziehung der nach dem 18. Februar 1932 erworbenen RM 10.981.000,00 Stammaktien nach den Vorschriften über die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form wird der Gesellschaft seitens der Reichsregierung auf Grund des § 12 der Verordnung vom 6. Oktober 1931 durch besondere Verfügung des Herrn Reichsjustizministers Nr. III m 1158 vom 14. Juni 1932 gestattet. Das verbleibende Stammaktienkapital von RM 148.500.000,00 wird im Verhältnis von 3:1 auf RM 49.500.000,00 herabgesetzt. Der Kapitalherabsetzungsbeschluß wird am 16. Juli 1932 in das Handelsregister eingetragen.
Herbst 1933 In Verfolg rationeller organisatorischer Maßnahmen wird im Herbst die "Nordatlantik Gemeinschaft Hapag-Lloyd" geschaffen zwecks Erzielung von Ersparnissen und möglichst elastischer Gestaltung des von der Krise besonders stark betroffenen Liniendienstes.
1934 Im Zuge der im Jahre 1933 begonnenen organischen Umbildung wird der Südamerika-Ostküstendienst ausgegliedert und auf die "Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrts-Gesellschaft", Hamburg, übertragen, welche die übernommenen Schiffe vorwiegend durch Übernahme von Bankverbindlichkeiten des Norddeutschen Lloyd bezahlt. Gleichzeitig wird die Beteiligung bei dieser Gesellschaft veräußert.
1934 Die durch die "Hamburg-Bremer Afrika-Linie G. m. b. H." in Poolgemeinschaft betriebene Afrikafahrt geht durch Verkauf der acht zu diesem Dienst gehörenden Schiffe, des Anteils an den afrikanischen Niederlassungen und der sämtlichen Geschäftsanteile der "Hamburg-Bremer Afrika-Linie G. m. b. H." auf die "Woermann-Linie" und "Deutsche Ostafrika-Linie" über, unter gleichzeitigem Verkauf des Aktienbesitzes an diesen beiden Gesellschaften. Auch hier wird, der Kaufpreis größtenteils durch Übernahme von Bankverbindlichkeiten des Norddeutschen Lloyd beglichen. Ein kleinerer Teil wird durch Aufrechnung von Gegenansprüchen der beiden Hamburger Afrika-Linien aus Darlehns- und Aktienrücknahmeverpflichtungen verrechnet.
1934 Im Zuge der Abtrennung der dem Aufgabenkreis der Gesellschaft wesensfremden europäischen Fahrt werden die gesamten Beteiligungen an der "Argo-Reederei A.-G." in Bremen, der "Mathies-Reederei A.-G.", Hamburg, und der "'Renata'-Dampfschiff-Gesellschaft in Stettin Th. Gribel K. a. A.", Stettin, veräußert.
1934 Die Beteiligung an der "Bremer Reederei-Vereinigung A.-G.", einer Holdinggesellschaft, die im wesentlichen nur die Vorzugsaktien des "Norddeutschen Lloyd" hält, wird verkauft, um jede direkte Einflußnahme auf die Ausübung des Stimmrechtes von Aktien des "Norddeutschen Lloyd" auszuschließen und den organisatorischen Aufbau weiter zu vereinfachen.
1934 Es wird noch eine Reihe von Tochtergesellschaften, die zum Teil nur Namensgesellschaften, zum Teil entbehrlich gewordene Nebenbetriebe darstellen, liquidiert, u. a. die bereits länger unbenutzte Selbstversicherungsgesellschaft "Brema".
1934 Das seinerzeit auf den "Norddeutschen Lloyd" durch Fusion übergegangene Geschäftsgebäude der "Argo-Reederei" wird auf diese zurückübertragen.
1934 Aus der Liquidation der "Stettiner Dampfer-Compagnie" und einer ausländischen Tochtergesellschaft werden deren Geschäftsgebäude übernommen.
26.02.1934 Nachdem der Lloyd den ausländischen Inhabern der Dollarbonds ein Angebot auf Herabsetzung des Zinssatzes der 6prozentigen Dollaranleihe von 1927 auf 4 % unterbreitet hatte, beschließt die außerordentliche Generalversammlung vom 26. Februar 1934 auf Grund dieses Angebotes, das einen Umtausch in Aktien vorsieht, vorsorglich eine Erhöhung des Grundkapitals um bis RM 7.985.000,00 durch Ausgabe neuer Stammaktien über RM 200,00 und RM 100,00. Auf diese neuen Aktien wird den Inhabern der Dollarbonds ein Bezugsrecht zum Kurse von 105 % eingeräumt, das bis zum 1. Mai 1943 Gültigkeit hat.
1935 Schaffung von nom. RM 5.000.000,00 Genußscheine.
1935 Durch die Abtrennung des Levantedienstes kann der organisatorische Umbau der Gesellschaft zum Abschluß gebracht werden. Die dem Norddeutschen Lloyd gehörenden im Levantedienst tätigen Schiffe übernimmt die neugegründete "Atlas-Levante-Linie A.-G.", Bremen. Der Verkaufspreis wird zum Teil durch Barzahlungen, zum Teil durch Übernahme von in- und ausländischen Verbindlichkeiten berichtigt worden. Gleichzeitig übernimmt die "Atlas-Levante-Linie A.-G." die bisherige Beteiligung des "Norddeutschen Lloyd" an der "Deutschen Levante-Linie G. m. b. H." in Hamburg.
1935 Die restlichen Aktien der "Dampfschiffahrts-Gesellschaft 'Neptun'" sowie ein kleinerer Teilbetrag an Aktien der "Deutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft 'Hansa'" können veräußert werden.
1935 Weitere wesensfremde Beteiligungen wie der Aktienbesitz an der "Deutschen Schiff- und Maschinenbau A.-G." und der größte Teil der Beteiligung an den "Atlas-Werken A.-G." werden abgestoßen.
01.01.1935 Der 1930 abgeschlossene Unionvertrag mit der "Hamburg-Amerika-Linie", der in seiner letzten Form eine völlige Ertragsgemeinschaft darstellte wird unter Einschluß der Handlungsunkosten, Zinsen und Abschreibungen dergestalt abgeändert, daß in Zukunft nur diejenigen Betriebseinnahmen und -ausgaben hälftig geteilt werden, die gemeinschaftlich betriebene Dienste betreffen. Es fällt also die Gemeinschaftsrechnung bezüglich aller Einzeldienste sowie der Handlungsunkosten, Zinsen, Abschreibungen usw. fort. Gleichzeitig werden die von einem jeden Teil zu betreibenden Einzeldienste festgelegt und so der Entwicklungsgeschichte beider Gesellschaften Rechnung getragen. Als Gemeinschaftsdienste gelten: 1. Frachtdampferdienst nach Ostasien; 2. Passagier- und Frachtdampferdienst nach Australien; 3. Frachtdampferdienst nach Cuba/Mexico; 4. Frachtdampferdienst Ostküste Nordamerika, Golf und Kanada; 5. Passagier- und Frachtdampferdienst Westküste Nordamerika; 6. Passagier- und Frachtdampferdienst Mittelamerika; 7. Küstendienst Westküste Mittel- und Südamerika; 8. Frachtdampferdienst Westküste Südamerika; 9. Frachtdampferdienst Golf-Neuseeland. Die freie Fahrt sowie die Gesellschafts- und Vergnügungsreisen stehen beiden Teilen frei. Einzeldienst des Norddeutschen Lloyd: 1. Passagier-Schnelldampferdienst nach Ostesien (wird der Dienst jedoch mit mehr als drei Dampfern betrieben, tritt die Hapag hälftig als Gemeinschafter ein); 2. Passagier- und Frachtdampferdienst Kanarische Inseln; 3. Passagier- und Frachtdampferdienst Nordbrasilien; 4. Passagier- und Frachtdampferdienst Ostasien-Südsee; 5. Passagier- und Frachtdampferdienst Golf-Australien; 6. Passagier- und Frachtdampferdienst Golf-Südamerika; 7. Passagier- und Frachtdampferdienst Südamerika-Südafrika. 2. Abkommen mit der Rickmers-Linie.
1935 Entnahme aus der Sonderrücklage: RM 6.530.433,48
1936 Entnahme aus der Sonderrücklage: RM 1.278.235,82
16.06.1936 Die Hauptversammlung vom 16. Juni 1936 beschließt die Herabsetzung des Stammaktienkapitals rückwirkend auf den 31. Dezember 1934 von nom. RM 52.840.000,00 um nom. RM 42.972.000,00 auf nom. RM 9.868.000,00 durch Einziehung von nom. RM 3.500.000,00 eigener Aktien und durch Zusammenlegung des noch verbleibenden Kapitals im Verhältnis 5:1. Die gleiche Hauptversammlung beschließt die Wiedererhöhung des Stammaktienkapitals um nom. RM 35 132 000 auf nom. RM 46.660.000,00. Die neuen Aktien werden von Gläubigern der Gesellschaft gegen Aufrechnung von Forderungen übernommen. Die 1934 beschlossene, bisher nicht durchgeführte Erhöhung des Grundkapitals wird von der Herabsetzung nicht berührt; das Optionsrecht ermäßigt sich bis 1943 auf Reichsmark 6.952.500,00 Stammaktien.
1937 Verkauf des restlichen Besitzes von rund Reichsmark 5.000.000,00 Aktien der "Deutschen Dampfschiffahrtsgesellschaft 'Hansa'", Bremen.
1937 Zum Zwecke der Vereinfachung des Aufbaues der Gesellschaft wird die "Hanseatische Schiffahrts- und Betriebs-Gesellschaft m. b. H." aufgelöst
1937 Die dem "Norddeutschen Lloyd" bereits vercharterten Dampfer "Potsdam" und "Scharnhorst" sowie die Motorschiffe "Weser", "Elbe" und "Dresden" werden übernommen. Der Gegenwert wird durch Übernahme von Bauverbindlichkeiten der "Hanseatischen Schifffahrts- und Betriebs-Gesellschaft m. b. H." verrechnet.
1937 Der Grundbesitz wird weiter wesentlich vermindert durch Abstoßung einer Reihe von Baulichkeiten, die für eigene Zwecke nicht mehr benötigt werden.
1937 Die "Lloydheim G. m. b. H.", deren Vermögen übernommen wird, wird aufgelöst.
1937 Die im Jahre 1935 geschaffenen nom. RM 5.000.000,00 Genußscheine werden eingezogen.
1937 Der Gewinn von RM 187.413,43 wird auf die neue Rechnung vorgetragen
1938 Erwerb eines besonderen Kühlraumschiffes für Frischfruchttransporte von Amerika
1938 Umbau von Schiffen zwecks Geschwindigkeitserhöhung
1938 Verkauf eines nicht benötigten Wohnhauses sowie der Anlagen des bisherigen technischen Betriebes.
1938 Der Gewinn von RM 212.791,10 wird auf neue Rechnung vorgetragen
1939 Verkauf des Mehrheitsbesitzes an Aktien der "Bremer und Mindener Schleppschifffahrts-Gesellschaft"
1939 Auf Grund einer Vereinbarung mit der Gruppe der deutschen Donauschiffahrtsgesellschaften werden die Frachtkontore des Llovd als "Frachtkontore der deutschen Donauschifffahrtsgruppe" letzterer zur Verfügung gestellt.
1941 Durchführung der Reprivatisierung.
1942 Verkauf des Hauptverwaltungsgebäudes in Bremen.
03.02.1942 Laut Beschluß der ao. Hauptversammlung vom 3. Februar 1942 Herabsetzung des Grundkapitals durch Einziehung der von der Gesellschaft erworbenen Reichsmark 1.660.000,00 Vorzugsaktien.
03.02.1942 Letzte außerordentliche Hauptversammlung




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Hochsee-Güterverkehr 1857 Beginn (Gründung) 1970 Ende --> Hapag-Lloyd  
Hochsee-Personenverkehr 1857 Beginn (Gründung) 1970 Ende --> Hapag-Lloyd  
Hochsee-Personenverkehr 1857 Beginn (Gründung) 1970 Ende --> Hapag-Lloyd  




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Schiffsdampfmaschine 1901 Schiffswerft und Maschinenfabrik von Joh. C. Tecklenborg AG
Dampfdynamomaschine 1902 Schiffswerft und Maschinenfabrik von Joh. C. Tecklenborg AG
Dampf-Kreiselpumpen 1902 Schiffswerft und Maschinenfabrik von Joh. C. Tecklenborg AG
Schiffsdampfmaschine 1908 Schiffswerft und Maschinenfabrik von Joh. C. Tecklenborg AG
Schiffsdampfmaschine 1884 John Elder & Co.
Schiffsdampfmaschine 1890 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1890 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1886 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1895 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschinen 1897 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschinen 1894 F. Schichau, Maschinen- und Lokomotivfabrik, Schiffswerft und Eisengießerei GmbH
Schiffsdampfmaschine vmtl. 1895 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine vmtl. 1895 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1902/03 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1896 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1904 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1909 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1912/13 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1896 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine 1912/13 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschinen 1898 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Schiffsdampfmaschine   F. Schichau, Maschinen- und Lokomotivfabrik, Schiffswerft und Eisengießerei GmbH
Schiffsdampfmaschine   F. Schichau, Maschinen- und Lokomotivfabrik, Schiffswerft und Eisengießerei GmbH
Schiffsdampfmaschine 1904 Flensburger Schiffbau-Gesellschaft
Schiffsdampfmaschine 1857 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1871 Day, Summers & Co., Northam Ironworks
Schiffsdampfmaschine 1878 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1873 Robert Steele & Co.
Schiffsdampfmaschine 1883 unbekannt
Schiffsdampfmaschine 1886 unbekannt
Schiffsdampfmaschine 1889 unbekannt
Schiffsdampfmaschine 1889 Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan
Dampfmaschine 1889 Eisenhütte Prinz Rudolph
Schiffsdampfmaschine um 1899 Stettiner Oderwerke Akt.-Ges. für Schiff- und Maschinenbau
Schiffsdampfmaschine 1857 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1857 Palmers Shipbuilding Co.
Schiffsdampfmaschine 1857 Palmers Shipbuilding Co.
Schiffsdampfmaschine 1861 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1863 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1865 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1872 Day, Summers & Co., Northam Ironworks
Schiffsdampfmaschine 1866 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1866 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1867 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1878 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1868 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1868 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1869 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1883 Otto Henniges & Co.
Schiffsdampfmaschine 1869 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1869 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1869 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1869 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1870 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1871 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1887 unbekannt
Schiffsdampfmaschine 1871 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1871 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1872 Caird & Co.
Schiffsdampfmaschine 1872 Caird & Co.




Allgemeines

ZEIT1943
THEMAOrgane und Kapital der Gesellschaft
TEXTVorstand: Dr. jur. Johs. Kulenkampff, Bremen; Richard Bertram, Bremen. Aufsichtsrat: Karl Lindemann, Bremischer Staatsrat, i. Fa. C. Melchers & Co., Bremen, Vorsitzer; Dr. jur. Otto Dettmers, Bremen, stellv. Vorsitzer; Karl Bollmeyer, Bremischer Staatsrat, i. Fa. A. Held, Präses der Industrie- und Handelskammer, Bremen; Oberfinanzpräsident a. D. Dr. Carl, Bremen, Korvettenkapitän z. V. Rudolph Firle, Bremen; Heinrich Huchting, i. Fa. Rudolf Meyerkort, Bremen; Kaufmann Louis Krages, Inhaber der Firma Becker & Otten, Bremen; Geh. Komm.-Rat Dr.-Ing. e. h. Wilhelm von Opel, Wiesbaden; Staatsrat Philipp F. Reemtsma, Hamburg; Kaufmann Hermann Ritter, Geschäftsführer der Martin Brinkmann G. m. b. H., Bremen; Vizekonsul Gustav Scipio, Bremen; Robert Stuck, Direktor der Bremer Bank Filiale der Dresdner Bank, Bremen. Geschäftsjahr: 1. Januar bis 31. Dezember. Hauptversammlung (Stimmrecht): Je nom. RM 100,00 Stammaktien 1 Stimme. Reingewinn-Verwendung: Der Reingewinn, der sich nach Vornahme von Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen und Rücklagen einschließlich der Einstellung in die gesetzliche Rücklage ergibt, wird unbeschadet des dem Aufsichtsrat satzungsgemäß zustehenden Gewinnanteils an die Stammaktionäre verteilt, soweit die Hauptversammlung keine andere Verwendung beschließt. Die Gewinnanteile der Aktionäre werden im Verhältnis der auf den Nennbetrag der Aktien geleisteten Einlagen und der Zeit verteilt, die seit dem für die Leistung bestimmten Zeitpunkt verstrichen ist. Bei einer Erhöhung des Grundkapitals kann für die neuen Aktien eine von § 53 Abs. 2 des Aktiengesetzes abweichende Gewinnberechtigung festgesetzt werden. Grundkapital: nom. RM 45.000.000,00 Stammaktien in 20000 Stücken zu je RM 100,00 (Nr. 1-20000.), 43 000 Stücken zu je RM 1.000,00 (Nr. 20 001-63 000).
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5194]


ZEIT1943
THEMAZweck und Gegenstand des Unternehmens
TEXTGegenstand des Unternehmens: Betrieb der Schiffahrt sowie der Betrieb aller Geschäfte und Unternehmungen und die Beteiligung an solchen, welche den Zwecken der Gesellschaft dienen oder damit in Verbindung stehen. Passagier- und Frachtlinien: Der Norddeutsche Lloyd unterhält verschiedene Passagier- und Frachtlinien, die nach allen Teilen der Welt führen.
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5194]


ZEIT1943
THEMABesitzverhältnisse
TEXTBesitz- und Betriebsbeschreibung: Gebäude und Grundbesitz (am 31. Dezember 1938): Grundbesitz in Bremen mit Verwaltungsgebäude; in ihm befindet sich die Zentralverwaltung, und zwar sowohl die Verwaltungs- als auch die Betriebsabteilungen (Fracht, Personenverkehr) einschließlich des Proviantamts. Lediglich die Gepäckabteilung ist in einem besonderen unmittelbar neben dem Häuptbahnhof belegenen Gebäude untergebracht, das zugleich Wartehallen, Aufenthaltsraum und ärztliche Untersuchungsräume enthält. Neben dem eigenen Verwaltungsgebäude besitzt die Gesellschaft in Bremen eine Reihe der Lagerhaltung dienende Gebäude sowie besondere Geschäftsgebäude für das Reisebüro und das Lloydheim. Die Abfertigungsanlagen in Bremerhaven sind Eigentum des Bremischen Staates mit Ausnahme von drei auf der Kaie befindlichen Wippkränen. Die Anlagen sind von der Gesellschaft langfristig gepachtet. Die sonstigen Ahfertigungsanlagen sind Eigentum der Gesellschaft. Die Anlagen des Technischen Betriebes umfassen Werkstätten sowie umfangreiche Lagerschuppen. Für die gesamte im Betrieb erforderliche Wäsche ist eine eigene neuzeitlich eingerichtete Waschanstalt vorhanden.
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5194]


ZEIT1943
THEMABeteiligung an folgenden Unternehmen
TEXTTochtergesellschaften und Beteiligungen: Ocean Comfort Company G.m.b.H., Bremen, Kapital: RM 400.000,00; Deutsches Kohlen-Depot G.m.b.H., Hamburg, Kapital: RM 3.000.000,00
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 5194]


ZEIT1847
THEMAVorgeschichte, "Ocean Steam Navigation Co."
TEXTWohl waren bereits 1812 zum erstenmal in Europa und zwar auf dem Clyde Dampfschiffe probiert worden, und nur vier Jahre später wurde an der Weser der erste Flussdampfer erbaut, aber erst im Jahre 1838 kreuzten die ersten transatlantischen Dampfer "Sirius" und "Great Western" von England aus den atlantischen Ozean und eröffneten damit der gesamten Weltschiffahrt neue völlig ungeahnte Bahnen, dem Unternehmungsgeist ein ungemessenes Tätigkeitsfeld.
Wie die gesamte Industrie durch die Einführung der Dampfkraft eine völlige Umgestaltung erfuhr, wie die durch die Dampfkraft bedingte Technik ein ungeheueres Anschwellen der Produktionskraft zur Folge hatte, so verlangte sie gleichzeitig eine vermehrte und beschleunigte Zufuhr von Rohstoffen, denen wiederum die gesteigerte Ausfuhr fertiger
Fabrikate notwendig folgen mußte. Für den Schiffbau und die Reederei stellte die Einführung der Dampfkraft durchaus neue Aufgaben. Der Schiffskörper und die Größe des Tonnengehaltes erfuhren grundlegende Änderungen. Der Verbrauch
an Kohlen für Dampfzwecke steigerte die Tätigkeit der Zechen und schuf völlig neue, ausschließlich dem Kohlentransport dienende Schiffahrtslinien.
Der Dampf veränderte das soziale Oesicht der Nationen. In welchem Maße dies in Deutschland der Fall gewesen ist, braucht nicht besonders bewiesen zu werden; es spiegelt sich in den deutschen Ein- und Ausfuhr-Ziffern und in der Bevölkerungsstatistik wieder. Als ein Verdienst hanseatischen Unternehmungsgeistes muß besonders hervorgehoben werden, dass fast unmittelbar nach dem Vorgehen Englands, welches zu jener Zeit ja die Weltschiffahrt viel unbedingter beherrschte als heute, die Errichtung regelmäßiger Dampferlinien von der Nordseeküste Deutschlands aus ins Leben trat. Die erste regelmäßige Dampfschiffahrt nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika entstand in Bremen. Da diese als der direkte Vorläufer des Norddeutschen Lloyd anzusehen ist, muss darauf etwas näher eingegangen werden. Im Jahre 1844, zu einer Zeit, als zwischen Europa und Amerika nur eine einzige Dampferverbindung existierte, nämlich zwischen Liverpool und New-York via Halifax, die Cunard-Linie, welche von der englischen Regierung für den Transport der Posten eine Subvention von nicht weniger als 15 Millionen Mark erhielt, entstand in New York die Idee, eine amerikanische Dampferlinie zwischen New York und einem Hafen des Kontinents von Europa mit Zuhilfenahme der Unterstützung der amerikanischen Regierung ins Leben zu rufen. Dieser Gedanke wurde damals von Preußen sofort aufgefaßt, zwar nicht mit Bezug auf einen deutschen Hafen, wohl aber mit Bezug auf Antwerpen als denjenigen Hafen, der in amerikanischen Presseäusserungen vornehmlich als der in Betracht kommende europäische Hafen bezeichnet wurde. Neben Antwerpen kamen Rotterdam, Havre, Bordeaux und Lissabon in Frage; von Hamburg oder Bremen sprach niemand. Preußen bedingte sich nun in seinem Vertrage mit Belgien vom 1. September 1844 mit Bezug auf
die eventuelle Errichtung einer Linie New York - Antwerpen das Recht aus, eine Zollvereinsniederlage in Antwerpen zu errichten, um vermittelst dieser den direkten Handel des Zollvereins unter Zollrabatt kontrollieren zu können. Unter dem Eindruck dieser Verhältnisse trat der Senator Duckwitz, ein überaus weitsichtiger Mann, der auf den verschiedensten Gebieten des bremischen Staatslebens im Innern, wie auch nach außen hin bis in die 1860er Jahre hinein eine lebhafte und segensreiche Tätigkeit entfaltet hat, in die Diskussion der Dampferfrage ein und zwar mit dem Erfolg, daß die amerikanischen Vertreter in Deutschland sofort auf seine Ideen mit Lebhaftigkeit eingingen. Die Verhandlungen, welche damals gerade zwischen Bremen und dem Königreich Hannover bezüglich der Eisenbahnverbindungen nach dem Osten und Süden schwebten, erleichterten die Verhandlungen wesenüich. Der Bremer Senat beschloß die
Entsendung eines besonderen Vermittlers nach New York und Washington und es gelang schließlich, im Senat zu Washington am 15. Juni 1846 einen Beschluß durchzusetzen, dass das geplante Dampfschiffsunternehmen zwischen New York und Bremen einen jährlichen Zuschuß von 100.000 Dollar für jedes Schiff erhalten sollte. Die weiteren
Verhandlungen bis zur Errichtung der Linie begegneten zunächst außerordentlichen Schwierigkeiten, da die Aktienzeichnung ungewöhnlich langsam vor sich ging. Von einer ganz besonderen Bedeutung ist der Umstand, daß für die Zustandebringung der Linie schließlich die beteiligten Staaten in Deutschland selbst eintraten, so zwar, daß in Gestalt von Darlehen zur Gründung der Dampfschiffahrts-Gesellschaft Preussen 100.000 Dollar bewilligte, Hannover 25.000, Sachsen 20.000, Oldenburg, Baden, Frankfurt je 10.000, die übrigen Staaten geringere Beiträge, so daß im ganzen 286.100 Dollar von deutscher Seite zusammenkamen, welche der ihrem ganzen Wesen nach deutschen, aus Rücksicht auf die amerikanische Subvention und die Beteiligung amerikanischer Kapitalisten unter dem Namen "Ocean Steam Navigation Company" in der Bildung begriffenen Gesellschaft vorgeschossen wurden. Die beiden ersten für die Linie erbauten Dampfer führten die Namen "Washington" und "Hermann"; beide wurden in Amerika erbaut. Diese mit deutscher und amerikanischer Staatsunterstützung erbaute Linie ist die erste regelmäßige Dampfschiffslinie zwischen dem Kontinent von Europa und Amerika; aus ihr ist der Norddeutsche Lloyd hervorgegangen. Die Linie hat nur sechs Jahre bestanden; immerhin ist ihre Wirkung für Bremen von sehr wesentlicher Bedeutung gewesen. Sie hatte die Bahn gebrochen für spätere Unternehmungen. Man hatte von der "Ocean Steam Navigation Company" gelernt, wie man, um bessere Resultate zu gewinnen, verfahren und auch wie man nicht verfahren müsse. Der Zug der Güter und Personen hatte sich auf Bremen gerichtet, Postverhältnisse waren geordnet, Postverträge, auf diese Postdampferlinie berechnet, nach allen Richtungen abgeschlossen, so daß durch dies Unternehmen, auch wenn es wieder unterging, der Grund gelegt worden ist, auf welchem später weiter gebaut werden konnte.
Im Marz 1847 wurde zwischen dem Generalpostmeister der Vereinigten Staaten und dem bremischen Staate eine Postübereinkunft geschlossen, nach welcher das bremische Stadtpostamt der einzige und ausschließliche Agent für die amerikanische Post nach Deutschland und den dahinter liegenden Landern sein solle, sowie das Nähere über die zu erteilenden Abrechnungen vereinbart. Sämtliche deutschen Postverwaltungen wurden aufgefordert, der Übereinkunft zwischen Amerika und Bremen beizutreten. Da das Porto nur ungefähr die Hälfte desjenigen über England betrug, so traten nach wenigen Wochen sämtliche deutschen Postverwaltungen in den Vertrag ein, und damit war bereits 1847 die deutsche Posteinheit in Rücksicht auf die Korrespondenz mit Amerika zustande gebracht. Die amerikanische Postverwaltung hatte sogar im Sinn, die gesamte amerikanische nach Ostindien und China bestimmte Post vertragsmäßig
durch Deutschland zu leiten, und nur durch die Vorgänge des Jahres 1848 wurde diese überaus weitsichtige Abmachung zunichte gemacht. Die letzten Fahrten dieser Bremer Linie fanden im Jahre 1857, also im Gründungsjahre des Lloyd statt, der danach unmittelbar als Nachfolger der amerikanisch-bremischen Linie auftritt. Wohl sind während der letzten Betriebsjahre der "Ocean Steam Navigation Company" noch einige kleinere Versuche deutscher und amerikanischer Reedereien zu verzeichnen, welche den Zweck hatten, die regelmäßige Verbindung zwischen Bremen und Amerika zu verstärken, nämlich die Fahrten der Bremer Firma "W. A. Fritze & Co.", welche die beiden letzten Dampfer der durch Hannibal Fischer verauktionierten deutschen Kriegsmarine erworben hatte; ferner die von Amerika aus ins Werk gesetzte Dampfschiffahrtsverbindung durch die Vanderbilt'schen Dampfer Ariel und Vanderbilt. Diese beiden Unternehmungen verdankten ihren Ursprung lediglich der gerade sehr günstigen Konjunktur vornehmlich in der Auswandererbeförderung; eine nationale Bedeutung ist ihnen nicht beizumessen.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 8]


ZEIT1857
THEMAGründung
TEXTDie beiden grossen Eckpfeiler, auf denen diesseits und jenseits des Atlantischen Ozean die Schiffahrtsbrücke des Norddeutschen Lloyd errichtet wurde, sind in Bremen zu suchen in dem besonders für damalige Zeiten gar nicht hoch genug anzuschlagenden Unternehmungsgeist, der in richtiger Erkenntnis der Lage nicht Bremer Interessen allein, sondern die Interessen der ganzen deutschen Nation zu vereinigen wünschte und, in merkwürdiger Voraussicht späterer Entwicklungsphasen Deutschlands, ein Unternehmen schaffen wollte, dessen nationale und internationale Bedeutung über den Machtbereich einer Hansestadt weit hinausging. Den Grundpfeiler auf der andern Seite des großen Wassers, in
New York, bildeten die alten Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Bremen, das von Jahr zu Jahr sich erheblich steigernde Bedürfnis nach dem Bezug europäischer Industrieartikel und dem Absatz amerikanischer Rohprodukte und die Notwendigkeit der Einwanderung nach den Vereinigten Staaten sowohl zum Aufschluß des Landes, wie als Intelligenzfaktoren. Es ist verständlich, dass die Idee der Gründung einer über den Rahmen der bisherigen Gesellschaften hinausgehenden regelmäßigen Schiffahrtsverbindung zwischen Bremen und New York im Geiste eines Mannes erstand, der sowohl in den Vereinigten Staaten wie in Bremen in praktischer Arbeit die Grundlagen erkannt hatte, auf denen ein wahrhaft grosses Unternehmen sich aufbauen konnte. H. H. Meier, der Vater des Norddeutschen Lloyd, wie er mit Recht genannt wird, hatte als Angehöriger und Erbe der durch seinen Vater und Oheim am Ende des 18. Jahrhunderts in New York begründeten Firma "C. & H. H. Meier" Gelegenheit gehabt, die Faktoren kennen zu lernen, welche zu einer engeren Verbindung der Vereinigten Staaten mit Deutschland drängten. Er hatte nach seiner Rückkehr nach Bremen, im Jahre 1838, in Bremen seine Hauptbetätigung in der Entwicklung seiner Vaterstadt auf dem Oebiete des Handels und der Schiffahrt gesucht Die Beobachtung der Schiffahrtsverhältnisse, die sich in Hamburg für den Verkehr mit den Vereinigten Staaten herausgebildet hatten, die Beobachtung ferner der "Ocean Steam Navigation Company", die Kenntnis der örtlichen Verhältnisse Bremens und seiner Beziehungen zum Hinterlande Hessen es als notwendig erscheinen, bei der Gründung eines grossen nationalen Schifffahrtsunternehmens verschiedene bereits bestehende Interessen in dem
neuen Unternehmen zu vereinigen. Man muß sich vergegenwärtigen, daß die Wasserverhältnisse der Weser schon zu damaliger Zeit das Heraufkommen der in ihrem Tonnengehalt ständig wachsenden Seeschiffe nicht mehr erlaubte. Bremen hatte daher, um von dem in hannoverschem Besitz befindlichen, in seiner Entwicklung erheblich zurückgebliebenen Geestemünde frei zu werden, im Jahre 1830 die Stadt Bremerhaven gegründet. Zwischen Bremen und Bremerhaven bestand zur Zeit der Gründung des Lloyd noch keine Eisenbahn. Der Verkehr auf der Weser wurde daher für Fracht und Passagiere durch Schleppschiffahrtsgesellschaften aufrecht erhalten. Die Verbindung Bremens nach dem Inlande Hess vieles zu wünschen übrig. Die Anbringung und Abfuhr der Bremer Frachten geschah daher zum großen Teil ebenfalls auf dem Wasserwege der Weser nach und von der uralten Umschlagstelle Münden, die erst in diesen Tagen eine in ihrer Bedeutung vorläufig noch kaum zu übersehende Neubelebung erfahren hat. Bei der Gründung des Norddeutschen Lloyd war daher der Gesichtspunkt maßgebend, die Interessen, welche sich in den Einzelgesellschaften auf der Unter- und Oberweser verkörperten, zu einer transatlantischen Schiffahrtslinie zu verdichten. Nach jahrelangen Vorarbeiten kam es in den ersten Tagen des Januar 1857 zu einer Einigung zwischen den Gesellschaften, welche unter dem Namen "Norddeutscher Lloyd" sich zusammenschlossen; dies waren die "Weser-Hunte-Dampfschiffahrts-Gesellschaft", die "Schleppschiffahrts-Gesellschaft auf der Unterweser", die "Dampfschleppschiffahrts-Gesellschaft auf der Oberweser" und die "Allgemeine Assekuranz-Anstalt für die Oberweser". Die Vereinigung geschah auf Grund eines im Dezember 1856 ausgegebenen Prospektes, dessen Inhalt im wesentlichen wie folgt lautete: "Der lange gehegte Wunsch, einen großartigen, den Bedürfnissen der Zeit genügenden Dampfschiffahrtsverkehr mit europäischen und transatlantischen Ländern sowie auf dem ganzen Weserstrom herzustellen, soll durch eine Verbindung naheliegender Interessen jetzt erfüllt werden. Vier in voller Blüte stehende Gesellschaften haben sich zu einem neuen Aktienunternehmen, dem "Norddeutschen Lloyd", vereinigt, um die bisherigen Aufgaben durch geregeltes Zusammenwirken besser zu lösen und für
das erweiterte Ziel in der Persönlichkeit ihrer Vorstände, in der erprobten Erfahrung ihrer Beamten, in dem bereits vorhandenen Kapital achtbare Grundlagen zu bieten. Diese Entschließung deutet genugsam an, daß hier ein besonnener, den Verhältnissen allseitig entsprechender Plan vorliegt, dessen glückliche Ausführung von bremischer Solidität und Sachkenntnis verbürgt und auch von der sich kundgebenden allgemeinen Teilnahme getragen wird. In der Tat, das gesamte Deutschland ist bei dem schwunghaften Fortgang des in so vielfacher Beziehung wichtigen Werkes wesentlich interessiert." Nun wird zunächst, was die Verbindung zwischen Bremen und New York betrifft, ausgeführt, daß die bestehende Dampferlinie selbst dann nicht genüge, wenn, wie damals wohl kaum noch in Aussicht stand, die "Ocean Steam Navigation Company" ihre Schiffe vermehre und eine 14tägige Fahrt nach New York einrichte. Nur eine wöchentliche Dampferexpedition biete dem Absender die Sicherheit für unverweilte Beförderung seiner Güter. (Dieses erst nach längerem Streben durch den "Lloyd" erreichte Ziel wurde also gleich von Anfang an ins Auge gefaßt). Wenn schon gegenwärtig bei so mangelhaften Anstalten zum schnellen Transport wöchentlich Manufakte und Industrieerzeugnisse im Werte von 1/4 Millionen Talern seewärts expediert werden, so würden vervollkommnete Transportmittel diese Ziffer noch bedeutend erhöhen; dies beweise die bestehende Dampferlinie, welche die Wertsumme der bezeichneten Warenausfuhr binnen acht Jahren von 3 1/2 auf 16 Millionen Taler Kurant steigern half. Es wird sodann motiviert, weshalb der "Lloyd" der Schraube vor dem Schaufelrad den Vorzug geben wolle, ein Passus, auf den jetzt, wo die Raddampfer längst aus dem ozeanischen Verkehr verdrängt sind, wohl nicht weiter eingegangen zu werden braucht Weiter werden die Aussichten für die neue Linie erörtert und darauf hingewiesen, dass Bremen in den Industrien Sachsens, Berlins, Rheinpreussens, Thüringens und selbst der Schweiz eine ausgebreitete Kund-
schaft besitze, die nur den Zeitpunkt erwarte, wo die vermehrte Dampfschiffahrt nach Amerika es gestatte, die Gütersendungen nach Bremen zu dirigieren. Ferner wird betont, daß das Fahrwasser für die nach Bremerhaven
gehenden Seeschiffe nur höchst selten, in den strengsten Wintern, und auch dann nur beim Zusammentreffen von Westwind mit Eisgang, gesperrt sei, dass in Bremerhaven zwei Hafenbassins den Seeschiffen vollständigen Schutz gewähren und daß außerdem von Seiten Hannovers in Geestemünde großartige Hafenanlagen demnächst in Angriff genommen würden. Die Verbindung Bremens mit Bremerhaven durch Eisenbahn stehe bevor; endlich sei Bremen einer der beliebtesten Einschiffungsplätze für die Auswanderung nach Amerika, welche im Jahre 1854 76.000 Personen betrug. Bremen hatte schon frühzeitig weise Einrichtungen zum Schutze der Auswanderer getroffen. Was die Dampferverbindung mit Großbritannien betreffe, so fehle der jetzigen die nötige Regelmäßigkeit; eine wohlgeordnete Linie von Schraubendampfern zwischen der Weser, London und Hull gehöre zu den nächstliegenden Aufgaben des "Lloyd". Die bereits ins Leben getretene Einrichtung, wonach die mit den Seeschiffen ankommenden Frachtgüter an Bord verschlossener eiserner Kähne mittels eines Dampf Schleppers binnen wenigen Stunden an die Stadt und hier seit dem Jahre 1857 mittelst des Weserbahnhofs unmittelbar auf die Eisenbahn gelangen können, sichere den Verschiffern und Empfängern in England und in Deutschland den pünktlichsten Transport ihrer Güter. An 6.000 Seeschiffe befahren alljährlich, von und für Bremen expediert, die Wesermündung. Die Ladungen derselben stellen ein Kapital von 67 Millionen Taler Kurant dar. Auf dem schmalen Fahrwasser zwischen Bremerhaven und der offenen See, einer Strecke von sieben deutschen Meilen, sei zur Zeit bei widrigen Winden die wertvolle Ladung häufig vielfachen Verzögerungen und Gefahren ausgesetzt. Lange Tage gehen oft mit Kreuzen in der Nordsee oder Stilliegen auf der Reede verloren. Es handle sich nun auch darum, die Dampfbugsierfahrzeuge zu vermehren, um den Schleppdienst der Wesermündung in flotten Gang zu setzen und ein Institut zu schaffen, welches auch zugleich den an der Küste in Not befindlichen Schiffen zu Hilfe kommen könne, eine Aufgabe, die durch den elektrischen Telegraphen des bremischen Leuchtturms in der Wesermündung erleichtert werde. Endlich sei auch die Leichterschiffahrt auf der Unterweser den Zeitanforderungen entsprechend neu zu organisieren. Der Versuch, welcher mit zwölf eisernen Leichterfahrzeugen und einem Dampfschlepper gemacht wurde, dürfe als vollkommen gelungen betrachtet werden, sei aber nur ein Anfang. Es handle sich um eine Güterbewegung zwischen den Seeschiffen und der Stadt Bremen von zehn Millionen Zentnern jährlich, ein Quantum, das sich bei einem prompten Entlöschungs- und Verladungsdienst noch bedeutend steigern dürfte. Endlich wird die Förderung dargelegt, welche die Dampfschiffahrt auf der Unter- und Oberweser durch das neue Institut erfahren solle. - Die jährlich notwendigen Reparaturen der Dampfschiffe und eisernen Leichterfahrzeuge würden durch eine eigene Reparaturwerkstätte des "Lloyd" zu übernehmen sein. Bezüglich der Versicherungen hebt der Prospekt folgendes hervor: "Zu den wichtigsten und voraussichtlich lukrativsten Geschäften des 'Norddeutschen Lloyd' gehört das Assekuranzwesen in seiner Anwendung auf den Gütertransport zu Wasser. Die für Flußversicherungen bestehende 'Allgemeine Assekuranzanstalt für die Oberweser' wird sich dem 'Lloyd' anschließen und sich auf Versicherungen gegen Seegefahr ausdehnen."
Die "Weser-Hunte-Dampf Schiffahrtsgesellschaft" überließ gegen Behändigung von Aktien im entsprechenden Wertbetrage ihr Eigentum, bestehend in den drei Dampfern "Hanseat", "Paul Friedrich August" und "Oldenburg", Anlegebrücken, Schuppen, Barvermögen, zum Gesamtwert von 82.008 Talern Gold an den "Norddeutschen Lloyd". Das in derselben Weise überlassene Eigentum der "Schleppschiffahrtsgesellschaft auf der Unterweser" bestand aus drei Schleppdampfern, zwölf eisernen Schleppkähnen, Vorräten, Schuppen etc, Wert 181.600 Taler Gold. Die Gesellschaft für die "Dampfschleppschiffahrt auf der Oberweser" erhielt für ihr Eigentum (Dampfer "Werra", Vorräte, bare Kasse) Stamm- und Partial-Aktien im Ganzen zum Werte von 36.280 Talern Gold. Endlich erhielt die "Vereinigte Allgemeine Assekuranzanstalt für die Oberweserschiffahrt" für ihre Barzahlung von 33.500 Talern Gold 335 Stammaktien à 100 Taler Gold.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 12]


ZEIT1857
THEMAStatut
TEXTAuf Grund des von den vier Gesellschaften genehmigten Statuts erhielt die Gesellschaft "Norddeutscher Lloyd" vom Bremer Senat am 18. Februar 1857 die Rechte einer juristischen Person. Als Zweck der Gesellschaft bezeichnet das Statut:
"Regelmäßige Dampfschiffahrtsverbindungen mit europäischen und transatlantischen Ländern herzustellen, Fluß- und Seeassekuranzen zu übernehmen, den bisherigen Dampferverkehr für Personen und Güter, sowie für den Schleppdienst von Fluss- und Seeschiffen auf der Weser und deren Nebenflüssen oberhalb und unterhalb Bremens zu unterhalten und zu erweitern, und spezifiziert im § 2 die sich aus diesem Zweck ergebenden Geschäfte als den Wirkungskreis der Gesellschaft. Als Grundkapital wird die Summe von 4 Millionen Talern Gold, eingeteilt in 40.000 Aktien zu je 100 Talern, bestimmt und ferner festgesetzt, daß nach Zeichnung von 20.000 Aktien der provisorische Verwaltungsrat die
definitive Konstituierung der Gesellschaft beschließen könne. Als Organe der Gesellschaft werden die Generalversammlung, der Verwaltungsrat und die Direktion bezeichnet. Dem Verwaltungsrat wird die Leitung und die
Oberaufsicht der Geschäfte innerhalb der Statuten mässigen Grenzen überwiesen. Er hat den ganzen Geschäftsbetrieb festzustellen, die vollziehende Direktion, deren Stellvertreter, Agenten, Ingenieure, Kapitäne und andere Beamte anzustellen, die Höhe der Dividende zu bestimmen, die Firma der Gesellschaft zuführen und für dieselbe rechtsverbindlich zu zeichnen u.A. Seine Mitgliederzahl beträgt zwölf, von denen wenigstens neun in Bremen wohnen und das Bürgerrecht mit Handelsfreiheit besitzen müssen. Alljährlich sollen zwei Mitglieder austreten und durch Neuwahl ersetzt werden. Die Direktion besteht aus einem oder mehreren besoldeten Direktoren und deren Stellvertretern (Prokuranten). Innerhalb der ersten vier Monate eines jeden Jahres soll eine ordentliche Generalversammlung zur Entgegennahme der Berichte des Verwaltungsrates, der Rechnungsablage u. A. stattfinden."
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 17]


ZEIT1860
THEMAWertminderung der Lloyd-Aktien
TEXTDie Antwort des Verwaltungsrats auf die Fragen, durch welche Ursache wohl die so exorbitante Verminderung des
Nominalwertes der Lloydaktien bis zu 30 % und die hieraus folgende Schmälerung des Gesellschaftsvermögens veranlaßt sei und zweitens inwieweit es möglich sei, die Gesellschaft vor weiterem gänzlichen Verlust des durch die Stammaktien repräsentierten Gesellschaftsvermögens zu schützen, hat folgenden Wortlaut:
"Es ist allerdings etwas viel von dem Verwaltungsrate verlangt, die exorbitante, ausser allem Verhältnisse zu der wirklichen Sachlage stehende Verminderung des Kurswertes der Aktien genügend zu erklären: er will es indes versuchen. Nach seinem Dafürhalten sind es hauptsächlich zwei Gründe, dass das Angebot stets viel größer als die Nachfrage war. Bremen hat keine Fondsbörse und können daher Aktien und Papiere aller Art, selbst die allersichersten, sobald verkauft werden soll, nur durch ein bedeutendes Werfen der Kurse realisiert werden. Die Aktien des Lloyd hatten trotz der vielfachen Bemühungen des Verwaltungsrates, ihnen an den größeren Fondsbörsen Eingang zu verschaffen, nur an der Bremer Börse Kurs, an welcher gleich anfangs eine sehr große Beteiligung
stattfand; sobald die Einforderung der zweiten Einzahlung geschah, fielen die Aktien, obgleich noch keinerlei Resultat des Oeschäfts vorlag, da manche Zeichner verkaufen wollten, von pari auf ca. 80 %. Der Verkauf der Aktien des Erbauers der "Bremen" und "New-York" zum Betrage von 30.000 Talern, die er in Zahlung genommen, warf den Kurs von ca. 80 % auf ca. 47 %, der Verkauf von 40.000 Talern eines anderen Aktionärs von ca. 40 % auf ca. 25 %, zu welchem letzteren Kurse ungefähr die Hälfte verkauft wurde. Der Mangel an Nachfrage entstand also offenbar daher, dass jedermann in Bremen besetzt und Bremen der einzige Markt für die Aktien war. Zu dieser Sachlage kamen sodann die ungünstigen Zeitumstände im allgemeinen durch die Krisis, durch den Krieg und durch die ungewissen politischen Verhältnisse, die das ganze Reedereigeschäft über die Maßen gedrückt haben, sodann speziell die schweren Unglücksfälle hinzu, die unsere Gesellschaft trafen, welche eine Prioritätsanleihe erforderlich machten, die
das Vertrauen zu dem Kurse der Aktien noch mehr drücken mußte. Der Verwaltungsrat erachtet es aber für unrichtig, daß aus der Verminderung des Nominalwertes der Aktien eine Schmälerung des Gesellschaftsvermögens folge; das letztere ist seines Erachtens unabhängig von dem Kurse der Aktien. Nach der vorgelegten Rechnung war am 31. Dezember 1859 mit einer angemessenen Abschreibung für Abnutzung das Gesellschaftsvermögen 70 5/6 % des ursprünglich eingezahlten Betrages der Aktien von 100 Talern oder der Kapitalverlust 29 1/6 %. Die zweite Frage ist ein Gegenstand der unablässigen Mühe und Sorge des Verwaltungsrates und der Direktion; wir sind auf eine entschiedene Weise darin vorgegangen, uns von denjenigen Teilen des Geschäfts, die sich ungünstig gestalteten, loszusagen, selbst wenn eine Besserung noch im Bereiche der Möglichkeit lag. So haben wir die fremden Agenturen des Assekuranzgeschäftes aufgegeben, so die "Weser" verkauft, so den Schleppdienst oberhalb Minden eingestellt und den
Dampfschiffahrtsbetrieb daselbst eingeschränkt, weil diese Zweige bis dahin schwere Verluste gebracht haben. Indem wir uns auf diese Weise rücksichtslos von den verlustbringenden Geschäften frei zu machen suchten, sehen wir in den übrigen Zweigen mit einigem Glück und mit Vorsicht, Umsicht und Tätigkeit der Verwaltung eine Gewähr besserer Zeiten; hat doch die New Yorker Fahrt mit den beiden Dampfern "Bremen" und "New York" einen Überschuß von ca. 97.000 Talern, die Flußschiffahrt unterhalb Bremen einen solchen von ca. 20.000 Talern, das Assekuranzgeschäft in Bremen einen Überschuß von 12.800 Talern geliefert, und wenn auch die europäische Dampfschiffahrt einen kleinen Verlust gibt, so haben wir gerechte Aussicht auf ein besseres Resultat, namentlich wenn erst die Geeste-Eisenbahn vollendet
ist. Wir glauben daher der Generalversammlung nicht anraten zu sollen, eine Auflösung zu beschließen, denn wir halten das Institut noch für vollkommen lebensfähig; der Verwaltungsrat würde es aber für seine Pflicht erachten, eine Auflösung zu beantragen, wenn die Erfahrung ihm eine andere Überzeugung aufdrängte, und wahrlich, seine Mitglieder würden froh sein, der vielen Mühe und Sorge und grossen Verantwortlichkeit überhoben zu sein."
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 23]


ZEIT1867
THEMAVerkehr nach Boston
TEXTDie Begründung der Erweiterung durch den Verkehr nach Boston fand sich in den Verhältnissen, welche nach Beendigung des Unabhängigkeitskrieges die südlich New-Yorks gelegenen Häfen zum Wiederaufblühen brachten. In dem der Generalversammlung vorgelegten Aktenstück sagte der Verwaltungsrat:
"Bekanntlich waren während des letzten Krieges in den Vereinigten Staaten die südlichen Häfen grösstenteils dem Handel geschlossen, und der Verkehr mit Europa wandte sich fast ausschliesslich nach New York. Zu seiner Bewältigung wurden neue Dampfschiffslinien ins Leben gerufen und ältere verstärkten ihre Betriebsmittel, um sich nicht überflügeln zu lassen. Nachdem Ruhe und Friede im Innern hergestellt und die blockierten Häfen dem Handel wieder geöffnet waren, erwachte ein neues frisches Leben in denselben, und die Rührigkeit, mit der man an den Ausbau und die Erweiterung der Schienennetze ging, die Schnelligkeit, mit der man Dampfschiffslinien zwischen den einzelnen Häfen der langgestreckten Küste ins Leben rief, bewiesen hinlänglich den ernsten Willen, den durch den Krieg eingebüßten Handel wieder in die alten Bahnen zu lenken. Aber nicht zufrieden damit, trieb der Unternehmungsgeist und der Wunsch, sich von dem so mächtig gewordenen New York zu emanzipieren, die südlicheren Häfen zu weitergehenden Unternehmungen, die in der Errichtung von transatlantischen Dampfschiffs-Verbindungen ihren Ausdruck fanden. Vornehmlich sind es zwei Linien, deren Entstehung seit jener Zeit zu verzeichnen ist, nämlich zwischen New-Orleans
und Liverpool und zwischen Baltimore und demselben Hafen. An dem letzteren Unternehmen nahm die Baltimore and Ohio
Rail-Road-Company ein sehr lebhaftes Interesse, und nach dem jüngsten, vor einigen Wochen erstatteten Berichte dieser Gesellschaft hatte sich diese Linie, obschon nicht mit ganz passlichen Schiffen befahren, so gut rentiert, dass man mit dem Plane umging, neue, den Erfordernissen entsprechende Dampfer dafür anzuschaffen. Das Gelingen dieses ersten Versuchs scheint in Baltimore den Gedanken geboren zu haben, den Platz auch mit anderen europäischen
Häfen in direkte Verbindung zu setzen, und so wurde Bremen als der für den Handel mit Baltimore wichtigste Platz auf dem Kontinent in Aussicht genommen. Vor länger als Jahresfrist gelangten wir in den Besitz der ersten Nachrichten über dieses Projekt, welches für uns von höchstem Interesse sein musste. Wir vermochten uns der Ansicht nicht zu verschliessen, dass eine direkte Linie nach Baltimore für unsere New Yorker Schiffe sich als eine Konkurrenz erweisen würde, die nicht unterschätzt werden durfte. Die Verbindungen, welche Baltimore nach dem Innern in allen Richtungen und namentlich nach dem Westen besitzt, machen es zu einem für Auswanderer und Güter gesuchten Hafen; das lebhafte Interesse, welches die machtvoll und trefflich administrierte Baltimore and Ohio Rail-Road-Company für das Unternehmen einer Dampfschiffs-Verbindung mit Bremen bereits im Berichte des Präsidenten vom Dezember 1865 an den Tag gelegt hatte, vermochte das Projekt wesentlich zu fördern, und so konnte es für uns nicht zweifelhaft sein, daß die Ueberlassung dieser Linie an Fremde nicht allein die Interessen unserer Gesellschaft gefährden würde, sondern damit auch unsererseits auf ein Unternehmen verzichtet würde, welches unserer besten Ueberzeugung nach unter den obwaltenden Umständen sich als ein rentables herausstellen wird. Die Fahrt zwischen Bremen und Baltimore soll durch zwei für dieselbe passende, neu zu erbauende Schraubendampfer erster Klasse von ca. 2200 Tons betrieben werden, deren Kontrakt soweit vorbereitet ist, dass der Abschluß desselben sofort erfolgen und die Eröffnung der Fahrten im Frühjahr 1868 stattfinden kann."
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 23]


ZEIT1885
THEMAAntrag zur Kapitalbeschaffung für den Ostasien-Verkehr
TEXTDer Lloyd berief zum 20. Juli 1885 eine außerordentliche Generalversammlung und legte derselben den nachstehenden
Antrag vor:
Geehrte Herren!
1. In der ordentlichen Generalversammlung vom 28. April d. Js. haben Sie uns ermächtigt, Geldmittel bis zum Belaufe von 15 Millionen Mark flüssig zu machen, um den Anforderungen zu genügen, die etwa an uns herantreten möchten, wenn wir die vom Reich zu subventionierenden Dampferlinien übernehmen sollten. Soweit uns damals die Absichten der Reichsregierung bekannt waren, durften wir annehmen, daß wir mit der von Ihnen erbetenen Summe zu dem angegebenen Zwecke ausreichen würden. Wir richteten dementsprechend unsere Offerte ein und hatten auch die Genugtuung, daß
derselben vor allen übrigen Offerten, welche für die Übernahme der erwähnten Linien eingereicht waren, von der Regierung der Vorzug gegeben wurde. In unserer Offerte hatten wir den Bau von sechs neuen Dampfern, von denen drei für die Anschlußlinien, zwei für die Mittelmeerlinie und einer für die Hauptlinien bestimmt waren, vorgesehen und die Schnelligkeit der Dampfer auf der ostasiatischen Linie mit 12 Knoten und auf der Mittelmeerlinie mit 13 Knoten angeboten, während das Gesetz auf allen Linien nur 11 1/2 Knoten fordert. Bei den Verhandlungen, welche auf Grund dieser Offerte zwischen der Reichsregierung und uns stattfanden, stellte es sich dann heraus, daß es zweckmässiger sein würde, wenn in den Hauptlinien drei neue große Dampfer verwendet wurden. Mit Rücksicht auf die Höhe der uns von Ihnen bewilligten Geldmittel haben wir erst nach reiflicher Überlegung uns hiermit einverstanden erklären können; wir haben es aber getan, weil wir der Ueberzeugung sind, dass nur durch außerordentliche Leistungen es uns gelingen wird, die fremde Konkurrenz erfolgreich zu bekämpfen und das ganze Unternehmen zu einem für uns nutzbringenden und dem Reiche und uns zur Ehre gereichenden zu machen. Wie Ihnen bekannt, ist nunmehr zwischen der Reichsregierung und
uns definitiv ein Vertrag zustande gekommen, durch welchen uns die Einrichtung und der Betrieb der neuen Linien gegen einen jährlichen Zuschuss aus Reichsmitteln von 4.400.000 Mark auf die Dauer von zunächst 15 Jahren übertragen worden ist.
Die Linien bestehen:
1. Aus einer Hauptlinie nach China mit einer Anschlußlinie nach Japan und Korea;
2. aus einer Hauptlinie nach dem australischen Festlande mit einer Anschlußlinie nach den Samoa- und Tonga-Inseln;
3. aus einer Zweiglinie von Triest über Brindisi nach Alexandrien.
Auf den Linien nach Ostasien und Australien sind jährlich je 13 Fahrten in jeder Richtung in Zeitabständen von je vier Wochen, auf der Mittelmeerlinie jährlich 26 Fahrten in jeder Richtung zum Anschluß an die Linien nach und von Ostasien und Australien, und zwar auf der ostasiatischen Hauptlinie mit einer Geschwindigkeit von mindestens 12 Knoten, auf der australischen Hauptlinie von mindestens 11 1/2 Knoten und auf der Mittelmeerlinie von mindestens 12 Knoten auszuführen. In die ostasiatische und australische Hauptlinie sind je fünf Dampfer, in die beiden Zweiglinien je ein Dampfer und ausserdem für beide Linien ein bezw. zwei Reservedampfer einzustellen. Von diesen Dampfern sind
mindestens sechs in Deutschland neu zu erbauen und dürfen sämtliche Dampfer in Bau und Ausrüstung, besonders in bezug auf Sicherheit und Bequemlichkeit für die Reisenden sowie hinsichtlich der Verpflegung den auf denselben Linien laufenden Postdampfern anderer Staaten nicht nachstehen, eine Bedingung, die wir gern eingehen konnten, weil wir die Überzeugung haben, dass ihre Erfüllung uns keine Schwierigkeiten bereiten wird. Von derselben Ueberzeugung sind wir bei allen anderen Bedingungen des Vertrages ausgegangen, und wenn einzelne Bestimmungen desselben auf den ersten Blick vielleicht rigoros erscheinen und, wie z.B. die Straffestsetzungen, auch bereits vielfach in dieser Weise aufgefaßt worden sind, so werden sie doch in Wirklichkeit eben deshalb nicht erschwerend auf den Betrieb einwirken, weil wir die gestellten Bedingungen erfüllen wollen und der Überzeugung sind, daß wir sie auch voll und ganz erfüllen können. In einzelnen Punkten haben wir es vorgezogen, die Entscheidung ausschließlich dem Ermessen des Herrn Reichskanzlers zu überlassen, weil wir einerseits der Ansicht waren, dass bei einer Vertragsdauer von 15 Jahren es seine grossen Bedenken hat, von vornherein in jeder Beziehung definitive Bestimmungen zu treffen, und wir andererseits das volle Vertrauen haben, daß der Herr Reichskanzler, wenn wir unseren Verpflichtungen nachkommen, uns keine unberechtigten Zumutungen machen oder begründete Wünsche unserseits ablehnen wird. Für den Betrieb der neuen Linien werden im ganzen zunächst 15 Dampfer erforderlich sein, von denen wir 9 besitzen und 6 zu erbauen haben werden. Zur Erbauung dieser sechs Dampfer hatten wir ursprünglich 5 Millionen Mark in Aussicht genommen, indem wir, wie oben bereits erwähnt, in die Anschlusslinien drei, in die Mittelmeerlinie zwei und in die Hauptlinien einen neuen Dampfer einstellen wollten. Nachdem wir uns nunmehr mit der Reichsregierung dahin verständigt haben, daß die
neuen Dampfer in der Mittelmeerlinie in Wegfall kommen, dagegen in die Hauptlinien drei neue Dampfer eingestellt werden sollen, reichen die in Aussicht genommenen 5 Millionen Mark nicht aus, und werden wir noch weiterer 5 Millionen Mark bedürfen.
2. Wir beantragen daher:
Die Generalversammlung wolle den Betrag der in der letzten ordentlichen Generalversammlung bewilligten Geldmittel von 15 Millionen Mark auf 20 Millionen Mark erhöhen. - Wir empfehlen unseren Antrag Ihrer Genehmigung und würden,
falls dieselbe erfolgt:
a) unser Grundkapital um 10 Millionen Mark durch Ausgabe neuer Aktien vergrößern, und
b) 10 Millionen Mark durch eine 4prozentige Anleihe beschaffen, wofür der Kontrakt bereits abgeschlossen ist. -
Der Antrag wurde angenommen, und der Lloyd begann unverzüglich mit den Vorarbeiten für die Inbetriebsetzung der Subventionslinien.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 69]


ZEIT1885
THEMAVorbereitungen für den Ostasien-Verkehr
TEXTDie außerordentliche Ausdehnung des Betriebes, welche die Hineinbeziehung zweier neuer Erdteile in den bisherigen Verkehr des Lloyd bedingte, macht es verständlich, dass beinahe ein Jahr erforderlich war, ehe der erste Reichspostdampfer vertragsmäßig von Bremerhaven abgehen konnte. Die Vorarbeiten, welche für die Einrichtung eines so bedeutungsvollen, auf vorläufig 15 Jahre festgelegten Unternehmens, wie der Betrieb der Reichspostlinien, erforderlich waren, hatten, wenn anders mit der Zeit eine Rentabilität erwartet werden sollte, sowohl in die innere Gestaltung der Reederei einzugreifen, wie auch eine sehr grosse Anzahl neuer Beziehungen im Auslande zu schaffen. Der Umstand, dass der Betrieb der Linien unter Reichskontrolle stand, erforderte zunächst in Bremen selbst die Einrichtung einer neuen Abteilung in der Verwaltung des Norddeutschen Lloyd, welche sich ausschließlich mit dem Betrieb der Reichspostlinien zu befassen hatte. Dieser Abteilung für die Reichspostlinien mußte insbesondere die
für jede einzelne Fahrt jedes Reichspostdampfers von Reichs wegen verlangte Nachweisung über die aufgewandten Kosten, über die in jedem einzelnen Hafen zu- und abgehende Fracht, sowie die gesamte Passagierbewegung auf den Reichspostlinien unterstellt werden. Ihr lag die Festsetzung der Frachtsätze und des Personentarifes ob, die sich wieder nach dem Verhältnis der auf den englischen und französischen Konkurrenzlinien üblichen Sätze notwendig richten mußte. Es ist selbstverständlich, dass das in dieser Abteilung beschäftigte Personal zum Teil vor neuen Aufgaben stand, deren Schwierigkeit sich nach der Zahl der anzulaufenden Häfen komplizierte. Laut Reichskontrakt unterlag die Einstellung jedes neuen Dampfers in die Reichspostlinien der Genehmigung des Reichskanzlers, die wiederum von einer Besichtigung durch eine Reichskommission abhängig war, welcher je ein Vertreter des Auswärtigen Amts, des Reichsamts des Innern, des Reichspostamts und des Schiffsvermessungsamts angehören. Für den Verkehr durch den Suezkanal mußten die sofort in Fahrt zu stellenden Dampfer des Lloyd neu vermessen werden. Das Postwesen an Bord mußte anders organisiert werden, als für den Verkehr mit Nord- und Sudamerika üblich war. Um von vornherein für den deutschen Postverkehr mit Ostasien und Australien eine gewisse Verbilligung zu schaffen, wurde die sogenannte
Seepost über Bremen eingerichtet, die man heute allerdings belächeln kann. Die Seepost über Bremen wurde zum Normalsatz von 20 Pfennig des Weltposttarifs befördert, sie lief aber, da die Dampfer mit dem Aufenthalt in den Zwischenhäfen ungefähr neun Tage länger brauchten als die in Port Said zugeführte Post, nach heutigen Begriffen viel zu lange. Daß trotzdem die Einrichtung sehr lebhaft benutzt wurde, geht aus dem Umstände hervor, daß selbst die Oberpostdirektion in Bremen sich rücksichtlich der voraussichtlichen Benutzung der Seepost wesentlich geirrt hatte. Für die Unterbringung dieser Seepost auf dem ersten nach Ostasien gehenden Dampfer schickte die Postverwaltung zwei Großfolio-Kuverts an Bord; in Wirklichkeit umfasste die Seepost des ersten Dampfers drei große Leinwand-Säcke.
Mit der Verwaltung der Post an Bord wurde im Einverständnis mit der Reichspostverwaltung der Zahlmeister betraut, der sich seinerseits jedesmal wieder in diese nicht ganz einfache Materie einarbeiten mußte. In den ersten Jahren vollzog sich demnach der Postverkehr an Bord auch in einigermaßen primitiven Formen. Die von Europa direkt nach
dem Auslande abgefertigte Post kam zwar in der im Weltpostverkehr üblichen Form an Bord, für jeden einzelnen Anlaufshafen besonders signiert, sie bedurfte daher keiner besonderen Behandlung; nach dem Reichskontrakt mußte sich aber auf jedem Dampfer ein Postkasten befinden, in welchem die an Bord befindlichen Passagiere bis kurz vor der Ankunft in jedem einzelnen Hafen ihrerseits Postsachen zu den Sätzen des Weltpostvereins deponieren konnten. Diese Post hatte der Zahlmeister in der kurzen Frist zwischen dem Postschluss und der Ankunft in jedem einzelnen Hafen zu bearbeiten. Er besaß ursprünglich keinerlei Stempel mit dem entsprechenden Ortsnamen, sondern mußte handschriftlich auf jedem Briefe und jeder Postsache den Hafen vermerken, in welchem die einzelnen Stücke als mit deutschem Reichspostdampfer befördert an Land gingen, ein höchst umständliches Verfahren, welches jetzt durch den Einheitsstempel "Deutsche Seepost" in geeigneter Weise ersetzt ist. Von ungleich größerer Bedeutung für die betreibende Reederei war jedoch die Einrichtung geeigneter Agenturen in den von beiden Linien anzulaufenden Häfen. Selbstverständlich lagen aus diesen Häfen eine Unzahl von Bewerbungen vor. Es erschien jedoch geboten, diese wichtigste Frage jeder überseeischen Schiffahrtsverbindung durch autoritative Persönlichkeiten lösen zu lassen, die an Ort und Stelle die Verhältnisse nicht nur des betreffenden Hafens, sondern auch der sich bewerbenden Firmen prüften. Gleichzeitig sollte diese Informationsreise dazu dienen, den Betrieb auf den Wettbewerbslinien Englands und Frankreichs kennen zu lernen, aus der Ausstattung der im Dienst befindlichen Schiffe fremder Nationen, sowie aus der gesamten Art des Betriebes derselben Lehren für den Norddeutschen Lloyd selbst zu ziehen, die denselben in den Stand setzten, mindestens ebenso Gutes, womöglich aber Besseres zu bieten als die englischen und französischen Schiffe. Mit diesen Informationsreisen wurde der damalige Inspektor des Norddeutschen Lloyd, jetziger Direktor der Zentral-Abteilung, Chr. Leist, betraut, der nicht nur als langjähriger früherer Kapitän beim Lloyd eine völlig ausreichende Erfahrung gegenüber allen Anforderungen des Fracht- und Passagierverkehrs besaß, sondern der auch in seiner damaligen Stellung als Inspektor in Bremerhaven Dock- und Ausrüstungswesen sowohl von der schiffstechnischen wie maschinentechnischen Seite beherrschte. Mit ihm zusammen begab sich Direktor J. O. Lohmann über Genua nach Aegypten, um insbesondere mit der Verwaltung des Suezkanals an Ort und Stelle die geeigneten Verhandlungen zu pflegen. Bis zum Jahre 1885 war im Suezkanal nur die Tagesfahrt und zwar mit einer Geschwindigkeit von 10 Kilometern in der Stunde unter Führung zweier Lotsen, von denen der eine von Port Said bis Ismailia, der andere von Ismailia bis Suez mitging, gestattet, wobei jedoch die gesamte Verantwortlichkeit für angerichteten Schaden nicht auf den Lotsen, sondern auf den Kapitän des Schiffes fiel. Erst verhältnismäßig kurze Zeit vor Inkrafttreten des Reichspostkontraktes hatte die Suezkanal-Gesellschaft sich entschlossen, zunächst nur für Postdampfer (die Erlaubnis
ist später auf alle Dampfer ausgedehnt worden) die Nachtfahrt unter besonderen Vorsichtsmaßregeln zu gestatten. Zu diesen Vorsichtsmaßregeln gehört eine Verlängerung des Steuerruders und die Anbringung eines starken elektrischen Scheinwerfers am Bug des Schiffes. Die Ruderverlängerung hatte das betreffende Schiff in Port Said selbst zu bewerkstelligen, der Scheinwerfer mußte von der Suezkanal-Gesellschaft gemietet werden. Da von vornherein die deutschen Reichspostlinien in Schnelligkeit ihre Wettbewerber aus dem Felde zu schlagen wünschten, war es selbstverständlich, dass die Nachtfahrt durch den Suezkanal und damit eine Abkürzung der Fahrt von mindestens 30 Stunden auf 17 Stunden angestrebt werden musste. Das wurde auch von Anfang an erreicht.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 72]


ZEIT1885
THEMAAgenturen für den Postdampferverkehr
TEXTDie außerordentlich wichtige Frage der Lloyd-Agenturen in den anzulaufenden Häfen wurde dadurch noch einigermaßen erschwert, daß die Vertreter der Reichspostlinien möglichst deutsche Firmen sein sollten. Wenn die Einrichtung der Reichspostlinien ihre volle Wirksamkeit entfalten sollte, mußten aber gleichzeitig die Agenturen der betreffenden Reederei im Auslande in den Händen autoritativer Persönlichkeiten sein, welche in den ausserdeutschen Häfen Einfluss genug besaßen, um erstens den deutschen Namen würdig zu repräsentieren, ferner aber um durch den Rahmen ihres Geschäftsverkehrs den deutschen Linien die genügende Fracht zuzuführen; der Zustrom der Passagiere konnte infolge des bewährten Rufes des Norddeutschen Lloyd bald von selbst erwartet werden. Es mag an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden, daß die deutschen Reichspostlinien keineswegs zu dem Zweck geschaffen worden sind, ausschließlich deutsche oder für Deutschland bestimmte Ware auf deutschen Schiffen hin- und herzufahren. Wenn sie in erster Linie allerdings den Zweck hatten, dem deutschen Export schnelle, sichere und erstklassige Beförderung zu sichern und dem deutschen Rohstoffmarkt entsprechende Güter zuzuführen bezw. der Eröffnung neuer Rohstoffmärkte die Wege zu ebnen, so ist es doch ganz selbstverständlich, daß die internationale Schiffahrt sich in keinem Falle auf solche Gesichtspunkte allein stützen kann. Im Gegenteil, wenn ohne Beeinträchtigung der spezifisch deutschen Interessen es besonders in der ersten Zeit des Betriebes der Reichspostlinien gelang, außerdeutsche Güter ausgehend
und einkommend in nennenswertem Maße zu befördern, so wurden damit internationale Anknüpfungspunkte geschaffen, welche nicht nur handelspolitisch für die Entwicklung des deutschen Ueberseehandels von hohem Wert sich erwiesen, sondern welche auch allgemein-politisch durch die Verknüpfung der Interessen der Nationen untereinander für den Weltfrieden sich unzweifelhaft nützlich erweisen mussten. Gerade die handelspolitische Verknüpfung der einzelnen Nationen untereinander durch die Industrie, den Handel an sich und die Seeschiffahrt ist es, welche durch die zahllosen sich hinüber und herüber spinnenden Fäden gemeinsamer Interessen eine grössere Friedensbürgschaft bieten als alle anderen Methoden gegenseitiger Annäherung. Die Frage der Lloyd-Agenturen für die Reichspostlinien ist seiner Zeit so glücklich gelöst worden, dass die Vertretungen sich meist heute noch in den Händen derselben Firmen befinden wie damals.
Für die europäischen Anlaufshäfen, Antwerpen und Southampton, löste sich die Frage von selbst. In Antwerpen besaß der Lloyd in dem Hause von "Bary & Co." eine seit vielen Jahren bewährte Agentur, welche für die südamerikanischen Linien sehr erfolgreich arbeitete, welche außerdem infolge des bedeutenden Einflusses ihrer Inhaber in Antwerpen in der Lage war, für die deutschen Linien jeden möglichen Vorteil zu erlangen. Antwerpen selbst, bezw. der belgische Staat hatte das größte Interesse an der Entwicklung Antwerpens zum Seehafen ersten Ranges, und in den 16 Jahren, welche seit der Befreiung der Scheide (im Jahre 1860) von dem holländischen Flusszoll verstrichen waren, blickte Antwerpen bereits auf einen Entwicklungsgang zurück, der mit Berücksichtigung der Kürze der Zeit kaum von einem zweiten europäischen Hafen erreicht worden ist. Viel zu wenig wird anerkannt, dass der König Leopold II. an dieser
Entwicklung einen sehr lebhaften Anteil hat. Seiner Initiative ist es zum großen Teil zu danken, dass die fast unerreicht praktischen Hafenananlagen Antwerpens in einer verhältnismäßig sehr kurzen Zeit so ausstaltet sind, wie sie sich heute darstellen. Der Beginn dieser Hafenanlagen mit ihren musterhaften Lösch- und Ladeeinrichtungen fällt in den Anfang der achtziger Jahre, und von dieser Zeit ab bereits besaß der Lloyd in Antwerpen für die Zufuhr der westdeutschen Güter, für die Anbringung von Gütern für Westdeutschland, sowie von Rohstoffen und zur Weiterbeförderung derselben auf den Wasserwegen Belgiens und Deutschlands den bei weitem besten und hervorragendsten Liegeplatz am Kai St. Jean.
Für Southampton lag die Sache viel einfacher. Laut Abkommen mit der englischen Regierung nahmen die deutschen Reichspostdampfer in Southampton weder Fracht ein, noch löschten sie solche Southampton ist nur Anlaufshafen für die Passagierbeförderung und die Post. Infolgedessen ankerten ursprünglich die Reichspostdampfer gegenüber von Southampton-Hospital außerhalb des Hafens, und der Verkehr mit dem Lande wurde durch dem Lloyd gehörige Tender besorgt, während als Agentur für die Reichspostlinien selbstverständlich die im transatlantischen Dienste des Lloyd längst bewährte Firma "Keller, Wallis & Co." belassen wurde. Von Southampton ab jedoch waren alle Agenturen neu zu schaffen.
Für Port Said und Suez ? die Eingangs- und Ausgangspunkte des Suezkanals ? fanden sich die geeigneten Persönlichkeiten leicht in den Konsuln Bronn in Port Said und Meyer in Suez, die beide gleichzeitig Inhaber bedeutender Geschäftshäuser und in ihrer Stellung als deutsche Konsuln zur Vertretung des Lloyd am besten in der Lage zu sein schienen.
Schwieriger gestaltete sich die Agenturfrage für Aden. In Aden gab es damals kaum eine deutsche Firma, welche gross genug war, um die Interessen der beiden grossen deutschen Linien nach Australien und Ostasien genügend wahrzunehmen. Die englischen und französischen Linien besassen zum Teil eigene, von ihren Reedereien selbst verwaltete Agenturen, zum anderen Teil wurden sie durch grosse indische, in Aden ansässige Handelsfirmen vertreten. Den letzteren Weg einzuschlagen, konnte kaum im deutschen Interesse liegen, außerdem war von Anfang an nur wenig Hoffnung vorhanden, dass Aden sich in der Weise handelspolitisch entwickeln würde, wie es sich in Wirklichkeit entwickelt hat. Bei der Eröffnung der Reichspostlinien kam es nur darauf an, Aden als Kohlen- und Wasserstation in Betracht zu ziehen. Die Kohlen aber sowohl wie das Wasser waren im wesentlichen damals Alleinbesitz der "Aden Coal and Water Co.", an deren Spitze glücklicherweise ein Deutscher stand, der gleichzeitig deutscher Konsul war und dem auch die Agentur
übertragen wurde.
In Colombo fiel die Agentur einer deutschen Weltfirma, "Freudenberg & Co." zu, deren Inhaber ebenfalls deutscher Konsul und eine der angesehensten Persönlichkeiten Ceylons war und ist. Außerordentlich wichtig gestaltete sich die Besetzung der Agentur in Singapore. Singapore st der Hauptdurchgangspunkt für den Verkehr mit den Sundainseln, der ja unzweifelhaft in den Verkehr der Reichspostlinien einbezogen werden mußte und einbezogen worden ist, wie dies später des näheren gezeigt werden wird. Ebenso ist Singapore Durchgangspunkt für den Verkehr mit Siam und Birma. Die Agentur wurde der Firma "Behn, Meyer & Co." übertragen, welche alle Anforderungen erfüllte, die an Geschäftsumfang und Einfluss der leitenden Persönlichkeiten gestellt werden konnte.
Sehr glücklich und leicht konnte die Agenturfrage in den beiden Anlaufhäfen Chinas, Hongkong und Schanghai, erledigt werden. Hier bestand seit dem Anfang der 1860er Jahre eine Bremer Firma, welche sich zu einem Welthause ersten Ranges entwickelt hatte und schon damals zu den allerersten Firmen im Verkehr mit Ostasien gehörte, nämlich das
Haus "Melchers & Co.". Seine dominierende Stellung unter den Kaufhäusern in China, die Beziehungen der Chefs des Hauses zu den chinesischen Behörden, der Umstand, daß das Mutterhaus sich in Bremen befand, daß die Firma außerdem aber in London und New York wichtige Niederlassungen besaß, sowie im Innern Chinas am Haupthafen des Yangtsekiang, nämlich in Hankau, machte die Wahl der Firma "Melchers & Co." als Vertreter des Lloyd zu einer selbstverständlichen.
Hongkong besaß zur Zeit der Eröffnung der Reichspostlinien noch besondere Wichtigkeit dadurch, daß hier die Linie nach Japan abzweigte und daher die Umladung der japanischen Fracht von und auf die Hauptlinie besonders umfangreiche Arbeiten der Vertretung des Lloyd notwendig machte.
In Japan fielen die Agenturen für Yokohama und Hiogo der Firma "H. Ahrens & Co." (jetzt H. Ahrens & Co. Nachfolger) zu, deren Inhaber ebenfalls Beziehungen in Bremen hatte, während in Nagasaki der damalige deutsche Wahlkonsul Iversen mit der Vertretung des Lloyd betraut wurde (jetzt H. Ahrens & Co. Nachfolger).
Weit schwieriger als in Ostasien erwies sich die Besetzung der Agenturen für Australien. Zunächst war im Reichskontrakt vorgesehen, daß, entsprechend der englischen Orientlinie, die Dampfer der deutschen australischen Reichspostlinie auf der 6140 Seemeilen langen Reise von Aden bis Adelaide den Tschagos Archipel (Diego Garcia) anlaufen sollten, um dort Kohlen zu nehmen. Es wäre also eigentlich nötig gewesen, auch auf dieser weltverlassenen Inselgruppe eine Agentur einzurichten. Die höchst unpraktische Bestimmung wurde jedoch wieder aufgehoben; nur einer der Australdampfer hat überhaupt den Tschagos Archipel angelaufen; von dieser Zeit ab wurde die australische Reichspostlinie über Colombo geleitet. In den australischen Kolonien selbst war damals der deutsche Handel und damit auch Zahl und Bedeutung der deutschen Kaufhäuser erst im Entstehen begriffen und ohne nennenswerten Umfang. Erst die Weltausstellung von Sydney im Jahre 1879, auf welcher der bekannte Geheime Regierungsrat Reuleaux Vertreter des Reichs gewesen war, hatte in größerem Umfange die massgebenden Kreise in Deutschland auf die Wichtigkeit des australischen Absatz- und Produktionsgebietes aufmerksam gemacht. Der Handel selbst bewegte sich vorwiegend über
England, nur zum kleinsten Teil im direkten Verkehr mit Deutschland, eine engere Anteilnahme des deutschen Ausfuhrhandels, bzw. des deutschen Wollmarktes fing eben erst an, sich anzubahnen. n den damaligen Anfangsstadien war es ein besonderes Verdienst des Beauftragten des Lloyd, des jetzigen Direktors der Zentralabteilung, Leist, mit richtigem Blick in den drei Anlaufhäfen Adelaide, Melbourne und Sydney die geeigneten Firmen für die Agenturen des Lloyd herausgefunden zu haben. In Adelaide fiel die Agentur dem deutschen Konsul Mücke zu, der im Besitz eines ziemlich bedeutenden Kaufhauses sich befand und der außerdem als eine Art historische Persönlichkeit Einfluß
und Ansehen besaß. "Der alte Mücke," damals bereits 77 Jahre, war einer der ersten deutschen Ansiedler in Sudaustralien. Von kraftigem deutschem Patriotismus durchglüht, hatte er es verstanden, die in Südaustralien, insbesondere auch in Adelaide in grosser Zahl vorhandenen Deutschen zusammenzuhalten und hatte es auch fertig gebracht, mit seinem Schwiegersohne Basedow und einem dritten Deutschen namens Eimer, die damals einzige deutsche Zeitung für die drei Kolonien Südaustralien, Viktoria und Neu-Südwales, die "Südaustralische Zeitung", zu schaffen und zu einem auch bei der englischen Bevölkerung des Landes und bei den Behörden hochgeachteten Organ zu machen. In
Melbourne wurde die Agentur der Import- und Wollfirma "Ostermeyer Dewez & Co.", jetzt "Ostermeyer, Dewez & van Rompaey", übertragen, in Sydney dem Hause "Fink & Betz", welches vorwiegend als Wollverschiffer in Betracht kam. Jetzt ist die Agentur in Sydney in Händen des Hauses "Lohmann & Co.". Die ursprünglich geplante Weiterführung der australischen Linie bis Brisbane ist bekanntlich, ebenso wie die Weiterführung der japanischen Zweiglinie nach Korea, niemals zur Ausführung gelangt, wohl aber, wie später zu zeigen sein wird, ist die australische Verbindung
durch Privatinitiative des Lloyd sehr wesentlich ausgedehnt worden. In Sydney schloß die Samoa-Zweiglinie an die Hauptlinie an. Für die Besetzung der Agenturen auf den Tongainseln und Samoainseln kam nur die "Südsee-Handels- und Plantagen-Gesellschaft" in Frage.
Eine Hauptaufgabe der neueingerichteten Agenturen des Norddeutschen Lloyd im Verein mit der Direktion des Lloyd in Bremen mußte es von vornherein sein, von den einzelnen Anlaufhäfen im Auslande aus sich die Verbindungen nach den von den einzelnen Häfen beherrschten oder versehenen Handelsgebieten zu sichern, Verbindungen, welche zur Zeit der Eröffnung der Reichspostlinien ausschließlich durch Dampferlinien anderer Nationen besorgt wurden. Der sehr bedeutungsvolle Wandel, der inzwischen nach dieser Richtung eingetreten ist, wird weiter unten besonders beleuchtet werden. Immerhin war es bereits bei der Eröffnung der Linien notwendig, den deutschen Frachtverladern und Empfängern die Möglichkeit zu sichern, auf Durchkonnossemente ihre Waren auch nach Plätzen und zwar nach möglichst vielen Häfen senden zu können, welche durch die Reichspostlinien nicht direkt angelaufen wurden. Dabei kamen im wesentlichen folgende Gesichtspunkte in Frage: Von Port Said aus mußte in den Verkehr einbezogen werden die ägyptische und syrische Küste, von Suez aus der südliche Teil des roten Meeres, von Aden aus der nördliche Teil des roten Meeres und die Somaliküste bezw. auch der Persische Oolf, von Colombo aus die Ost- und Westküste Vorderindiens, von Singapore aus die großen und kleinen Sundainseln, die Molukken, Siam und Birma, von Hongkong aus Indochina, die Philippinen und die chinesischen Südhäfen bis etwa Futschau, von Schanghai aus die chinesischen Nordhäfen, die Mandschurei, Korea und insbesondere die Häfen des Yangtsekiang, von den japanischen Anlaufhäfen die von den Reichspostlinien nicht angelaufenen, dem europäischen Verkehr geöffneten Häfen Japans, sowie die Häfen der russischen Amurprovinz. Von Adelaide, Melbourne und Sydney aus waren die Verbindungen mit Tasmanien, den zahlreichen Häfen der australischen Ostküste und Neuseeland in den Fracht- und Passagierverkehr der Reichspostlinien einzubeziehen. Es ist einleuchtend, dass die hier gekennzeichneten Vorarbeiten nicht nur geraume Zeit in Anspruch nehmen mußten, sondern auch sehr erhebliche Schwierigkeiten boten. Ebenso aber dürfte aus der gegebenen Darstellung erhellen, daß der Lloyd von vornherein für den Betrieb der Reichspostlinien so große Gesichtspunkte ins Auge gefaßt hatte, wie sie die Reichsregierung nur irgend wünschen konnte, und wie sie eine gedeihliche Entwicklung des Unternehmens allein gewährleisten konnten.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 75]


ZEIT1886
THEMAAnfangsprobleme im Ostasien-Verkehr
TEXTIm Betriebe der Reichspostlinien machten sich gleich Anfangs einige Störungen dadurch bemerkbar, daß einmal die neuerbauten Schiffe mit einer nicht unerheblichen Verspätung geliefert wurden - eine Tatsache, die man unter Berücksichtigung der Neuheit der gestellten Aufgabe der ausführenden Werft nicht sehr verübeln kann - und ferner dadurch, daß von vornherein in dem einigermaßen schematisch aufgestellten Fahrplan der Linien Änderungen notwendig wurden. Der Mittelmeerdienst, wie er anfänglich und zwar durch den Dampfer "Braunschweig" versehen wurde, mit seinem Fahrplan von Triest über Brindisi nach Alexandrien, erwies sich als verfehlt. Eine Zufuhr von Fracht aus den
österreichischen Häfen schlug schon deshalb fehl, weil der österreichische Lloyd selbst mit einer Linie nach Ostasien, fast ausschließlich für den Frachtverkehr, begann; die Zuführung der Passagiere über Triest und Brindisi nach Alexandrien und dann auf dem Landwege über Suez an die Hauptdampfer der deutschen Reichspostlinien scheiterte an den ägyptischen Quarantänemaßregeln, welche wegen der damals drohenden Choleragefahr ungewöhnlich hart gehandhabt wurden.
Daß die ersten Jahre des Betriebes der Reichspostlinien sehr erhebliche Einbußen für den Norddeutschen Lloyd trotz der Staatsunterstützung mit sich brachten, ist allgemein bekannt. Die Gründe dafür liegen erstens darin, daß selbstverständlich eine erst entstehende Schiffahrtsverbindung, welche mitten hineintritt in den Wettbewerb mit alten, hoch subventionierten Linien anderer Nationen, mitten hinein ferner in den Wettbewerb eines ausgedehnten Netzes von Frachtlinien, von vornherein nicht darauf rechnen kann, gleich erhebliche Überschüsse zu erzielen. Der weitere und entscheidende Grund aber für die Unrentabilität der Reichspostlinien während ihrer ersten Betriebsjahre ist darin zu suchen, dass das zur Verwendung kommende Dampfermaterial, und zwar sowohl die älteren Schiffe, wie die neu gebauten, für die Aufgaben, die es erfüllen sollte und für welche im Reichskontrakt eine Anzahl Schwierigkeiten aufgehäuft war, von denen die konkurrierenden Frachtlinien nicht betroffen wurden, sich als nicht ausreichend erwies. Die Schiffe zeigten sich in ihrer Ladefähigkeit als viel zu klein. Die "Kaiser Wilhelm II." sollte in der Australfahrt beschäftigt werden, ebenso wurde für einige Reisen die "Elbe" in diese Fahrt eingesetzt. Aber auch hier stellte sich heraus, dass die außerordentlich günstigen Einrichtungen für die Passagiere den Mangel an Laderaum
nicht auszugleichen vermochten. Der Grundzug der Mißerfolge also während der ersten Jahre des Reichspostdampferdienstes ist darin zu suchen, dass die Schiffe im wesentlichen auf den Passagierverkehr, nicht aber auf den Frachtverkehr zugeschnitten waren, dass aber andererseits der Passagierverkehr allein einen nutzbringenden Betrieb der Linien nicht ermöglichte.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 83-85]


ZEIT1892
THEMAAera Wiegand
TEXTDie neueste Aera, die Geschäftsführung Wiegands und die Präsidentschaft Plates im Aufsichtsrat, haben der gegenwärtigen Geschichte des Lloyd ganz allein die weit über den Rahmen eines Geschäftsunternehmens hinausgehende Bedeutung verliehen, die ihr heute zukommt. Die Einzelheiten der neuesten Lloydgeschichte zeigen neben den
grossartigen schiffs- und maschinentechnischen Umwälzungen, neben dem ungeheuren Anwachsen der Lloydflotte und der Lloydbetriebe eine Einflußnahme auf alle Faktoren, welche für die Seeschiffahrt von Bedeutung sind. Diese Einflußnahme muss erblickt werden in der gewaltigen Befruchtung des deutschen Schiffbaues und darüber hinaus des Weltschiffbaues, in der Entwicklung aller Hilfsindustrien für den Schiffbau und einer Förderung dieser Hilfsindustrien, die für viele Jahre hindurch dem Lloyd aus rein nationalen Gründen große Opfer auferlegte, die aber schließlich die völlige Unabhängigmachung des deutschen Schiffbaues im Bezuge von Rohmaterial aus dem Auslande zur Folge hatte. Sie muß ferner erblickt werden in der Ausgestaltung der Eisenbahnverbindungen Bremens zur Erleichterung der Zu- und Abfuhr der Güter und Personen, in der Sicherung und Erleichterung der Weserschiffahrt, in der Wiederbelebung der alten Sammelstelle der Güter auf der Oberweser, in Hannoversch-Münden, in der Förderung der grossen Kanalprojekte des Reichs, insbesondere des Mittellandkanals, zu welchem gerade Bremen eine wesentliche Anregung gegeben hat. Diese Einflußnahme erstreckt sich weiter auf die Ausgestaltung der Seeberufsgenossenschaft und im Zusammenhange damit auf die für die Wohlfahrt der dem Lloyd selbst angehörigen Seeleute gerichteten Bestrebungen. Die wachsenden Anforderungen an die für den Lloyd notwendigen Schiffsmannschaften führten die Maßnahmen herbei, welche jetzt durch die Einrichtung der Schulschiffe, durch die verschärften Bedingungen für die Seemaschinisten einen Stamm von Seeleuten und Maschinisten herangezogen haben, der im Kriegs- und Friedensfalle in der deutschen Handelsmarine im Personal des Lloyd einen nicht hoch genug zu schätzenden Rückhalt darbietet. Die Verhältnisse, welche Wiegand vorfand, lassen sich kurz in folgendem zusammenfassen: Eine große Flotte von Schnelldampfern hatte
dem Lloyd die Führung in der Passagierfahrt nach New York verschafft; aber diese Schnelldampfer waren nicht imstande, die riesig angewachsenen Frachtmengen zu befördern. Bereits im Jahre 1889/1890 betrug der Wert der Ausfuhr des Deutschen Reichs nach den Vereinigten Staaten 98.837.683 Dollar, die Einfuhr aus den Vereinigten Staaten 84.315.215 Dollar. Die Betriebskosten der Schnelldampfer stellten sich nur dann günstig zum Gewinn, wenn die Schiffe voll besetzt waren. Die Kaufmannschaft Bremens, Exporteure und Importeure, verlangten dringend nach einer
Ausgestaltung der Frachtschiffahrt. Die vorhin erwähnten Dampfer der München-Klasse erwiesen sich für diese Forderung noch nicht als ausreichend; das Liniennetz des Lloyd nahm gerade diese Schiffe außerhalb des Verkehrs nach New York in Anspruch. Weit wichtiger jedoch war der Umstand, dass wenige Jahre vor dem Tode Lohmanns das System der Doppelschraubendampfer, die früher nur in der Kriegsmarine zur Verwendung gekommen waren, in der Handelsmarine Eingang gefunden und schnell die verdiente Gunst im Reiseverkehr sich erworben hatte. Der Schwerpunkt im damaligen Lloydverkehr, die Personenbeförderung, wurde dadurch bedroht. Auf den Reichspostdampferlinien krankte der gesamte Betrieb an den bereits oben gekennzeichneten Uebelständen, der Kleinheit und Unrentabilität der alten Dampfer und dem Umstände, dass auch die neuen Schiffe nicht die genügende Ausbalancierung in den Einrichtungen für Passagier- und Frachtverkehr darboten. Zudem hatten auch nach Ostasien und Australien die Wettbewerbslinien anderer Nationen neues Dampfermaterial eingestellt, welches besonders den alten Lloydschiffen erheblich überlegen war. Gerade im Verkehr mit diesen Ländern, von denen das eine, nämlich Ostasien, in seiner geschichtlichen Entwicklung von England und Frankreich politisch beeinflusst wurde, und von denen das andere, die australischen Kolonien, bereits damals großenglische Tendenzen und die möglichste Begünstigung des englischen Verkehrs zu Ungunsten fremden Wettbewerbes einzuleiten begann, harrten der neuen Leitung des Lloyd Aufgaben, zu deren Erfüllung neben einem genauen Studium der politischen Verhältnisse ein ungewöhnliches Organisationstalent und das Gewicht einer vollen Persönlichkeit erforderlich war, wenn anders der angestrebte Erfolg erzielt werden sollte. Nicht viel anders lagen die Verhältnisse im Verkehr mit Südamerika, wo der ältere Wettbewerb auch deutscher Linien im Zusammenhang mit gewissen politischen
Neigungen der südamerikanischen Staaten sich unangenehm fühlbar machte. Die Erwägung, dass beim Tode Lohmanns das Unternehmen bereits zu ausgedehnt geworden war, um alle Fäden in einer Hand zu vereinigen, führte von Anfang an dazu, dass ein überaus wichtiger Zweig des Norddeutschen Lloyd, nämlich das Proviantamt mit seinen Unterabteilungen,
auf eigene Füsse gestellt und dem Manne übergeben wurde, der, bei der Gründung des Lloyd als Lehrling eingetreten, bereits seit Jahrzehnten diese Abteilung leitete, dem Direktor Friedrich Bremermann. Der ursprüngliche Versuch, auch die Generalleitung der Geschäfte insofern zu teilen, als Herrn Dr. Wiegand der damalige Prokurant beim Lloyd, Marquardt, zur Seite gesetzt wurde, erwies sich als verfehlt und hat nur zwei Jahre gedauert. Die Lloydflotte, welche bei der Uebernahme der Geschäfte durch Wiegand vorhanden war, bestand aus 56 Seedampfern und 20 kleineren
Dampfern für den Verkehr auf der Weser und für die Schleppschiffahrt, sowie als Hilfsdampfer im Hafenverkehr. Der Gesamt-Tonnengehalt belief sich auf 196.264 Tonnen bei einer Maschinenstärke von 187.256 indizierten Pferdekräften. Unter dem Dampfermaterial nahm bei weitem die erste Stelle ein die Flotte der Schnelldampfer mit zwölf Schiffen (unter Einrechnung des "Kaiser Wilhelm II." - später umbenannt), von denen allerdings die "Elbe", "Werra" und "Fulda" sich mehr als zehn Jahre in Fahrt befanden. Im Reichspostdampferverkehr waren die in der ostasiatischen Hauptlinie beschäftigten Dampfer "Preussen", "Bayern", "Sachsen" und die auf den Zweiglinien beschäftigten kleineren Dampfer "Stettin", "Lübeck" und "Danzig" neueren Datums, nämlich in den Jahren 1886 und 1887 erbaut. Den neuesten Teil der Lloydflotte bildeten die acht Dampfer der München-Klasse mit einem durchschnittlichen Tonnengehalt von je
5000 Registertonnen brutto. Der gesamte Rest der Lloydflotte bestand aus altem Material. Das älteste Schiff, die "Amerika", war bereits beinahe 30 Jahre in Fahrt. Keines dieser alten Schiffe hatte mehr als 3200 Tonnen Bruttogehalt, die meisten blieben dahinter erheblich zurück. Von den acht Dampfern der englischen Fahrt zählten fünf unter 1000 Registertonnen, der größte nur 1356. Unter der ganzen Flotte befand sich kein einziger Doppelschraubendampfer. Außerdem besaß der Lloyd noch 77 Schleppkähne und zwei Kohlenprähme mit zusammen 15.756 Registertonnen.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 90-91]


ZEIT1907
THEMAGröße der Lloyd-Flotte
TEXTUmfaßt 82 Seedampfer und 4 Dampfer für den Badeverkehr mit zusammen 578.000 Registertonnen, ferner für den
indochinesischen Küstenverkehr 48 Dampfer mit zusammen 69.000 Tonnen, endlich für den Weser- und Hafenverkehr, sowie im Auslande zum Dienst auf Flüssen stationiert, 50 Dampfer mit zusammen 5900 Registertonnen, 2 Schulschiffe mit zusammen 5800 Tonnen, dazu 182 Leichterfahrzeuge mit 43.000 Tonnen; in einem Zeitraum von 15 Jahren ist also die Lloydflotte gewachsen auf rund 702.000 Registertonnen mit 537.050 Pferdestärken; unter diesen Dampfern befinden sich 56 Doppelschraubendampfer.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 93]


ZEIT1901
THEMASchnelldampferverkehr
TEXTWährend die bis hierherigen Schiffsbauten der zweiten Bauperiode bis zum Jahre 1899 durch den ostasiatischen Dienst und seine Verzweigungen veranlaßt wurden, stellte der amerikanische Verkehr noch größere, prinzipiell wichtige Anforderungen. Wohl wurden und werden die Dampfer der "Barbarossa"- Klasse infolge ihrer universellen Bauart mit
allergrößtem Erfolge während eines Teils des Jahres auf der New Yorker Fahrt verwandt, wohl konnte der Lloyd den Schnelldampferverkehr mittel des älteren Materials und durch den Dampfer "Kaiser Wilhelm der Große" aufrecht erhalten, aber die technischen Fortschritte der Gegenwart drängten hier zu einer größeren Kraftentfaltung, welche dem Lloyd die einmal errungene und bis jetzt behauptete Stellung im Kajütspassagierverkehr nach und von den Vereinigten Staaten zu sichern vermochte. Das konnte nur geschehen, wenn das blaue Band des Ozeans dem Norddeutschen
Lloyd verblieb, wenn eine völlig durchgeführte Schnelldampferfahrt in mindestens achttägiger Abfertigung und betrieben mittels des modernsten, größten und schnellsten Dampfermaterials erreicht wurde. Aus diesen Erwägungen heraus konstruierte der Lloyd auf der Grundlage des "Kaiser Wilhelm der Große", aber unter Zuhilfenahme ganz wesentlicher, später genauer zu schildernder Verbesserungen, drei weitere Schnelldampfer, welche, unter gänzlicher Ausschaltung des alten Materials, eine wöchentliche Abfertigung von beiden Seiten des Ozeans garantierten und eine solche Schnelligkeit entfalteten, daß die Gesamtreisedauer von Bremerhaven bis New York und umgekehrt auf höchstens
eine Woche heruntergebracht wurde. Es ist vor einiger Zeit einmal die Ansicht ausgesprochen worden, die Zeit der Schnelldampfer sei vorbei, die Bequemlichkeit und der Komfort spielten bei Ozeanreisen heute eine größere Rolle als die Geschwindigkeit. Mit demselben Rechte könnte man sagen, die Zeit der Schnellzüge sei vorbei, langsame Luxuszüge würden einen größeren Zuspruch sich erwerben. Der Verkehr zwischen Europa und Amerika ist derartig gewachsen, die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind so eng, daß Reisen zwischen beiden Erdteilen nicht nur bei den Amerikanern, sondern auch bei uns zur Gewohnheit geworden sind. Der Geschäftsverkehr verlangt trotz Kabel und drahtloser Telegraphie eine Vermehrung und eine Beschleunigung der Verkehrsmittel. Was früher als ungewöhnlich angesehen worden wäre, nämlich daß jemand eine Reise nach Amerika macht, um sich dort zum Zweck einer Besprechung zwei oder drei Tage, allerhöchstens acht Tage aufzuhalten, ist heute etwas ganz Gewöhnliches. Aber auch der reisende Amerikaner, der sich zu einem Besuche im alten Erdteil entschliesst, ist meistens durchaus nicht geneigt, auf die Schnelligkeit zu verzichten, zumal wenn er auf dem Schnelldampfer denselben Komfort findet wie bei langsameren Dampfern. Die Passagierklassen, welche beide Arten von Schiffen benutzen, sind verschieden, das Benutzungsbedürfnis ist wachsend, niemals aber wird die Schnelligkeit als wichtigstes Moment im Verkehr ausgeschaltet werden. Daneben bleibt allerdings in sehr weitem und steigendem Maße ein Bedürfnis für die große Zahl von Reisenden bestehen, welche in
erster Linie auf höchstmöglichen Komfort Wert legen und mit geringerer Schnelligkeit der Beförderung zufrieden sind. Diesem Bedürfnis zu entsprechen, hat der Norddeutsche Lloyd in weiterer Vervollkommnung des Typs seiner Barbarossa-Dampfer neuerdings den bereits erwähnten Dampfer "Washington" in Auftrag gegeben; daß er, den wachsenden Größenverhältnissen der Dampfer dieser Klasse folgend, auch diese Seite des Verkehrs bei seinen weiteren Dampferbauten voll berücksichtigen wird, dürfte nicht zu bezweifeln sein. Die Dampfer, welche der Norddeutsche Lloyd im Ausbau seiner Schnelldampferflotte seit dem bereits erwähnten "Kaiser Wilhelm der Große" einstellte, sind im Jahre 1901 der Schnelldampfer "Kronprinz Wilhelm" mit einem Brutto-Tonnengehalt von 15.000 Tonnen und Maschinen von 35000 Pferdekräften, welche dem Schiff eine Geschwindigkeit von 23 Seemeilen in der Stunde verleihen, der "Kaiser
Wilhelm II." im Jahre 1903, der nunmehr bei 26.000 Tonnen Wasserverdrängung einen Raumgehalt von 20.000 Registertonnen und eine Maschinenstärke von 40.000 Pferdekräften aufweist, welche den Dampfer in der Geschwindigkeit sowohl wie in der Grösse an die Spitze aller Schnelldampfer der Welt stellten, endlich als neuestes Schiff der Schnelldampferflotte der Schnelldampfer "Kronprinzessin Cecilie", der, in dem Jubiläumsjahr des Lloyd in Fahrt tretend, in seinen Raumabmessungen dem "Kaiser Wilhelm II." gleich, mit nunmehr 45.000 Pferdekräften die durch die anderen Schnelldampfer erworbene Stellung dem Lloyd zu sichern bestimmt ist. Mit den modernen Schnelldampfern des Norddeutschen Lloyd sind nunmehr die Größenverhältnisse wieder erreicht und übertroffen, welche dem "Great Eastern" seinerzeit zugrunde gelegt und welche bis zur Gegenwart als Höchstgrenze eines Schiffes überhaupt angesehen worden
waren. Während aber der "Great Eastern" infolge des unzulänglichen Standes der Maschinentechnik zur Zeit seiner Erbauung nur 14 Meilen erzielen konnte, eine für damalige Zeiten immerhin ausserordentlich achtbare Leistung, durchfurchen die Ozean-Riesen jetzt die See mit 23 Meilen. Der Schnelldampferverkehr ist in erster Linie dazu bestimmt, den Kajütspassagierverkehr zu bewältigen; neben diesem aber stellte gerade in der hier dargelegten Epoche, von 1899 ab, der Zwischendecksverkehr nach New York sehr erhebliche Anforderungen. Diese Anforderungen beziehen
sich ebensowohl auf die Zahl der zu befördernden Personen, wie ganz besonders auch auf die verbesserte Unterbringung der Zwischendeckspassagiere und auf den Komfort der für die Zwischendecker bestimmten Einrichtungen. Nach der letzteren Richtung hin sind im Zusammenwirken der Reedereien mit den staatlichen Faktoren und Privaten für die auf die Wohlfahrt der Zwischendecker gerichteten Bestrebungen wesentlich neue Gesichtspunkte aufgestellt worden und zur Durchführung gelangt. Der Lloyd mußte, um auch nach dieser Richtung hin den von früher überkommenen Vorsprung in der Zwischendecksbeförderung zu behalten, darauf bedacht sein, nicht nur in den Einrichtungen für die Zwischendeckspassagiere mindestens so gut zu sein wie die Wettbewerbslinien, sondern er stand auch vor der Aufgabe, getreu den seit 1892 verfolgten Grundsätzen, die neu einzustellenden Schiffe so zu konstruieren, dass diese,
auf der Hinreise nach New York dem Zwischendecksverkehr dienstbar gemacht, auf der Rückreise in allen ihren Räumen für die Bewältigung des Frachtangebotes sich brauchbar erwiesen. Diese Gesichtspunkte führten im Jahre 1899 zur Erbauung einer neuen Schiffsklasse von großen Dimensionen und in ihren Einrichtungen so konstruiert, daß sie sowohl
für die Aufnahme einer ungewöhnlich großen Menge Zwischendecker, wie für die Mitnahme sehr erheblicher Quantitäten Ladung sich geeignet erwiesen. Diese Schiffe sind die "Rhein"-Klasse, bis jetzt drei an der Zahl (Rhein, Main und Neckar), mit einem Deplacement von je etwa 18.000 Tonnen, einem Brutto-Raumgehalt von über 10000 Tonnen und Einrichtungen für etwa 3000 Passagiere, also einer Anzahl, welche bis dahin als unerhört gelten durfte. Während die "Rhein"-Klasse vorwiegend für die Fahrt nach New York bestimmt war, wurde in die Baltimore-Fahrt an Stelle der alten, immerhin schon 5000 Registertonnen aufweisenden Dampfer eine abermals neue Schiffsklasse, deren erstes Schiff, die "Köln", der Klasse den Namen gegeben hat, eingestellt In dem Jahre 1899 begonnen, war der Ausbau dieser Schiffsklasse mit sieben Dampfern zu je 7500 Registertonnen bereits im Jahre 1903 beendet. Entsprechend dem vom Lloyd verfolgten Prinzip, den gesamten transatlantischen Verkehr, sowie den Verkehr auf den Reichspostlinien durch Doppelschraubendampfer zu betreiben, sind sowohl die erwähnte "Rhein"-Klasse, wie die sieben Dampfer der "Köln"-Klasse als Doppelschraubendampfer gebaut. Aber selbst die gewaltigen bis hierher gekennzeichneten Neubauten genügten nicht, um dem mächtigen Aufschwung des Gesamtbetriebes und seinen Anforderungen gerecht zu werden. Der Lloyd wurde dadurch in die Lage versetzt, seine Flotte wiederum noch durch Ankauf einer ganzen Reihe von Schiffen zu vervollständigen, so dreier Dampfer, die bereits seit 1898 in Charter für den Lloyd liefen, dreier weiterer Dampfer von der Gesellschaft Argo für den Dienst nach Südamerika, endlich zweier Dampfer für die Verwendung im Mittelmeer. Die hier gegebene Darstellung der Flottenreorganisation des Lloyd lässt erkennen, dass der Leitfaden, der sich durch die gesamte Bautätigkeit des Lloyd seit 1892 hindurchzieht, in dem Bestreben erblickt werden muß, unter Zuhilfenahme aller Errungenschaften der Technik, unter sorgfältigster Abwägung der Bedürfnisse der einzelnen Linien, unter Beobachtung endlich aller Momente, welche in der modernen Passagier- und Frachtfahrt irgendwie von Bedeutung sich erweisen konnten, das Schiffsmaterial so zu konstruieren, dass dasselbe in seinem Verwendungsbereich das erste Schiffsmaterial der Welt darstellte, dass es ferner nicht so sehr den Charakter der Spezialschiffe annahm, um nicht gelegentlich auch anderweitig verwandt werden zu können, endlich Schiffe zu bauen, welche unter allen Umständen den Betriebskosten gegenüber einen Gewinn bei einigermaßen normalen Verhältnissen garantierten. Darüber hinaus aber zeigte die Reorganisation der Lloydflotte die Entwicklung ganz bestimmter Typen, welche für den gesamten Weltschiffbau vorbildlich geworden sind. Diese Typen sind erstens das Tropenschiff, zweitens der Postdampfer von großen Abmessungen, der für Passagier- und Frachtschiffahrt in gleichem Masse sich eignet und die Passagierräume von den Laderäumen völlig trennt, und drittens die Schaffung des modernen Schnelldampfertyps.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 106]


ZEIT1899
THEMAVeränderungen bei den Reichspostlinien
TEXTSehr wesentliche Veränderungen haben sich während der gegenwärtigen Aera des Lloyd im Betriebe der Reichspostlinien vollzogen. Eine der ersten Maßnahmen der gegenwärtigen Direktion war der Antrag bei der Reichsregierung, die unrentable, völlig überflüssige Mittelmeer-Zweiglinie aufzuheben, an Stelle der in vierwöchentlichen Zwischenräumen betriebenen ebenfalls unergiebigen Samoa-Zweiglinie eine achtwöchentliche Verbindung von Singapore über Batavia nach Deutsch-Neu-Guinea zu setzen und die Hauptlinien nach Ostasien und Australien so zu verändern, dass diese die für den Osten bestimmte Post in Neapel an Bord nahmen. Die zweite für das Gedeihen der Linien ausschlaggebende Maßregel ist der bereits erwähnte Ersatz des nicht genügend ausnutzbaren Dampfermaterials durch andere Typen. Immerhin muß als sehr bedeutungsvolle Etappe für die Reichspostlinien ein Zeitpunkt erwähnt werden, der nicht nur für die deutschen Reichspostlinien sich von höchstem Wert erwies, sondern dessen Bedeutung für die gesamte Seeschiffahrt von Wichtigkeit geworden ist. Dieser Zeitpunkt ist die Einstellung der Barbarossa-Dampfer in die Reichspostlinien. Der
erste Barbarossa-Dampfer "Friedrich der Große" war bei weitem das größte Schiff, welches jemals den Suezkanal passiert hat; ihm kommt eine historische Bedeutung zu. Die Einstellung dieser gewaltigen Schiffe aber hatte im Gefolge, dass der Suezkanal selbst verändert, d.h. verbreitert und vertieft, sowie die Ausweichstellen verlängert werden mussten, Maßnahmen, welche der gesamten Weltschiffahrt zugute kamen und welche veranlaßt zu haben für den deutschen Namen, für die Initiative des Norddeutschen Lloyd einen Ruhmestitel bedeutet. An der Durchfahrt des
ersten Barbarossa-Dampfers "Friedrich der Große" durch den Kanal nahm die gesamte Verwaltung des Suezkanals teil. Bei der Durchfahrt des zweiten Dampfers derselben Klasse, "Barbarossa", entsandte der Khedive einen eigenen Vertreter; das Deutsche Reich nahm Anteil durch seinen Gesandten, das gesamte Direktorium der Suezkanal-Gesellschaft befand sich ebenfalls an Bord. Die Bedeutung des Norddeutschen Lloyd für die Entwicklung des Suezkanals fand ihre wichtigste Anerkennung dadurch, dass am 24. Mai 1899 der Präsident des Norddeutschen Lloyd, Herr Geo. Plate,
als erster und einziger Deutscher in die Verwaltung der Suezkanal-Gesellschaft berufen wurde. Am 4. Oktober 1899 erfolgte dann die Eröffnung des 14tägigen Betriebes nach Ostasien durch den Reichspostdampfer des Norddeutschen
Lloyd "König Albert". Die Beteiligung der Hamburg-Amerika-Linie an der ostasiatischen Reichspostlinie, welche zu gleicher Zeit ins Leben trat, stellte nur eine kurze Episode dar, deren Bedeutung dadurch noch verringert wird, daß
die Hamburg-Amerika-Linie während der Zeit ihrer Anteilnahme am ostastatischen Reichspost-Dampferbetrieb, nämlich von 1899 bis 1903, überhaupt nur zwei Dampfer für den Reichspostdienst in Fahrt stellte. Gleichzeitig mit der Eröffnung der 14tägigen Fahrt entstand jedoch die ostasiatische Frachtlinie, welche, vom Norddeutschen Lloyd und der
Hamburg-Amerika-Linie gemeinsam betrieben, den Lloyd zum Ankauf von sieben Dampfern der Kingsin-Linie nötigte. Die wichtigste Etappe der neueren Zeit des Reichspost-Dampferdienstes bildet die ebenfalls noch im Jahre 1899 ins Leben gerufene Ergänzung desselben durch die Zweiglinien des Lloyd im indo-chinesischen Küstenverkehr. Das Netz derselben erstreckt sich von der Bay von Bengalen, unter Einbeziehung der großen und kleinen Sunda-Inseln, bis zum Golf von Petschili. Mit der Ausgestaltung der Reichspostlinien im engsten Zusammenhang steht die im Jahre 1905 eingerichtete Verbindung zwischen Japan und Australien über Hongkong, endlich die Errichtung einer besonderen Frachtlinie des Lloyd nach Australien, unter Einbeziehung des Niederländischen Archipels, von Bremen über Batavia nach Brisbane und Sydney.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 111]


ZEIT1900
THEMAAuswandererverkehr
TEXTDer Auswandererstrom aus dem Deutschen Reiche ist seit einer Reihe von Jahren ständig zurückgegangen; gegenwärtig ist die deutsche Auswanderung infolge günstiger sozialer Verhältnisse geringfügig; desto stärker bewegen sich die Auswanderermengen aus Russland, aus Galizien, Ungarn und anderen Ländern der österreichischen Krone nach den Vereinigten Staaten. Die Auswanderung über Bremen jedoch hat zu einer Anzahl von Maßnahmen geführt, welche zum Teil durch gesetzliche Vorschriften in Deutschland hervorgerufen wurden, zum andern Teil ihren Ursprung dem Bestreben des Lloyd verdanken, für die Auswanderer möglichst gut zu sorgen. Endlich sind einige dieser Maßnahmen durch die amerikanische Gesetzgebung der letzten Jahre ins Leben gerufen worden. Durch Reichs- oder Landesgesetz verursacht, und zwar um der Gefahr von Einschleppung von Seuchen oder der Durchwanderung ungeeigneter oder mißliebiger Auswandererelemente vorzubeugen, wurden die Kontrollstationen an der russischen Grenze und an der österreichischen
Grenze eingerichtet In diesen Stationen unterliegen die Auswanderer der sorgfältigsten ärztlichen Untersuchung, sowie der polizeilichen Kontrolle. Um eine Art Sammelpunkt für die nach Bremen weiter zu befördernden Auswanderer zu schaffen, sind die Anlagen in Ruhleben bei Spandau errichtet, in denen die Auswanderer ebenfalls einer ärztlichen Untersuchung und einer eventuellen Desinfizierung des Gepäcks unterworfen werden. Infoige der amerikanischen Gesetzgebung endlich sind die sanitären Einrichtungen in Bremen selbst verbessert und vermehrt worden; eine strenge
Untersuchung durch amerikanische Aerzte soll die Einschleppung von Krankheiten durch die Auswanderer nach den Vereinigten Staaten oder die Beförderung von Kruppein und sonstigem unerwünschtem Menschenmaterial verhindern. Von Bedeutung für diese sanitären Einrichtungen und für die Unterbringung der Auswanderer in Bremen überhaupt sind neben der eigenen Initiative des Lloyd auch die Bestrebungen philantropischer Vereine in Deutschland, der Missionen und anderer Faktoren gewesen. Die Durchbeförderung der Auswanderer von den Grenzen bis Bremen geschieht im wesentlichen durch eigene Auswanderer-Extrazüge.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 120]


ZEIT1900
THEMAEisenbahnverkehr
TEXTDie Ausgestaltung des Eisenbahnwesens ist von wesentlichem Wert geworden nicht nur für den Zwischendecksverkehr, sondern auch für die Kajütspassagierbeförderung durch die Ausbildung des Extrazug-Wesens, durch die Einlegung eines direkten Extrazuges von Berlin bis Bremerhaven längsseit an den abgehenden Dampfer, endlich für den Badeverkehr durch die Schaffung einer bedeutenden Menge von Zugverbindungen aus allen Teilen Deutschlands, auf welche an dieser Stelle einzugehen zu weit führen würde.


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Ihren letzten Ausdruck findet die durch den Lloyd direkt veran-
lasste Ausbildung besonderer Eisenbahnverbindungen in zwei Massnahmen,
von denen die eine die Einrichtung einer besonderen Luxuszugverbindung
zwischen den Nordseehäfen und Genua bezweckt Der geplante Express-
zug soll mit seinen Anschlüssen den Norden Europas mit den Mittel-
meerländern Ober den St Gotthard in Verbindung bringen, und zwar
durch eine nach dem Muster der Luxuszuge der Schlafwagen-Oesellschaft
eingerichtete Verbindung, die sich wahrscheinlich zu einer der wichtigsten
Strecken im internationalen Verkehr herausbilden durfte.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 122]


ZEIT1906
THEMABinnenschiffahrt
TEXTDie Schiffahrt auf der Ober- und Unterweser ist von prinzipieller Bedeutung für den Frachtverkehr und bildet eine Ergänzung zu der in den letzten Jahren wesentlich geförderten Schiffahrt auf der Ober- und Unterweser. Diese letztere Maßnahme ist die Einrichtung einer besonderen Weser-Umschlagstelle in Hannoversch-Münden. Hannoversch-Münden bildet bereits seit den frühsten Zeiten des Mittelalters den wichtigsten Umschlag- und Stapelplatz der Oberweser. Die Ausbildung des Eisenbahnnetzes Mitteldeutschlands von den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts ab und das Zurückgehen der Weserschiffahrt nahm allmählich Münden einen großen Teil seiner Bedeutung: vielleicht darf man sagen, daß die geringere Aufmerksamkeit, welche von Seiten des Norddeutschen Lloyd der Frachtschiffahrt während einiger Jahrzehnte seines Bestehens gewidmet wurde, mit zu diesem Niedergange beigetragen hat. Mit dem Augenblick aber, wo vom Lloyd der Frachtschiffahrt eine erneute und wesentlich erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt wurde, wo durch Ausbau des Flottenmaterials und der Linien die Notwendigkeit der Erleichterung der Frachtzubringung an den Lloyd herantrat, wurde auch die Wiederbelebung der alten Umschlagstelle ins Auge gefaßt
Die ersten Arbeiten des Lloyd hierzu geschahen bereits im Jahre 1899. Einer siebenjährigen Tätigkeit hat es bedurft, um endlich im August 1906 die neue Weser-Umschlagstelle dem Verkehr übergeben zu können und damit einen Mittelpunkt zu schaffen, welcher für die Anbringung der Fracht aus den weitesten Gebieten Mitteldeutschlands die Wege in nahezu
vollkommener Weise ebnet.



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l\ GESCHICHTE DES NORDDEUTSCHEN LLOYD



Dieselben Gesichtspunkte, welche bei der Einrichtung der Weser-
Umschlagstelle für den Lloyd massgebend waren, sind auch die Ver-
anlassung gewesen, dass der Norddeutsche Loyd an den Mittellandkanal-
Projekten des Reichs, soviel in seinen Kräften stand, mitzuarbeiten und die-
selben zu fördern suchte. Die Bedeutung des Mittelland-Kanals für Bremen
soll an dieser Stelle nicht im einzelnen ausgeführt werden. Aber schon die
Annahme eines Teils der Kanalvorlage, nämlich des Rhein -Weser- Kanals,
wurde mit Recht von der Leitung des Lloyd als von besonderer Tragweite
angesehen, da durch diesen Wasserweg ausgedehnte wirtschaftliche Ge-
biete Deutschlands mit Bremen in engere Verbindung gebracht werden.

Die von der Leitung des Lloyd ausgesprochene Erwartung, dass
infolge des Kanalbaues eine grössere Entwicklung der industriellen Tätig-
keit im Wesergebiet gefördert werden würde, scheint sich bereits jetzt
zu erfüllen. In den letzten beiden Jahren sind eine Anzahl solcher Unter-
nehmungen teils in Bremen selbst, teils an der Unterweser entstanden,
von denen eine erhebliche Förderung und eine entsprechende Zunahme
des Frachtenverkehrs über Bremerhaven, eingehend für Rohmaterial, aus-
gehend für Produkte, unzweifelhaft erwartet werden darf.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 122]


ZEIT1907
THEMAsoziale Leistungen
TEXTDer volkswirtschaftlichen Bedeutung des Lloyd stehen auf der anderen Seite die Pflichten, welche Betriebe wie der Lloyd auf sich zu nehmen haben, um den unbedingt notwendigen Stamm seiner Angestellten zu erhalten, gegenüber.
Dass der Lloyd diese Pflichten niemals verkannt hat, geht am besten wohl aus der Tatsache hervor, dass lange vor der Aera der Sozialpolitik in Deutschland der Lloyd in seinem eigenen Betriebe Grundlagen für die Wohlfahrt seiner Angestellten geschaffen hatte, welche die soziale Fürsorge für die Angehörigen des Lloyd zum Zweck hatten und welche des weiteren geeignet waren, den Dienst beim Lloyd für die Angestellten durch die gebotenen Vorteile so zu gestalten, dass in allen Zweigen der Verwaltung und des Betriebes der wertvolle Stamm des Personals erhalten wurde. Die Wohlfahrtseinrichtungen, welche der Lloyd in seinem Betrieb geschaffen hat, bilden daher ein wesentliches Moment in seiner Geschichte. Die Einrichtung der Seemannskasse schon im Jahre 1873 gab dem Stamm der Seeleute und dem Maschinenpersonal die Gewähr, dass bei Unglücksfällen, bei Eintritt der Invalidität oder sonst bei Dienstunfähigkeit der Lloydangestellte mit grösserer Sicherheit seiner Zukunft entgegensehen konnte, als dies bei den kleineren Betrieben, zumal vor der Unfall- und Invaliditäts-Versicherung von Reichs wegen, der Fall war. Am 31. Dezember
1905 verfügte die Seemannskasse des Norddeutschen Lloyd über ein Vermögen von 2,75 Millionen Mark und hatte bis zu diesem Zeitpunkt an ihre Mitglieder Zahlungen im Gesamtbetrage von über 4 Millionen Mark geleistet. Die unter der gegenwärtigen Direktion, nämlich am 1. April 1894, neugeschaffene und ursprünglich mit dem kleinen Betrage
von 20.000 Mark dotierte Witwen- und Waisen-Pensionskasse des Lloyd wies Ende 1905 ein Vermögen von beinahe 2 Millionen Mark auf und hatte in den damals 11 1/2 Jahren ihres Bestehens 426.000 Mark ausgezahlt. Die im Jahre 1900 zum Andenken an seine verstorbene Frau Gemahlin durch Generaldirektor Dr. Wiegand durch eine größere Kapitalüberweisung gegründete Elisabeth Wiegand-Stiftung, deren Zweck es ist, Unterstützungen an Arbeiter und Angestellte, sowie deren Angehörige in solchen Fällen zu gewähren, in denen nach den Statuten der Seemannskasse und der Witwen- und Waisen-Pensionskasse des Lloyd eine solche Gewährung nicht möglich ist, verfügte Ende 1905 über ein Vermögen von etwa 300.000 Mark und hatte in den fünf Jahren ihres Bestehens bereits über 119.000 Mark an Unterstützungen gezahlt. Im Jahre 1903 vervollständigte der Lloyd seine Wohlfahrtseinrichtungen durch die Bildung eines Pensionsfonds für seine Werkstättenarbeiter und eines zweiten Pensionsfonds für die auf seinen Schiffen in
den Weserhäfen beschäftigten Ladungs- und Kohlenarbeiter. Einen wie festen Halt diese Wohlfahrtseinrichtungen für das Personal des Lloyd darstellen, beweist die Dienstzeit der Lloydangestellten und die Tatsache, dass ein Wechsel im Personal nur in den untersten Stellen der Seeleute, Heizer und Kohlenzieher, und auch hier nur verhältnismäßig
selten einzutreten pflegt. Die Wohlfahrtseinrichtungen zusammen mit der durch die Schulschiffe geschaffenen Garantie für die Lloyd-Offiziere und die durch die Maschinistenprüfungen geschaffene Garantie dauernder Verwendung für die Maschinisten, geben dem Lloyd gegenüber allen anderen Reedereien der Welt die Sicherheit der Heranbildung und Erhaltung eines Personals an Seeleuten, Maschinen-Bedienungspersonal, Schiffs-Offizieren und Maschinisten, welches, zumal bei seinem Umfange, für die nationalen Interessen Deutschlands von allerhöchster Wichtigkeit ist und für die
Kaiserliche Marine eine nicht hoch genug einzuschätzende Reserve darstellt.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 127]


ZEIT1880
THEMAEntwicklung der Dampfer bis 1881
TEXTBis zum Jahre 1881, also während 24 Jahren von der Gründung des Lloyd an, zeigt die äußere Erscheinung ebensowohl wie die Anordnung der Passagiereinrichtungen aller Passagierdampfer der Welt annähernd das gleiche Bild. Der allein herrschende Typ ist das Glattdeckschiff, der Vierdecker, bei welchem die beiden untersten Decks der Ladung, das dritte Deck den Zwischendeckseinrichtungen und das oberste Deck den Kajütseinrichtungen und den Wohnräumen der Schiffsoffiziere und Maschinisten vorbehalten war. Zu Zeiten besonderen Passagierandranges mußte auch der unter dem eigentlichen Zwischendeck liegende Raum noch für die Zwischendecksbeförderung herhalten, so daß dann, zumal bei dem scharfen Querschnitt der Dampfer, der eigentliche Laderaum zu einei verschwindenden Kleinheit zusammenschmolz. Die Länge der Lloyddampfer in diesem ganzen Zeitraum schwankt überhaupt nur um 10 m. Der erste Dampfer "Bremen" war 97,5 m lang, 11,9 m breit; der größte während 24 Betriebsjahren erbaute Dampfer, die "Oder", maß 107 m, bei einer Breite von 12,2 m. Diese Raumverhältnisse bedingten von selbst die für Verhältnisse von 1907 kleine Passagierzahl, übertrafen für damalige Zeiten jedoch die Beförderungsmöglichkeiten auf den Schiffen anderer Reedereien, entsprechend der Entwicklung des Lloyd gerade in der Passagierfahrt bei weitem. Die Durchschnittsziffer der Passagiere, welche die Dampfer der ersten 24 Betriebsjahre des Lloyd unterzubringen vermochten, beträgt ungefähr
700 - 800 Passagiere, nur die im Jahre 1872 erbaute "Strasburg", deren Raumverhältnisse einst durchaus den anderen Schiffen entsprachen, konnte 1000 Passagiere aufnehmen.
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Die Passagiereinrichtungen selbst för die I. und II. Klasse zeigten
auf allen Dampfern fast Obereinstimmend dieselbe Anordnung, die II. Klasse
vorn vor der Maschine, die I. Klasse im Hinterschiff. Die Anordnung der
Salons, in Gestalt langgestreckter schmaler Räume, blieb übereinstimmend
in der Längsrichtung des Schiffes; zu beiden Seiten der Salons erstreckten
sich Kabinen I. bezw. II. Klasse. An den Verbindungsgängen zwischen
der I. und II. Klasse, zu beiden Seiten des Maschinenschachtes, auf der
Backbordseite, lagen für gewöhnlich die Offizierszimmer, auf der Steuer-
bordseite Passagierkammern. Ausser dem Salon gab es nur je ein kleines,
dürftig ausgestattetes Rauchzimmer für die I. und II. Klasse und ein so-
genanntes Damenzimmer für die I. Klasse, welches häufig nur vom ersten
Salon selbst aus zugänglich und von demselben abgeschlagen war.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 278]


ZEIT1881
THEMAEntwicklung der Dampfer 1881 - 1892
TEXTDie Schnelldampferflotte Lohmanns beginnt mit der "Elbe". Mit ihren 128 m Länge, 13,7 m Breite und 10,7 m Raumtiefe übertraf sie alle bisherigen Dampfer des Lloyd so bedeutend, dass der Raumgehalt sich plötzlich von den 3158 Registertonnen brutto der "Oder", des damals grössten Dampfers, auf 4510 Tonnen steigerte, während die Maschinenstärke, entsprechend dem Charakter der "Elbe" als Schnelldampfer, um mehr als 2500 Pferdekräfte größer wurde als die des in der Maschinenstärke nächstfolgenden Dampfers. Hiermit änderte sich gleichzeitig das Bild der
Passagiereinrichtungen sehr erheblich. Die 1. Klasse rückte nach vorn vor die Maschine, der Salon erhielt eine Ausdehnung quer über das ganze Schiff, die Passagierkammern wurden völlig davon getrennt, und die Nebensalons, wie Rauchzimmer und Damensalon, wurden über dem eigentlichen Salon angeordnet. Das wurde dadurch möglich, daß schon
die ersten Schnelldampfer ein Deck mehr als die alten Dampfer erhielten. Die 2. Klasse rückte dagegen in das Hinterschiff und erhielt im übrigen mit ihren Nebenräumen, der Anordnung des Salons und der Passagiereinrichtungen ähnliche Verbesserungen wie die 1. Klasse. Das fünfte Deck, welches die Schnelldampfer damaliger Zeit erhielten,
war jedoch nicht von vorn bis hinten durchgeführt, vielmehr stellte es sich so dar, daß über die größere Länge des Schiffs, mitschiffs, ein Promenadendeck sich erstreckte, während vorn eine Back zur Aufnahme der Wohnräume für die Mannschaft diente und hinten unter dem Deck der Salon 2. Klasse Platz fand. Die Passagierkammern verteilten sich über das ganze Schiff. In den Grössenverhältnissen stetig wachsend, blieb der Typus der Einschrauben-Schnelldampfer im Jahrzehnt der Erbauung, d.h. von 1880 bis 1890, annähernd derselbe, mit Ausnahme der Dampfer "Spree" und "Havel"
und des damaligen "Kaiser Wilhelm II.", der jetzigen "Hohenzollern". Die Länge der Schnelldampfer wuchs bis zur "Lahn" bereits auf 136,7 m, die Breite auf beinahe 15 m, die Raumtiefe auf 10,6 m. Bei "Spree" und "Havel", die nunmehr über 141 m lang und beinahe 16 m breit waren, zeigte sich eine Aenderung insofern, als das Promenadendeck nach vorn durchgeführt und mit der Back vereinigt wurde. Der Zweck dieser Veränderungen war, vor allen Dingen den
Zwischendeckern bei schlechtem Wetter einen besseren geschützten Aufenthalt außerhalb der zum Schlafen bestimmten Kompartiments zu verschaffen. Bei den älteren Schnelldampfern wurde der offene Raum im Vorschiff, der ja ein Deck tiefer lag als das Promenadendeck der Kajütspassagiere, durch die davor liegende Back nicht genügend geschützt. Die grosse Fahrt der Schnelldampfer Hess dieselben selbst bei geringer See von vorn häufig Wasser übernehmen, so daß dieser für die Zwischendecker bestimmte Deckraum dann unbenutzbar wurde. Bei "Spree" und "Havel" sollte durch die erwähnte Änderung der Deckanlage dieser Übelstand vermieden werden. Bei der Ausgestaltung der Passagiereinrichtungen änderten sich die Grundprinzipien mit dem Ausbau der Schnelldampferflotte ziemlich wesentlich. Bei den älteren Schnelldampfern "Elbe", "Werra", "Fulda", "Eider" und "Ems" wurde noch ein wesentlicher Wert auf die Zwischendeckseinrichtungen gelegt, so dass diese alten Schnelldampfer 11 - 1200 Passagiere befördern konnten. Mit dem weiteren Ausbau der Schnelldampferflotte traten die Kajütspassagier-Einrichtungen in den Vordergrund. Schon bei "Aller", "Trave" und "Saale" sank die Gesamtpassagierzahl auf 974 Personen, bei "Spree" und "Havel" sogar auf 800. Die beiden letztgenannten Dampfer nahmen überhaupt nur noch etwa 400 Zwischendecker, also nur ebensoviel wie die Zahl der Kajütspassagiere betrug, deren Unterbringung wesentlich grössere Räume verlangte. Der erwähnte "Kaiser Wilhelm II.", die jetzige "Hohenzollern", bildete insofern einen besonderen Typus der damaligen Flotte, als der
Dampfer für die Tropenfahrt, insbesondere für den Verkehr mit Australien, erbaut wurde und daher andere Konstruktionsprinzipien erhielt. Die durchlaufenden Decks bei "Kaiser Wilhelm II." gingen nur bis zum Oberdeck, darüber erhob sich ein Deckhaus mitschiffs, welches durch zwei Stockwerke geführt, in der Mitte seiner Höhe das Promenadendeck aufwies und nach oben durch ein festes Sonnendeck (an Stelle der früheren Sonnensegel) abgeschlossen wurde. Der hintere Teil des Schiffes erhielt ebenfalls ein Deckhaus, welches sich jedoch nur bis zur Höhe des Promenadendecks erstreckte, der vordere Teil des Schiffes zeigte eine ebenfalls bis zur Höhe des Promenadendecks durchgeführte Back. Der "Kaiser Wilhelm II." zeigt also bereits das Bestreben, einen besonderen Typus für die Tropenfahrt in ruhigen Meeren auszubilden. Dieser Typus ist jedoch nicht genügend durchgearbeitet. Die Einstellung in die Tropenfahrt erwies sich als zu kostspielig, für die Fahrt aber im Nordatlantik war die Bauart des Schiffes ungeeignet, denn die offenen Seitengänge im Oberdeck machten bei bewegter See jede Passage unmöglich. Mit 137 m Länge bei 15,5 m Breite und 10,8 m Raumtiefe, blieb der "Kaiser Wilhelm II." zwar hinter "Spree" und "Havel" etwas zurück, sein Querschnitt aber verlieh ihm einen grösseren Raumgehalt - 6990 Registertonnen brutto - als die Dampfer "Spree" und "Havel" aufzuweisen hatten, und machten ihn zu dem größten Schiff der Lloydflotte. Ein weiterer Versuch, neue Typen auszubilden, ist im Jahrzehnt von 1880 - 1890 in der Einstellung der Reichspostdampfer "Preussen", "Bayern", "Sachsen" und der für die Anschlußlinien bestimmten Dampfer "Lübeck", "Stettin", "Danzig" zu erblicken. Die Fehler, die hierbei gemacht worden sind, betreffen vor allem die Unterbringung der Passagiere. In allen sechs neu erbauten Dampfern lagen die Kajütseinrichtungen I. Klasse wieder auf dem Hinterdeck, die Kajütseinrichtungen II. Klasse auf dem Mitteldeck. Durchlaufende Decks erhielten die grossen Dampfer "Preussen", "Bayern", "Sachsen" fünf ? bis zum Oberdeck, ein Mittschiffs-Deckhaus, überdacht mit festem Promenadendeck der II. Klasse, im Hinterschiff
ebenfalls ein Deckhaus mit Kajütseinrichtungen für die I. Klasse, an dessen beiden Seiten, sowie um das Hinterteil des Schiffes herum, offene Gänge sich befanden, überdeckt durch ein festes Promenadendeck bis zur Bordwand; die Back, bis zur Höhe des Promenadendecks reichend, war für die Unterkunftsräume der Mannschaften bestimmt. "Preussen", "Bayern", "Sachsen" sind die ersten Lloydschiffe, welche mit hydraulischen Lösch- und Ladevorrichtungen versehen wurden. Ziemlich verfehlt erwiesen sich die Passagiereinrichtungen auf den Anschlußdampfern "Stettin", "Lübeck" und "Danzig". Deren Gesamtanordnung war ähnlich wie bei den Hauptdampfern, die Schiffe selbst aber besaßen ein Deck weniger, so daß bei bewegter See ein Gehen, zumal auf den an den Seiten offenen Verbindungsgängen des Hauptdeckes,
zwischen Vor- und Hinterschiff, unmöglich wurde. Die weiteren Nachteile der Reichspostdampfer "Preußen", "Bayern",
"Sachsen" bestanden darin, daß der Netto-Raumgehalt, der für die Ladung in Betracht kam, sich als viel zu gering erwies. Einen wesentlich neuen Typus dagegen bildeten in der Lloydflotte die Dampfer der München-Klasse, von denen in den Jahren 1889 bis 1891 acht eingestellt wurden. Der Zweck, welcher bei der Konstruktion dieser Schiffe verfolgt
wurde, war, eine erheblich grössere Passagierzahl unterbringen zu können als bisher und die Einrichtungen so zu treffen, dass bei Nichtbenutzung der Zwischendecksräume für Passagiere dieselben für Ladung ausgenutzt werden konnten. Die Passagiereinrichtungen für die 1. und 2. Klasse wurden wie auf den Schnelldampfern so angeordnet, daß
die I. Klasse mitschiffs vor der Maschine, die II. Klasse im Hinterschiff lag. Das Mitteldeckhaus erstreckte sich vom Oberdeck durch das Promenadendeck bis zu einem festen Sonnendeck. Die Länge der Schiffe entsprach mit 126,5 m etwa der "Elbe", aber die große Breite von 14,6 m und der andere Schnitt der Dampfer, der durch die geringere Geschwindigkeit (13 Seemeilen) ermöglicht wurde, ergaben die bessere Raumausnutzung. Die Schiffe der München-Klasse, von denen einige noch in Fahrt sind, bieten Unterkunftsraum für 2000 Passagiere, so dass etwa 800 Passagiere mehr
als bisher untergebracht werden konnten. Von diesen 2000 Passagieren entfielen nur etwa 110 auf die I. und
II. Klasse, alle übrigen auf das Zwischendeck, dessen Einrichtungen so getroffen waren, dass bei den Rückreisen von Nordamerika, oder bei der Verwendung der Schiffe auf Linien, wo kein Zwischendecksverkehr bestand, diese Räume voll für die Ladung ausgenutzt werden konnten. Bis zum Tode Lohmanns zeigt daher die bis zum Jahre 1880 völlig uniforme Lloydflotte bereits zwei wesentlich neue Typen in den damaligen Schnelldampfern und den Dampfern der München-Klasse für den Nordatlantik sowie die Anfänge der Tropendampfer in den für die Reichspostlinien bestimmten Schiffen und dem KKaiser Wilhelm II.".
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 279]


ZEIT1892
THEMAEntwicklung der Dampfer ab 1892
TEXTWie in der gesamten Entwicklung des Lloyd, bildet auch für die Entwicklung der Dampfertypen das Jahr 1892 einen entscheidenden Abschnitt. Mit diesem Jahre trat ein völliger Systemwechsel mit Bezug auf das Schiffsmaterial insofern ein, als der Doppelschraubendampfer nunmehr beim Norddeutschen Lloyd eingeführt wird und den Einschraubendampfer zu verdrängen beginnt. Gleichzeitig aber führten die Flottenreorganisations-Pläne zur Schaffung neuer, ganz bestimmter Dampfertypen, von denen einige für die gesamte Seeschiffahrt vorbildlich geworden sind. Die in weit höherem Grade als früher ausgebildete Schiffsbautechnik erlaubte die durchgehende Verwendung des Stahls im Schiffskörper. In England wurde der Stahl zum erstenmal beim Bau der beiden Korvetten "Iris" und "Merkur" 1877 verwandt, bei der deutschen Marine wurde zum erstenmal beim Bau der Avisos "Blitz" und "Pfeil", im Jahre 1880, Stahl als Schiffsbaumaterial vorgeschrieben. Durch die Einführung des Stahls als Material für den Schiffsrumpf ergab sich vor allen Dingen eine nicht unbedeutende Oewichtserspamis. Der allmählich sich vollziehende Umbau der Hafenbassins von Bremerhaven gestattete, was nicht unterschätzt werden darf, die Einführung von Schiffsgrössen, welche bis dahin
nicht nur in der Geschichte des Lloyd ungewöhnlich, sondern, wie sich gleich erweisen wird, in der Geschichte des Schiffbaues Oberhaupt nur ganz vereinzelt zu finden waren. Die Einführung dieser Schiffsgrößen verdankt ihren Ursprung dem leitenden Grundsatz bei der Reorganisation der Lloydflotte, die Schiffe durch die Schaffung genügender Laderäume dem Frachtverkehr dienstbar zu machen, die Konstruktionsprinzipien aber so zu gestalten, dass die Passagiereinrichtungen nicht nur nicht beeinträchtigt, sondern noch besser als früher ausgestaltet würden. Alle diese genannten Gesichtspunkte zusammen führten den Lloyd dazu, ein eigenes Konstruktionsbureau in Bremen einzurichten, an dessen Spitze der bis dahin in Bremerhaven im technischen Betriebe tätige Schiffsbau-Ingenieur Walter als Oberingenieur berufen wurde. Die Notwendigkeit eines solchen Konstruktionsbureaus ergab sich daraus, dass die neu einzustellenden Schiffe durchaus nach den beim Lloyd bis dahin gemachten Erfahrungssätzen, vor allen Dingen aber, soweit Neueinrichtungen in Frage kamen, nach den auf Grund dieser Erfahrungen gewonnenen neuen leitenden Gesichtspunkten entworfen werden mußten. Der Anteil, den der Lloyd direkt an der Entwicklung des Schiffsbaues genommen hat, ist zum Teil hierauf zurückzuführen. Der erste Schiffstypus, welcher an dieser Stelle als neu und bahnbrechend behandelt werden muß, ist die Erbauung der beiden Reichspostdampfer "Prinz-Regent Luitpold" und "Prinz Heinrich" im Jahre 1894, beide bei Schichau in Danzig. Sie bilden insofern einen eigenen Typus, als sie ausschließlich aus dem Gesichtspunkt heraus konstruiert sind, eine neue Art von Tropenschiffen zu schaffen. In der Grösse gingen beide bereits über den Durchschnitt der Lloyddampferflotte bei weitem hinaus und erreichten mit 6600 Tonnen nahezu den damaligen "Kaiser Wilhelm II.". Die grundlegenden Abweichungen von den bisher auf den Reichspostlinien verwandten Typen bestanden erstens darin, dass beide Dampfer mit Doppelschrauben bezw. zwei selbständigen Maschinen ausgerüstet wurden, ganz besonders aber darin, dass nunmehr, was durch den großen Raumgehalt ermöglicht wurde, sämtliche Passagiereinrichtungen in das Oberdeck und in das darüber aufgebaute Promenadendeck verlegt wurden. Dabei fielen alle Passagierkammern I. Klasse auf das Oberdeck mittschiffs, alle Salons auf das Promenadendeck, die Passagierräume zweiter Kajüte entsprechend in das Oberdeck bezw. Promenadendeck im Hinterschiff.
Die sämtlichen Passagiereinrichtungen rückten daher im allgemeinen um ein Deck höher als früher. Die dadurch erzielten Vorteile sind die ungleich bessere Ventilation, die Möglichkeit auch bei bewegter See die Fenster offen zu halten, und die Trennung der Passagierräume von den für den Betrieb nötigen Verwaltungsräumen, den Küchen, den Wohnräumen für das Personal usw. Die Ventilation sämtlicher Passagierräume wurde außerdem befördert durch einen das Oberdeck in seiner ganzen Länge durchziehenden Mittelgang. Die Matrosen fanden wie früher Unterkunft in der nunmehr ebenfalls um ein Deck höher liegenden Back, die Wohnräume der Heizer dagegen wurden um den Maschinenschacht angeordnet, von wo ein direkter Zugang zum Sonnendeck, über dem Promenadendeck, geschaffen wurde. Das Sonnendeck selbst war ebenfalls für die Tropenschiffe eine Neueinrichtung. Während bisher für den Aufenthalt in den Tropen über dem obersten Deck eines Dampfers, einerlei, ob das selbe Oberdeck oder Promenadendeck sich benannte, Sonnensegel gespannt wurden, erhielten die neuen Schiffe ein festes Sonnendeck aus Planken, auf welchen dann die Boote an den Seiten angeordnet blieben, während mitschiffs in der Längsrichtung, der Maschinenschacht bis zur Höhe des Sonnendecks durchgeführt und - bei "Prinz-Regent Luitpold" und "Prinz Heinrich" - die Aufenthaltsräume für die Heizer dorthin verlegt wurden. Die wesentlichen Vorteile dieser Einrichtung sind auch für den nicht seebefahrenen Beurteiler ohne weiteres einleuchtend. Die Reichspostlinien erhielten durch die "Prinz-Regent Luitpold" und "Prinz Heinrich" abermals einen den höchsten Anforderungen der Zeit entsprechenden Zuwachs.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 283]


ZEIT1907
THEMADampfer der Barbarossa-Klasse
TEXTDer zweite im Jahre 1896 neugeschaffene Schiffstypus ist von einer ungleich größeren Wichtigkeit und hat in den zehn Jahren seines Bestehens nicht nur innerhalb der Lloydflotte einen wesentlichen Ausbau erfahren, so dass man nicht mit Unrecht sagen kann, dass er jetzt den Kern der Lloydflotte bildet, sondern er ist allgemein in der Weltschiffahrt von allen großen Reedereien aufgenommen worden. Dieser Typus umfaßt die sogenannten Barbarossa-Dampfer. Die Grundprinzipien für die Konstruktion dieser Dampfer sind beim Lloyd ausgearbeitet. Daß die Werften, denen der Bau der Dampfer der Barbarossa-Klasse übergeben wurde, auch ihrerseits an den Konstruktionsbedingungen beteiligt waren, ist selbstverständlich. Die Ausgangspunkte für die Schöpfung dieser damals ganzlich neuen Dampferklasse waren: 1. grösstmöglichste Sicherheit der Schiffe, 2. ein über die bisherigen Maße bei weitem hinausgehender Raumgehalt, 3. größtmöglichste Ausnutzung des Raumgehalts für Ladungszwecke, 4. die völlige
Trennung der Passagiereinrichtungen von dem übrigen Schiffskörper. Längen-, Breiten- und Tiefenmasse der Dampfer der Barbarossa-Klasse gingen weit über das um die Mitte des vorigen Jahrzehnts noch übliche Durchschnittsmass der Ozeandampfer hinaus. Bei einer Länge von 560 Fuß erhielten die Barbarossa-Schiffe 60 Fuß Breite und 30 Fuß
Tiefe. Durch diese Abmessung wurde ein Brutto-Raumgehalt von über 10000 Tonnen erreicht, der infolge der sinnreichen, gleich eingehender zu erwähnenden, Anordnung der Passagierräume fast ganz zu Ladungszwecken ausgenutzt werden konnte. Die Wasserverdrängung der Schiffe beträgt bei 28 Fuß Tiefgang annähernd 20.000 Tonnen. Während die gesamten Laderäume des Schiffes, einschliesslich der für die Aufnahme von Zwischendeckern bestimmten Räume, eine Ladefähigkeit von über 11.000 cbm erhielten, bieten die Kajütseinrichtungen Platz für etwa 200 Kajütspassagiere und
mehr als 2000 Zwischendecker, so dass bei voller Ausnutzung der für die Zwischendeckspassagiere bestimmten Räume bis zu 2300 Passagiere in einer Expedition befördert werden können. Die Lösung der Aufgabe, große Frachtmengen neben den Passagieren zu befördern, ist als überaus gelungen zu bezeichnen. In erster Linie handelte es sich darum, solche
ungeheuren Mengen an Ladung in den Häfen in möglichst kurzer Zeit und, soweit die Bearbeitung in den Zwischenhäfen zu erfolgen hat, ohne große Belästigung der Passagiere zu löschen und zu laden. Im vorderen und hinteren Schiff sind je vier, also zusammen acht grosse Ladeluken vorhanden, welche mit 16 hydraulischen, auf einem der vier Schiffe sogar mit 16 elektrischen Kränen versehen sind. Diese Art des Ladegeschirres ist zu dem besonderen Zweck gewählt, ein möglichst geräuschloses Arbeiten zu gestatten. Daß die Barbarossa-Dampfer Doppelschrauben und zwei voneinander unabhängige Maschinen erhielten, ist selbstverständlich. Wenn durch die Dimensionen der Barbarossa-Dampfer für die Sicherheit der Schiffe und die Möglichkeit der Aufnahme grosser Frachtmengen Sorge getragen war, so bildet die Anordnung der Passagierunterbringung an Bord der Barbarossa-Klasse eine völlige Neuerung, die sich aufs glänzendste bewährt hat und die im wesentlichen nur durch die Größenverhältnisse der Schiffe ermöglicht wurde. Die Aufgabe der Konstrukteure lag darin, die Passagierräume von den Frachträumen und den Räumen für die Mannschaft gänzlich zu trennen und damit zu erreichen, was bisher nur mangelhaft möglich war, nämlich die Verhinderung jeder Belästigung der Passagiere durch Löschen und Laden in den Häfen, sowie durch den Betrieb an Bord überhaupt. Das Ziel, welches der Lloyd sich damit gesteckt hatte, wurde dadurch, erreicht, dass die gesamten Passagiereinrichtungen der I. Klasse in ein riesiges Deckhaus verlegt wurden, welches mitschiffs in einer Länge von 256 Fuß - einer Ausdehnung also, wie sie kaum 15 Jahre zuvor die größten Ozeandampfer überhaupt nur insgesamt besessen hatten - sich erhob. Durch dieses Deckhaus erhielten die Barbarossa-Schiffe einen Aufbau, der nunmehr wiederum um ein Deck höher wurde als bei den bisher größten Ozeandampfern. Ueber dem bisherigen Promenadendeck erhob sich ein zweites Promenadendeck, über diesem das feste Sonnendeck. Demnach lagen nun die sämtlichen Passagierkammern I. Klasse mittschiffs zum Teil auf dem Oberdeck, in größerer Zahl aber noch eine Etage höher auf dem unteren Promenadendeck und auf dem oberen Promenadendeck, die Salons insgesamt im unteren und oberen Promenadendeck, so zwar, dass die Speisesäle im unteren Promenadendeck, die Rauchsalons, Konversationssalons, Musikzimmer und Damensalons im oberen Promenadendeck angeordnet wurden. Der größeren Sicherheit des Betriebes wegen wurden die Wohnungen des Kapitäns und sämtlicher Schiffsoffiziere auf das Sonnendeck in unmittelbarer Nähe der Kommandobrücke verlegt Das Mittschiffsdeckhaus, ausschließlich für Passagierzwecke bestimmt, bildete für sich ein völlig einheitliches Ganzes. Die 16 geräuschlos tätigen riesigen hydraulischen Lädekräne arbeiten vor und hinter dem Deckhaus, wirken daher nirgends mehr störend
(dagegen können die Passagiere aus den mächtigen Aufbauten des unteren und oberen Promenadendecks den so reizvollen Betrieb des Löschens und Ladens im Hafen ungestört beobachten), die große Höhe des Promenadendecks über dem Wasserspiegel gestattet auch bei schlechtem Wetter den Aufenthalt im Freien. Durch dieselben Massnahmen in der Anordnung der Passagierräume wurde eine vorzügliche Ventilation derselben erreicht, die durch allerlei hier nicht weiter auszuführende Kleinigkeiten, wie z. B. den erheblich vergrößerten Durchmesser der Fenster, die Einführung von Patentfenstern, die Anbringung elektrischer Ventilatoren in jeder einzelnen Kabine und dergleichen mehr, wesentlich unterstützt wurde. Die außerordentlich große Zahl von Badezimmern, denen besondere Duschezimmer mit allen möglichen durch die Fortschritte der Hygiene der Gegenwart gezeitigten Neuerungen hinzugefügt wurden, die Anordnung zahlreicher, höchst sinnreich angelegter Verbindungsgänge und Treppen, durch welche die einzelnen Decks und wesentlichsten Kompartiments untereinander in Verbindung gesetzt wurden, machen die Barbarossa-Dampfer zu einer
Schiffsklasse, die an Bequemlichkeit, Eleganz, gleichzeitig aber an mächtiger Wirkung und Möglichkeit der Nutzbarmachung kaum durch irgend einen anderen Typus erreicht wird. Die Erfolge, welche sich gleich von vornherein bei der Einstellung der Barbarossa-Dampfer, und zwar ebensowohl im atlantischen Verkehr, wie insbesondere im Verkehr auf den Reichspostlinien, ergaben, führten zum weiteren Ausbau dieses Systems in den Dampfern "König Albert", "Prinzess Irene" und "Prinzess Alice", denen im Frühjahr 1900 der nunmehr wiederum um 3000 Tonnen größere Dampfer "Großer Kurfürst" folgte. Bei ihm sind die Passagiereinrichtungen, entsprechend seiner Größe, wesentlich vermehrt Der "Grosse Kurfürst" nimmt etwa 350 Passagiere I. Klasse, 150 II. Klasse und bis zu 2500 Zwischendecks-Passagiere auf; die Laderäume können etwa 15.000 cbm fassen. Den letzten Abschluß dieses Dampfertypus bildet der noch in Bau befindliche "Washington", der in seinen Abmessungen noch um 4000 Registertonnen brutto über den "Großen Kurfürst" hinaus geht, also etwa 17000 Registertonnen mißt. Bei der Konstruktion der äußeren Form der Schiffe ist noch eine
Massnahme von Bedeutung, welche bei den Barbarossa-Dampfern zum erstenmal zur Ausführung kam und sich dabei ausgezeichnet bewährt hat, nämlich die Anordnung von Schlingerkielen, durch welche das Rollen der Dampfer trotz ihrer riesigen Aufbauten ganz ungemein vermindert worden ist Der mit den Schlingerkielen erzielte Erfolg hat daher zur Durchführung dieser Massnahme auch bei den weiteren neuen Schiffstypen geführt.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 285]


ZEIT1907
THEMANeue Schnelldampfer ab 1896
TEXTDie dritte Hauptklasse bei den Neubauten des Lloyd seit 1892 bilden die Schnelldampfer. Der Schnelldampferverkehr besitzt eine außerordentliche Bedeutung, und eine Abnahme dieses Verkehrs darf unter keinen Umständen erwartet werden. Der Aufbau des gesamten Passagierverkehrs der Gegenwart, die Ueberleitung des amerikanischen Passagierverkehrs auf den Norddeutschen Lloyd, die herrschende Stellung, welche diese sich insbesondere auch in der Kajütsbeförderung erworben hat, verdankt er im wesentlichen der Schnelldampferflotte. Daß jedoch die alten Schnelldampfer veraltet waren, konnte bei der Übernahme der Direktion durch Wiegand um so weniger verborgen bleiben, als in den Passagierziffern sich bereits das Übergewicht der von anderen Reedereien eingestellten Doppelschrauben-Schnelldampfer bebemerkbar machte. Der Übergang zum System der Doppelschrauben im Schnelldampferbetriebe war daher von vornherein die erste Bedingung für einen Erfolg. Die Einführung des Zweimaschinen-Systems gestartete ferner die Entfaltung einer weit grösseren Maschinenkraft als früher. Die Konstruktionsbedingungen der Doppelschraubendampfer ermöglichten die Ausnutzung der größeren Breite. Daß der Lloyd von vornherein zum Bau von Schnelldampfern größter Abmessungen schritt, ist ein besonderes Verdienst, welches durch die Heranziehung des Passagierverkehrs sofort seine Anerkennung und seine Belohnung fand. Bei der Abmessung der Geschwindigkeit der neuen Schnelldampfer war eine Erwägung von wesentlicher Bedeutung, welche gleich hier zum
Ausdruck gebracht werden soll. Bis zu 20 Seemeilen Geschwindigkeit waren die damaligen Schnelldampfer, d.h. im Anfang der 1890er Jahre, bereits vorgeschritten. Mit einer Durchschnittsfahrt von 19?20 Meilen konnten die von Bremen abgehenden Schiffe New York so erreichen, daß die am Dienstag abgefahrenen Dampfer, welche Mittwochs Southampton verließen, am darauffolgenden Mittwoch früh in New York eintrafen, wenn sie ihre Durchschnittsgeschwindigkeit gegenüber Wind und Wetter aufrecht zu erhalten vermochten. Bei einer Steigerung der Geschwindigkeit um etwa drei Seemeilen in der Stunde konnte es gelingen, daß die Schnelldampfer beinahe einen ganzen Tag gewannen, also in genau einer Woche nach ihrer Abfahrt in New York eintrafen. Mit dieser Steigerung auf durchschnittlich 22?23 Seemeilen in der Stunde ist aber gleichzeitig, wie es scheint, in der Gegenwart die Leistungsfähigkeit der Schiffsmaschine, d.h. der Compound-Maschine erschöpft. Eine weitere Steigerung um 1?2 Seemeilen in der Stunde würde keinen faktischen Gewinn bedeuten, die Schiffe würden dann in der Nacht vom Montag zum Dienstag in New York eintreffen, jedenfalls aber erst Montag nach Sonnenuntergang. Mit Sonnenuntergang schließt aber in den Vereinigten Staaten die Quarantäneabfertigung. Eine solche Ankunftszeit der Dampfer, wie sie mit einer Steigerung der gegenwärtigen Geschwindigkeit um 1 - 1 1/2 Meilen erreicht werden könnte, würde also für die Passagiere keinen Gewinn bedeuten, da sie zwar um etwa zehn Stunden früher in New York ankommen würden, aber das Schiff nicht verlassen könnten. Ob durch neue Maschinensysteme, insbesondere durch die Turbinen, eine so große Steigerung der Geschwindigkeit, zumal auf langen Reisen, erreicht werden wird, daß der Gewinn eines vollen halben Tages oder mehr herauskommt, muss abgewartet werden, vorläufig sprechen die Anzeichen nicht dafür, und aus
diesem Grunde hat, wie vorweg genommen sein mag, der Lloyd sich bisher nicht zur Einführung der Turbinen auf seinen Dampfern entschlossen. Was aber die Geschwindigkeitssteigerung zu bedeuten hat, welche mit der Einstellung des ersten modernen Doppelschrauben-Schnelldampfers, "Kaiser Wilhelms des Großen", im Jahre 1896, mit dem Eintreffen
desselben in New York genau eine Woche nach seiner Abfahrt von Bremen, trotz des Anlaufens von Southampton und Cherbourg, verbunden war, das ergab sich sofort aus dem Zustrom an Passagieren, welche der sogenannte "Große Kaiser" erhielt, der bis heute ihm und seinen Nachfolgern im Schnelldampferdienst, dem "Kronprinz Wilhelm" und "Kaiser
Wilhelm II." zuteil geworden ist, und der sich voraussichtlich auch auf den noch im Bau befindlichen Dampfer "Kronprinzessin Cecilie" übertragen wird. Innerhalb dieser modernen Schnelldampferflotte sind abermals wichtige Steigerungen zu verzeichnen. Der "Kaiser Wilhelm der Große", im Mai 1897 vom Stapel gelaufen und im September desselben Jahres in Fahrt gesetzt, übertraf bereits die nächstgroßen Dampfer des Lloyd um 100 Fuß in der Länge und entsprechend an Breite und Tiefe. Sein Inhalt belief sich auf nahezu 14.500 Registertonnen. Die Wasserverdrängung stellte sich auf mehr als 20.000 Tonnen. Die nach den günstigen Erfahrungen mit den Barbarossa-Dampfern übernommenen Schlingerkiele machen den Gang des Schiffes zu einem außerordentlich ruhigen. Das Schiff ist in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Kaiserlich Deutschen Marine erbaut, um im Kriegsfalle, mit einer großen Anzahl von Geschützen ausgestattet, als Kreuzer Verwendung zu finden. Für die Geschützstellung sind die Fundamente in den Dampfer gleich eingebaut, ohne dass diese irgendwie in Erscheinung treten. Ein gewaltiges Deckhaus überragt in einer Länge von 400 Fuß den Mittelteil des Dampfers. Die gesamten Passagiereinrichtungen für die I. Klasse sind fast ausschließlich auf dem Ober- und dem Promenadendeck untergebracht Diese Einrichtung trägt insofern zur Sicherheit des Schiffes bei, als die sämtlich unter Deck gelegenen Schottentüren bei Nacht und dickem Wetter geschlossen gehalten werden können, ohne daß der Passagierverkehr darunter leidet. Für die I. Klasse stehen 224 Kabinen zur Verfügung, welche für 614 Passagiere eingerichtet sind. Die II. Klasse enthält 106 Kabinen mit etwa 331 Betten, die III. Klasse ist für 575 Passagiere eingerichtet. Eine neue Einrichtung, welche später genauer erwähnt werden wird, sind unter anderm die Staatskabinen, sowie die bei der ausserordentlichen Ausdehnung des Schiffes und seiner riesigen Passagierzahl notwendig gewordene Auskunftstelle, die nach Art der grossen Hoteleinrichtungen ähnlicher Art geschaffen wurde. Als besondere Annehmlichkeit ist das nahezu 400 Fuß lange, durch ein festes bis an die Schiffsseiten reichendes Sonnendeck geschützte und an den Seiten offene Promenadendeck zu betrachten. Die Besatzung des Schiffes besteht aus nicht weniger als 500 Köpfen. Die Maschinenanlage, die Seele des Schiffes, ist, wie das Schiff selber, vom Vulkan in Stettin erbaut; sie besteht aus zwei dreifachen Expansionsmaschinen, welche zusammen 28.000 Pferdestärken indizieren, jede mit vier Kurbeln und vier hintereinander liegenden Dampfzylindern, welche zur Erzielung eines ruhigen Ganges mit Massenausbalancierung nach dem bekannten Schlick'schen System konstruiert sind. Die Durchmesser der Zylinder sind folgende: Hochdruckzylinder 52 Zoll, Mitteldruckzylinder 89 3/4 Zoll, die beiden Niederdruckzylinder 96 1/2 Zoll. Beide Maschinen sind zur Vermehrung der Sicherheit durch ein wasserdichtes Längsschott voneinander getrennt. Dass die gesamte Anlage unter Benutzung der neuesten Erfahrungen auf dem Gebiete der Schiffsmaschinentechnik in bester und solidester Weise konstruiert und ausgeführt ist, bedarf kaum der Erwähnung. Die beiden dreiflügeligen Schrauben haben einen Durchmesser von 22 Fuss 3 3/4 Zoll und eine Steigung von 32 Fuß 10 Zoll; sie sind aus Bronze hergestellt und wiegen jede ca. 26 Tonnen. Die Kurbel, sowie die Schraubenwellen, welche einen Durchmesser von 24 Zoll besitzen, sind von der Firma Krupp in Essen aus bestem Nickelstahl hergestellt, einem Material, das sich bekanntlich durch ganz ungewöhnliche Festigkeit auszeichnet Das Gewicht der Kurbel jeder Maschine beträgt 40 Tonnen. Die Länge der Wellenleitung beträgt 198 Fuß. Die beiden Kondensatoren haben eine Kühlfläche von 35.522 Quadratfuß; die Zahl der Rohre in denselben beträgt 11.060, welche voreinandergelegt eine Länge von 65 Kilometern abgeben wurden. Für die verschiedensten Zwecke sind in den Maschinen- und Kesselräumen eine Anzahl Dampfpumpen und andere Hilfsmaschinen, im ganzen 47 Stück, aufgestellt, darunter vier große Dynamomaschinen, zwei Luftpumpenmaschinen, vier große Zentrifugalpumpen, eine Kaltluftmaschine und andere mehr. Die Gesamtzahl der überhaupt auf diesem Dampfer befindlichen Maschinen beträgt nicht weniger als 68 mit zusammen 124 Dampfzylindern. Falls es erforderlich werden sollte, in das Schiff eingedrungenes Wasser zu bewältigen, so sind für diesen Zweck vier Zentrifugalpumpen, zwei Maschinenlenzpumpen und sechs Duplexpumpen eingerichtet, welche zusammen pro Stunde 3.600 Tonnen Wasser über Bord befördern können. Die Kesselräume werden auf natürlichem und auch auf künstlichem Wege durch 16 kräftige Ventilationsmaschinen in ausreichender Weise ventiliert. Die Kessel sind in vier Gruppen angeordnet, und dementsprechend sind vier mächtige Schornsteine vorhanden, welche bei einem Durchmesser von 12 Fuß 2 Zoll eine Höhe von 106 Fuß über Kiel besitzen und deren Zahl und Größe sofort die Bestimmung des Schiffes als Schnelldampfer erkennen läßt. Die Geschwindigkeit des Schiffes beträgt etwa 22 Seemeilen in der Stunde. Gegen den "Kaiser Wilhelm den Großen" bedeutet der im Jahre 1901, wie alle neueren Schnelldampfer des Lloyd, ebenfalls vom Vulkan in Stettin erbaute "Kronprinz Wilhelm" bereits wiederum einen Fortschritt. Die Länge des "Kronprinzen Wilhelm" beträgt 202,17 m, die Breite 20,10 m, die Tiefe 13,10 m, der Rauminhalt endlich ist auf 15.000 Tonnen brutto zu veranschlagen. Entsprechend dieser Vergrößerung faßt der "Kronprinz Wilhelm" etwa 630 Rassagiere I. Klasse, 362 Passagiere II. Klasse und etwa 700 im Zwischendeck, so daß die Gesamt-Passagierzahl auf etwa 1700 Personen zu veranschlagen ist; die Besatzung besteht aus 520 Personen. Die Maschinenanlage des "Kronprinz Wilhelm"
indiziert 5000 Pferdekräfte mehr als bei "Kaiser Wilhelm dem Großen", also 33.000 Pferdekräfte. Der "Kaiser Wilhelm II." endlich bedeutet die Grenze des gegenwärtigen Typs der Lloydschnelldampfer nach oben hin und wird in der
am 1. Dezember 1906 vom Stapel gelaufenen "Kronprinzessin Cecilie" ein Schwesterschiff erhalten. Der "Kaiser Wilhelm II." besitzt folgende Dimensionen: Die Gesamtlänge beträgt 215,34 m, die größte Breite 21,94 m, die Höhe, von der Oberkante des Kieles bis zur Seite des Promenadendeckes 16 m, die Wasserverdrängung 26.000 Tonnen. Diese Wasserverdrängung würde genügen, um einen Kanal von 10 m Breite, 2 m Tiefe und 1,3 Kilometer Länge vollständig zu füllen. In diesem enormen Gewicht sind für das Schiff mit der betriebsfertigen Maschinenanlage 20.000 Tonnen und für Kohlen 4.600 Tonnen enthalten; während die Bunker groß genug sind, um 5.700 Tonnen Kohlen aufzunehmen, das sind ca. viermal so viel, als die grössten Linienschiffe der Welt zu fassen vermögen, und gleich einem Quantum, zu dessen Fortschaffung ein Seedampfer von recht ansehnlichen Dimensionen notwendig wäre. Der "Kaiser Wilhelm II." hat Räumlichkeiten zur Aufnahme von 772 Fahrgästen I. Klasse, 343 Passagieren II. Klasse und 770 Passagieren III. Klasse. Die Besatzung des Schiffes besteht aus etwa 600 Personen. Der "Kaiser Wilhelm II." ist in Auftrag gegeben im Jahre 1901, also genau 20 Jahre nach der Einstellung des ersten Lloydschnelldampfers, der "Elbe". Der in diesen 20 Jahren zurückgelegte Weg in der Schiffsbautechnik, wie in der Entfaltung des Lloyd darf wohl mit Recht als erstaunlich bezeichnet werden. Der "Kaiser Wilhelm II." ist um mehr als 87 m länger und mehr als 7 m breiter und um 6 m tiefer als die "Elbe", sein Tonnengehalt übertrifft die "Elbe" um mehr als 15.000 Tonnen, er ist also auf das Vierfache des damaligen Schnelldampfertyps gewachsen. Seine Geschwindigkeit in See ist um die Hälfte größer
als die der ?Elbe." Mit 23 1/2 Meilen Fahrt, gegen etwa 16 Meilen der "Elbe", hat der "Kaiser Wilhelm II." die vierfach größere Masse über den Ozean zu bewegen. Die Gesamtpassagiereinrichtung der "Elbe" war auf 1117 Fahrgäste bemessen, von denen nur etwa 100 in der I. Klasse untergebracht waren; der "Kaiser Wilhelm II." befördert 2500 Personen, darunter in der I. Klasse allein beinahe achtmal so viel als die "Elbe". Umfang und Anzahl der Kajütseinrichtungen auf dem "Kaiser Wilhelm II." sind mit denen der ?Elbe" kaum mehr zu vergleichen. Intelligenz und
Unternehmungsgeist mußten in logischer Weiterentwicklung zusammenarbeiten, um in 20 Jahren den geschilderten Weg zurückzulegen. Eine sehr wichtige Neuerung, welche auf "Kaiser Wilhelm II." und der "Kronprinzessin Cecilie" durchgeführt ist, besteht darin, daß die Dampfer, ähnlich wie die Barbarossa-Dampfer, nur in einer viel größeren
Ausdehnung, zwei Promenadendecks übereinander besitzen, über denen das feste Sonnendeck eine dritte Promenade erlaubt. Auf dem Sonnendeck sind als modernste Neuerung zwei grosse Wiener Kaffees etabliert, von denen das im Vorschiff gelegene für Nichtraucher, das im Hinterschiff gelegene für Raucher bestimmt ist. Ebenso ist ein grill room angeordnet, in welchem Speisen am Grill auf Verlangen jederzeit hergestellt werden.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 289]


ZEIT1907
THEMAUnterwasserschall
TEXTDer größte Feind des Seemanns ist der Nebel. Alle Sicherheitsmaßregeln, welche bisher bestanden, sind darauf gerichtet, im Fall einer Gefahr das Schiff und die ihm anvertrauten Menschenleben und Güter zu erhalten und möglichst wenig Schaden eintreten zu lassen. Der neuesten Zeit ist es vorbehalten geblieben, auch jenem Erbfeind
der Schiffahrt gegenüber auf bessere Abhilfe zu sinnen und eine solche darin zu schaffen, dass auch bei dickstem Nebel eine Verständigung mit der Außenwelt, ein Warnungssignal gegeben und aufgenommen werden kann. Nach dieser Richtung hin scheint in Zukunft die Einführung der Unterwasserschallsignale eine sehr wesentliche Rolle spielen zu
sollen. Zum erstenmal traten in Deutschland Mitteilungen über Unterwasserschallsignale auf dem 32. Verbandstage des Nautischen Vereins im Jahre 1901 hervor. Die nachstehenden Ausführungen sind einem Vortrage des Herrn Oberingenieurs Gümbel entnommen, welchen dieser auf dem 37. Vereinstage des Deutschen Nautischen Vereins in Berlin am 16. Februar 1906 gehalten hat. Die Untersuchungen über die Fortpflanzung von Schallwellen im Wasser, sowie die Versuche, diese Schallschwingungen zur Signalisierung von Schiff zu Schiff oder vom Land zum Schiff zu benutzen, gehen allerdings noch viel weiter zurück, und insbesondere haben sich zahlreiche englische Erfinder mit dem Gegenstand beschäftigt. Von besonderem Interesse ist es wohl, dass bereits am 28. Mai 1895 auf Veranlassung der Nautischen Abteilung des Reichs-Marine-Amtes von Herrn Baurat Peck in Gemeinschaft mit Kapitän Neale Melville Thompson Versuche in dieser Richtung auf dem Wannsee angestellt worden sind. Die genannten deutschen und englischen Versuche, sowie auch die
in dieser Richtung sich bewegenden in Verbindung mit dem Berliner Professor Dr. König vorgenommenen Untersuchungen des Amerikaners Professors Blake, bestätigen nur die alte und bekannte Tatsache, daß im Wasser erzeugte Schallwellen sich auf relativ große Entfernungen fortpflanzen und, wenn dieselben durch irgend eine Vorkehrung auf die Luft übertragen werden, als Ton dem menschlichen Ohr zum Bewußtsein kommen, das heisst: wenn unter Wasser z.B. ein Metallgegenstand angeschlagen wird, so wird dieser Gegenstand entsprechend seiner Materialverteilung und seiner Spannung in natürliche Schwingungen versetzt, welche sich dem umgebenden Wasser mitteilen und sich geradlinig in
demselben fortpflanzen. Treffen diese Schwingungen die Wand eines Schiffes, so nimmt diese gewissermaßen wie eine grosse Membran die gleiche Schwingungszahl auf und übertragt die Schwingungen auf die im Innern des Schiffes befindliche Luft. Ist die Schwingungszahl des angeschlagenen Gegenstandes hoch genug, um für das menschliche Ohr
als Ton vernehmbar zu sein, und ist die Intensität der Schwingungen genügend, so wird im Innern des Schiffsraumes der Ton des im Wasser angeschlagenen Gegenstandes vernehmbar sein. Ganz so nimmt ein in das Wasser eingetauchtes Stück Holz, z. B. der Riemen eines Bootes oder ein in das Wasser teilweise eingetauchtes eisernes Rohr die Schwingungen des Wassers auf und überträgt dieselben an die Luft und durch diese aufs Ohr. Bis zu diesem Punkte hatten alle bezüglichen Versuche vollständige Übereinstimmung ergeben, aber damit war für die praktische Schiffahrt
nur wenig gewonnen. Einmal wird bei der Uebertragung der Schallschwingungen von der Schiffswand oder dem sonst benutzten Mittel an die Luft die Intensität des Tones ganz ausserordentlich geschwächt, zum andern treten, zumal bei Dampfschiffen, im Schiffskörper selbst so viele Nebengeräusche auf, welche in der Schiffswand sich fortpflanzen, daß die Beobachtung des Signals auf diesem direkten und primitivsten Wege für die Schiffahrt als ziemlich bedeutungslos gelten muß. Hier setzen nun die Untersuchungen von Mundy und Millet ein, welche in Gemeinschaft mit dem durch die Ausbildung des Telephons bekannten Professor Elisha Orey die direkte Übertragung des Tones vom Wasser auf die Platte eines Mikrophons und die Weiterleitung der Schwingungen nach der Membrane eines an beliebiger Stelle des Schiffes
aufgestellten Telephons in das Problem einführten. Beide gingen hierbei zunächst den Weg, den wohl ein jeder als den natürlichsten wählen würde: sie senkten das Mikrophon außerhalb des Schiffes ins Wasser. Aber alle außerhalb des Schiffskörpers angebrachten, nicht mit dem Schiffskörper in starrer Verbindung stehenden Tonaufnehmer sind für das Problem der Unterwasserschallsignalgebung unbrauchbar und werden es bleiben. Der Schlüssel zur Konstruktion des einzig brauchbaren Empfängers ist in dem Prinzip des mit dem Schiff fest verbundenen Aufnehmertanks zu suchen. Dieser Aufnehmertank wird im Innern des Schiffes, durch eine dicke, nicht schalleitende Zwischenlage abgedichtet,
gegen die Außenhaut gepresst, mit Wasser aufgefüllt und trägt in seinem Innern ein wasserdicht gekapseltes Mikrophon. Die von außen gegen die Schiffswand treffenden Schallwellen werden von der Wand des Schiffes nur unwesentlich geschwächt auf das vom Tank eingeschlossene Wasser und von diesem auf die Mikrophonplatte weitergegeben. Man erreicht also hier das gleiche Resultat, als wenn das Mikrophon außerhalb des Schiffes direkt im Wasser angebracht wird, vermeidet aber die dort vermerkten Nachteile und erzielt eine ganze Reihe von Vorteilen:
1. Während man sonst das Mikrophon bei jedesmaligem Gebrauch in das Wasser zu versenken hatte, ist dieses jetzt ortsfest mit dem Schiff verbunden, und die notwendigen Drahtleitungen vom Mikrophon zum Telephon können im Schiffskörper verlegt werden.
2. Das Mikrophon befindet sich in ruhendem Wasser, die Nebengeräusche, welche bei der Bewegung des im Wasser versenkten Mikrophons unvermeidlich sind, fallen weg.
3. Die von aussen auftretenden Schallschwingungen können durch eine geeignete Formgebung des Tanks gesammelt und intensiv verstärkt auf das Mikrophon geleitet werden.
4. Die in der Schiffswand sich fortpflanzenden, aus dem Schiffsinnern herrührenden Geräusche können durch eine geeignete Ausführung und durch nicht schalleitende Verbindung zwischen Tank und Schiffswand ausgeschaltet werden.
5. Bei der Verwendung des im Innern des Schiffes an geeigneter Stelle montierten Tanks ist man in die Lage versetzt, die Richtung, aus welcher der Schall kommt, mit grosser Genauigkeit zu bestimmen. Erst durch die Einführung des Tankprinzips hat darum die Unterwasserschallsignalisierung überhaupt für die Praxis Bedeutung erhalten. Die Art der
Installation, wie sie augenblicklich auf einer grossen Reihe von Schiffen ausgeführt ist, ist folgende: Im Vorschiff, etwa 9 - 10 m vom Vordersteven, sind auf beiden Seiten des Schiffes an der Schiffswand, in einer solchen Tiefe unter Wasser, daß auch bei bewegter See festes Wasser vorausgesetzt werden kann und andererseits die Tanks noch möglichst horizontal stehen, die beiden Aufnehmertanks angebracht Diese Tanks sind mit Wasser von ungefähr gleichem spezifischem Oewicht wie Seewasser gefüllt und tragen im Innern zwei wasserdicht gekapselte Mikrophone, von welchen das eine Mikrophon als Kontrollinstrument des andern aufzufassen ist. Von den Mikrophonen führen Drahtleitungen, welche den Anforderungen der Schiffsinstallation entsprechend mit Bleimantel und Stahldrahtarmierung
versehen sind, nach der Brücke zum Empfangsapparat. Dieser Empfangsapparat besteht aus zwei hintereinander geschalteten Telephonen, und ist an demselben ein Schalter vorgesehen, welcher gestattet: Einmal den Backbord -Aufnehmertank, zum andernmal den Steuerbord-Aufnehmertank mit dem Hörer zu verbinden, so dass man in der Lage ist, durch Umlegen dieser Schalter unmittelbar die Tonstärke von Backbord- bezw. Steuerbordseite zu vergleichen, und also die Richtung des Tones, ob von Backbord- oder Steuerbordseite kommend, zu bestimmen. Ein zweiter Schalter dient dazu, die beiden oben erwähnten Mikrophone der einzelnen Aufnehmer gegeneinander auszuwechseln. Ergänzt ist der Empfangapparat durch ein optisches Signal, eine mit Inschrift versehene, nachts beleuchtete Scheibe, welche jeweils beim Einschalten des Backbord- oder Steuerbordempfängers sichtbar wird und unter allen Umständen eine Irrung, welcher Aufnahmetank eingeschaltet ist, vermeidet. Zur Signalgebung werden zurzeit Glocken verwendet, welche von
den Feuerschiffen, Leuchtfeuern oder Bojen in einer entsprechenden Wassertiefe ausgelegt und durch Hand-, Dampf- oder Luftdruck oder elektrischen Betrieb betätigt werden. Mit der heutigen Anordnung werden die Töne auf einem in Fahrt befindlichen Schnelldampfer auf 7 1/2 Meilen anstandslos vernommen. Die fortschreitende Entwicklung wird eine Erhöhung der Entfernung und Lautstärke bringen. Das Tanksystem eignet sich ebensogut zur Abgabe von Signalen.
Wenn man in einem mit der Schiffswand fest verbundenen, mit Wasser gefüllten Tank ein akustisches Signal abgibt, wird dasselbe durch dieses Wasser und durch die Schiffswand dem Aussenwasser mitgeteilt, und dieses Signal kann dann von einem jeden mit dem Aufnehmer ausgerüsteten Schiffe aufgenommen werden. Bisher sind die Lloyddampfer "Kaiser Wilhelm II.", "Kaiser Wilhelm der Große", "Kronprinz Wilhelm" und "Seeadler" mit Unterwasserschallsignalen ausgerüstet. An Landstationen und Feuerschiffen besitzen die nachstehend Genannten Apparate zur Abgabe von Unterwassersignalen: Boston-Feuerschiff, Brenton Reef-Feuerschiff, Cape Elizabeth-Feuerschiff, Chebucto Landstation, Cornfield Point-Feuerschiff, Egg Island Glockenboje, Fire Island-Feuerschiff, Lurcher Shoals-Feuerschiff, Nantucket Shoals-Feuerschiff, Overfalls-Feuerschiff, Point Allerton Station, Pollock Rip Shoals-Feuerschiff, Sambro Olockenboje, Sandy Hook-Feuerschiff, Vineyard Sound-Feuerschiff, Anticosti-Feuerschiff, Automatische Glockenboje bei Halifax, Prince Shoals-Feuerschiff, Red Island-Feuerschiff, White Island-Feuerschiff, Gabelsflach-Feuerschiff, Weser-Feuerschiff, Elbe-Feuerschiff, North Goodwin-Feuerschiff, North West-Feuerschiff.
Für Deutschland ist der Norddeutschen Maschinen- und Armaturenfabrik, also einem Betriebszweige des Norddeutschen Lloyd, die Herstellung der Unterwassersignale übergeben. Von welcher Bedeutung diese werden können, dafür soll ein Bericht des Kapitän Högemann vom Dampfer "Kaiser Wilhelm II." angeführt werden, der im März 1906 erstattet ist. Der Bericht lautet: "Bei dem heutigen Einlaufen des Dampfers "Kaiser Wilhelm II." in die Weser wurden die Unterwasserglockensignale des Außenweser-Feuerschiffes mit dem Steuerbord-Empfänger etwa einen Strich an Steuerbord in einer Entfernung von ca. 10 Seemeilen vernommen. Es herrschte dichter Nebel mit leichtem SW.-Wind und ruhiger See. Der Kurs wurde nun einen Strich nach Steuerbord geändert, worauf die Glocken nach dieser Kursänderung nur noch mit dem Backbord-Empfänger gehört wurden, so daß sich also das Feuerschiff innerhalb dieser Kursänderung um einen Strich rechts voraus befinden mußte, was sich auch später als richtig herausstellte. Bei einer Fahrt durch das Wasser von etwa 13 - 14 Knoten pro Stunde wurde 13 Minuten später dann auch das Nebelsignal des Feuerschiffes gehört und zwar in derselben Richtung, in der wir bereits die Glockensignale vernommen hatten. Wir sichteten das Feuerschiff dann um 3 Uhr 19 p.m. und passierten dasselbe um 3 Uhr 25 p.m. nahebei an Backbord-Seite. Kurz nach dem ersten Feststellen des Unterwasserglockensignals passierten wir drei Dampfer, welche nicht mit Unterwasserglockenapparaten versehen waren und die sich offensichtlich noch auf der Suche nach dem Weserfeuerschiff befanden. - Die sichere Feststellung der Position auf eine Entfernung von etwa 10 Seemeilen bei dem herrschenden Nebel, läßt wiederum die außerordentliche Wichtigkeit der Erfindung für die Sicherheit der Schiffahrt in eklatanter Weise erkennen." - Ihren letzten Ausdruck findet die Möglichkeit der Sicherung der Schiffahrt in der Ausbildung der drahtlosen Telegraphie mit ihren sonstigen Folgezuständen, der Möglichkeit einer Verständigung und der Tragweite dieser Möglichkeit, die nicht näher ausgeführt zu werden braucht; wohl aber muß auf die Einrichtungen eingegangen werden, welche mit Rücksicht auf die Ausbildung der drahtlosen Telegraphie auf Schiffen und Landstationen von seifen des Norddeutschen Lloyd und im wesentlichen nach seiner Anregung getroffen worden sind.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 349]


ZEIT1907
THEMAdrahtlose Telegraphie
TEXTIhren letzten Ausdruck findet die Möglichkeit der Sicherung der Schiffahrt in der Ausbildung der drahtlosen Telegraphie mit ihren sonstigen Folgezuständen, der Möglichkeit einer Verständigung und der Tragweite dieser Möglichkeit, die nicht näher ausgeführt zu werden braucht; wohl aber muss auf die Einrichtungen eingegangen werden,
welche mit Rücksicht auf die Ausbildung der drahtlosen Telegraphie auf Schiffen und Landstationen von seiten des Norddeutschen Lloyd und im wesentlichen nach seiner Anregung getroffen worden sind. Mit Stationen für drahtlose Telegraphie sind gegenwärtig die drei Schnelldampfer des Lloyd "Kaiser Wilhelm II.", "Kaiser Wilhelm der
Große" und "Kronprinz Wilhelm" ausgerichtet, ferner die Barbarossa-Dampfer "Großer Kurfürst" und "Bremen". Ein wesentliches Verdienst des Norddeutschen Lloyd ist es, die ersten Stationen für drahtlose Telegraphie an der deutschen Käste seinerseits eingerichtet zu haben. Diese beiden Stationen sind auf Borkum Riff und auf dem Leuchtturm der Insel Borkum. Beide, ursprünglich mit Marconi- Apparaten ausgerüstet, sind jetzt mit dem deutschen System Telefunken versehen und in der Erkenntnis ihrer außerordentlichen Bedeutung für die gesamte Schiffahrt von der Reichspostverwaltung übernommen worden. Die weitere Ausbildung der drahtlosen Telegraphie, die Einführung eines einheitlichen Systems auf den Schiffen des Norddeutschen Lloyd ist eine der wichtigsten Aufgaben, die derselbe sich
mit Rücksicht auf die Sicherheit des Schiffsbetriebes nach aussen hin gestellt hat. Von welcher Bedeutung die drahtlose Telegraphie im Schiffsdienst sich bei der Navigation erweisen kann, darüber konnten von den beiden Schnelldampfern "Kaiser Wilhelm II." und "Kaiser Wilhelm der Große" auf der internationalen Konferenz für drahtlose Telegraphie in Bremen einige Mitteilungen gemacht werden. Sie erweisen, dass die Gefahren der See unter Umständen durch die drahtlose Telegraphie wesentlich herabgemildert werden. Der Dampfer "Kaiser Wilhelm II." erhielt auf
einer seiner Reisen nach New York mitten im Ozean durch einen ihm begegnenden Dampfer auf weite Entfernung durch drahtlose Telegraphie die Nachricht, dass bei einer genau angegebenen Stelle im Dampferkurse nach New York sich 30 bis 40 große Eisberge befänden. Diese wurden vom "Kaiser Wilhelm II." an der bezeichneten Stelle richtig angetroffen. Der den Dampfer "Kaiser Wilhelm der Große" betreffende Fall ereignete sich bei der Ansteuerung von Nantucket-Feuerschiff in der Nähe von New York an einer für die Schiffahrt sehr gefährlichen Stelle. Das weiße Blinkfeuer von Nantucket-Feuerschiff war in Unordnung geraten und durch zwei rote feste Lichter ersetzt worden. Da der Kapitän von dieser Veränderung keine Nachricht hatte erhalten können, fragte er durch drahtlose Telegraphie an und erfuhr erst auf diesem Wege, daß eine Änderung in der Befeuerung von Nantucket durch das Versagen des Blinkfeuerapparates eingetreten war. Daß die Bedeutung der drahtlosen Telegraphie für die Schiffahrt überall anerkannt ist, beweist die eben erwähnte internationale Konferenz vom Oktober des Jahres 1906, deren Beratungen Anfang November ihren Abschluß fanden. Die auf der Konferenz für Funkentelegraphie vereinbarte Konvention Radio Telegraphie International wurde am 3. November im Sitzungssaale des Landtages in Berlin unterzeichnet und zwar von folgenden Staaten: Deutschland, den Vereinigten Staaten von Nordamerika, Argentinien, Österreich-Ungarn, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Dänemark, Spanien, Frankreich, Grossbritannien, Griechenland, Italien, Japan, Mexiko, Monaco, Norwegen, den Niederlanden, Persien, Portugal, Rumänien, Rußland, Schweden, der Türkei und Uruguay. Das Abkommen sanktioniert im wesentlichen die von dem einladenden Staate Deutschland der Konferenz unterbreiteten Vorschläge. Der Schwerpunkt liegt in der Bestimmung, nach der der Austausch funkentelegraphischer Nachrichten zwischen der Küstenstation und einem Schiffe ohne Rücksicht auf das jeweilig angewendete funkentelegraphische System obligatorisch gemacht wird. Nach dem Schlussprotokoll zu dem Abkommen sollen die Vertragsstaaten das Recht haben, eine Küstenstation von der Interkommunikationspflicht auszunehmen, jedoch nur unter der Bedingung, daß an Stelle der auszunehmenden Station eine andere, den Bedürfnissen des allgemeinen Verkehrs genügende Station für uneingeschränkten Nachrichtenaustausch bereitgestellt wird. Verzichtet haben auf dieses Ausnahmerecht Deutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika, Argentinien, Österreich-Ungarn, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Griechen-
land, Mexiko, Monaco, die Niederlande, Norwegen, Rumänien, Russland, Schweden und Uruguay. England hat sich im Hinblick auf sein Vertragsverhältnis zur Marconi-Gesellschaft die Ratifikation des Abkommens vorbehalten. Auf Antrag der Vereinigten Staaten von Amerika wurde noch eine, die Interkommunikationspflicht auch für den Nachrichtenaustausch zwischen Schiff und Schiff regelnde Zusatzvereinbarung getroffen, welche von folgenden Staaten unterzeichnet wurde: Deutschland, den Vereinigten Staaten von Amerika, Argentinien, Österreich-Ungarn, Belgien,
Brasilien, Bulgarien, Chile, Dänemark, Spanien, Frankreich, Griechenland, Monaco, Norwegen, den Niederlanden, Rumänien, Rußland, Schweden, der Türkei und Uruguay. Die Vereinbarung und die Zusatzvereinbarung sollen am 1. Juni 1908 in Kraft treten. Die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden soll sobald als möglich in Berlin erfolgen.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 354]


ZEIT1907
THEMAEntwicklung der Schiffsmaschinen
TEXTAls der Norddeutsche Lloyd im Jahre 1858 seine transatlantischen Fahrten begann, waren die Schaufelräder durch die Schraube für Ozeandampfer bereits verdrängt. Die ersten Dampfer "Bremen" und "New York" waren deshalb schon Schraubendampfer; sie besaßen eine Niederdruck-Zwillingsdampfmaschine mit Einspritzkondensation, welche ca. 1300
indizierte Pferdekräfte leistete; an Kesseln waren vier Kofferkessel vorhanden mit 16 Feuerungen und einem Dampfdruck von nur 1,25 Atmosphären. Eine wesentliche Verbesserung der Schiffsmaschine bestand in der Einführung der Oberflächenkondensation und einer, wenn auch zunächst nur mäßigen Erhöhung der Dampfspannung. Durch dieses System der Kondensation wurde es erst möglich, Kessel mit höherem Drucke einzuführen, da mit zunehmender Dampfspannung bezw. Erhöhung der Kesselwassertemperatur auch die Niederschläge von Salz und Kesselstein im Kesselinnern stärker wurden. Die Dampfer "Hansa" und "Amerika" waren die ersten Schiffe des Norddeutschen Lloyd, welche diese Einrichtung besaßen. Der Kohlenverbrauch verringerte sich von etwa 2,2 kg auf ca. 1,6 kg pro Stunde und Pferdekraft. Das Bestreben, bei der stets zunehmenden Konkurrenz den Kohlenverbrauch möglichst zu reduzieren, führte zur Konstruktion und Einführung der Kompoundmaschinen, deren wirtschaftliche Ueberlegenheit bald allgemein anerkannt wurde. Der Vorteil dieser Systeme liegt in der Möglichkeit der Verwendung höher gespannten Dampfes und des Fortfalles bedeutender Kondensationsverluste innerhalb der Zylinder. Infolgedessen ließ der Norddeutsche Lloyd schon im Jahre 1871 die Niederdruck-Zwillingmaschine des Dampfers "Amerika" in eine Kompoundmaschine umwandeln; in den späteren Jahren geschah dieses noch mit den Maschinen der Dampfer "Hermann", "Deutschland", "Rhein", "Main", "Donau", "Graf Bismarck", "Berlin", "Baltimore", "Ohio", "Frankfurt", "Hannover", "Weser" und "Leipzig". Die während dieser Umbauperiode neu bestellten Dampfer erhielten selbstverständlich von vornherein Kompoundmaschinen. Während die älteren Kompoundmaschinen mit einem Arbeitsdruck von 4 Atmosphären betrieben wurden, stieg dieser bei den neueren Maschinen bis 6,5 Atmosphären. Die Geschwindigkeit der Schiffe hat bis Anfang des Jahres 1880 ca. 13,5 Knoten betragen; diese genügte jedoch nicht mehr, besonders auf der Linie Bremen - New York infolge des Wettbewerbes englischer Linien. Der Norddeutsche Lloyd entschloß sich daher, größere und schnellere Schiffe bauen zu lassen, welche natürlich stärkere Maschinen erforderten. Die nötige Anzahl Pferdekräfte war mit einer zweizylindrigen Kompoundmaschine nicht mehr hervorzubringen, da der Niederdruckzylinder solche Abmessungen erhalten hätte, daß die dessen Herstellung mit den größten Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre. Es wurde deshalb zur Einführung der dreizylindrigen Kompoundmaschine mit einem Hochdruck und zwei gleichen Niederdruckzylindern geschritten, wie solche
auf den ersten Schnelldampfern "Elbe", "Werra", "Fulda", "Ems" und "Eider" zur Ausführung gekommen sind. Die Kofferkessel, sowie auch die folgenden ovalen Kessel waren bereits durch die zylindrischen Kessel verdrängt, welche für höheren Dampfdruck notwendig waren; es konnte daher dem Verlangen der Reedereien nach weiterer Verringerung der Betriebskosten zunächst wieder durch eine nennenswerte Erhöhung des Dampfdrucks unter gleichzeitiger Änderung der zweistufigen Expansionsmaschine (Kompoundmaschine) in eine dreistufige (dreifache Expansionsmaschine) entsprochen werden. Betrug bei einer Kompoundmaschine der Kohlenverbrauch durchschnittlich noch 0,9 kg pro Pferdekraft und Stunde, so sank derselbe bei der dreifachen Expansionsmaschine auf 0,76 kg. In den Jahren 1885/86 ließ der Norddeutsche Lloyd bei der "Fairfield Shipbuilding Co." in Glasgow die drei neuen Schnelldampfer "Aller", "Saale"
und "Trave", ferner beim Stettiner Vulkan die für die neuen subventionierten Linien bestimmten Dampfer "Preußen", "Bayern", "Sachsen" und "Stettin", "Lübeck" und "Danzig" erbauen und mit dreizylindrigen dreifachen Expansionsmaschinen versehen, welche sämtlich eine dreifach gekröpfte Kurbelwelle mit unter 120° zueinander stehenden Kurbeln besitzen. Die Kessel der drei Schnelldampfer hatten 10,2 Atmosphären, die der Subventionsdampfer 10 Atmosphären Dampfdruck. Auf den transatlantischen Dampfern des Norddeutschen Lloyd sind bis heute Wasserrohrkessel nicht im Gebrauch. Nachdem der Kofferkessel und auch der ovale Kessel durch den zylindrischen Röhrenkessel verdrängt war, gelangte überall letzterer als Doppel- oder Einfachkessel an Bord zur Verwendung. Nur der Schleppdampfer "Retter", sowie die beiden für die Fahrt zwischen den Nordseebädern und Bremerhaven dienenden Raddampfer "Najade" und "Nixe" besitzen Wasserrohrkessel, ersterer nach System Dürr, letztere nach System Yarrow. Einige ältere Dampfer, wie die "Hohenzollern", "Hohenstaufen", "Habsburg" und "Salier" erhielten ebenfalls an Stelle der Kompoundmaschine im Jahre 1890 dreifache Expansionsmaschinen; diese wurden, um an Maschinenraumlänge zu sparen, zweikurbelig ausgeführt, indem zwei Hochdruckzylinder oberhalb des Mittel- und des Niederdruckzylinders angeordnet wurden. Eine andere Anordnung der Zylinder wurde bei den Schnelldampfern "Lahn", ?Spree" und "Havel" erforderlich; ersterer besass 9000 und jeder der beiden letzteren Dampfer 11.500 indizierte Pferdekräfte. Da wegen seines gleichmäßigen Ganges das Dreikurbel-System beibehalten werden sollte, wurde sowohl der Hochdruck- wie auch der Niederdruckzylinder geteilt und die Maschine mit fünf Zylindern ausgeführt in der Weise, daß auf jeden Niederdruck- ein Hochdruckzylinder zu stehen kam, während der Mitteldruckzylinder in der Mitte untergebracht wurde. Inzwischen war von verschiedenen, besonders englischen Werften bereits mit dem Bau von vierfachen Expansionsmaschinen vorgegangen worden, welche sich infolge ihres sparsamen Arbeitens auch bald Eingang bei den grösseren Reedereien verschafften. Der Norddeutsche Lloyd ließ zunächst als Versuch durch "Denny" in Dumbarton die von "Caird & Co."
in Greenock erbauten Zwillings-Hochdruckmaschinen des Dampfers "Kronprinz Friedrich Wilhelm" schon im Jahre 1887 in eine vierzylindrige vierfache Expansionsmaschine umbauen, deren Zylinder, je zwei übereinander, auf eine zweifach gekröpfte Kurbelwelle arbeiteten. Die allgemeine Einführung der vierfachen Expansionsmaschinen geschah aber erst im Jahre 1896 zunächst auf den Neubauten "Friedrich der Große", "Königin Luise", "Barbarossa" und "Bremen"; diese vier
Dampfer, sowie die schon zwei Jahre vorher in Dienst gestellten Dampfer "Prinzregent Luitpold" und "Prinz Heinrich" waren, wie früher erwähnt, außerdem die ersten mit Doppelschrauben versehenen Schiffe des Norddeutschen Lloyd. Der Schnelldampfer "Kaiser Wilhelm der Große" erhielt aus besonderen Gründen noch zwei dreifache Expansionsmaschinen mit je vier Zylindern, einem Hochdruck-, einem Mitteldruck- und zwei Niederdruckzylindern mit vier Kurbeln; die beiden folgenden "Kronprinz Wilhelm" und "Kaiser Wilhelm II." haben dagegen vierfache Expansionsmaschinen; ie Maschinenanlage des ersteren besteht aus zwei Stück sechszylindrigen Maschinen mit zwei Hochdruck-, einem Mitteldruck I-, einem Mitteldruck II- und zwei Niederdruckzylindern; je ein Hochdrackzylinder steht auf einem
Niederdruckzylinder, so daß jede Kurbelwelle vier Kurbeln hat; die gesamten Pferdekräfte betragen ca. 35.000. Die "Kaiser Wilhelm II." besitzt dagegen vier Stück vierzylindrige Maschinen, von welchen je zwei auf eine Kurbelwelle mit sechs Kurbeln wirken; die Anordnung der Zylinder ist hier derartig getroffen, dass der Hochdruckzylinder auf dem ersten Mitteldruckzylinder steht Alle vier Maschinen leisten zusammen ca. 45.000 Pferdekräfte. Der Maschinenraum auf dem Dampfer "Kaiser Wilhelm der Große" und auf dem Dampfer "Kronprinz Wilhelm" ist durch ein bis zum Hauptdeck reichendes Längsschott in zwei wasserdichte Abteilungen geteilt, während auf "Kaiser Wilhelm II." durch den
Einbau eines Längs- sowie auch eines Querschottes jede der vier Maschinen in einem wasserdichten Räume untergebracht ist. Da Dampfer "Kaiser Wilhelm II." z.Zt. der schnellste und mit den stärksten Maschinen ausgestattete Dampfer ist, so erscheint es angebracht, auf die Maschinen- und Kesselanlage desselben hier etwas näher einzugehen. Wie schon vorhin erwähnt, besteht die Maschinenanlage aus vier Stück unter sich gleichen vierfachen Expansionsmaschinen, deren
Zylinder die Durchmesser 950, 1250, 1000 und 2850 mm besitzen bei einem Kolbenhub von 1800 mm. Die Zahl der Umgänge beträgt pro Minute 80. Die beiden vierflügeligen Schrauben haben einen Durchmesser von 7200 mm und eine Steigung von 10450 mm; die Flügel sind aus Manganbronze und die Naben aus Gusseisen hergestellt; das Gewicht einer kompletten Schraube beträgt ca. 35 000 kg. Die Wellen sind aus Krupp'schem Material angefertigt, und zwar die Kurbelwellen und Druckwellen aus Nickelstahl, die Propellerwellen aus Tiegelstahl und die Laufwellen aus Siemens Martin-Stahl. Jede Wellenleitung hat eine Länge von 69,95 Meter und ein Gewicht von ca. 220.000 kg; der Durchmesser der Kurbel- und Propellerwellen beträgt 635 mm. Zum Betriebe dieser Maschinenanlage dienen zwölf zylindrische Doppelkessel und sieben Einfachkessel von zusammen 10.000 qm Heizfläche und 290 qm Rostfläche mit einem Arbeitsdruck von 15 Atmosphären. Die Kessel sind in 4 Gruppen angeordnet, deren jede ihren besonderen Schornstein besitzt; der äußere Durchmesser der letzteren beträgt 5 m bei einer Höhe von 36 m über Kesselmitte. Die Gesamtzahl der Feuer ist 124; der Kohlenverbrauch stellt sich täglich auf durchschnittlich 760 Tonnen je 1000 kg; das für eine halbe Reise, also für die Fahrt von Bremerhaven nach New York oder umgekehrt an Bord mitgenommene Quantum an Kohlen beträgt ca. 5.600 Tonnen, zu deren Verarbeitung 12 Oberheizer, 99 Heizer und 118 Kohlenzieher erforderlich sind. Anschließend an diese Beschreibung der verschiedenen auf den Lloyddampfern zur Verwendung gekommenen Schiffsmaschinen-Systeme soll in nachstehendem noch eine kurze Darstellung der wichtigsten Hilfsmaschinen an Bord gegeben werden. Zu diesen gehören die Dampfpumpen, Dynamomaschinen, Rudermaschinen, Ankerlichtmaschinen, Verholspills, Dampfwinden, hydraulische
Kräne und die elektrischen Winden und Kräne. Die Dampfpumpen, von denen an Bord je nach Bestimmung und Größe des Schiffes bis zu 25 Stück und mehr vorhanden sind, dienen den verschiedensten Zwecken. Ein Teil ist zum Speisen der Dampfkessel, andere wieder zum Betriebe der Aschejektoren, zum Deckwaschen, zum Versehen der Küchen mit Frischwasser, zum Lenzpumpen der Schiffsräume und zum Entleeren der mit Wasserballast gefüllten Doppelböden bestimmt. Kräftige dreizylindrige Pumpwerke für Feuerlöschzwecke welche bis zu 4,5 Kubikmeter Wasser pro Minute schaffen können, befinden sich auf allen neueren Lloyddampfern. Nachdem sich die elektrische Beleuchtung Eingang auf den Schiffen verschafft hat, findet man heute auf den Passagierschiffen nur noch diese Beleuchtung und häufig fast in verschwenderischer Weise ausgeführt. "Kaiser Wilhem II." hat z.B. zur Beleuchtung seiner sämtlichen Räume ca. 3.200 Lampen erforderlich; an Dynamomaschinen sind fünf Stück vorhanden, deren jede 140 effektive Pferdekräfte besitzt. Diese Maschinen liefern außerdem den Strom für die in allen Kajütszimmem und in vielen anderen Räumen aufgestellten Ventilatoren, für die elektrische Heizung einiger Staatskabinen und für verschiedene andere Zwecke zur Bequemlichkeit der Passagiere. Ein anderer sehr wichtiger Apparat ist die Rudermaschine, von derem sicheren Funktionieren die Sicherheit des Schiffes in hohem Maße abhängt Der Handsteuerapparat war mit zunehmender Größe und
Geschwindigkeit der Schiffe nicht mehr zu gebrauchen ; es trat an dessen Stelle die durch Dampf betriebene Rudermaschine, welche in den verschiedensten Konstruktionen zur Ausführung gelangte. In letzteren Jahren ist auf den Lloyddampfern die nach Browns System gebaute Maschine ausschließlich zur Verwendung gekommen, bei welcher die Dampfmaschine auf der Ruderpinne fest angebracht ist und sich mit dieser hin und her bewegt mittelst Zahnrad und Schneckengetriebe und eines auf Deck befestigten grossen Zahnquadranten. Die Dampfankerwinden oder Ankerlichtmaschinen dienen, wie schon der Name sagt, zum Einholen der Ankerkette und des Ankers; es sind kräftig gebaute Dampfmaschinen, durch welche die mit der Ankerkette belegte Kettentrommel gedreht wird. Zum Verholen der Schiffe im Hafen, welches meistens ohne Benutzung der eigenen Schrauben stattfindet, befinden sich an geeigneter
Stelle auf Deck sogenannter Verholspills, welche ebenfalls durch besondere Dampfmaschinen betrieben werden; früher wurde dieses durch von Hand gedrehte Gangspills bewirkt, solange die Schiffe noch infolge ihrer geringeren Größe leichter zu bewegen waren. Die schnelle Beförderung der Ladung in und aus den Schiffen ist von größter Wichtigkeit; es befinden sich deshalb auf dem Oberdeck der Dampfer eine Anzahl Dampfwinden mit kranartig an den Masten befestigten Ladebäumen, womit das Löschen und Laden bewirkt wird. Mit diesen Winden werden Lasten bis zu 3.000 kg gehoben; sollen schwerere Stücke an oder von Bord genommen werden, so geschieht dies mit besonderen Vorrichtungen, oder von Land aus mittelst größerer Kräne. Ein Übelstand der Dampfwinden, besonders auf Passagierschiffen ist der unangenehme Lärm, welchen die Zahnräder verursachen. Es führte dieses zu Versuchen mit hydraulischen Kränen und auch
elektrischen Winden und Kränen. Die ersten Dampfer, welche hydraulische Hebevorrichtungen erhielten, waren "Preussen", "Bayern" und "Sachsen", auf denen auch anfangs die Steuervorrichtung, das Ankerspill, sowie auch ein Verholspill hydraulisch betrieben wurden. Ausgeführt wurden diese Einrichtungen von der Firma "Brown Bros." in Edinburgh. Die späteren Schiffe "Friedrich der Große", "Königin Luise", "Barbarossa", "König Albert", "Prinzess Irene", "Prinzess Alice" und "Großer Kurfürst" erhielten ebenfalls außer einer Anzahl Dampfwinden einige hydraulische Kräne, welche in der Nähe der Salons oder der Schlafzimmer der Passagiere ihre Aufstellung erhielten. Die Betriebsmaschine für die hydraulischen Kräne, bestehend in einer zweizylindrigen Dampfdruckpumpe und einem mit Dampfdruck belasteten Akkumulator, steht unten im Maschinenraum, von wo das Druckwasser durch Rohrleitungen den einzelnen Kränen zugeführt wird. Die hydraulischen Kräne arbeiten fast geräuschlos, erfordern aber für ihre Instandhaltung viel Zeit und Arbeit Auf Dampfer "Prinz Heinrich" befinden sich sechs elektrische Winden und auf Dampfer "Bremen" vierzehn elektrische Kräne, von der "Union" in Berlin geliefert, mit einer Hebekraft von 1500 und 3000 kg. Da die Instandhaltung auch dieser Apparate, im Vergleich mit den Dampfwinden, sehr teuer zu stehen kommt, ist der Norddeutsche Lloyd auf seinen neueren Dampfern wieder mehr zur Verwendung von Dampfwinden übergegangen, welche jetzt von der "Norddeutschen Maschinen- und Armaturenfabrik" in Bremen mit größter Sorgfalt in allen Teilen, besonders was die Bearbeitung der Zahnräder anbetrifft, hergestellt werden und welche infolgedessen einen bedeutend ruhigeren Gang besitzen. Überblickt man die Entwicklung der Schiffsmaschinen im Betriebe des Lloyd während der Dauer seines Bestehens, so ergeben sich demnach als wichtigste Phasen: der Übergang von der Niederdruck-Maschine zur
Kompoundmaschine, die Ausbildung der Kompoundmaschine zur Vierzylinder-Maschine der Gegenwart, die Vermehrung der Betriebsmaschinen bei den Doppelschraubendampfern auf zwei, bei den neuesten Schnelldampfern auf vier Maschinen, die Verbesserung der Kesselsysteme, die Steigerung des Dampfdruckes, die Verminderung des Kohlenverbrauches im Verhältnis zur indizierten Pferdekraft und die Steigerung der Geschwindigkeit. Für die Ermöglichung dieser Fortschritte sind notwendig gewesen die Ergebnisse der Technik im Maschinenbau an sich, die Verbesserung der zur Verwendung kommenden Materialien in Kesseln und Maschinen, Wellen und Schrauben, die Vergrösserung des Deplacements für die Unterbringung der gewaltigen Kesselsysteme und Maschinenanlagen der Gegenwart, unter gleichzeitiger ökonomischer Rücksichtnahme auf Anordnung von Passagiereinrichtungen und Frachträumen, endlich für die Erzielung
der Geschwindigkeiten bei den modernen Schnelldampfern die Konstruktion der geeignetsten Schiffsform. Welcher Weg in den 50 Jahren der Lloydgeschichte zurückgelegt worden ist, ergeben wenige Vergleiche. Das schnellste Schiff des
Lloyd bis zum Jahre 1867, also während des ersten Betriebsjahrzehntes, war die "Amerika", welche bei einem Tonnengehalt von 2.752 Bruttoregistertonnen eine Maschine von 2.000 Pferdekräften besaß. Die erzielte Geschwindigkeit belief sich auf 12,5 Knoten in der Stunde. Während des zweiten Jahrzehnts der Lloydgeschichte steigerte sich die Geschwindigkeit der schnellsten Dampfer auf 13,5 Knoten bei einem Tonnengehalt von 3.158 Registertonnen ("Oder" und "Neckar") und 3.250 indizierten Pferdekräften. Der erste große Sprung geschah mit der
Einstellung der "Elbe" im Jahre 1881, bei welcher zum erstenmal die indizierten Pferdekräfte den Tonnengehalt des Schiffes sehr erheblich überwogen. Die Maschine der "Elbe" indizierte 5.600 Pferdekräfte bei 4.510 Registertonnen Bruttogehalt des Schiffes und verlieh diesem eine Geschwindigkeit von etwa 16 Meilen. Bei den letzten Einschrauben-Schnelldampfern, der "Spree" und "Havel", stieg die Maschinenleistung fast auf das Doppelte des Tonnengehaltes, nämlich auf 11.500 Pferdekräfte bei 7.000 Registertonnen brutto. Die Geschwindigkeit steigerte
sich auf etwa 19 Seemeilen. Bei den neuesten Schnelldampfern ist nunmehr, unter Verwendung des Doppelschraubensystems und der Anordnung von vier Maschinen in der oben beschriebenen Weise, die Zahl der Pferdekräfte auf das Zweieinviertelfache des Tonnengehaltes gewachsen; bei der "Kaiser Wilhelm II." auf 45.000 Pferdekräfte bei 20.000 Tonnen Raumgehalt, bei der "Kronprinzessin Cecilie" auf 46.000 Pferdekräfte ebenfalls bei 20.000 Tonnen Gehalt. Der Umstand aber, dass die "Kaiser Wilhelm II." 23,5 Seemeilen Durchschnitt zu halten vermag, beweist, in wie ausgezeichneter Weise die technischen Fortschritte der Gegenwart zur Verwendung gekommen sind. Das Verhältnis des Kohlenverbrauches ist gegen die früheren Schnelldampfer geringer geworden, die Ausnutzbarkeit der Maschinenstärke ist eine größere, die erzielte Geschwindigkeit stellt sich erheblich besser im Verhältnis zur Maschinenstärke und zum Kohlenverbrauch als früher.
QUELLE[Neubaur: Der Norddeutsche Lloyd 1 (1907) 375]